Flächenkühlung im privaten Wohnungsbau
Die IKZ im Interview mit Dipl.-Kfm. Axel Grimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Flächenheizungen und Flächenkühlungen
Über die Raumkühlung im Gebäude mittels raumumschließenden Flächen wie Wand, Decke oder Fußboden berichten die Fachmedien regelmäßig. Was es dabei aus technischer Sicht zu beachten gibt und wie hoch die realisierbaren Kühlleistungen tatsächlich sind, das erfuhr die IKZ im Gespräch mit Dipl.-Kfm. Axel Grimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Flächenheizungen und Flächenkühlungen mit Sitz in Dortmund.
IKZ-KLIMA: Wand, Decke oder Fußboden – welche Fläche eignet sich am besten für die Funktion Raumluftkühlung?
Axel Grimm: Sicher kann man hier die Decke nennen, da die Kälte naturgemäß von oben „herunterfällt“ und die Bewohner angenehm temperiert.
IKZ-KLIMA: In der Praxis wird – zumindest im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser – mit dem Fußboden gekühlt. Sehen Sie die kalten Fußbodenflächen als unangenehm an?
Axel Grimm: Nun, die Oberflächentemperatur des Bodens wird ja minimal bei ca. 19 Grad liegen. Damit gibt es einen Kühleffekt, aber eben auch keinen Zug oder einen wirklich kalten Boden. Natürlich spürt man das, wenn man mit nackten Füßen durch das Haus geht und empfindliche Menschen werden das ein Stück weit bemängeln. Hier gilt es, das richtige Maß zu finden zwischen Kühlung und einem fußwarmen Boden.
IKZ-KLIMA: Landläufig wird oft von Kühlung gesprochen, tatsächlich aber handelt es sich eher um eine Raumluftkonditionierung, da der Leistungsfähigkeit Grenzen gesetzt sind. Welche Leistungen lassen sich über die Fläche realisieren?
Axel Grimm: Die möglichen Heiz- und Kühlleistungen unterscheiden sich dabei stark nach der gewählten Konstruktionsart. Nach DIN EN 14037 liegt die Heizleistung bei flächigen Systemen zwischen 60 W/m2 und 110 Watt/m2, bei konvektiven Systemen wie z. B. Lamellendecken oder Deckensegel zwischen ca. 100 W/m2 und deutlich über 170 W/m2.
Nach DIN EN 14240 liegt die Kühlleistung meist leicht unter den oben genannten Werten für die Heizleistung. Damit sind die Kühlleistungen bei extremen Wetterlagen natürlich begrenzt, aber so extreme Innentemperaturen von 18 °C bei Außentemperaturen von über 30 °C wie z. B. in den USA sind nach unserer Einschätzung weder behaglich, gesund und auch nicht nötig. Auch sind die laufenden Betriebskosten einer Deckenkühlung deutlich niedriger und damit „angenehmer“.
IKZ-KLIMA: Die erreichbaren Leistungen werden unter anderem begrenzt durch den Taupunkt, der ja bekanntlich nicht unterschritten werden darf, weil es sonst zu Feuchte-Schäden im Gebäude kommt. Welche technischen Lösungen zur Taupunktkontrolle/-überwachung kommen heute zur Anwendung?
Axel Grimm: Nun, zunächst werden die Vorlauftemperaturen mit minimal ca. 15 bis 17 °C gewählt, um die Oberflächentemperatur der Decke nicht unter ca. 19 °C abfallen zu lassen. In Verbindung mit der meist recht guten Feuchtigkeitsspeicherung der verwendeten Baustoffe wie z. B. Gipsputz, Gipskarton oder auch Lehm reduzieren sich damit potenzielle Kondensationsprobleme bereits massiv. Um jedoch eine eventuelle Taupunktunterschreitung zu vermeiden, empfehlen wir weiterführende Maßnahmen wie zum Beispiel Taupunktwächter, die am Ort der größten Taupunktwahrscheinlichkeit am Kühlkreislauf anzuordnen sind.
IKZ-KLIMA: Reversible Sole-Wärmepumpen ermöglichen eine ökologische wie ökonomische Versorgung mit Kaltwasser. Daneben gibt es auch Wärmepumpen mit aktivem Kälteaggregat. Spielt das eine Rolle für die Auslegung beziehungsweise für Regelung und Betrieb des Systems?
Axel Grimm: Nun, da die Vorlauftemperaturen nur bis minimal 15 bis 17 °C gehen dürfen, können beide Systeme die Kaltwasserversorgung in gleicher Weise übernehmen. Natürlich ist es wirtschaftlicher, wenn dabei die Sole durch das System fließt, da dann nur die Hilfsenergie für die Pumpe benötigt wird.
IKZ-KLIMA: Gibt es Marktzahlen, wie viele Sole/Wasser-Wärmepumpen zur Raumluftkonditionierung im Wohnungsbau bislang verbaut wurden?
Axel Grimm: Der Anteil der Sole/Wasser-Wärmepumpen an den gesamten Wärmepumpenverkäufen liegt bei ca. 30 %. Eine Raumluftkonditionierung ist nur in Verbindung mit Flächenheizungen bzw. Flächenkühlungen möglich. Da im Neubau fast ausschließlich Wärmepumpen mit Flächenheizungen verbaut werden, lassen sich diese Anlagen grundsätzlich zur Raumluftkonditionierung nutzen. In der Modernisierung werden Wärmepumpen teilweise mit Heizkörpern kombiniert, sodass die Raumluftkonditionierung hier nicht funktioniert. Insgesamt gehen wir aber immerhin von über 15000 neu installierten Anlagen pro Jahr aus, die eine Raumluftkonditionierung ermöglichen.
IKZ-KLIMA: In vielen modernen Gebäuden wird heute eine kontrollierte Wohnraumlüftung eingesetzt. Hat der regelmäßige Luftaustausch Auswirkungen auf die Leistungs- beziehungsweise Regelfähigkeit der Kühlflächen?
Axel Grimm: Die Wohnraumlüftung übernimmt die Aufgaben Entfeuchtung und natürlich Lüftung. Sollte die Außenluft einmal eine höhere absolute Feuchte als die Innenluft haben, so greift der Taupunktwächter ein, um eine Kondensation an der Kühlfläche zu verhindern. Dabei kann dann die Vorlauftemperatur angehoben werden oder der Kühlwasserstrom wird abgeschaltet. Eine Entfeuchtung der Zuluft wäre in dieser Situation ebenfalls eine Lösung. Moderne Lüftungsanlagen arbeiten mit einem hohen Grad an Wärmerückgewinnung. Bei der Heizlastberechnung nach DIN EN 1 2831-1 oder der Kühllastberechnung nach VDI 2078 ist dies entsprechend zu berücksichtigen.
IKZ-KLIMA: Wenn sie es in Stichpunkten zusammenfassen würden, worauf ist bei der Planung einer Flächenheizung beziehungsweise Kühlung unbedingt zu achten?
Axel Grimm: Heizlast- bzw. Kühllastberechnung, Auswahl von Fußboden, Wand oder Decke je nach Objekt, Auswahl des geeigneten Systems wie z. B. Nassestrich oder Trockenbaulösung, Dimensionierung, Ausführungsplanung – z. B. Verlegeplan – und nicht zu vergessen: das hydraulische Konzept.
IKZ-KLIMA: Und welche Stichworte dürfen in Bezug auf die Realisierung der Anlage durch den Anlagenbauer nicht fehlen?
Axel Grimm: Natürlich die optimale Abstimmung mit den anderen Gewerken unter Nutzung der BVF-Schnittstellenkoordination. Diese Fachpublikation berücksichtigt alle am Fußboden-, Wand- oder Deckenaufbau beteiligten Gewerke: Vom ZVSHK, dem Bundesverband Estrich und Belag, dem BHKS über den Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik bis hin zu 10 weiteren Verbänden. Erfreulicherweise werden es über die Jahre immer mehr Partnerverbände, die sich in der Schnittstellenkoordination des BVF engagieren.
IKZ-KLIMA: Letzter Punkt: Wo finden interessierte TGA-Planer oder Fachhandwerker Informationen zum Thema? Gibt es Schulungen dazu?
Axel Grimm: Schulungen werden regelmäßig von allen namhaften System anbietern durchgeführt. Eine umfangreiche, herstellerneutrale Informationssammlung findet sich auf www.flaechenheizung.de. Hier werden auch Fragen behandelt, die nicht eindeutig durch Normen geregelt sind, z. B. durch BVF Richtlinien, Stellungnahmen und technische Ausarbeitungen. Die BVF Schnittstellenkoordination, die mittlerweile den Status der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ hat, steht dort auch kostenfrei zum Download bereit. Die Neuauflage ist bereits in der Verbändeabstimmung und wird in Kürze für bestehende Gebäude veröffentlicht. Die Schnittstellenkoordination für den Neubau wird Anfang 2018 folgen. Auf unserer neuen Homepage werden wir unser Informationsangebot noch ausweiten sowie deutlich benutzerfreundlicher gestalteten.
www.flaechenheizung.de
BVF-Symposium: Heizen und Kühlen mit Deckensystemen
Das diesjährige BVF-Symposium am 29./30. November in Köln widmet sich dem Thema „Heizen und Kühlen mit Deckensystemen“: Darüber hinaus stehen die Preisverleihung des BVF-Award 2017 und der Blick auf aktuelle Themen der Branche auf der Agenda.
Aus dem Vortragsprogramm:
- Bauphysik: Heizen und Kühlen mit der Decke
- Kühlen, Heizen und Akustik – Deckenlösungen für Bürogebäude
- Praxisbeispiel: Kühl- und Heizdecken mit dem neuen (und alten) Baustoff Lehm
- Deckenheizung im Niedrigenergiehaus mit elektrischer Flächenheizung
- Content Marketing – wie ich meine Inhalte online präsentiere und vernetze
- Wechsel der Akteure in der Bauwirtschaft und in der Flächenheizung – was kommt da auf uns zu und welche Optionen haben wir?
- Laudatio zum BVF Award 2017 und Kurzpräsentation der Preisträger.
Die Veranstaltung findet im Hotel Leonardo Royal am Stadtwald, Dürener Str. 287, 50935 Köln, statt. Die reguläre Teilnehmergebühr beträgt 340 Euro zzgl. MwSt., die ermäßigte Teilnehmergebühr für Mitglieder des BVF, BAKA, BWP, VdZ, ZVSHK und kooperierende Fachverbände sowie für Fachhandwerker liegt bei 295 Euro zzgl. MwSt.