Ausgabe 10/2002 Seite 12 f.


Ausbildung


Fachbericht (Beschreibung/Skizze) Nr.: 10  Woche: 40

Thema: Versuchsanlage zur Heizungshydraulik

Das Verständnis für technische Anlagen wie z.B. ein Warmwasser-Heizungssystem wird in der Ausbildung meist nur theoretisch dargestellt. Diese Wissensvermittlung stößt dort an die Grenzen, wo abstraktes Denken oder Vorstellungsvermögen gefordert sind. Die physikalische und technische Komplexität erfordert es, dass einem Berufsanfänger oder technisch versierten Kunden bestimmte Zusammenhänge sichtbar, begreifbar beziehungsweise erlebbar gemacht werden. Warum bauen Sie in mein Haus mit einer Höhe von ca. 15 m eine Pumpe mit einer Förderhöhe von nur 1 bis 5 m ein? Welche Antwort würden Sie dem fragenden Kunden geben?

Versuchsanlage

Das Schema der abgebildeten Versuchsanlage stellt ein weitverzweigtes Heizungssystem auf kleinstem Raum dar. Der versuchstechnische Charakter bedingt die besonderen Einbauten und die Leitungsführung der Anlage. Die untere waagrechte Leitung bildet den Heizkessel mit den Heizungsarmaturen (Sicherheitsventil, Entlüfter, Manometer).

An dessen Heizungsvorlauf (links) ist ein Verteiler mit zwei Leitungsabgängen dargestellt. Auf dem linken Verteilerabgang ist eine Mehrstufenpumpe, auf dem rechten Verteilerabgang eine elektronisch geregelte Pumpe mit druckkonstanter Kennlinie, die wechselseitig betrieben werden, eingebaut. Beide Pumpen sind im Heizungsvorlauf wieder zusammengeführt. Der senkrechte Heizungsvorlauf zweigt in den Hauptvorlauf und Nebenvorlauf. Der Hauptvorlauf führt zu 5 waagrechten Hauptsträngen. Diese können mit Hilfe von Absperreinrichtungen geschlossen werden und münden auf der rechten Seite in den senkrechten Rücklauf. Der Nebenvorlauf führt über einen Verteiler zu verschiedenen Thermostatventilen mit Rücklaufverschraubungen (Einzelregelung) sowie zu einem Überströmventil. Das Ausdehnungsgefäß ist üblicherweise in der Rücklaufleitung angeschlossen, jedoch mittels Steckverbindung an verschiedenen Stellen der Anlage anschließbar. Mit Hilfe eines Differenzdruckmanometers können die Drücke an der Anlage gemessen werden.

Statische Höhe

Füllt man eine Heizungsanlage, sodass sie an ihrem höchsten Punkt "offen" gerade luftfrei ist und misst an diesem Punkt den Druck, so ist dieser gleich dem atmosphärischen Druck. Es besteht also kein Überdruck gegenüber dem atmosphärischen Druck. Wird der Druck jedoch am tiefsten Punkt der Anlage (Keller) gemessen, so wird ein Druck sichtbar, der sich aus der über dem Messpunkt stehenden Wassersäule ergibt "statische Höhe". Je senkrechtem Meter Höhe werden 0,1 bar gemessen. Wird der Druck in einem Rohrkreis an verschiedenen Punkten, jedoch in gleicher Höhe gemessen, so ist auch der Druck in Abhängigkeit der Wassersäule (statische Höhe) gleich.

Fülldruck

Wird die Anlage nun gegenüber der Atmosphäre geschlossen (abgedichtet), so bleibt dieser Zustand zunächst erhalten. Durch weiteres Füllen der Anlage entsteht gegenüber der Atmosphäre ein Überdruck in der Anlage, z.B. 1 bar. Wird nun der Druck an den gleichen Stellen wie zuvor gemessen, stellt sich an diesen der statische Druck plus des "nachgefüllten" Druckes ein.

Anlagendruck

Der Druck in einer Heizungsanlage ist neben dem statischen und Fülldruck noch von dessen Betriebszustand abhängig. Durch Erwärmen des gesamten Füllvolumens auf die maximal mögliche Vorlauftemperatur erhöht sich der Druck durch Wärmedehnung des Füllvolumens weiter. Zwar nimmt das Ausdehnungsgefäß das Ausdehnungsvolumen auf, trotzdem erhöht sich durch das Zusammenpressen der Luftvorlage im MAG der Betriebsdruck. Der Betriebsdruck wird nie konstant sein, da er sich durch die Nutzungssituation (Teilerwärmung, Vorlauftemperaturen) ständig ändern wird. Der gemessene Druck ergibt sich nun aus dem statischen Druck plus des "nachgefüllten" und des Druckanstieges durch Wärmedehnung.

Förderhöhe

Um in einem geschlossenen Rohrsystem, wie es eine Heizungsanlage darstellt, einen Wasserkreislauf zu erzeugen, muss an einer Stelle der Anlage das Wasser in Bewegung versetzt werden. Wie das Schaufelrad eines Flussdampfers diesen vorwärts bewegt, transportiert das Schaufelrad einer Heizungspumpe das Heizungswasser von der Saugseite auf die Druckseite der Pumpe. Auf der Druckseite (Vorlaufseite) des Rohrkreises entsteht physikalisch gesehen ein Überdruck, während auf der Saugseite ein Unterdruck entsteht. Der entstehende Druckunterschied stellt die Förderhöhe der Pumpe dar. Das Wasser im Rohrkreis setzt sich bei offenen Ventilen in Bewegung und wird versuchen, das dem Rohrkreis eigene Gleichgewicht wieder herzustellen. Wie an den Ufern einer Flussströmung werden sich an den Leitungswänden, in Armaturen oder sonstigen Einbauten Wirbel bilden, die einen Widerstand zur freien Strömung darstellen. Die Aufgabe einer Heizungspumpe ist es nun, genau diese Widerstände bei Gewährleistung der erforderlichen Strömung bzw. des Umlaufvolumens zu überwinden.


B i l d n a c h w e i s :   Fa. Log-o, Dielheim


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