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Neue Kühllastregeln ermöglichen Planern effizienteres Arbeiten: Kühllast und Simulation nach der neuen VDI-Richtlinie 2078

Im März dieses Jahres ist die VDI-Richtlinie 2078 als Entwurf erschienen. Zahlreiche Neuerungen, wie z.B. die Schichtsimulation mit dem Wegfall der Bauschwereklassen, die Ermittlung der operativen Raumtemperatur, die Rechenmöglichkeit urbaner Zentren sowie die Abbildung und Berechnung thermoaktiver Bauteilsysteme wurden in die Richtlinie aufgenommen. Darüber hinaus bietet das Regelwerk Vergleichswerte für die Validierung von Softwareprodukten, sodass abgeglichene Programme hohe Qualitätsstandards und Rechtssicherheit in Ergebnissen bieten.

In Analogie zur DIN V 18599 lassen sich Gebäude- und Anlagenkomponenten der neuen VDI 2078 z.B. in der Software „W38“ (Solar-Computer) in einem Schema zum intuitiven Bedienen des Programms visualisieren.

Verschiedene Nutzungsarten sowie Arbeits- und Nichtarbeitstage vereinfachen die Datenerfassung von Lastprofilen aller Art. Neu sind Infiltration und Grundlüftung sowie Parameter moderner Sonnenschutzsysteme.

In der Auslegungssimulation werden nach VDI 2078 die stündliche Heiz- und Kühllast sowie die Raumtemperaturen und die operativen Temperaturen berechnet.

Stündlicher Energiebedarf für Heizen, Kühlen, Be- und Entfeuchten nach der neuen Richtlinie für einen zu prüfenden Raum, eine Raumgruppe, Zone oder das gesamte Gebäude.

 

Integraler Bestandteil der VDI 2078 „Berechnung der Kühllast und Raumtemperaturen von Räumen und Gebäuden (VDI-Kühllastregeln)“ ist die ebenfalls im März dieses Jahres neu erschienene VDI 6007 mit dem Titel „Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden“ mit Blatt 1 „Raummodell“, Blatt 2 „Fenstermodell“ und Blatt 3 „Solare Einstrahlung“. Nachfolgend werden einige Neuerungen gegenüber der bisherigen Ausgabe der VDI 2078 aufgeführt:
Schichtsimulation: In der „statischen“ U-Wert-Berechnung wird ein Bauteil mit seinen detaillierten Daten (Schichtaufbau sowie Wärmeleitfähigkeit, spezifische Dichte und spezifische Speicherkapazität je Schicht) definiert. Diese Daten dienen in der neuen VDI 2078 als Grundlage für die thermisch-dynamische Simulation zum realitätsnahen Vorhersagen des Gebäude- und Anlagenverhaltens. Durch die Schichtsimulation reduziert sich die Datenerfassung und die Fehlergefahr für den Planer, da die Einstufung der Räume in die bisherigen Bauschwereklassen entfällt.
Operative Temperatur: Neben der sich dynamisch einstellenden Raumtemperatur wird die operative Temperatur berechnet, die auch den Einfluss der Strahlung der raumumschließenden Flächen auf das Behaglichkeitsempfinden berücksichtigt. Diese Rechengröße gewinnt zum Beurteilen und Nachweisen von Behaglichkeiten für den sommerlichen sowie winterlichen Wärmeschutz zunehmend an Bedeutung.
CDP und CDD: Die Einführung der „Cooling Design Period“ (Auslegungsperiode) mit einer Abfolge von Arbeits- und Nichtarbeitstagen zum Einschwingen des thermischen Zustandes bis zum „Cooling Design Day“ (Auslegungstag) als aperiodischer Auslegungszustand dient einer Vereinheitlichung der Anlaufrechnung bei korrekter Wärmespeicherung. Dazu definieren die Kühllastzone und der Standort mit zugeordneten Daten der geografischen Koordinaten und des Testreferenzjahres (TRY) das Klima.
Urbane Zentren: Innerstädtische Bereiche heizen sich bekanntlich auf und benötigen dadurch einen erhöhten Kühl- oder Lüftungsbedarf. Die neue VDI 2078 bietet hierfür optionale Rechenmöglichkeiten. Abhängig von der Kühllastzone und dem Monat werden erhöhte Tagesmitteltemperaturen und geringere Tag-Nacht-Amplituden angesetzt. Dieses realitätsnahe Rechenmodell kann erheblichen Einfluss auf die Konzeption von Anlagen haben, die mit kühler Nachtluft arbeiten.
TABS: Thermoaktive Bauteilsysteme (TABS) bzw. Flächenkühlsysteme lassen sich mit der Richtlinie realitätsnah abbilden, da die Anlagenkomponenten mit dem Gebäudemodell gekoppelt sind. Die Kühllast wird dazu in Konvektiv- und Strahlungsanteile aufgeteilt. Die Leistungsabgaben werden abhängig von der Systemart, der Systemtemperatur und eventuellen Begrenzungen betrachtet und iterativ unter Beachtung der sich dynamisch einstellenden Raumtemperaturen berechnet. Parameter für Kühlsysteme sind u.a. die Deckungsanteile an der Gesamtkühllast, die Anteile ggf. in adiabaten Bauteilen integrierter Systeme, die verfügbaren Leistungen bei 10K sowie die Systemtemperaturen und die Schwankungsbreiten.

Weitere Neuheiten
Zahlreiche weitere Neuerungen und Änderungen sind durch die Anforderungen aus der modernen Planungspraxis in die Richtlinie eingeflossen: Dazu zählen u.a. die Berücksichtigung moderner Regelstrategien; die Fassadenberechnung mit frei kombinierbaren Elementen für Verglasung, Sonnenschutz und Hinterlüftung; die Fensterlüftung als antriebsinduzierte natürliche Lüftung und die Veränderung des Wärmeeintrags bei Fensterlüftung mit Sonnenschutz. Des Weiteren beschreibt das thermisch-dynamische „2-Kapazitäten-Raummodell“ das wärmetechnische Verhalten von Bauteilen und Räumen  sehr realitätsnah mit allen Wärmeströmen infolge Strahlungsaustausch, Konvektion und Lüftung. Das Modell wurde von Rouvel und Zimmermann entwickelt, ist in der VDI 6007-1 veröffentlicht und baut auf dem wissenschaftlich und international anerkannten Beuken-Modell (komplexes und rechenintensives Differential-Gleichungssystem) auf, das die Wechselwirkung von Wärmeströmen und Wärmespeicherungen exakt beschreibt.

Energiebedarf nach VDI 2067-10
Mit der Umsetzung der neuen VDI 2078 bieten einige Softwarehersteller ihr Programm ergänzt um die Algorithmen der ebenfalls in 2012 neu erschienenen VDI 2067 Blatt 10 an. Bei identischen Daten für Bauphysik, Raumgeometrie, Nutzerprofil, Anlageneigenschaften und Rechenkernen der VDI 6007 erfolgen die Berechnungen auf Grundlage frei wählbarer Testreferenzjahre der Ausgaben 1985, 2010 oder der auf das künftig zu erwartende Klima extrapolierten Ausgabe 2035. Zweck ist u.a. eine Jahressimulation des Energiebedarfs für Kühlen, Heizen, Be- und Entfeuchten als Jahressummen oder im stündlichen Verlauf sowie das Nachweisen von Summenhäufigkeiten und deren Verteilung hinsichtlich Grenzwerteinhaltungen bzw. -überschreitungen der Raum- oder operativen Temperaturen. Dabei erlaubt z.B. die Software „W38“ von Solar-Computer jederzeit das Umschalten von der Auslegung nach VDI 2078 auf die Jaheressimulation nach VDI 2067-10 und umgekehrt.

Softwarevalidierung
Für die Einhaltung der exakten Projektberechnung mit den geringen Ergebnistoleranzen (entsprechend der neuen VDI 2078), empfiehlt es sich eine Software einzusetzen, die durch den Hersteller validiert ist. Der Hersteller erklärt damit, alle 28 in der VDI 2078 und VDI 6007-1 detailliert mit Daten und Ergebnissen beschriebenen Validierungsbeispiele durchgerechnet und die Ergebnistoleranzen für Temperaturen und Lasten eingehalten zu haben. Dazu sollte der Planer darauf achten, dass ihm der Softwarelieferant dies schriftlich durch eine „Konformitätserklärung nach DIN EN ISO 17050“ nachweist.

Fazit
Die Anwendung der neuen VDI 2078 ist für eine dynamische thermische Gebäudesimulation mit ihren engen Validierungstoleranzen zeitgemäß. Sie schafft für Planer wie für Bauherren Transparenz und Prüfbarkeit der Ergebnisse und damit Rechtssicherheit. Die Richtlinie erfüllt darüber hinaus alle vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im 2008 erschienenen „Klimaerlass“ (Richtlinie zu baulichen und planerischen Vorgaben für Baumaßnahmen des Bundes zur Gewährleistung der thermischen Behaglichkeit im Sommer) aufgestellten Anforderungen.

Autor: Dipl.-Phys. Dr. Ernst Rosendahl, Solar-Computer GmbH

Bilder: Aus der Software „Kühllast/Jahressimu­lation VDI 2078 und Energiebedarf VDI 2067-10“ der Solar-Computer GmbH, Göttingen

www.solar-computer.de

 


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