Reichlich Optimierungspotenzial vorhanden - Ergebnisse eines zweijährigen Modellversuches mit unterschiedlichen Lüftungssystemen
Die aktuelle Diskussion um die „Energiewende“ sowie verschärfte Anforderungen an den Energiebedarf von Neubauten nach der EnEV 2014 lösen für TGA-Planer und Ingenieure eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Aspekt „Lüftungswärmeverluste“ aus. Diese betragen bei einem aktuellen Neubau bereits mehr als 50% der Gesamtverluste und somit der Endenergiekosten, sodass eine weitere (nur noch geringfügig mögliche) Senkung der Transmissionswärmeverluste ohne Berücksichtigung der Lüftungswärmeverluste nicht zielführend und somit unwirtschaftlich wäre. Parallel häufen sich die Beschwerden über extreme CO2- und Schadstoffkonzentrationen in der Raumluft von „sanierten“ Schulen und Kindergärten sowie zum Teil auch in Büroneubauten. Die wenigen verfügbaren Datenloggerprotokolle aus diesen Objekten belegen Raumluftqualitäten, die die Anforderungen aus DIN 13779, die Vorgaben des Arbeitsschutzes (ASR3.1.6 Lüftung) sowie die Empfehlungen des Umweltbundesamtes um den Faktor 2 bis 4 überschreiten.
Ursächlich für diese Entwicklung ist in erster Linie die drastische Reduzierung des freien Luftwechsels über Fugen und Leckagen in der Gebäudehülle. Während vor 15 Jahren ein Gebäude mit einem n50-Wert von 3,0-1 noch als„luftdicht“ galt, sind aktuell Blower-Door-Messergebnisse von < 1,0-1 die Regel. Somit wurde der freie Luftwechsel in den letzten 15 Jahren um ca. 2/3 reduziert. Vor diesem Hintergrund kann die allseits zu beobachtenden Weigerung von Behörden und sonstigen Bildungsträgern zum Einbau von Lüftungseinrichtungen nur als „Kamikaze-Strategie“ gewertet werden, die im Streitfall eine „kurze Halbwertszeit“ haben dürfte. Da die luftdichte Bauweise durch Förderbedingungen sowie die Schadensfreiheit gedämmter Konstruktionen (Konvektionsschäden) insbesondere im Wohnungsbau Anwendung findet, haben die oben beschriebenen Raumluftprobleme auch Einzug in deutsche Wohnungen gefunden. Parallel zu dieser Entwicklungen ist ein drastischer Anstieg von Schimmelpilz- und Feuchteschäden in Wohngebäuden, sowohl im Neubau als auch im sanierten Bestand, zu beobachten. Im Rahmen eines aktuellen Feldversuchs des Autors in der Wohnungswirtschaft wurden insbesondere in Schlafzimmern CO2-Werte jenseits von 5000 ppm gemessen.
Modellversuch „Luftlabor Helleböhn“
In dem Modellversuch mit der Hessischen Wohnungsbaugesellschaft wurden 17 regelmäßig mit Schimmelpilzbefall belastete Bestandswohnungen mit unterschiedlichen Lüftungssystemen ausgestattet und mittels Datenloggern die resultierenden Raumklimabedingungen (rel. Feuchte, Temperatur und CO2-Gehalt) aufgezeichnet. Die Schwerpunkte der Untersuchung lagen auf den Aspekten:
1. Schadensfreiheit ohne weitere Dämmmaßnahmen,
2. Sicherstellung der Anforderungen der Wohnungslüftungsnorm DIN 1946-6 (nach Fenstertausch),
3. Einhaltung der CO2-Grenzwerte des Umweltbundesamtes (1000 ppm im Regelfall, temporäre Maximalwerte < 2000 ppm),
4. Kosten-Nutzen Verhältnis der Systeme.
Das Monitoring war zunächst für eine Heizperiode (Oktober – April) geplant. Aufgrund der notwendigen Arbeiten in unterschiedlichen Gewerken (Lüftung, Trockenbau, Maler und Tischler) wurde der Auftrag an einen in der Wohnungswirtschaft tätigen Generalunternehmer (GU) vergeben. Die jeweils in den Wohnungen einzubauenden Systeme wurden dem GU anhand einer konstruktiv beschriebenen Leistungsmatrix vorgegeben. Auf die Bereitstellung detaillierter Berechnungen (z.B. Lüftungskonzepte) sowie auf eine überwachende Bauleitung wurde verzichtet, da eine Einschaltung eines Ingenieurbüros bei derartigen geringinvestiven Maßnahmen in der Wohnungswirtschaft unüblich ist. Die meisten Hersteller bieten dem Fachhandwerk spezielle Auslegungstools an, mit denen zumindest die rechnerische Auslegung der Anlagen zufriedenstellend erfolgen kann. Gleichwohl wurden von dem GU keine, bzw. erst nachträgliche Lüftungskonzepte erstellt.
Lüftungssysteme im Modellversuch
Entsprechend der üblichen Praxis in der Wohnungswirtschaft wurden folgende Systeme in die Modellwohnungen eingebaut:
- 6 x Abluftsysteme mit Nachströmöffnungen über Falzlüfter in den Fenstern,
- 4 x dezentrale Einzellüfter mit Wärmerückgewinnung,
- 7 x kontrollierte wohnungszentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung,
- 1 x Monitoring einer sanierten Bestandswohnung ohne Lüftungseinrichtungen.
Die im Nichtwohnungsbau üblichen zentralen Anlagen (z.B. im Dachgeschoss) wurden aus zwei wohnungsbauspezifischen Aspekten nicht eingeplant. Erstens: Für KWL-Anlagen sind wartungsfreie Brandschotts nicht mehr zulässig, sodass nun wartungsintensive Brandschutzklappen für die Durchdringungen (z.B. in Steigesträngen) verwendet werden müssen. Dies führt, im Gegensatz zu Nicht-Wohngebäuden, zu einem beträchtlichen logistischen Aufwand für einen Wartungsturnus, da alle Wohnungen betreten werden müssen. Akzeptabel wäre hier nur eine „Funkkontrolle“ wie sie bei Rauchmeldern und Heizkostenmessgeräten möglich ist.
Zum Zweiten kann bei der Abrechnung von zentralen Anlagen mit Wärmerückgewinnung ein Problem bei der Erstellung einer prüffähigen Heizkostenabrechnung entstehen. Nach einem Grundsatzurteil des BGH muss eine Nebenkostenabrechnung prüffähig und für den Laien nachvollziehbar sein (BGH-Urteil vom 26. Oktober 2011/Az. VIII ZR 268/10). Bei einer zentralen KWL müssten somit vor jedem Wohnungsabzweig Volumenstrom- und Wärmemengenzähler eingebaut werden – sowohl in die Zu- als auch in die Abluftleitungen. Andernfalls könnte die „kostenfreie Wärmelieferung“ in eine nicht beheizte Wohnung reklamiert werden.
Ergebnisse des Modellversuchs
Schon in der Bauphase zeigten sich diverse Unzulänglichkeiten bei der Montage der Lüftungseinrichtungen. Obwohl im Vorfeld die Hersteller versierte Firmen benannt hatten, wich der GU von den Empfehlungen ab und beauftragte – vermutlich aus Kostengründen – andere Unternehmer mit der Montage. Durch organisatorische und technische Probleme des GUs verzögerte sich die Fertigstellung um mehrere Monate. Die ersten Auswertungen der Datenlogger belegten die visuellen Eindrücke und ergaben bei über 80% der montierten Anlagen vergleichbare oder noch schlechtere Raumluftwerte wie bei der Wohnung ohne Lüftungseinrichtung.
Ursächlich für diese Ergebnisse waren bei:
Abluftanlagen: unterdimensionierte Nachströmöffnungen in den Fenstern, fehlende Überströmöffnungen in den Türen, fehlerhafter elektrischer Anschluss (über Lichtschalter oder Nachlaufrelais), Kurzschlusslüftung über nichtgeschlossene Schachtlüftungen, unkontrollierte Zuluft über die an das Bad angrenzende undichte Wohnungseingangstür).
Dezentrale KWL: fehlende Badentlüftung, Kurzschlusslüftung über zwei nebeneinander montierte Geräte, fehlende Raumdurchspülung insgesamt. Da diese Lüftungssysteme bereits über ihre DIBT-Zulassungen erheblichen Verwendungseinschränkungen unterliegen (nicht kombinierbar mit Ablufteinrichtungen nach DIN 18017-3, für Feuchträume zwei bzw. ein Kombigerät erforderlich, ungeklärte Kondensatfrage, Windgeschwindigkeiten < 5m/s) wurden diese Systeme im Modellversuch nur in Einraumwohnungen eingesetzt. Aber auch hier zeigte sich der bei hinnehmbaren Betriebsgeräuschen zu geringe Luftwechsel durch den permanenten Laufrichtungswechsel der Geräte (Luftwechsel = Volumenstrom der Geräte x 0,5). Auch die Nennlüftungsanforderungen an ventilatorgestützte Systeme (DIN 1946-6) wird von dieser Produktgruppe zumeist nicht erfüllt. Besondere Vorsicht ist hier bei der Verwendung der Geräte in EnEV-Nachweisen bzw. bei KfW-Förderungen geboten (DIBT-Zulassungen bzgl. der PE-Faktoren beachten!).
Wohnungszentrale KWL: fehlende Telefonie- und Rohrschalldämpfer, fehlerhafte Geräteverkleidung, wirkungsloser Kondensatanschluss, unzureichende manuelle Steuerung durch den Nutzer. Aus diesen Gründen wurden die Geräte häufig nur auf Stufe 1 betrieben (Lüftung zum Feuchteschutz), wobei sich die erwarteten Raumklimabedingungen nicht einstellen konnten.
Nach einer von den Herstellern durchgeführten Nachbesserung musste somit eine zweite Messreihe in der nächsten Heizperiode durchgeführt werden. Obwohl die Ergebnisse der zweiten Messreihe besser ausfielen, konnten viele Lüftungssysteme die an sie gestellten Erwartungen nicht befriedigen. Insbesondere die Anforderungen der wohnungswirtschaftlich relevanten Schadensprävention nicht gedämmter Wohnungen wurden von den Abluft- und dezentralen Lüftungsgeräten nicht erfüllt. Aus bauphysikalischer Sicht muss bei Außenlufttemperaturen < 0°C in nichtgedämmten Wohnungen eine mittlere relative Luftfeuchte von ca. 40% sichergestellt werden, um an den Wärmebrücken eine schimmelpilzrelevante Auffeuchtung zu verhindern. Diese Anforderungen wurde im nicht veränderten Bestand durch raumluftabhängige Wärmeerzeuger (Abluft) sowie undichte Fenster (Zuluft) erfüllt und muss nach dem Heizungs- und Fenstertausch durch die Lüftungseinrichtungen kompensiert werden (vgl. auch DIN 1946-6).
Neben zu hohen relativen Luftfeuchten wurden in 60% der Nachtstunden CO2-Werte zwischen 1000 und 3000 ppm gemessen. Bei diesen Werten sind die Systeme weder für eine bauphysikalisch abgesicherte Schadensfreiheit, noch für die Erfüllung der CO2-Anforderungen des Umweltbundesamtes (UBA) geeignet. Lediglich die fachgerecht montierten KWL-Anlagen lieferten mit relativen Luftfeuchten um ca. 40% und CO2-Konzentrationen < 1000 ppm normkonforme Raumluftbedingungen, die auch im nicht gedämmten Zustand die negativen Auswirkungen eines Fenstertausches kompensieren und somit ein hygienisches Raumklima und eine schimmelpilzfreie Wohnung erwarten lassen.
Durch die manuelle Regelung dieser Systeme sind die zuvorstehenden Ergebnisse jedoch abermals nutzerabhängig.
Bedeutung für die Wohnungswirtschaft
Die Erfordernis von lüftungstechnischen Maßnahmen nach einem Fenstertausch und umfassenden Modernisierungen ist in der fortschriftlichen Wohnungswirtschaft mittlerweile unbestritten. Allerdings werden hohe Anforderungen an die Systeme gestellt:
- Normkonformität nach DIN 1946-6 (bis inkl. der „Nennlüftung“),
- Verhinderung bzw. deutliche Reduzierung von Feuchteschäden und Schimmelpilzbildung,
- Einhaltung der hygienischen Grenzwerte des UBA,
- geringe Beeinträchtigung der Mieter durch Montage, Betrieb und Wartung,
- kostengünstige Erstellung, Betrieb und Wartung.
Die Ergebnisse des Kasseler Modellversuchs lassen erahnen, dass die zuvor stehenden Anforderungen von vielen auf dem Markt verfügbaren Systemen im baupraktischen Alltag nicht erfüllt werden. Neben den teilweise vorhandenen systembedingten Unzulänglichkeiten waren in erster Linie Verarbeitungsfehler ursächlich für die schlechten Endergebnisse. Die Gründe hierfür sind in der Aus- bzw. Weiterbildung der Verarbeiter zu suchen, die sich noch nicht an den boomenden Wohnungslüftungsmarkt angepasst hat. Der Themenbereich „Wohnungslüftung“ nimmt in der SHK-Ausbildung eine untergeordnete Rolle ein und wird häufig durch einen Industrievertreter an einem Vormittag vorgestellt. Ebenso unzureichend ist das Angebot bzw. die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen für bereits praktizierende Betriebe. Hier sind die Innungen bzw. der Großhandel gefragt, da anderweitig die Bemühungen der Industrie sowie der Wissenschaft durch eine fehlerhafte Umsetzung ins Leere laufen.
Schlussbemerkung
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Lüftungsanlagen durch die luftdichte Bauweise bauphysikalisch unabdingbar sind. Ebenso werden hierdurch die aktuellen normativen Grundlagen erfüllt, wodurch im Streitfall eine Rechtssicherheit, insbesondere in der Wohnungswirtschaft, geschaffen wird. Für den TGA-Planer bzw. den beauftragten Betrieb ist die Wahl eines geeigneten Lüftungssystems nach den Erfahrungen des Kasseler Modellprojektes schwierig bzw. evtl. auch haftungsbewährt. Die Überprüfung einiger Auslegungen der Hersteller ergab, dass diese zum Teil gegen die DIBT-Zulassungen verstießen (z.B. Einbau eines zusätzlichen Abluftventilators) oder dass der verminderte Luftwechsel durch die Laufrichtungsumkehr nicht berücksichtigt wurde. Ebenso werden häufig drucksensible Abluftsysteme als „günstigere Lösung“ geplant, ohne jedoch die Wohnung auf die, für den planmäßigen Betrieb erforderliche, Luftdichtigkeit zu überprüfen. Die daraus resultierenden örtlichen Ergebnisse sind aus Sachverständigensicht nach wie vor mangelhaft, da für die „Gebrauchstauglichkeit“ einer Wohnung nicht der geplante, sondern der tatsächliche Zustand maßgeblich ist. Nach den Ergebnissen des Modellversuches erfüllen in erster Linie KWL-Anlagen die Anforderungen in Bezug auf Raumluftqualität, Schadensfreiheit und Betriebssicherheit (bei ausreichender Wartung). Dem Argument der höheren Investitionskosten kann durch wirksame Integration in den „Energie-Einspar-Nachweis“ und den daraus resultierenden höheren Tilgungszuschüssen der KfW-Bank wirksam begegnet werden. Die zwingende Notwendigkeit zur Senkung der Lüftungswärmeverluste ergibt sich jedoch im Ausblick auf das Jahr 2021: Nach der europäischen Richtlinie zur Energieeinsparung dürfen dann nur noch „Nullenergiehäuser“ errichtet werden, sodass bis zu diesem Zeitpunkt insbesondere die maßgeblichen Lüftungswärmeverluste reduziert werden müssen. Abluftanlagen ohne Wärmerückgewinnung können hierzu nicht herangezogen werden, sodass bereits heute eine „Zukunftstauglichkeit“ infrage gestellt werden muss.
Nachgefragt
IKZ-FACHPLANER: Die Ergebnisse des Modellversuches enttäuschen. Stellt sich die Frage nach den Ursachen?
Hans Westfeld: In erster Linie sind hier die unzureichende Ausbildung und Erfahrung der Verarbeiter mit den Systemen zu benennen. In der Folge werden häufig die unverbindlichen Auslegungen der Hersteller anstelle einer detaillierten Planung „missbraucht“. Aufgrund der unzureichenden Erfahrung werden zusätzlich auf der Baustelle vorhandene „Störfaktoren“ übersehen. Insbesondere fehlt es aber an einer abschließenden Einregelung auf die geplanten Volumenströme. Luft verhält sich hier anders als Wasser in Heizungsrohren.
IKZ-FACHPLANER: Was können Hersteller, Planer und ausführende Fachbetriebe tun, damit lüftungstechnische Anlagen zufriedenstellend funktionieren?
Hans Westfeld: Auf Herstellerseite wäre eine nutzerunabhängige bedarfsgeführte Regelung der Volumenströme wünschenswert. Die Erfahrungen zeigen, dass der Nutzer die Volumenströme nicht den jeweiligen Notwendigkeiten anpasst, sondern die Anlage nur auf der Grundstufe laufen lässt, wodurch die Systempotenziale nicht erreicht werden. Gleichzeitig ließen sich die negativen Faktoren „Energieverbrauch“ und „zu trockene Raumluft im Winter“ hierdurch verbessern. Die Sicherstellung der fachgerechten örtlichen Planung und Umsetzung fällt m.E. in den Verantwortungsbereich der Innungen. Hier müssen aktuell Defizite in der Grundausbildung der Verarbeiter kompensiert werden. Aufgrund des großen Bedarfs an Praxisschulungen zum Thema Lüftung sollten auch die Hersteller und Großhändler ihren Kunden entsprechende Seminare anbieten.
IKZ-FACHPLANER: Können Sie eine Empfehlung für bestimmte Schulungsmaßnahmen aussprechen und wie lange sollte eine solche Weiterbildung mindestens dauern, um die erforderlichen Schlüsselqualifikationen erlangen zu können?
Hans Westfeld: Verarbeiterseminare sollten drei Aspekte berücksichtigen: 1. Grundlagen der Planung und Auslegung. 2. Vermeidung typischer Fehler bei der Verarbeitung. 3. Verkaufsargumente für das Endkundengespräch. Aufgrund der direkten Verbindung zur Schimmelpilzproblematik sollten auch auf diesem Themengebiet Grundkenntnisse erworben werden. Hieraus ergibt sich ein Seminarumfang von mindestens zwei Schulungstagen.
IKZ-FACHPLANER: In dem Kasseler Modellversuch wurde der Gesamtauftrag an einen Generalunternehmer vergeben. Das ist in der Wohnungswirtschaft durchaus üblich, doch stellt sich die Frage, ob es gleichsam zielführend ist, angesichts der doch komplexen Technik?
Hans Westfeld: Die Praxis zeigt, dass nur qualifizierte und erfahrene Verarbeiter Wohnungslüftungen planen und ausführen können. Ein GU vergibt die Leistungen frei und zumeist an den „Günstigsten“. Dieser kann sich jedoch schnell durch erforderliche Nacharbeiten als der „Teuerste“ herausstellen. Der Auftraggeber sollte daher auf entsprechende Qualifikationsnachweise und Referenzen bestehen. Für viele Systeme sind unterschiedliche Gewerke erforderlich (Trockenbau, Maler und Tischler), sodass hier entsprechende Handwerkerkooperationen sinnvoll wären. Dies gilt insbesondere für eine Zusammenarbeit mit Tischlerbetrieben, da diese durch den Fenstereinbau/-Tausch die Lüftungsnorm auslösen. Hier könnte sich eine Win-Win-Lösung ergeben.
IKZ-FACHPLANER: Ein Ergebnis des Modellversuches ist, dass in erster Linie KWL-Anlagen die Anforderungen in Bezug auf Raumluftqualität, Schadensfreiheit und Betriebssicherheit erfüllen. Spiegelt sich diese Erkenntnis auch in Ihrer Arbeit als Sachverständiger wider?
Hans Westfeld: Durch die ventilatorgestützte Zu- und Abluft bildet die KWL ein „fehlerverzeihendes System“ – insbesondere in Bezug auf Luftundichtigkeiten im Bestand. Bei Abluftanlagen und dezentralen Einzellüftern wird die sensible rechnerische Volumenstrombilanz durch örtliche Leckagen schnell gestört, wodurch sich die häufig unbefriedigenden Ergebnisse erklären. Für die Wohnungswirtschaft ist die Sicherstellung geringer Raumluftfeuchten in den Zulufträumen durch die hierdurch bedingte Schimmelpilzprävention ein maßgeblicher Aspekt der Wirtschaftlichkeit dieser Systeme. Durch die ausschließliche Betrachtung der Wärmerückgewinnung lässt sich die Wirtschaftlichkeit einer KWL sicherlich nicht darstellen, sehr wohl aber mit den weiteren Aspekten Schadensfreiheit und erhöhte KfW-Förderung bei Sanierungsmaßnahmen.
Autor: Hans Westfeld, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden (TÜV + DIN EN ISO 17024), Schimmelpilzschäden (TÜV Rheinland), Thermische Bauphysik, Lehrbeauftragter an den Hochschulen Karlsruhe und Hannover
Bilder: Wenn nicht anders angegeben, Hans Westfeld
www.svb-westfeld.de
www.schimmelpilz-hilfe-forum.de