Ausgabe 6/2002 Seite 12 f. |
Ausbildung
Fachbericht (Beschreibung/Skizze) Nr.:
6 Woche: 25Thema:
Sanierung von Trinkwasserleitungen bei LegionellenbefallJährlich erkranken in Deutschland etwa 6000 Menschen an der durch Legionellen verursachten "Legionärs-Krankheit". Ca. 10 bis 20 % sterben daran. Eine andere Verlaufsform ist das Pontiac-Fieber, das grippeähnlich verläuft, ohne dass Todesfälle bekannt wurden. Legionellen treten z.B. beim Duschen oder bei Sprühanlagen (Zahnarzt) aus den befallenen Trinkwasseranlagen aus. Über den Atem gelangen diese in großen Mengen in die Lunge oder beim Schlucken in den Magen. Gesunde Menschen verkraften dies, vorwiegend Ältere, Kranke oder immungeschwächte Personen erkranken jedoch.
Bei einem Legionellenbefall besteht eine Infektionsgefahr nach derzeitigem Wissensstand ab ca. 1000 KBE /ml*. Deshalb ist es wichtig, bei einem verstärkten Auftreten von Legionellen im Trinkwasser sofort beseitigende Maßnahmen einzuleiten bzw. durch Vorsorgemaßnahmen das übermäßige, gesundheitsschädliche Auftreten zu vermeiden.
Sanierungsmöglichkeiten
Um belastete Trinkwasseranlagen zu sanieren, gibt es betriebstechnische, bautechnische und verfahrenstechnische Möglichkeiten. Betriebs- und bautechnische Maßnahmen siehe im Ausbildungsnachweis "Verhinderung von Legionellen" in ikz-praxis 5/2002.
Verfahrenstechnische Maßnahmen
Mögliche Maßnahmen sind:
- wiederkehrend
- thermische Desinfektion
- chemische Desinfektion
- permanent
- UV-Bestrahlung
- elektrolytische Reaktion
Auch Kombinationen der Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit sind möglich, z.B. thermische Desinfektion in Verbindung mit permanent wirkender UV-Technik.
Ein ideales Verfahren bewirkt eine schnelle Abtötung/Inaktivierung der Legionellen sowie von Mykobakterien, Pilzen und Viren, ohne eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit darzustellen. Der Geschmack und der Geruch des Wassers darf keine Beeinträchtigung erfahren.
Dokumentation
Vor Beginn der Sanierung sind anlagenrelevante Angaben zu dokumentieren:
- System der Wärmeerzeugung,
- System der Wärmespeicherung,
- Leitungsverlauf, Nennweiten und Werkstoffe,
- Armaturen,
- Dämmstoffe,
- Anschluss von Geräten und Einrichtungsgegenständen,
- Regel- und Steuerungseinrichtungen,
- Anlagedaten (Wasserverbrauch, Temperaturen usw.).
Es ist planerisch festzulegen, wie in Zukunft eine Verminderung der Legionellenbelastung erreicht werden kann. Auch sollten künftig Maßnahmen durchgeführt werden, die Korrosion und Steinbildung vermindern. Vor der Sanierung sind Anlagenteile zu reinigen, in denen Inkrustationen vorhanden sein können.
Thermische Desinfektion
Eine thermische Desinfektion kann in Anlagen durchgeführt werden, in denen alle Leitungsabschnitte auf eine höhere Temperatur gebracht werden können.
- Das gesamte System einschl. Entnahmearmaturen muss erfasst werden.
- Alle Entnahmestellen müssen geschlossen sein.
- Trinkwassererwärmer auf > 70°C aufheizen; Legionellen werden in kurzer Zeit abgetötet.
- Dann jede Entnahmestelle der Reihe nach bei geöffnetem Auslass mindestens 3 Minuten beaufschlagen; Zeitdauer und Temperatur unbedingt einhalten.
- Für Verbrühungsschutz ist zu sorgen.
- Sinnvoll sind automatische Steuerungssysteme.
- Bei verzinkten Werkstoffen muss mit Korrosionsschäden gerechnet werden.
Bild 1: Absterbeverhalten von Legionellen in Abhängigkeit von der Temperatur. |
Chemische Desinfektion
Bei der chemischen "Sanierung" wird keine dauernde sondern eine regelmäßig wiederholte Maßnahme vorgenommen.
- Durch kontinuierliche Zugabe von chemischen Desinfektionsmitteln ist keine ausreichende Vermeidung bzw. Sanierung möglich.
- Die hoch konzentrierte Zugabe von Chlordioxid o.ä. ist notwendig (diskontinuierlich).
- Das Desinfektionsmittel muss mehrere Stunden im Leitungssystem verbleiben.
- Anschließende Spülung der Leitungen, bis der zulässige Grenzwert unterschritten wird.
- Gechlortes Wasser muss speziell entsorgt werden.
- Desinfektionsmittel muss mit dem Werkstoff verträglich sein.
- Unfallverhütungsvorschriften und Gefahrenhinweise sind zu beachten.
- Während der Dauer der Desinfektion darf kein Wasser als Trinkwasser entnommen werden.
- DVGW Arbeitsbericht W 291 ist zu beachten.
Bild 2: BWT Wassertechnik GmbH, Schriesheim. |
UV-Bestrahlung
Eine UV-Bestrahlung bietet eine sichere und chemiefreie Behandlungs-/Vorbeugungsmöglichkeit.
- Kein Einsatz von Chemikalien.
- Keine Qualitätsbeeinträchtigung des Wassers.
- Abtötung der Mikroorganismen durch UV-Licht.
- Bei Wellenlänge l = 254 nm findet eine foto-chemische Reaktion an der DNA von Mikroorganismen statt.
- Weitere Zellvermehrung wird verhindert.
- Zusätzlich sollte bei erstmaligem Einsatz und ein halbes Jahr später eine thermische oder chemische Desinfektion erfolgen.
Das Gerät besteht aus einer Bestrahlungseinheit und einer Steuerung.
Bild 3: AQUA Butzke Werke, Ludwigsfelde. |
Elektrolytische Desinfektion
Auch dieses Verfahren bietet eine sichere und chemiefreie Behandlungs-/Vorbeugungsmöglichkeit.
- Kein Einsatz von Chemikalien.
- Keine Beeinträchtigung der Qualität des Wassers.
- In einem speziellen Reaktor findet die elektrolytische Reaktion statt.
- Aus dem Wasser und seinen Inhaltsstoffen bildet sich das desinfizierende Element.
- Aus dem sich im Wasser befindlichen Kochsalz (NaCl) bildet sich durch chemische Prozesse unterchlorige Säure (HOCl).
- HOCl wirkt als Desinfektionsmittel.
- Der Ausgangszustand des Wassers wird danach wieder hergestellt.
- Es ist unbedingt moderne Mess- und Regeltechnik zur Messwerterfassung und -verarbeitung erforderlich.
- Die Konzentration von Chlor/unterchloriger Säure muss ständig überwacht werden.
- Reicht der natürliche Gehalt des Wassers an Chlorid nicht aus, ist der Einbau einer Desinfektionsanlage mit NaCl-Dosiereinrichtung notwendig.
Vor dem Einbau derartiger Anlagen sollte eine intensive Hygiene-Schulung sowie die eingehende Beratung durch den Gerätehersteller erfolgen.
* KBE = Koloniebildende Einheiten