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Flecken mit Gefahrenpotenzial

Schimmelpilzbefall: Hintergründe zur Entstehung, Beurteilung und Beseitigung der Mikroorganismen

Der Grund für Schimmelbildung ist meist eine Vermischung von verschiedenen Ursachen. Bild: Direkthilfe Schimmelpilz

Erst nach einer Bestimmung durch ein Labor können Aussagen über den tatsächlich vorhandenen Pilz gemacht werden. Bild: Ingenieurbüro Zauner

Erkrankungsrisiko in Wohnungen mit Schimmelpilzschäden im Vergleich mit schadensfreien Wohnungen (mit Erkrankungsrisiko 1). Bild: Bundesgesundheitsblatt 46, 2003

 

Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung fordern eine dichte Baustruktur. Wird der Mindestluftwechsel vernachlässigt, bleibt die verbrauchte Luft und mit ihr die Feuchtigkeit im Raum. Oft heißt die Folge: Schimmelbildung. Ist der Pilz erst einmal im Haus oder in der Wohnung, kann er die Bewohner nachhaltig schädigen. Um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, ist ein grundlegendes Wissen über die Lebensweise dieser Mikroorganismen von Vorteil. Der nachfolgende Artikel soll verdeutlichen, wann bzw. wo sich ein Pilz niederlässt und wie das verhindert werden kann.

Was sind das nun für Lebewesen, die in Gebäuden so viel Ärger machen und bei den Bewohnern die verschiedensten Krankheiten auslösen können? Der Begriff „Schimmel“ bezeichnet eine Gruppe von Pilzen, deren Gemeinsamkeit die Bildung eines Pilzgeflechts und die Produktion von Sporen ist. Alles beginnt mit zur Verfügung stehendem Wasser. Die Grenze, unterhalb derer kein Schimmelpilzwachstum in Gebäuden auftritt, wird mit 70 % relativer Luftfeuchte angenommen. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für das Wachstum von Schimmelpilzen. Nährstoffe sind an den meisten Oberflächen ausreichend vorhanden. Außerdem sind Pilze Meister in der Zerlegung von Stoffen. Das ist auch ihre natürliche Aufgabe in unserem Ökosystem: Sie sorgen als Zersetzer für den Abbau organischer Stoffe.

Gesundheit und Schimmelpilze
Schimmelpilze kommen natürlich in der Umgebungsluft vor und stellen im Außenbereich kein gesundheitliches Problem dar. In Innenräumen ist ihre Vermehrung jedoch aus hygienischer Sicht nicht erwünscht. Sporen, Pilzteile und Stoffwechselprodukte können allergische und reizende Symptome beim Menschen hervorrufen oder zu verschiedenen Krankheiten führen.
Hinzu kommt oftmals die zusätzliche Belastung durch Bakterien und Milben. Geruchsbelästigung durch den bakteriellen Abbau kann zu massiven Problemen führen, ebenso wie die reizende Wirkung von Milbenkot. Schimmelpilze können z. B. Allergien und Hautkrankheiten hervorrufen. Zum gesundheitlichen Risiko gibt es zahlreiche Studien. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. „Potenzial“ bedeutet nicht automatisch den Ausbruch einer Krankheit, und der Nachweis darüber, dass in der Umgebung vorhandene Schimmelpilze ein bestimmtes Krankheitsbild ausgelöst haben, ist Sache des Mediziners. Nicht des Bausachverständigen oder der ausführenden Firma. Erst nach einer Bestimmung durch ein Labor können Aussagen über den tatsächlich vorhandenen Pilz gemacht werden.

Jede Situation ist individuell zu beurteilen
Im Wohnraum sind die für Schimmelwachstum notwendigen Umweltbedingungen nicht erwünscht. Es werden in der Regel folgende Ursachen für Schimmelbildung unterschieden:

  • Bauliche Ursachen,
  • Nutzerverhalten,
  • Sonderfälle wie etwa Wasserschäden.


Meist liegt aber eine Vermischung der verschiedenen Ursachen vor. Falsche Lüftung mag auf den ersten Blick nutzerbedingt sein. Wenn jedoch ein ausreichender Luftwechsel bereits in der Planung nicht berücksichtigt wurde, kann diese Fehlleis­tung später nur mit einem gewissen Aufwand korrigiert werden. Auch gut gemeinte, jedoch unsachgemäße Sanierungen wie der Einbau neuer Fenster in einem ungedämmten Altbestand ohne begleitende Maßnahmen oder der Einbau nicht geeigneter Baustoffe führen zu Pilzbefall. Innendämmungen, die ohne bauphysikalische Überlegungen aufgebracht werden, sind ein weiteres Beispiel.
In den Medien werden oft verschiedene Ratschläge zur sicheren Erkennung und Entfernung von Schimmel verbreitet. Fakt ist aber, dass zur tatsächlichen Bestimmung der Pilze Fachwissen und mikroskopische Ausrüstung benötigt werden. Unsachgemäße Aussagen vor Ort führen oft zu wesentlich größeren Konflikten als der Befall an sich. Daher sollte z. B. vor der Beurteilung des Nutzerverhaltens immer eine genaue Messung verschiedener Parameter wie Luftfeuchte, Temperatur oder CO2-Gehalt über einen längeren Zeitraum erfolgen. Erst dann können konkrete Aussagen und Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.
Um ein wirkliches Abbild der Situation geben zu können, sollten Messungen mehrere Wochen in verschiedenen Räumen durchgeführt werden. Die Analyse der Messung kann, mit dem Nutzer abgesprochen, ein wirksames Instrument für allfällige Verhaltensänderung sein. Schuldzuweisungen sollten hier nicht im Vordergrund stehen.
Die tatsächliche Wohnsituation lässt sich mit den oben genannten Messungen gut abbilden. Wird also über längere Zeit oder in kurzen Abständen immer wieder erhöhte Luftfeuchte (Relative Luftfeuchte ab 80 %) in Kombination mit hohen CO2-Werten (über 1000 ppm) dokumentiert, steigt das Risiko für Schimmelbildung. Anhand der Messreihen können Lösungen für die jeweilige Situation leichter gefunden werden. Diese können durchaus auch technischer Natur sein, wie der Einbau eines Lüfters.
Grundsätzlich muss jedoch zur Vermeidung von Schimmel auf die richtige Luftfeuchte (zwischen 40 % und 60 % relativer Feuchte werden vom Menschen als angenehm empfunden) geachtet werden. Der Aufwand, der notwendig ist, um dies zu erreichen, kann höchst unterschiedlich sein. Während in der einen Wohnung mehr geheizt werden muss, um auch die Wände auf eine verträgliche Oberflächentemperatur zu bringen, ist es in einer anderen vielleicht mit dem Abdichten eines Fensters getan.

Beurteilung und Beseitigung ist Expertensache
So banal und allgemein bekannt Schimmelbildung an diversen Oberflächen auch erscheinen mag: Sie erfordert breites Fachwissen für die Bestimmung und umfassende Kenntnis der vorhandenen Richtlinien in der Beurteilung. Wenn eine Beurteilung mit mikrobiologischen Methoden erfolgt sollten diese den geltenden Normen der EN ISO 16000 und der VDI Richtlinie der 4300-10 entsprechen. Sowohl die Probenahme an sich als auch deren Planung ist in diesen Regelwerken festgelegt. Im Zweifelsfall sollte beides Experten überlassen werden.
Die Sanierung von Schimmelschäden unterliegt derzeit keiner Norm. Es existieren jedoch sehr wohl Leitfäden, Positionspapiere und eine Unmenge an Fachliteratur. Die wichtigsten dieser Schriftstücke weisen alle darauf hin, dass Schimmelbefall von Fachfirmen entfernt werden sollte. Oft wird es notwendig sein, im Vorfeld Experten hinzuzuziehen, die den Befall einschätzen und das vorhandene Pilzspektrum bestimmen können. Aus dieser Einschätzung leiten sich dann die konkreten Sanierungsmaßnahmen ab.
Dabei geht es nicht nur um die technischen Möglichkeiten der Sanierung, sondern auch um Fragen des Arbeitnehmerinnenschutzes. Je nach Einschätzung des Befalls sind mehr oder weniger aufwendige Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten: Bei massivem Befall oder bei Vorkommen von Pilzarten, die als Risikoorganismen eingestuft sind, kommen strengere Regeln des Arbeitsschutzes zur Anwendung. Die Einhaltung dieser liegt im Interesse aller Beteiligten. Handschuhe, Schutzbrillen und Atemmasken sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

Autorin: Dr. Alexandra Uhl, Biologin und seit über 2 Jahren Leiterin des hauseigenen Labors im Ingenieurbüro Zauner in Salzburg.

 


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