IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 06/2005, Seite 64 ff.

ISH 2005 - VON A - Z
L wie Lüften

"Hygienisch" und energieeffizient lüften

Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung

Claus Händel*

Nachdem die Wärmedämmung und die Gebäudedichtheit im Wohnungsbau einen sehr hohen Standard erreicht haben, steht jetzt die Sicherstellung der Luftqualität und somit die Vermeidung von Bauschäden im Vordergrund. Um dieses Ziel energieeffizient und komfortabel zu erreichen, werden oft kontrollierte Wohnraumlüftungsanlagen (KWL-Anlagen) eingesetzt. Dieser Beitrag spiegelt neben energetischen und hygienischen Gründen auch Informationen zur Planung sowie zum Aufbau und zur Funktion wieder.

Die energetisch richtige Forderung nach einer dichten Bauweise und nach dichtschließenden Fenstern zur Vermeidung von unnötigen Lüftungswärmeverlusten hat zur Folge, dass die Sicherstellung des notwendigen Luftaustausches nicht in jedem Falle gewährleistet ist. Die Bewohner brauchen ein hohes Maß an Selbstdisziplin, um durch eine regelmäßige Stoßlüftung ausreichend zu lüften. Eine andauernde Kipplüftung führt zu unerwünscht hohen Lüftungswärmeverlusten und würde die Anstrengungen nach einer dichten Gebäudehülle und Reduzierung von unnötigen Wärmeverlusten zunichte machen. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass in Abhängigkeit der Nutzung sowie der Innenraumgestaltung und -ausstattung bzw. der baulichen Ausführung ein stetiger Luftwechsel von 0,4fach- bis 0,8fach pro Stunde garantiert sein muss. So lässt sich ein nach hygienischen, physiologischen und bauphysikalischen Gesichtspunkten behagliches Raumklima schaffen, bei dem sich die Bewohner wohl fühlen. Liegt die Luftwechselrate unter einem Wert von 0,4fach pro Stunde, so können Beschwerden bei den Bewohnern auftreten und unterhalb eines kritischen Wertes von circa 0,2fach pro Stunde steigt auch die Gefahr einer Bausubstanzschädigung. Jährlich werden Bauschäden in Millionenhöhe verzeichnet, die aufgrund von Feuchtschäden und Schimmelpilzbildung in Wohngebäuden entstehen. Des Weiteren können durch Schimmelpilze Gesundheitsstörungen bei den Bewohnern auftreten.

Bild: Fachinstitut Gebäude-Klima e.V.

Aufbau und Funktion

Anlagen zur kontrollierten Wohnraumlüftung übernehmen die Lüftungsaufgabe für das Gebäude automatisch und Energie sparend. Man kann die Systeme der Wohnraumlüftung einteilen in Anlagen mit bzw. ohne Wärmerückgewinnung/-nutzung. Folgende Anlagentypen werden dabei unterschieden:

Systemdarstellung einer KWL-Anlage. Die Außenluftansaugung sollte mindestens in einer Höhe von 0,5 m über dem Erdreich erfolgen.

Eine KWL-Anlage mit Wärmerückgewinnung sorgt nicht nur automatisch für den notwendigen Luftaustausch, sondern auch für die Erwärmung der angesaugten Außenluft durch Abkühlung der Abluft. Kernstücke einer Anlage dieser Bauart sind die Ventilatoren und der Wärmeübertrager zur Wärmerückgewinnung (zum Beispiel Kreuzstromwärmetauscher). An dem Lüftungsgerät sind die Zu- und Abluftleitungen angeschlossen. Durch die Wärmerückgewinnung können je nach Gestaltung des Wärmeaustauschers zwischen 60 und 90% der Wärme aus der Abluft zurückgewonnen werden. Entsprechend reduziert sich der Energiebebarf für die Lüftung des Gebäudes. Zusätzlich kann eine Nachheizung für den Winter- oder ein Bypass für den Sommerbetrieb eingebaut werden, der die kühle Nachtluft am Wärmetauscher vorbei direkt in die Wohnung leitet. Zentrale Lüftungsanlagen lassen sich mit einem Erdrohrwärmetauscher in der Zuluftleitung kombinieren. Damit kann im Sommer die Außenluft etwas gekühlt und im Winter durch das wärmere Erdreich vorerwärmt werden. Allerdings ist die Kühlwirkung begrenzt und man darf diese Systeme keinesfalls mit einer Klimaanlage verwechseln und damit beim Bauherrn eine falsche Erwartung wecken. Wichtig: Bei Erdrohrwärmetauschern muss auf eine gute Zugänglichkeit für die periodische Reinigung geachtet werden.

Zentrales Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung. Im Wesentlichen besteht das Zentralgerät aus den Ventilatoren und dem Wärmeübertrager sowie den Filtern.
Bild: Viessmann Werke GmbH & Co

Bereits bei der Planung einer Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gilt es, aus Behaglichkeitsgründen Zugerscheinungen zu vermeiden. Die Zulufttemperatur sollte bei Systemen mit einer zusätzlichen Heizungsanlage zwischen 16 und 24°C liegen. Insbesondere bei Wohngebäuden mit einem geringen Heizwärmebedarf (wie Passivhäuser) kann die Zulufttemperatur im Winter auch höher liegen und so auf ein zusätzliches Heizungssystem verzichtet werden. Dies muss bei der Luftdurchströmung im Raum berücksichtigt werden. Eine nach dem Stand der Technik ausgeführte Anordnung der Luftdurchlässe ermöglicht eine gleichmäßige und effektive Lüftung der einzelnen Räume und somit eine gezielte Durchströmung des Wohngebäudes (Abluft aus den Feuchtbereichen wie Bad, Küche und WC sowie Zuluft in die Wohnbereiche). Wichtig sind hierfür eine richtige Bemessung der notwendigen Luftvolumenströme und ausreichend große Nachströmöffnungen in den Wohnbereichen.

Wärmeübertrager (Kreuzstromwärmetauscher) im Lüftungsgerät.
Bild: Viessmann Werke GmbH & Co

KWL-Anlagen bieten nicht nur die Möglichkeit, entsprechend den Vorgaben der Energieeinsparverordnung die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz zu verringern, die Bausubstanz zu schützen und den Wohnkomfort zu steigern, sie stellen auch eine Investition in die Gesundheit der Bewohner dar. Durch eine effiziente Filterung der Außenluft werden Schmutz, Staub, Ungeziefer und Pollen ferngehalten. Für Allergiker empfehlen sich Zu-/Abluftgeräte kombiniert mit einer hohen Filterklasse (zum Beispiel F7).

Darstellung eines isometrischen Strangschemas. Damit die Luftvolumenströme eingehalten werden, sollte entsprechend der Druckverlustberechnung der Abgleich (meist am Luftdurchlasselement) erfolgen. Wichtig ist auch der Einsatz von Schalldämpfern, um eine Geräuschübertragen zwischen den Räumen bzw. vom Zentralgerät zu verhindern.

Einen weiteren Vorteil gibt es in puncto Lärmbelästigung, da die Fenster den Großteil des Jahres geschlossen bleiben können. Dies ist insbesondere bei Einbau von Schallschutzfenstern von Bedeutung, da derartige Fenster in geöffnetem Zustand ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Besonders für Allergiker und lärmgeplagte Bewohner wird damit eine wesentliche Erleichterung im täglichen Wohnumfeld geschaffen.

Nachgefragt

Wie so oft tauchen Fragen erst bei der Planung und Installation einer Anlage auf. Die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion hat versucht dem vorzugreifen. Wir sprachen mit Claus Händel, technischer Referent vom Fachinstitut Gebäude-Klima e.V.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie beschreiben in Ihrem Fachartikel den Einsatz von Erdrohrwärmetauschern; was muss speziell in diesem Bereich bei der Planung und Montage in Bezug auf Kondensatbildung, Leitungslänge, Formstücke usw. beachtet werden?

Händel: Erdrohrwärmetauscher müssen glattwandig sein und mit ausreichendem Gefälle so verlegt werden, dass eine Reinigung und Entwässerung jederzeit möglich ist. Dabei darf kein Wasser von außen eindringen. In der Regel sollte das Gefälle zum Haus hin gerichtet sein, damit ein freier Auslauf des Kondensates ohne direkte Anbindung an das Abwassernetz möglich ist. Kurze Erdrohrwärmetauscher bis circa 10 m reichen in der Regel aus, um Frost und hohe Feuchtigkeit im Winter an Gerät und Filter zu vermeiden. Längere Erdrohrwärmetauscher kühlen die Luft im Sommer spürbar ab.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die DIN 1946-6 "Raumlufttechnik - Lüftung von Wohnungen: Anforderungen, Ausführung, Abnahme" fordert die Vorsehung von Reinigungsöffnungen in den Luftleitungen. In welchen Zeitabständen sollten die Wartungs- bzw. Reinigungsarbeiten der Rohrleitungen und Kanäle innerhalb sowie außerhalb vom Gebäude durchgeführt werden?

Händel: Die Reinigung von Luftleitungen ist abhängig vom Wartungszustand und vom Zustand der eingesetzten Filter und dadurch individuell festzustellen. Alle fünf Jahre sollte das Kanalnetz auf Verschmutzungen überprüft und gegebenenfalls gereinigt werden. Bei guter Luftfilterung und regelmäßiger Wartung bleiben die Zuluftkanäle über Jahrzehnte sauber. Erdrohrwärmetauscher sollten jährlich geprüft und ggf. gereinigt werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist für den Einsatz einer Küchen-Dunstabzugshaube bzw. bei einem Kachelofen, der beispielsweise im Wohnraum aufgestellt ist, zu beachten?

Händel: Soll eine Feuerstätte im Wohnraum zusammen mit einer Lüftungsanlage installiert werden, dann sind die Anforderungen der jeweiligen Feuerungsverordnungen einzuhalten. Ofenbauer, Lüftungsinstallateur und Schornsteinfeger müssen sich frühzeitig auf ein Konzept einigen. Alternativen können in Kombination mit einer separaten Luftzuführung sein:

  • wechselseitiger Betrieb durch Sicherheitseinrichtung,
  • Überwachung der Abgasführung,
  • kein unzulässig hoher Unterdruck im Aufstellraum,
  • Abgase der Feuerstätte über luftabsaugende Anlagen.

Des Weiteren sind die Hinweise in den Zulassungen der raumluftunabhängigen Feuerstätten zu beachten.

Küchen-Dunstabzugshauben im Umluftbetrieb sind in jedem Fall problemlos zu integrieren. Bei einer Intensivlüftung im Fortluftbetrieb muss eine ausreichende Nachströmung über die Fenster oder durch Außenluft-Durchlässe sichergestellt sein.

KWL mit Wärmepumpe

Die Wärme der Fortluft kann nicht nur durch einen Wärmeübertrager zur Erwärmung der Zuluft genutzt werden, sondern lässt sich auch alternativ oder zusätzlich für eine Wärmepumpe nutzen. Diese Anlagen können als kombinierte Zu- und Abluftanlagen oder als reine Abluftanlagen mit definierter Außenluftnachströmung über Außenwandluftdurchlässe ausgeführt werden. Die Wanddurchlässe sind notwendig, damit auch im dichten Gebäude die Luft immer definiert und mit entsprechendem Schallschutz nachströmen kann. Vorzugsweise werden diese Nachströmelemente in der Nähe der statischen Heizflächen installiert, damit die kalte Frischluft erwärmt werden kann. Die Wärmepumpe kühlt die Abluft ab und nutzt diese Wärme zur Erzeugung von Heizwärme oder zur Erwärmung von Trinkwasser. Derartige Anlagen eignen sich auch hervorragend für die Sanierung von Mehrfamilienhäusern, da die Abluft von vielen Wohneinheiten an einer Stelle zentral zur Trinkwasservorerwärmung genutzt werden kann. Die individuelle Regelung der Luftvolumenströme je Wohneinheit ist dabei ebenfalls möglich.

Ausblick

Bereits seit 1991 bildet das Thema "Wohnungslüftung" einen thematischen Schwerpunkt auf der ISH in Frankfurt. Auch zur kommenden ISH, die vom 15. bis 19. März 2005 stattfindet, präsentieren verschiedene Verbände gemeinsam mit der Messe Frankfurt wieder eine "Sonderschau Wohnungslüftung". Sie zeigt, wie sowohl im Neubau als auch im Gebäudebestand mit zentralen und dezentralen Wohnungslüftungssystemen ein behagliches Wohnraumklima bei gleichzeitig niedrigen Heizkosten möglich wird.

Auch auf der diesjährigen ISH in Frankfurt gibt es eine "Sonderschau Wohnungslüftung" in der Halle 6.2, Stand C 04.


* Claus Händel, Technischer Referent, Fachinstitut Gebäude-Klima e.V.


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