Ausgabe 12/2000, Seite 11 |
Praxis
Sicherer Umgang mit Druckgasflaschen
Günter Aichele
Wie gefährlich sind eigentlich Druckgasflaschen? Sind es Zeitbomben, die im schlimmsten Fall wie ein Torpedo durch die Werkstatt sausen?
Unterschiede im Aufbau von Druckgasflaschen
Physikalisch sieht es in Druckgasflaschen ganz unterschiedlich aus. In der ersten Gruppe - typische Vertreter sind Sauerstoff oder Argon - befindet sich immer nur komprimiertes Gas in der Flasche. In der zweiten Gruppe (beispielsweise bei Kohlendioxid oder Propan) befindet sich je nach Temperatur und Füllzustand ein Dampfpolster über der flüssigen Phase. Und ein Sonderfall ist das unter Druck in Aceton oder Dimethylformamid gelöste und von einer porösen Füllmasse aufgenommene Acetylen.
Auch das Gefahrenpotenzial der Gase ist verschieden. Nicht nur Brenngase können gefährlich werden. Die Gefahr von höheren Sauerstoffanreicherungen in der Luft wird oft unterschätzt. In der auf 25% Sauerstoff angereicherten Luft brennt eine Zigarette lichterloh; ein Brand in sauerstoffangereicherter Kleidung lässt sich durch Decken nicht mehr ersticken.
Beim Umfang mit Stickstoff muss auf die Erstickungsgefahr durch Sauerstoffmangel geachtet werden. Auch die Schutzgase Argon und CO2 können sich, da sie schwerer als Luft sind, in Gruben und Kanälen sammeln und dort arbeitende Menschen durch Sauerstoffmangel gefährden.
Propan fließt bei geringer Luftbewegung wie Wasser nach unten, bleibt in Wolken zusammen und kann in Gruben oder Abläufen explosionsfähige Gemische bilden.
Einige Arbeitsregeln
Die hier kurz skizzierten Regeln sollen den Leser nur einige wichtige Punkte in Erinnerung bringen, können ihm aber nicht die Beachtung ausführlicher Regelwerke ersparen.
- Druckgasflaschen sollen möglichst stehend, dürfen aber auch liegend gelagert werden, wenn sie gegen Fortrollen gesichert sind. Stehende Flaschen sind unbedingt gegen Umfallen zu sichern. Druckgasflaschen für Flüssiggas - z.B. Propan - müssen immer stehend gelagert werden.
- Für die gemeinsame Lagerung verschiedener Gasarten in einem Lagerraum gibt es bei großen Lagermengen Begrenzungen (Gaslieferant gibt Auskunft). In jedem Fall aber muss zwischen Druckgasflaschen mit brennbaren Gasen und solchen für Sauerstoff ein Abstand von mindestens 2 m eingehalten werden.
- Nicht gelagert werden dürfen Druckgasflaschen in Räumen unter Erdgleiche (außer Druckluft und Sauerstoff) - es sei denn, dass bestimmte lüftungstechnische Vorkehrungen getroffen worden sind -, in Treppenhäusern und Fluren, in engen Höfen und Durchgängen, in Garagen und Arbeitsräumen.
- Die Flaschenventile auch von leeren Druckgasflaschen müssen bei der Lagerung und dem Transport fest verschlossen, Verschlussmuttern müssen aufgeschraubt und Schutzkappen angebracht sein (Schutzkappen können eine Beschädigung des Flaschenventils verhindern).
- Vor dem Anschluss eines Druckminderers muss evtl. der Anschlussstutzen des Flaschenventils gesäubert werden. Das Flaschenventil kann durch geringfügiges Öffnen vorsichtig ausgeblasen werden. Die Flaschenventile sind langsam und nicht ruckweise zu öffnen.
- Eine Flasche soll nicht vollständig entleert, sondern mit einem kleinen Restdruck zurückgegeben werden, damit bei Abkühlung kein Unterdruck in der Flasche entsteht.
- Druckgasflaschen dürfen bei Schweißarbeiten in "engen Räumen" nicht vorhanden sein. Als "enger Raum" gilt ein Raum ohne natürlichen Luftabzug und zugleich mit einem Luftvolumen unter 100 m3 oder einer seiner Abmessungen (Länge, Breite, Höhe, Durchmesser) unter 2 m. Das gilt also beispielsweise für fensterlose Kellerräume, Schächte oder Tanks.
Auszubildende und Monteure werden durch Regeln und Vorschriften zum sicheren Umgang mit Druckgasflaschen angehalten. Eine praktikable Zusammenfassung enthält das Merkblatt "Umgang mit Druckgasflaschen" des Deutschen Verbandes für Schweißen und verwandte Verfahren (DVS), Postfach 101965, 40223 Düsseldorf. Zusätzlich informieren ausführliche Merkblätter der Gaslieferanten. Viel Papier, das aber gelesen und beachtet werden will.
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