Minimale Erdarbeiten für Fernheizrohrverlegung
Flexible Montagelösung für Heiznetz in Danzig ermöglicht einfache Flussunterquerung mit selbstkompensierenden Stahlrohren
Um eine veraltete Wärmezentrale zu ersetzen und die beiden Stadtteile Przeróbka und Stogi mit Wärme zu versorgen, entstand in Danzig in den letzten Jahren ein neues Fernwärmenetz. Die größte Herausforderung beim Anschluss des neuen Netzes stellte die Unterquerung des Flusses Motlawa dar. Aufgrund der besonders feuchten Bodenverhältnisse mit hohem Grundwasserspiegel war dazu eine flexible Montagelösung notwendig, die zudem den Vorgaben des Küstenamts genügen musste. Die gewählte Lösung: Das Fernheizleitungssystem „Flexwell“ des Unternehmens Brugg. Mittels Ziehkopf wurden je vier Rohre für die Vor- und Rücklaufleitungen mit dem Bohrgestänge verbunden und per Spülbohrung verlegt. Durch die flexible an die örtlichen Bedingungen angepasste Montagelösung konnten die erforderlichen Erdarbeiten auf ein Minimum begrenzt und das Projekt in einer kurzen Zeit von nur 16 Tagen umgesetzt werden.
Das Projekt umfasste die Stilllegung der kohlebeheizten Wärmezentrale Zawiślańska, die bisher die beiden Stadtteile Przeróbka und Stogi mit Wärme versorgte, und den Bau einer Versorgungsleitung zum Anschluss dieser Stadtteile an das bestehende Netz. Die alte Wärmezentrale hatte ausgedient, da sie technisch überholt und nicht mehr wirtschaftlich war und zudem die EU-Normen für Schadstoffemissionen nicht erfüllte.
Die größten Schwierigkeiten zur Umsetzung des neuen Fernwärmenetzes waren die Lage der gesamten Fernwärmeleitung im direkten Stadtzentrum sowie geländebedingte Einschränkungen. Am kompliziertesten war die Verbindung der Fernwärmeversorgung beider Stadtteile durch eine Flussunterquerung. Diese wurde als Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Danzig, Brugg Systemy Rurowe Sp. z o.o. und dem Bohrunternehmen Hoster Sp. z o.o. geplant und ausgeführt. Zunächst sollte der Fluss Martwa Wisla unterquert werden, später wählte man eine engere Stelle an der Motlawa, einem Nebenfluss der Martwa Wisla.
Selbstkompensierende Fernheizleitung
„Durch die geforderten Parameter wie Tiefe, Bodenverhältnisse und Entfernung war zunächst niemand in der Lage, eine umsetzbare Lösung für die Verbindung beider Flussufer zu finden“, berichtet Tomasz Siarcyzyński, Vorstandsvorsitzender des Bohrunternehmens Hoster. „Ein solches Projekt wurde bislang noch nicht realisiert, sodass wir uns nicht auf die Erfahrungswerte anderer stützen konnten.“ Erst eine enge Zusammenarbeit der beiden Unternehmen Brugg und Hoster brachte den Durchbruch.
Zunächst zogen die Experten eine grabenlose Leitungsverlegung in Erwägung: Diese Technik erforderte jedoch die Ausführung von Anfangsschächten, was bei den bestehenden Bodenverhältnissen zusätzliche Projektarbeiten nach sich gezogen hätte. Außerdem waren die für diese Lösung typischen Bauzeiten sowie ein hohes Risiko für den Investor nicht vertretbar. Auch eine herkömmliche Unterquerung des Flusses war im Gespräch. Dabei wären die Rohre in einem entsprechend vorbereiteten Graben unter Anwendung von hydrotechnischen Geräten verlegt worden. Das hätte jedoch zusätzlichen bürokratischen Aufwand und weitere Projektarbeiten erfordert, die zum Verzug bei der Umsetzung des Vorhabens geführt hätten.
Eine Bedingung des Küstenamts bestand darin, eine höchstens 5 m breite und quer zum Wasser laufende Bahn zu nutzen. Deshalb kamen die Experten schließlich auf die Idee, vier Rohre gleichzeitig einzuziehen, denn einzeln durchgeführte Bohrungen hätten die Nutzung einer Bahn von rund 20 m Breite erfordert. Die vorgeschlagene Lösung sah vor, je vier flexible Rohrleitungen mittels Zugkopf mit einem Sammelziehkopf zu verbinden, per Spülbohrung zu verlegen und an die in einem Schacht befindlichen Hauptleitungen an beiden Flussufern anzuschließen. Als Material entschied man sich für Fernheizleitungen von Brugg. „Aufgrund seiner Flexibilität, den selbstkompensierenden Eigenschaften und der großen Einzellängen können „Flexwell“-Fernheizleitungen grabenlos verlegt werden“, erläutert Grzegorz Szwarc, Vorstandsvorsitzender von Brugg Systemy Rurowe. „Sie eignen sich auch für die Verlegung auf einem nicht stabilen Boden, z. B. in der Nähe von Küsten, Flüssen und Seen sowie in sumpfigen Gebieten.“
Die Rohrleitung besteht aus einem aus Edelstahl angefertigten Innenwellrohr, das der Leitung nicht nur flexible Eigenschaften verleiht, sondern auch die thermisch bedingte Längsausdehnung der Rohrleitung kompensiert. Ein Außenwellenrohr aus Stahl gewährleistet aufgrund seiner gewellten Struktur eine hohe mechanische Festigkeit bei radialen Belastungen. „Die Leitungen weisen dadurch eine viel höhere Festigkeit gegenüber radialen Lasten auf, als herkömmliche vorisolierte Rohre. Ein zusätzlicher Vorteil ist der dreischichtige Korrosionsschutz, der neben dem äußeren Edelstahlrohr aus einem Polyethylen-Schutzmantel und einer Polymentbeschichtung besteht. Hierdurch ist die flexible Rohrleitung vor aggressiv wirkenden Böden, Wasser und Streuströmen geschützt. Diese Lösung bewährt sich bereits seit Längerem bei erdverlegten Hochfrequenz- und Telefonkabeln“, erklärt Brugg. Hinzu komme, dass das System platzsparend sei, da die Leitungen auf Trommeln gewickelt auf die Baustelle geliefert werden.
Überwachung der Zugwirkung
Um die für die Umsetzung des Projekts erforderliche Zeit auf ein Minimum zu begrenzen, arbeitete ein rund 20-köpfiges Team an dessen Realisierung. Die acht Rohre wurden von Brugg in Längen von je 246 m geliefert. Dazu wurden sie mit vier Lkws von Wunstorf bei Hannover nach Danzig transportiert. Vor Ort montierten die Mitarbeiter von Brugg Ziehköpfe an die Enden der Rohre, um ein gleichzeitiges Verlegen von je vier Rohrleitungen zu ermöglichen. „Beim Einziehen bestand die größte Gefahr darin, eine zu große Zugkraft auf die Rohre auszuüben und diese dadurch zu beschädigen“, so Szwarc. „Der Grenzwert für die maximale Belastung liegt bei 400 kN, beziehungsweise 100 kN pro Rohr.“ Um die auf jedes einzelne Rohr wirkende Kraft zu messen, wurde vor der Verlegung zwischen der flexiblen Rohrleitung und der Zugvorrichtung eine Zugkraftmessdose installiert, um die Werte laufend prüfen zu können. Dann begann der erste Teil der Verlegung: die Bohrung unter dem Fluss hindurch zur zukünftigen Startgrube des Einzuges bei gleichzeitiger Stabilisierung des Bohrkanals. Der Einzug der Fernheizleitung erfolgte in zwei Phasen, die wiederum in zwei Etappen unterteilt waren: In der ersten Phase wurden je 2-mal zwei Rohre vor die Startgrube geführt und mit einem Sammelziehkopf verbunden, bevor sie in die Startgrube eingezogen wurden. In der zweiten Phase wurde über eine Rollenzuführung dann das gesamte Rohrbündel in den Bohrkanal eingezogen.
„Auf der Strecke der Spülbohrung kamen Bodenarten wie Sand, Kiessand, Kies und Steine vor“, berichtet Siarcyzyński. „Da diese Schichten unregelmäßig ineinander übergehen, war es eine richtige
Herausforderung, die Bohrung durchzuführen, ohne die Rohre beim Einziehen zu beschädigen.“
Bodenverhältnisse und Auflagen erfordern flexible Montagelösung
Eine besondere Herausforderung bei dem Bauvorhaben waren die feuchten Bodenverhältnisse. Der sich in direkter Nähe befindliche Wasserlauf und ein dadurch bedingter hoher Grundwasserspiegel machten es notwendig, die Erdarbeiten auf ein Minimum zu begrenzen. Darüber hinaus sind an beiden Uferseiten Stahlbundbohlen verbaut, die unterquert werden mussten, sodass eine Verlegung der Leitungen in einer Tiefe von mindestens 20 m unter der Geländeoberfläche erforderlich war. Neben den geländebedingten Parametern mussten bei der Planung die Vorgaben des Küstenamts beachtet werden, das alle eingereichten Ideen hinsichtlich ihrer Eignung für das Wasser und bezüglich der Beständigkeit aller vorhandenen Ingenieurbauwerke prüfte.
„Aufgrund der effizienten Zusammenarbeit und der Verwendung der „Flexwell“-Technologie konnte das Projekt trotz dieser Herausforderungen in einer Rekordzeit von 16 Tagen ausgeführt werden“, erklärt Brugg abschließend.
Bilder: Brugg Rohrsysteme
www.brugg.de
www.pipesystems.com