Ausgabe 1/2003, Seite 8 f. |
Sanitär
Die novellierte Trinkwasserverordnung
Dipl.-Ing. Werner Nissing*
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Aus diesem Grunde gebührt ihm ein besonderer Schutz. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) haben daher eine Europäische Trinkwasserrichtlinie erlassen, die von jedem Mitgliedsstaat in eigenes nationales Recht umgesetzt werden muss. In der Bundesrepublik geschieht dies mit der Trinkwasserverordnung (abgekürzt TrinkwV), die seit dem 1. Januar 2003 in aktualisierter Form in Kraft ist.
Zweck der TrinkwV ist es, den Menschen vor gesundheitlichen Einflüssen des Wassers zu schützen. Die Verordnung gilt deshalb für "Wasser für den menschlichen Gebrauch". Darunter fällt nicht nur "Trinkwasser", sondern auch Wasser zur Körperpflege und zur Reinigung von Gegenständen, die mit Lebensmitteln oder dem menschlichen Körper in Berührung kommen (z.B. Spülwasser im Haushalt).
Beschaffenheit des Trinkwassers
Grundsätzlich muss Wasser für den menschlichen Gebrauch frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein sein. Deshalb wurden Grenzwerte für mikrobiologische und chemische Inhaltsstoffe festgelegt, die am Zapfhahn des Verbrauchers eingehalten werden müssen. Zusätzlich enthält die Verordnung Grenzwerte für Inhaltsstoffe, die Veränderungen in einer Wasserversorgungsanlage anzeigen. Beispiel: Die Korrosion einer verzinkten Leitung verursacht einen erhöhten Eisenanteil im Wasser. Eisen ist also der Stoff, der auf die Korrosion hinweist. Aber auch der Geruch und Geschmack des Wassers können Hinweise auf eine Veränderung geben.
Zu den Inhaltsstoffen, deren Konzentration im Wasser durch die TrinkwV begrenzt ist, gehören beispielsweise:
Quecksilber,
Nitrat,
Benzol,
Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel,
Blei,
Kupfer,
Nickel,
chemische Verbindungen (z.B. Lösemittel).
Anforderungen
Der Wert für Blei wird bis zum 1.12.2013 drastisch von 0,04 auf 0,01 mg je Liter Wasser vermindert und bedeutet, dass alte Bleileitungen in bestehenden Gebäuden früher oder später ausgetauscht werden müssen.
Auch der Grenzwert für Nickel ist reduziert. Da dieser Stoff ebenso wie Blei aus Messing und Rotguss (Materialien für Armaturen und Rohrverbinder) frei gesetzt wird, sind nur blei- und nickelarme Legierungen erlaubt.
Im Trinkwasser dürfen bestimmte Bakterien wie z.B. Coli-Bakterien nicht vorhanden sein. Sie weisen auf eine Verunreinigung des Wassers mit menschlichen oder tierischen Ausscheidungen und damit auf eine mögliche Infektionsgefahr hin.
Periodisch ist in zentralen Wassererwärmungsanlagen der Hausinstallation, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereit gestellt wird (z.B. in Krankenhäusern oder Schwimmbädern), auf Legionellen zu untersuchen.
Eine Überwachung der Radioaktivität erfolgt nur, wenn die Grenzwerte überschritten werden. Dies ist immer der Fall bei einem natürlich erhöhten Nuklid-Gehalt (z.B. Erzgebirge, Vogtland), weil dort die Grenzwerte überschritten werden.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Korrosion in Leitungsnetzen hat der pH-Wert. Er sollte zwischen 7,7 und 9,5 liegen, darf aber auch bis pH 6,5 herunter gehen, wenn ein weiterer Grenzwert nicht überschritten wird.
Werkstoffe für Versorgungsanlagen
Bei Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasseranlagen müssen mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten beispielsweise DIN-Normen und Regelwerke des DVGW.
Wasseraufbereitung
Zur Aufbereitung von Trinkwasser dürfen nur solche Stoffe eingesetzt werden, die vom Bundesministerium für Gesundheit in einer Liste im Bundesgesundheitsblatt bekannt gemacht worden sind. Die Liste wird vom Umweltbundesamt geführt und ist Ende Oktober 2002 erschienen.
Regenwasseranlagen
Regenwassernutzungsanlagen müssen dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Diese Forderung bezieht sich nicht nur auf Neuanlagen, sondern auch auf bestehende Anlagen. Wichtig für den Installateur ist, eine Anlage technisch so zu bauen, dass von ihr keine Gesundheitsgefährdung ausgeht.
Überwachung und Maßnahmen
Das Gesundheitsamt überwacht die Wasserversorgungsanlagen und die Einhaltung der Grenzwerte. Bei der Überwachung der Hausinstallation wird in private und öffentliche Gebäude unterschieden. Öffentliche Gebäude (Schulen, Krankenhäuser, Gaststätten usw.) unterliegen einer ständigen Überwachung, während dies bei privaten Gebäuden nur im Verdachtsfalle angeordnet wird.
Das Gesundheitsamt kann zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Wasserversorgung Maßnahmen anordnen. So kann es in schwerwiegenden Fällen eine Wasserversorgungsanlage stilllegen, wenn Coli-Bakterien nachgewiesen werden und trotz Desinfektion das Problem nicht behoben werden kann. Ebenfalls kann eine Stilllegung angeordnet werden, wenn chemische Stoffe eine akute Gefährdung der Gesundheit darstellen.
Bei Überschreitung chemischer Inhaltsstoffe kann das Gesundheitsamt eine befristete Ausnahmegenehmigung erteilen, wenn keine Gefährdung der Gesundheit zu befürchten ist. In vorgegebenen Zeitabständen können die befristeten Ausnahmegenehmigungen durch die zuständige Behörde verlängert werden.
Grundsätzlich ist der Wasserversorger verpflichtet, Vorsorge zu betreiben, indem er die Trinkwasserschutzzone regelmäßig kontrolliert und das Rohwasser untersucht. Lassen die Untersuchungen oder Kontrollen der Wassergewinnung das Auftreten übertragbarer Krankheiten befürchten, muss eine Aufbereitung des Wassers erfolgen.
Zusammenfassung
Durch die TrinkwV wird sichergestellt, dass der Verbraucher jederzeit ein gutes Trinkwasser erhält. Die Wichtigkeit gesetzlicher Anforderungen wird dadurch unterstrichen, dass in der BRD bisher kein Fall einer gesundheitlichen Schädigung bei Genuss des Trinkwassers bekannt wurde.
*) Dipl.-Ing. Werner Nissing, Gelsenwasser AG, Gelsenkirchen
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