IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 08/2005, Seite 70 ff.

DEUTSCHER KUPFERTAG 2005

Mikrobiologische Herausforderung

als Chance für das Handwerk

Franz-Josef Heinrichs*

Mit einer Gesundheitsgefährdung durch Biofilme, Pseudomonas aeruginosa oder gar mit den Ursachen für ein Legionellenwachstum in Trinkwasser-Hausinstallationen musste sich bis vor ein paar Jahren kein Planer oder ausführender SHK-Fachbetrieb intensiver beschäftigen. Aus den bestehenden technischen Regelwerken, wie z.B. der DIN 1988, waren zwar die Anforderungen wie Schutz des Trinkwassers, Erhaltung der Trinkwassergüte oder Vermeidung von Stagnation bekannt, mit mikrobiologischen Fragen setzte man sich aber nur bei ganz speziellen Einzelprojekten auseinander.

Auch die DVGW-Arbeitsblätter zur Verminderung des Legionellenwachstums W 551, W 552 und W 553 sind zwar seit Jahren vorhanden, werden aber immer noch nicht konsequent bei Planung, Ausführung und Betrieb angewendet bzw. bewusst, z.B. mit dem Argument der Energieeinsparung, ignoriert. Seitdem jedoch die neue Trinkwasserverordnung in Kraft ist und die Gesundheitsämter die Trinkwasseranlagen in öffentlichen Gebäuden überwachen, werden bei der Entnahme von Wasserproben immer häufiger zu hohe Grenzwerte für einzelne mikrobiologische Parameter festgestellt.

Legionellen in Amöben.

Die Aufwendungen für die Behebung dieser mikrobiologischen Kontaminationen können erheblich sein. Wird ein Verschulden dem Planer oder dem ausführenden Fachbetrieb nachgewiesen, werden zudem meist Regressanforderungen gestellt. Insbesondere für Betreiber von Krankenhäusern oder vergleichbaren anderen medizinischen Einrichtungen ergeben sich hieraus Konsequenzen bezüglich der hygienischen Anforderungen an das Trinkwassersystem.

Kontamination des Leitungswassers

Seit einiger Zeit wird nach Feststellung von bestimmten Infektionskrankheiten in Krankenhäusern vielfach der Ursache auf den Grund gegangen; häufig werden die Trinkwasser-Installationen als Infektionsquelle entdeckt. Aufgrund der seit einigen Jahren verwendeten Feintypisierungsverfahren ist die Ursachenfindung für eine mikrobielle Kontamination deutlich verbessert worden. Mittels genetischer Feintypisierungsverfahren konnte bei durchgeführten Studien auf einer Normal- sowie Intensivstation in einem Krankenhaus gezeigt werden, dass 36 - 42% der hier erworbenen Pseudomonas aeruginosa-Infektionen (z.B. eitrige Wundentzündungen) bei Patienten der stationären Versorgung auf eine Kontamination des Leitungswassers hauptsächlich über Entnahmearmaturen zurückzuführen waren.

Biofilm auf einem Armaturenanschlussschlauch.

Wissenschaftler schätzen, dass beispielsweise in den USA jedes Jahr gut 1400 Menschen aufgrund von Kontaminationen aus dem Trinkwassersystem versterben. Wie die Forscher beschreiben, erfolgt die Infektionsübertragung jedoch nicht über den Genuss des kontaminierten Wassers, sondern über den Kontakt von Haut, Schleimhaut und Kathetereintrittsstellen oder indirekt über Kontamination medizinisch-technischer Geräte, die mit erregerhaltigem Trinkwasser gespült wurden.

Es wird zudem nicht ausgeschlossen, dass mit der Zunahme infektionsempfänglicher Personen außerhalb von Risikobereichen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen eine Erkrankung grundsätzlich auch im häuslichen Umfeld von Bedeutung ist.

Risikofaktoren für eine Kontamination

Als relevante Risikofaktoren für eine zum Teil lange Zeit persistierende bzw. eine wieder aufflammende Kontamination der Trinkwasserleitung mit Pseudomonas aeruginosa oder Legionellen kommen in Betracht:

Pseudomonas aeruginosa.

Überwachungs-, Verkehrssicherungspflichten

Die Gesundheitsämter haben nach § 18 der Trinkwasserverordnung eine Überwachungspflicht für Trinkwasser-Installationen in öffentlichen Gebäuden. Die Überwachung erfolgt durch zertifizierte Labore nach den in der Verordnung bezeichneten Probenahme- und Untersuchungsverfahren. Der periodischen Untersuchung unterliegt auch die Untersuchung auf Legionellen in zentralen Erwärmungsanlagen der Hausinstallation, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird. Wenn dem Gesundheitsamt Beanstandungen anderer Trinkwasser-Installationen wie z.B. in Wohnhäusern oder Gewerbe- und Industriegebäuden bekannt werden, können auch diese in die Überwachung und Untersuchung einbezogen werden.

Allgemeine Betreiberpflichten

Die Pflichten für den Betreiber ergeben sich aus den Technischen Regeln (Trinkwasserverordnung, DIN 1988 ...) sowie aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Verkehrssicherungspflichten nach § 823 BGB etwa verpflichten Betreiber dazu, Vorkehrungen zur Gewährleistung der Betriebssicherheit und der "Funktionsfähigkeit der in ihren Gebäuden enthaltenen "haustechnischen Anlagen" zu treffen. Außerdem gibt es eine mietvertragliche Haftung gemäß § 536a Abs. 1 BGB, z.B. wenn die falsche Werkstoffwahl getroffen wurde und ein erhöhter Metallionengrenzwert festgestellt wird. Der Mieter kann zudem eine Haftung geltend machen für

Die Beweispflicht für den Mangel und den Ursachenzusammenhang für einen Ersatzanspruch hat allerdings der Mieter.

Kupferrohrinstallation.

In den Technischen Regeln heißt es allgemein, dass bei Neuerrichtungen oder Instandhaltungen ausschließlich Werkstoffe und Materialien verwendet werden dürfen, die keine Stoffe in Konzentrationen abgeben, die

Vermieter in der Haftung

Vermieter, Geschäftsführer oder Vorstände von Wohnungsbaugesellschaften obliegen die Überwachungs- und Handlungspflichten. Eine Übertragung der Pflichten durch einen Vertrag an Dritte (z.B. SHK-Fachbetriebe) ist aber zulässig. Die Verantwortlichen haften in diesem Fall für die sorgfältige Auswahl, Anleitung, Information und Überwachung dieser beauftragten Personen oder Firmen. Diese müssen persönlich und fachlich geeignet sein. Maßgeblich für die Ausgestaltung und Konkretisierung der Kontroll- und Überwachungspflicht sind die anerkannten Regeln der Technik, z.B. DIN 1988.

Bei Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik ist im Schadensfall von einer Verletzung der Sorgfaltspflichten auszugehen. Das kann dann zu einer Beweislastumkehr zuungunsten des Vermieters oder der Wohnungsbaugesellschaft führen, beispielsweise wenn Inspektionsmaßnahmen oder -zeiträume nicht eingehalten werden.

Betreiberpflichten nach der AVBWasserV

Auch nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser hat der Betreiber Pflichten gegenüber dem Wasserversorgungsunternehmen. Die Pflichten sind in § 12 und § 15 hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Errichtung und Unterhaltung sowie eines störungsfreien Betriebs geregelt:

§ 12 Kundenanlage: "Für die ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Unterhaltung der Anlage hinter dem Hausanschluss mit Ausnahme der Messeinrichtungen des Wasserversorgungsunternehmens ist der Anschlussnehmer verantwortlich. Hat er die Anlage oder Anlagenteile einem Dritten vermietet oder sonst zur Benutzung überlassen, so ist er neben diesem verantwortlich."

§ 15 Betrieb, Erweiterung und Änderung von Kundenanlagen und Verbrauchseinrichtungen;

Mitteilungspflichten: "Anlage und Verbrauchseinrichtungen sind so zu betreiben, dass Störungen anderer Kunden, störende Rückwirkungen auf Einrichtungen des Wasserversorgungsunternehmens oder Dritter oder Rückwirkungen auf die Güte des Trinkwassers ausgeschlossen sind."

Betreiberpflichten nach der Trinkwasserverordnung.

Anforderungen aus technischen Regelwerken

Damit die Anforderungen der Trinkwasserverordnung eingehalten werden, nimmt die europäische Norm DIN EN 806-1 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen - Allgemeines - alle Beteiligten in die Pflicht. Dort heißt es unter anderem:

Chance für das Handwerk

Da den Betreibern von Trinkwasseranlagen in der Regel die technische Kompetenz fehlt, werden SHK-Fachbetriebe als Erfüllungsgehilfen beauftragt. Sie müssen die gesetzlichen Anforderungen und technischen Regeln durch Beratung, Planung, Ausführung, Wartung und Instandsetzung einhalten. Um das Handwerk bei dieser anspruchsvollen Aufgabe zu unterstützen, hat der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) verschiedene Qualifizierungs- und Marketingpakete entwickelt.

Eine Marketingaktion ist der Trinkwassercheck. Er bezieht sich auf die Überprüfung der Trinkwasser-Installationen. Der SHK-Innungsfachbetrieb stellt anhand einer Checkliste fest, ob die vorhandene Trinkwasseranlage den aktuellen Anforderungen der Trinkwasserverordnung sowie den hygienischen und gesundheitlichen anerkannten technischen Regeln entspricht. Mit abgestimmten Werbematerialien, Musterbriefen für die Ansprache verschiedener Zielgruppen, mit Arbeitshilfen in Form einer Checkliste und einer Argumentationshilfe ausgestattet, kann der Betrieb diese Dienstleistungen seinen Kunden anbieten.

Trinkwasserverteiler: Stagnation und fehlende Dämmung.

Der ZVSHK wird durch Pressearbeit das Thema Trinkwassercheck als Angebot des SHK-Handwerks bundesweit thematisieren. Um bei Endkundenanfragen die Adressen der Betriebe weitergeben zu können, werden ein Callcenter und das Internet eingebunden. Aus diesem Grund gehört zum Paket Trinkwassercheck auch eine Listung des teilnehmenden Betriebs beim Callcenter und auf der Internet-Seite www.wasserwaermeluft.de unter der Kategorie "Trinkwassercheck".

SHK-Innungsbetriebe haben die Möglichkeit, sich an der Aktion zu beteiligen, indem sie sich bei ihrem Fachverband dafür anmelden. Partnerbetriebe erhalten:

Fachbetrieb für Hygiene und Schutz des Trinkwassers

Ergänzend zur Marketingaktion Trinkwassercheck wurde eine Weiterbildungsmaßnahme mit dem Abschluss "Fachkraft für Hygiene und Schutz des Trinkwassers" entwickelt. Ziel der Schulungsmaßnahme ist es, den Inhaber des Zertifikats auf den aktuellen Stand der geltenden Verordnungen und technischen Regeln zu bringen. Der Fachbetrieb kann mit dieser Qualifikation nachweisen, Planung, Ausführung und Instandhaltung von Trinkwasser-Installationen im Hinblick auf Gesundheit, Hygiene, Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit durchzuführen.

Die Schulung besteht aus einem technischen Teil und einem Modul "Umgang mit dem Kunden" und wird dezentral in der Regie der Landesverbände angeboten und durchgeführt.

Warmwasser- und Zirkulationstemperaturen im unzulässigen Bereich.

Technische Regelwerke des Zentralverbands

Der Zentralverband hat seine Regelwerke aufgrund zunehmend mikrobiologischer Belastungen in Trinkwasser-Installationen geändert. Davon sind auch Vorgaben der DIN 1988-2 "Planung und Ausführung" aus dem Jahr 1988 betroffen. Abschnitt 11.1 "Füllen und Prüfen der Leitungsanlagen" sieht vor, dass fertig gestellte Leitungen einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden, bevor diese verdeckt werden. Als Prüfmittel sieht die Norm ausschließlich filtriertes Wasser vor. Aus hygienischen Gründen ist eine solche ausschließlich Vorgabe einer Dichtheitsprüfung mit Wasser nicht mehr zeitgemäß, weil davon ausgegangen werden kann, dass lange Verweilzeiten von stagnierendem Wasser vom Zeitpunkt der Dichtheitsprüfung bis zur Inbetriebnahme hygienische Belastungen auslösen können, die im Nachhinein nur noch mit hohem Aufwand mittels Spülungen oder Desinfektionen wieder in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu bekommen sind. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass Hygieniker die Forderung gestellt haben, dass nur noch Dichtheitsprüfungen mit Druckluft oder Inertgasen durchgeführt werden sollen.

Dichtheitsprüfungen mit Wasser sollten nur noch in Ausnahmefällen angewendet werden, z.B. dann, wenn:

Aufgrund der Praxiserfahrungen mit dem ZV-Merkblatt "Durchführung einer Druckprüfung mit Druckluft oder inerten Gasen" aus dem Jahr 1995 wurde unter Beteiligung von Hygienikern und Herstellern von Rohrsystemen das neue ZV-Merkblatt "Dichtheitsprüfungen mit Druckluft, Inertgasen und Wasser für Trinkwasser-Installationen" erarbeitet. War in der Ausgabe von 1995 noch die Vorgabe enthalten, dass vor Inbetriebnahme nochmals eine Druckprüfung mit Wasser mittels eines Drucks von 15 bar aufzubringen ist, konnte in dem neuen Merkblatt auf diese Vorgabe aufgrund von Praxiserfahrungen verzichtet werden. Die Druckprüfung mit Druckluft oder inerten Gasen ist somit eine volle Alternative zu der Wasserprüfung.

Schlauchleitung, außer als Armaturenanschluss nicht zulässig.

Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme

Auch die Vorgabe der DIN 1988-2, Abschnitt 11.2 "Spülen der Leitungsanlagen", dass das Spülen so früh wie möglich nach der Verlegung der Leitungen und im Anschluss an die Druckprüfung erfolgen muss, ist nicht mehr zeitgemäß. Der Grundsatz der Vermeidung von langen Stagnationszeiten von Wasser in Leitungsanlagen muss beim Spülen genauso betrachtet werden wie bei Dichtheitsprüfungen.

In dem neuen ZV-Merkblatt "Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen" sind die neuen technischen Regeln und Durchführungshinweise für eine hygienisch einwandfreie Ausführung von Trinkwasseranlagen beschrieben. Beide ZV-Merkblätter "Dichtheitsprüfungen" und "Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme" sind in der DIN 1988-8 "Korrosion und Steinbildung" vom Dezember 2004 als anzuwendende technische Regel benannt.

Maßnahmepaket Trinkwassercheck.

Zusammenfassung

Mikrobiologische und sonstige hygienischen Beeinträchtigungen werden zukünftig aufgrund der Überwachungspflichten der Gesundheitsämter häufiger festgestellt und werden deshalb eine noch größere Bedeutung erhalten als bisher. Ebenso stehen die gesetzlichen Anforderungen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch hinsichtlich der Sorgfaltspflichten für einen sicheren Betrieb von haustechnischen Anlagen, insbesondere für die Betreiber von öffentlichen Gebäuden, immer mehr im Mittelpunkt. Das Handwerskzeug für Planer und ausführende SHK-Betriebe zur Vermeidung solcher hygienischer Beeinträchtigungen ist in Form von technischen Regelwerken und geprüften Materialien vorhanden. Ebenso liegen vorbereitete Marketing-Konzepte wie z.B. der Trinkwasser-Check oder die Qualifizierungsmaßnahme "Fachbetrieb für Hygiene und Sicherheit" für Mitgliedsunternehmen der SHK-Organisation vor. Mit diesen Maßnahmepaketen kann eine effiziente Beratung und Aufklärung der Betreiber über die von Verordnungsseite vorgegebenen Verpflichtungen erfolgen. Die Chance für das SHK-Handwerk, sich für die Hygiene in der Trinkwasser-Installation zu profilieren, ist vorhanden.

PDF zur: Verpflichtung zur Wartung von haustechnischen Anlagen


* Franz-Josef Heinrichs, stv. Geschäftsführer Technik beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima, St. Augustin


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