Luft zur Personenbeförderung
Anforderungen der Aufzugsschachtlüftung und -entrauchung
Die Lüftung und Entrauchung von Aufzügen sind gesetzlich zwingend vorgeschrieben und dienen der Sicherheit von Aufzugsnutzern und Wartungspersonal. Bei einigen aktuellen Fällen wurde auf die bislang übliche Permanentöffnung im Aufzugsschacht ganz verzichtet, um der Energieeinsparverordnung Rechnung zu tragen. Obwohl rein brandschutzrechtlich unter bestimmten Umständen möglich, ist dieses Vorgehen unzulässig, da die notwendige Lüftung fehlt. Der Einbau einer kontrollierten Lüftungs- und Entrauchungsanlage wird den Vorschriften gerecht und kann dem Betreiber Jahr für Jahr erhebliche Kosten sparen. Diese Thematik will jetzt ein Arbeitskreis im Fachbeirat Entrauchung und Lüftung der Deutschen Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (DGWZ) umfangreich aufarbeiten.
Nach der aktuellen Betriebssicherheitsverordnung gehören Aufzüge zu den überwachungsbedürftigen Anlagen, für die jeder Betreiber eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) zu erstellen hat. Neben einer technischen Bewertung muss hierbei auch das Umfeld des Aufzuges betrachtet werden. Dabei sind beispielsweise folgende Fragen zu beantworten: Sind Personen in der Kabine bei einer Aufzugsstörung ausreichend geschützt? Kann das Wartungspersonal Arbeiten im Schacht- und Maschinenraum sicher durchführen?
Ergeben sich aus der GBU mögliche Gefährdungen, ist vom Betreiber ein Maßnahmenplan zur Vermeidung bzw. Behebung der festgestellten Gefahren zu erstellen. Sowohl die GBU als auch der Maßnahmenplan werden von einer Zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) bei einer Überprüfung des Aufzugs in Augenschein genommen und die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen geprüft.
Lüftungskonzept notwendig
Unabdingbar für einen sicheren Betrieb des Aufzugs und damit auch für die GBU ist eine ausreichende Lüftung der Kabine und des Schachtes. Insbesondere bei einer Aufzugsstörung, aber auch während der Durchführung von Wartungsarbeiten ist eine ausreichende Versorgung der Aufzugsnutzer und des Wartungspersonals mit Atemluft zu gewährleisten. In der Praxis fiel jetzt einigen Planern bei der Erstellung der GBU auf, dass die zur Lüftung notwendige Öffnung im Aufzugsschacht fehlte und ein sicherer Betrieb somit nicht möglich war. Die Folgen einer solchen eigentlich nicht genehmigungsfähigen Anlage können hohe Umbaukosten oder gar die Stilllegung des Aufzugs sein.
Luft braucht Bewegung
Der Luftaustausch zwischen Aufzugskabine und Schacht erfolgt in der Regel über kleine Luftschlitze im unteren Bereich der Kabine. Im Normalbetrieb wird durch die Aufzugsbewegung die „verbrauchte“ Luft in der Kabine mit der Luft aus dem Schacht ausgetauscht. Kommt die Kabine bei einer Störung zwischen zwei Etagen zum Stillstand, muss der Luftaustausch durch eine Thermik im Schacht gewährleistet werden. Diese Thermik kann jedoch nur entstehen, wenn im Bereich des Schachtkopfes die Luft aufsteigen und durch eine Öffnung ins Freie entweichen kann. Ebenfalls notwendig ist eine ausreichende Außenluftzufuhr.
Bislang wurde die Lüftung in Aufzügen durch die in den Landesbauordnungen (LBO) vorgeschriebene Entrauchungsöffnung sichergestellt. Diese ist in der Regel als Permanentöffnung ausgeführt, sodass eine Thermik und damit eine ausreichende Lüftung in jeder Situation gewährleistet war. Aus rein brandschutzrechtlicher Sicht kann in manchen Bundesländern auf diese Öffnung verzichtet werden, z.B. wenn der Aufzug innerhalb eines notwendigen Treppenraums liegt. Das würde auch den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) Rechnung tragen, da Energieverluste vermieden werden. Mangels Thermik ist dann allerdings bei einem Kabinenstillstand keine Lüftung mehr möglich, was schnell zu einer dramatisch verschlechterten Luftqualität im Fahrkorb führen kann (Bild 1). Messungen haben gezeigt, dass in der Kabine bereits nach wenigen Minuten ein Wert von 1500 ppm CO2 deutlich überschritten wird. Nach 10 Minuten wurden bereits mehr als 5000 ppm CO2 gemessen. Diese Werte können zu massiven gesundheitlichen Problemen und zu einer verstärkten Panik der in der Kabine „gefangenen“ Personen führen.
Da eine ausreichende Lüftung des Aufzugsschachtes in allen LBO gefordert wird, ist der Verzicht auf eine Öffnung des Aufzugsschachtes somit nicht genehmigungsfähig. In der Praxis ist dies bereits trotzdem vorgekommen und wird zudem in einigen Fällen auch von den ZÜS nicht beanstandet. In einem solchen Fall sollte die Baubehörde auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Lüftung aufmerksam gemacht werden.
Die Lösung: kontrollierte Lüftung und Entrauchung
Eine Lösung ist, die Brandschutz, Lüftung und EnEV gerecht wird, einfach zu realisieren: Anstelle einer Permanentöffnung sorgt eine Anlage zur kontrollierten Lüftung und Entrauchung lediglich im Bedarfsfall für ein Öffnen des Aufzugsschachtes. Brandmelder detektieren eine mögliche Rauchentwicklung und öffnen den Schacht im Brandfall. Bei einer Aufzugsstörung oder Wartungsarbeiten wird die Öffnung mittels potenzialfreiem Kontakt direkt aus der Aufzugssteuerung sichergestellt.
Dieses Vorgehen spart darüber hinaus meist erhebliche Kosten: Ein durchschnittlicher Aufzugsschacht mit sechs Haltestellen verursacht mit einer Permanentöffnung einen Wärmeverlust von etwa 15.000 kWh pro Jahr. Das entspricht etwa 1000 Euro pro Aufzug und Jahr. Bei Umrüstkosten von etwa 3000 Euro pro Aufzug kann sich eine Modernisierung bereits nach wenigen Jahren bezahlt machen. Insgesamt könnten bei den rund 500.000 in Deutschland zur Modernisierung geeigneten Aufzügen Energieverluste in Höhe von etwa 7,5 Mrd. kWh pro Jahr eingespart werden [1]. Das entspricht einem Ausstoß von 3 Mio. t klimaschädlichem CO2. Ein Energiesparrechner, mit dem Energieverlust und Kosten für beliebige Aufzüge berechnet werden können, findet sich beispielsweise unter www.base-gt.de/service/energieeinsparung.
Rechtliche Anforderungen
Die ausreichende Lüftung von Aufzügen dient nicht nur dem sicheren Betrieb, sondern ist zwingend gesetzlich vorgeschrieben. In der auch in Deutschland anzuwendenden EU-Richtlinie 2014/33/EU (Aufzugsrichtlinie) [2] heißt es in Anhang 1, Punkt 4.7: „Die Fahrkörbe sind so zu entwerfen und zu bauen, dass auch bei einem längeren Halt eine ausreichende Lüftung für die Insassen gewährleistet ist.“
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [3] legt die EU-Aufzugsrichtlinie zugrunde und fordert in Anhang 2, Abschnitt 2 in den Prüfvorschriften zu überwachungsbedürftigen Anlagen, dass die Aufzugsanlage sicher verwendbar ist. Verantwortlich für die Einhaltung der
BetrSichV ist der Aufzugsbetreiber.
Die Anforderungen der EU-Aufzugsrichtlinie konkretisieren die harmonisierten EN-Normen DIN EN 81-20 und DIN EN 81-50. Sie ersetzen die älteren Normen DIN EN 81-1 und DIN EN 81-2, die im Rahmen der Koexistenzphase noch bis zum 31. August 2017 gültig sind. Im Anhang E der EN 81-20 wird detailliert festgelegt, wann und wie gelüftet werden muss.
Hinweise zur Planung
Die wesentlichen Punkte bei der Planung einer Entrauchungs- bzw. Lüftungsanlage für Aufzüge sind die Branddetektion, die Steuerung sowie der sichere Verschluss der Entrauchungsöffnung. Seit Anfang 2012 hat sich das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) der Aufzugsschachtentrauchung angenommen, Anforderungen definiert und Systeme dafür zugelassen. Für die Branddetektion sind mittlerweile Rauchansaugsysteme (RAS), punktförmige und lineare Rauchmeldersysteme zugelassen.
Aktive Raucherkennung (RAS)
Die aktive Raucherkennung (RAS) inklusive zentraler Auswertung in einer Messkammer ist eine der sichersten Methoden zur Rauchdetektion in Aufzügen. Hierbei ist zu beachten, dass der gesamte Schacht überwacht wird. In der Praxis befindet sich die erste Öffnung im Rohr zur Rauchansaugung teilweise bis zu 2,5 m unterhalb der Schachtdecke auf Höhe der obersten Haltestelle. Damit sind der Schachtkopf und die gesamte Aufzugstechnik ohne Überwachung. Die erste Öffnung zur Rauchansaugung muss etwa
25 cm unterhalb der Schachtdecke gesetzt werden.
RAS-Anlagen kommen häufig dann zum Einsatz, wenn die Überwachung durch eine Brandmeldeanlage (BMA) den Aufzugsschacht mit einschließt. In den einschlägigen BMA-Normen sind aktuell nur RAS für den vertikalen Einsatz genannt. Sollte der Alarm im Aufzugsschacht als Feuerwehralarm verwendet werden, müssen besondere Vorkehrungen zur Notstromversorgung und Kontaktweitergabe getroffen werden. Dazu empfiehlt sich ein
Fachunternehmen für Aufzugsschachtentrauchung in die Planung einzubeziehen.
Punktförmige/linienförmige Rauchmelder
Seit 2012 können laut DIBt auch punktförmige Rauchmelder ohne Mindestabstand zur Schachtwand zur Rauchdetektion eingesetzt werden. Der Abstand zwischen den Punktmeldern im Aufzugsschacht darf maximal 12 m betragen. Bei Schächten unter 12 m Höhe (wo rechnerisch nur 2 Melder notwen-
dig sind) muss zusätzlich ein weiterer Melder zwischen dem Schachtkopf und der Schachtgrube geplant
werden. Punktmelder werden hauptsächlich im Wohnungsbau und kleinen Aufzugsschächten bis 20 m eingesetzt.
Linienförmige Rauchmelder arbeiten mit einem Infrarotstrahl und haben sich insbesondere bei hohen Aufzügen als besonders effizient erwiesen. Sie haben sich bei der horizontalen Überwachung von großen Industriehallen bewährt und überwachen lückenlos bis zu 100m.
Verschlussklappe
Bei der Auswahl einer geeigneten Verschlussklappe für die Entrauchungsöffnung und deren Ansteuerung muss auf einen ausreichenden baurechtlichen Verwendbarkeitsnachweis geachtet werden. Das kann eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), die Übereinstimmung mit harmonisierten Normen (Leistungserklärung prüfen!) oder die Zustimmung im Einzelfall sein (ZiE). Die entscheidende Norm für die Verschlusselemente ist die EN 12101-2. Hier ist zu beachten, dass einige Elemente ausschließlich für den vertikalen Einsatz in der Fassade geprüft wurden. Hier muss bei der Planung darauf geachtet werden, dass die eingesetzten Elemente ein für die Einbaulage passendes Zertifikat vorweisen können. Solange die EU-Norm prEN 12101-9
noch nicht verabschiedet ist, gilt keine Steuerung für RWA-Systeme als zugelassenes Bauprodukt für den Einsatz als Schachtentrauchungssystem. Damit fehlen einheitliche europäische Regelungen. Durch die Anforderungen des DIBt muss jede Steuerung, die einen 24-V-Stellmotor bedient bzw. die Befehle zum Öffnen der Verschlussklappe durch einen Prozessor verarbeitet, eine abZ vorweisen. Lediglich Systeme mit genormten Bauprodukten, die nur Kontakte schalten und somit ein sicheres Öffnen garantieren (Fail Safe), benötigen keine abZ. Systeme mit abZ müssen grundsätzlich mit einer Handsteuereinrichtung (RWA-Taster) ausgestattet sein.
Eine Öffnung der Klappe bei einer Aufzugsstörung geschieht am einfachsten durch das Aufschalten der Störungsmeldung von der Aufzugssteuerung auf die RWA-Steuerung.
Bisher verwendete Lichtkuppeln können für die Lüftung und den Rauchabzug im Aufzugsschacht nicht eingesetzt werden, da z.B. bei einem Gewitter Regen ungehindert in den Schacht dringen und erhebliche Schäden anrichten kann. Darüber hinaus benötigen nach EN 12101-2 zugelassene Lichtkuppeln aufgrund der notwendigen Öffnung auf 172° viel Strom, was die zugelassenen Steuerungen für die Schachtentrauchung so nicht leisten können.
Es sind stattdessen Dachhauben mit integrierten Verschlusselementen und Wetterschutz zu verwenden, die eine Be- und Entlüftung des Schachtes zu jeder Zeit sicherstellen.
Fazit und Ausblick
Die kontrollierte Lüftung und Entrauchung von Aufzügen kann einen erheblichen Beitrag zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz leisten. Durch den Verzicht auf eine Permanentöffnung sparen Betreiber zudem Jahr für Jahr erhebliche Kosten. Bei der Planung ist zu beachten, dass die eingesetzten Systeme für Aufzugsschachtentrauchung konzipiert und zugelassen sind. Neben der Entrauchung muss grundsätzlich auch die Belüftung mitberücksichtigt werden. Eine Öffnung im Aufzugsschacht darf auch dann nicht weggelassen werden, wenn aus Sicht des Brandschutzes keine Anforderung dafür besteht.
Der neu gegründete Fachbeirat Entrauchung und Lüftung der Deutschen Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (DGWZ) wird ein detailliertes Merkblatt zur Planung und Projektierung von Anlagen zur kontrollierten Entrauchung und Lüftung in Aufzügen erstellen. Weitere Informationen sind auch in einem Merkblatt von ZVEI und VDMA zu finden [4].
Literatur:
[1] Pressemitteilung des ZVEI Nr. 58/2013 vom 14. Juni 2013, www.zvei.org
[2] Richtlinie 2014/33/EU zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aufzüge und Sicherheitsbauteile für Aufzüge (Aufzugsrichtlinie), Amtsblatt der Europäischen Union L 96/251 vom 29. März 2014
[3] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV) auf Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, www.baua.de
[4] Merkblatt „Einbau und Betrieb von Anlagen zur Rauchableitung, Lüftung und Wärmeabfuhr von Aufzugsschächten und Triebwerksräumen“, www.zvei.org (2012)
Autor: Lars Walter, Geschäftsführer der B.A.S.E. Gebäudetechnik GmbH (Fachfirma für RWA-Anlagen und Systeme zur Aufzugsschachtentrauchung). Das Unternehmen ist Mitglied im Fachbeirat Entrauchung und Lüftung der Deutschen Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (DGWZ), im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und im Verband für Aufzugstechnik (VfA).
Bilder, sofern nicht anders angegeben: B.A.S.E. GmbH, Stapelfeld
Das Wichtigste in Kürze
- Die Lüftung und Entrauchung von Aufzügen sind gesetzlich vorgeschrieben.
- Für eine ausreichende Lüftung ist eine Öffnung im Dachbereich des Aufzugsschachts notwendig.
- Auch wenn es brandschutzrechtlich möglich ist, darf aufgrund der Lüftung auf diese Öffnung nicht verzichtet werden.
- Permanentöffnungen verursachen hohe Energiekosten und stehen im Widerspruch zur EnEV.
- Eine Anlage zur kontrollierten Lüftung und Entrauchung entspricht den Vorschriften und spart Energiekosten. Die Amortisationszeit beträgt meist nur zwei bis vier Jahre.