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Gute Luftqualität im Souterrain

Kellerlüftung: Anforderungen zur Systemauswahl, Bemessung und Ausführung

Bild: IKZ-FACHPLANER

Tabelle 1: Einteilung der Kellerräume in Abhängigkeit von der Raumnutzung (Aufenthaltsdauer) gem. E DIN 1946-6 Bbl. 5, Tabelle 1.

Bild 1: Zusammenhang von Lufttemperatur und Luftfeuchte. Der rote Pfeil zeigt einen Anstieg der relativen Feuchte, wenn die Raumtemperatur bei gleichbleibender absoluter Luftfeuchte verringert wird.

Bild 2: Relative Luftfeuchte an der inneren Oberfläche erdreichberührter Wände in Abhängigkeit von Erdreichtemperatur und Raumnutzung (Raumluft mit 20 °C und 50 % Luftfeuchte). Weitere Parameter: Erdreichtemperatur von 0 bis 20 °C in 0 bis 2 m Tiefe, Wärmeschutzniveau mit Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 [3] mit R = 1,20 (m² ∙ K)/W und Referenzwert für erdreichberührte Wände nach EnEV 2014 mit R = 2,86 (m² ∙ K)/W (entspricht U = 0,35 W/( m² ∙ K)), Möblierung mit Einbauschrank an Außenwand mit Rsi = 1,00 (m² ∙ K)/W, Schrank freistehend vor Außenwand: Rsi = 0,50 (m² ∙ K)/W und Wand ungestört: Rsi = 0,25 (m² ∙ K)/W (Werte aus DIN Fachbericht 4108-8).

Tabelle 2: Hinweise zur freien Lüftung von Kellerräumen.

Tabelle 3: Hinweise zur ventilatorgestützten Lüftung von Kellerräumen.

Bild 3: Überblick über lüftungstechnische Maßnahmen zur Reduzierung der Raumluftfeuchte in Kellerräumen (nach E DIN 1946-6 Bbl. 5).

Bild 4: Trocknungspotenzial der Lüftung in Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur (Tagesmittelwerte für Hamburg, 2005-2011, Raumluftzustand beispielhaft mit 20 °C und 50 % Luftfeuchte).

 

Kellerräume werden heute häufiger zu Wohnzwecken oder als Büro- und Praxisräume geplant und genutzt. Die Frage, wie solche Kellerräume richtig zu lüften und zu heizen sind, stößt aber häufig auf große Unsicherheit. Seit Dezember 2015 liegt zur DIN 1946-6 der Entwurf des Beiblatts 5 „Kellerlüftung“ vor [1]. Im Entwurf werden erstmalig spezielle Anforderungen und Vorgehensweisen für die Lüftung von Kellerräumen beschrieben. Der Artikel gibt einen Überblick über die wesentlichen Inhalte dieses Normentwurfes.

Um die Lüftung und Heizung von Kellerräumen zu planen, ist zunächst in Abstimmung mit dem Bauherrn die Nutzung raumweise festzulegen. Einen Anhaltspunkt für eine sinnvolle Einteilung liefert Tabelle 1 nach E DIN 1946-6 Bbl. 5. Sie differenziert die Räume auf der Basis der voraussichtlichen durchschnittlichen Aufenthaltsdauer. Ist eine spätere Nutzungsänderung absehbar oder zu vermuten, z. B. eine Änderung zum Wohnraum, sollte dies in Abstimmung der Projektbeteiligten bei der Planung berücksichtigt werden. Auf Basis der Raumeinteilung kann ein geeigneter Ansatz für das Lüftungs- und Heizungskonzept gewählt werden.

Thermische Behaglichkeit
Zentralen Einfluss auf die thermische Behaglichkeit hat die Raumlufttemperatur, die in Kellerräumen von verschiedenen Parametern abhängt:

  • Raumnutzung,
  • Raumlage im Gebäude (innerhalb oder außerhalb der thermischen Hülle),
  • Wärmeschutz,
  • Beheizung,
  • Temperatur der Nachbarräume,
  • Gebäudedichtheit,
  • Luftwechsel.

Für Kellerräume ist besonders zu beachten, dass die Erdreichtemperatur gegenüber der Außenlufttemperatur in Abhängigkeit von der Tiefe und der Beschaffenheit zeitlich verzögert und gedämpft ist. Kellerräume mit erdreichberührten Bauteilen stellen daher bauphysikalisch bedingt andere Lüftungs- und Heizungsanforderungen als oberirdische Wohnräume.
Weitere Besonderheiten können sich für Kellerräume in Abhängigkeit von der Nutzung und den Feuchtelasten ergeben. Insbesondere die Lüftung unter sommerlichen Verhältnissen bedeutet hier eine besondere Herausforderung für Planer und Nutzer.
Von der Raumlufttemperatur hängen die relative Luftfeuchte und damit auch das Schimmelpilzrisiko ab (Bild 1). Wird die Raumlufttemperatur bei gleichbleibender absoluter Luftfeuchte verringert, steigt die relative Luftfeuchte und somit die Gefahr der Schimmelpilzbildung. Nach DIN Fachbericht 4108-8 [6] liegt ein Schimmelpilzrisiko vor, wenn an mindes­tens fünf auf einander folgenden Tagen die relative Luftfeuchte auf einer inneren Bauteiloberfläche mindestens 12 Stunden/Tag einen Wert von mindestens 80 % aufweist. Bild 1 zeigt außerdem als grüne Fläche das typische Behaglichkeitsfeld für zum Daueraufenthalt bestimmte Räume.

Wärmeschutz und Tauwasserrisiko
Vom Wärmeschutz der Umschließungsflächen hängt die innere Oberflächentemperatur an den Außenbauteilen ab. Die innere Oberflächentemperatur wiederum ist maßgebliches Kriterium für das Tauwasser- und Schimmelpilzrisiko. Erdreichberührte Flächen unterscheiden sich durch die Erdreichtemperatur im Jahresverlauf und durch den äußeren Wärme­übergangswiderstand Rse von Bauteilen gegen Außenluft. Von wesentlicher Bedeutung ist für die Feuchtesituation an den kritischen kalten Oberflächen auch die Raumnutzung mit Raumlufttemperatur, Raumluftfeuchte und Möblierung. Für eine typische Konstellation in Kellerräumen verdeutlicht Bild 2, die sich einstellende Luftfeuchte an der inneren Oberfläche erdreichberührter Bauteile.
Wenig überraschend birgt insbesondere die Kombination aus:

  • niedriger Erdreichtemperatur (Jahresanfang gegenüber Sommer und Herbst),
  • geringem Wärmeschutz (Mindestwärmeschutz gegenüber EnEV-Anforderungen),
  • ungünstiger Einrichtung (Schränke an der Außenwand gegenüber ungestört).

ein erhöhtes Risikopotenzial. Aufgrund der Randbedingungen – steigende Nutzungsintensität mit höheren Raumtemperaturen und verbesserter Mindestwärmeschutz bei beheizten gegenüber gering beheizten Räumen – weist die Raumtemperatur demgegenüber keine eindeutige Tendenz hinsichtlich des Feuchterisikos auf. Selbstverständlich gilt allerdings, dass bei einer bestehenden (unveränderten) Nutzungssituation eine Erhöhung der Raumlufttemperatur das Tauwasser- und Schimmelpilzrisiko senkt.

Nutzungsbedingte Feuchtelasten
Um die nutzungsbedingte Feuchte in Kellerräumen zu regulieren und damit das Schimmelpilzrisiko zu senken, können grundsätzlich folgende Ansätze genutzt werden:

  • verbesserter Wärmeschutz (Bautechnik),
  • verminderte Feuchtelasten (Nutzung),
  • feuchteunkritische Einrichtung (Nutzung),
  • höhere Raumtemperaturen (Nutzung, Anlagentechnik),
  • verstärkte Lüftung (Nutzung, Anlagentechnik),
  • optionale Luftentfeuchtung (Anlagentechnik).

Der bautechnische Ansatz eines verbesserten Wärmeschutzes ist hinlänglich bekannt und in Bild 2 durch den Vergleich von Mindestwärmeschutz und EnEV-Anforderungen visualisiert. Eine Diskussion der praktischen Aspekte insbesondere hinsichtlich der nachträglichen Wärmedämmung der Bodenplatte im Gebäudebestand ist hier nicht Gegenstand.
Eine besondere Verantwortung für die Feuchtesituation in für Wohnzwecke genutzten Kellerräumen hat der Nutzer. Er trägt entscheidend dazu bei, feuchtekritische Situationen zu vermeiden, indem er:

  • die Feuchtelasten gering hält, z. B. durch begrenzte Zahl von Zimmerpflanzen,
  • eine feuchteunkritische Einrichtung wählt, z. B. keine Schränke unmittelbar an erdreichberührten Wänden aufstellt und feuchteunempfindliche Bodenbeläge wählt und
  • adäquat heizt und lüftet.

Richtig heizen
Ist eine ständige Nutzung von Kellerräumen für Wohnzwecke vorgesehen, ist ihre Beheizung zwingend notwendig, um die thermische Behaglichkeit und den Feuchteschutz sicherzustellen. Grundsätzliche Möglichkeiten zur Wärmeübergabe sind im Keller wie generell im Wohnungsbereich freie (Heizkörper), baukörperintegrierte Heizflächen (Fußboden- oder Wandheizung) sowie alternativ Luftheizungssysteme. Oft ist die Entscheidung durch das bereits im Gebäude installierte Heizsystem vorbestimmt.
Die Anordnung der Heizflächen beeinflusst auch das Tauwasser- und Schimmelpilzrisiko. Insbesondere bei der Wohnnutzung von Kellerräumen im Gebäudebestand können Bauteile mit schlechtem Wärmeschutz wie die Bodenplatte und die erdreichberührten Außenwände mit flächenintegrierten Heizflächen oder großflächigen Heizkörpern ausgestattet werden, um lokal die innere Oberflächentemperatur zu erhöhen und damit die Feuchtesituation zu verbessern. Gegebenenfalls können auch Sonderlösungen, wie z. B. Sockelheizungen, zum Einsatz kommen.

Richtig lüften
Neben der Heizung hat die Lüftung einen maßgeblichen Einfluss auf die Feuchtesituation in Kellerräumen. Allerdings sind dabei einige Besonderheiten zu beachten. Insbesondere die Möglichkeiten zur manuellen Fensterlüftung sind eingeschränkt, da aufgrund der geringen Größe und Höhe der Fenster über Grund praktisch nur sehr geringe Windeffekte zu erwarten sind und unter sommerlichen Verhältnissen die Raumluft kaum getrocknet werden kann. Die erdreichberührten Flächen weisen auch im Sommer niedrige Oberflächentemperaturen auf. Nach E DIN 1946-6 Bbl. 5 stehen für Kellerräume verschiedene lüftungstechnische Maßnahmen zur Verfügung, um die Raumluftfeuchte zu reduzieren (Bild 3).
Die freie Lüftung basiert auf Druckdifferenzen durch Wind (Querlüftung) oder thermischen Auftrieb (Schachtlüftung). In dichten Gebäuden sind dafür definierte Öffnungen, sogenannte Außenluftdurchlässe (ALD), erforderlich. Ist der Keller lüftungstechnisch vom übrigen Gebäude getrennt und existiert kein separater Lüftungsschacht, reduzieren sich die wirksamen Antriebskräfte im Wesentlichen auf Winddrücke. Das ist z. B. der Fall, wenn es kein offenes Treppenhaus und dichte, selbstschließende Kellerabgangstüren gibt. Tabelle 2 gibt wichtige Hinweise zur freien Lüftung von Kellerräumen.
Bei ventilatorgestützter Lüftung werden die Systeme anhand der Anordnung der Ventilatoren unterschieden:

  • Luftabführung aus dem Gebäude → Abluftsystem → Unterdruck im Gebäude,
  • Luftzuführung in das Gebäude → Zuluftsystem → Überdruck im Gebäude,
  • Luftabführung und -zuführung → Zu-/Abluftsystem → Gleichdruck bei balancierter Fahrweise (Zuluftmassenstrom = Abluftmassenstrom).

Um einen Keller in ein zentrales ventilatorgestütztes Lüftungssystem einzubinden, muss er mit dem übrigen Gebäude lüftungstechnisch verbunden werden. Dies kann z. B. in einem Reihenhaus mit intensiv genutztem Untergeschoss in Verbindung mit einem Zu-/Abluftsystem sinnvoll sein.
Sollen die Kellerräume hingegen separat gelüftet werden, sollten diese lüftungstechnisch vom übrigen Gebäude getrennt sein. Dies könnte z. B. in einem Mehrfamilienhaus mit separaten Souterrain-Wohnungen in Kombination mit Abluftsystemen sinnvoll sein, aber auch in wenig genutzten Kellerräumen bei erhöhten Radonkonzentrationen. Wichtige Hinweise zur ventilatorgestützten Lüftung von Kellerräumen gibt Tabelle 3.
Hat man sich für ein Heizungs- und ein Lüftungskonzept entschieden, kann man die Lüftung nach E DIN 1946-6 Bbl.5 auslegen. Für winterliche Verhältnisse gelten die allgemein üblichen Forderungen, nämlich ausreichend zu lüften und in zu Wohnzwecken genutzten Räumen ausreichend zu heizen. Unter sommerlichen Verhältnissen sind beim Betrieb der Lüftung wegen der spezifischen Kellersituation einige Besonderheiten zu beachten. Eine generelle Empfehlung, im Sommer ausreichend zu lüften, ist wenig hilfreich, da über lange Zeiträume aufgrund der höheren absoluten Außenluftfeuchte noch Feuchte in die Kellerräume eingetragen würde.
Deutlich wird dies beispielhaft in Bild 4 anhand der Wetterdaten für Hamburg und einen angestrebten Raumluftzustand von 20 °C und 50 % Luftfeuchte. Mit steigenden Außenlufttemperaturen sind zunehmend Zustände zu beobachten, bei denen die Feuchtigkeit durch Lüftung nicht mehr abgeführt werden kann.

Im Sommer entfeuchten?
Um im Sommer wenigstens zeitweise Feuchtigkeit durch Lüftung abzuführen, ist unbedingt der Einsatz einer geeigneten Sensorik anzuraten, die die Differenz der absoluten Feuchte zwischen innen und außen erfasst. Diese kann nach dem Prinzip einer Lüftungsampel dem Nutzer den Hinweis geben, wann das Öffnen der Fens­ter sinnvoll ist oder sie ist direkt auf motorisch öffnende Fenster bzw. eine Lüftungsanlage aufgeschaltet.
Reicht eine solche feuchtegeführte Lüftung etwa bei intensiver Nutzung der Kellerräume nicht aus, um dauerhaft einen raumlufthygienisch und bauphysikalisch unbedenklichen Zustand herzustellen, kann zeitweise, insbesondere also unter sommerlichen Bedingungen, auf aktive Entfeuchtungsgeräte zurückgegriffen werden.
Dies kann auch erforderlich werden, wenn durch Lüften auch die Radonkonzentration im Raum verringert werden soll. Hier entsteht ein klassischer Zielkonflikt, der sich im Sommer unter Umständen nur durch zeitweise Entfeuchtung lösen lässt, da Radon eigentlich dauerhaftes Lüften verlangt.

Literatur:
[1] DIN 1946-6 „Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung – Entwurf Beiblatt 5: Kellerlüftung“, Ausgabe Dezember 2015, Beuth Verlag
[2] DIN EN ISO 13370 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Wärmeübertragung über das Erdreich – Berechnungsverfahren“, Ausgabe April 2008, Beuth Verlag
[3] DIN 4108-2 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“, Ausgabe Februar 2013, Beuth Verlag
[4] DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ Teile 1 bis 10, Beuth Verlag
[5] DIN EN ISO 7730 „Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit“, Ausgabe Mai 2006, Beuth Verlag
[6] DIN FB 4108-8 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 8: Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden, Ausgabe September 2010, Beuth Verlag
Autor: Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartmann, ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH

Bilder, sofern nicht anders angegeben:
Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartmann

 


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