IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 06/2005, Seite 48 ff.

ISH 2005 - VON A - Z
F wie Farbe

 

Farbsignale erwartet

Mit dem Lifestyle kommt wieder mehr Farbe ins Bad

Was in der Vergangenheit an Aufregendem in der Sanitärindustrie passierte, spielte sich hauptsächlich im Dreidimensionalen ab: Das Produktdesign der letzten Jahre hat eine mit der Architektur harmonierende, eigenständige Formensprache ins Badezimmer gebracht, die sich von traditionellen Vorbildern weitgehend befreien konnte. Je reduzierter und formaler das Design auftrat, desto mehr "Stil" bewies das Bad-Design. Oberflächen hatten sich diesem Purismus anzupassen und sich in hygienischem, "reinen" Weiß quasi unsichtbar zu machen. Interesse weckten sie lediglich aufgrund innovativer, Schmutz abweisender oder antibakterieller Eigenschaften. Mit der immer stärkeren Lifestyle-Orientierung der Kollektionen scheint die Zeit nunmehr reif für die Wiederentdeckung der emotionalen Dimension der Oberfläche: der Farbe.

Auch wenn Weiß weiterhin die dominierende Farbe bei den Sanitärsortimenten bleiben wird, mehren sich die Zeichen für eine Trendwende. Die anstehende Leitmesse für das Bad ISH, internationale Fachmesse für Gebäude und Energietechnik, Erlebniswelt Bad, Klima- und Lüftungstechnik vom 15. bis 19. März 2005 in Frankfurt am Main, könnte das Startsignal für eine Neubewertung sein und die Farbe wieder ans Licht bringen.

Farbe wird wieder ein Trendthema. Fast könnte man sagen: Endlich! Denn die "Nicht-Farbe" Weiß beherrscht in Nordeuropa seit Jahren ohne nennenswerte Konkurrenz die Farbpalette der Musterkataloge für Keramik & Co. Allein in Deutschland wird der Weißanteil der verkauften Keramik-Produkte auf ca. 80% geschätzt. Weitere 10% verteilen sich nach Angaben der führenden deutschen Keramik-Spezialisten auf ein abgetöntes, warmes Weiß, die restlichen auf ein helles Grau, Beige und ein helles Türkis. Damit kleiden sich bis zu 90% der Sanitärprodukte in die Neutralfarbe schlechthin. So neutral, dass sie im Bad schon fast naturgegeben erscheint.

Die neue Kollektion Starck X beinhaltet ein ganzheitliches Farbkonzept mit Weiß als Basis und gelben oder metallischen Akzenten.
Bild: Duravit

Dass dem nicht so ist, zeigen Beispiele aus anderen Kulturkreisen. In den Märkten des Mittleren und Nahen Ostens sind die führenden Sanitärmarken vor allem mit farbigen Kollektionen vertreten - hier ist bis zur Hälfte des Absatzes farbig. Beigefarbene Naturtöne werden in den USA bevorzugt. Und auch einige der europäischen Nachbarn halten sich nicht ganz so streng an die zurückhaltende Tonlage wie etwa die Deutschen. Die Franzosen sehen Eleganz auch durch Farben wie Hellgelb, -grün, -blau und Rosé verkörpert.

Feuerwerk an Farbtupfern und -harmonien

Die ersten Präsentationen und Premierenfeiern namhafter Sanitärhersteller lassen für die ISH ein kleines Feuerwerk an Farbtupfern und Farbharmonien erwarten. Mit Designer und Architekt Philippe Starck legen die beiden kooperierenden Unternehmen Duravit und Hansgrohe eine zwar feine, aber gewichtige Farbakzentuierung vor: Die neue Kollektion Starck X beinhaltet ein ganzheitliches Farbkonzept mit Weiß als Basis und gelben oder metallischen Akzenten. Natürlich ist die Kollektion standardmäßig in schlicht Weiß angelegt, doch sind die keramischen Becken auch mit farbig glasierten Innenflächen in "Yellow" und "Platin" erhältlich. Passend dazu werden Badmöbel in Weiß mit mattgelber Innenverkleidung oder in der Kombination Schwarz und Platin Hochglanzlack angeboten. Mit Bicolor-Design erzielte unlängst Villeroy & Boch große Erfolge. Bereits auf der ISH 2003 bot der Komplettanbieter mit den innen farbig glasierten Aufsatzwaschtischen der Serie Loop & Friends und dem darauf abgestimmten Farbkonzept Colorline - im Angebot waren Fliesen- Badmöbel- und Accessoireprogramme - innenarchitektonische Schützenhilfe für Farbhungrige.

Mit Bicolor-Design erzielte Villeroy & Boch große Erfolge. Bereits auf der ISH 2003 bot der Komplettanbieter mit den innen farbig glasierten Aufsatzwaschtischen der Serie Loop & Friends und dem darauf abgestimmten Farbkonzept Colorline - im Angebot waren Fliesen- Badmöbel- und Accessoireprogramme - innenarchitektonische Schützenhilfe für Farbhungrige.
Bild: Villeroy & Boch

Sehnsucht nach Wärme und Glamour

Marktbeobachter und Trendanalysten meinen unter den Konsumenten eine stärker werdende Sehnsucht nach Wärme und nach etwas Glamour wahrzunehmen - und der findet eben nicht mehr nur in vornehmen Hölzern und gedeckten Tönen, sondern auch in großflächigem Hochglanzlack in Uni-Farben oder zarten Farbarrangements seinen Ausdruck. Styling ist nicht mehr tabu. Understatement und farbarme Ton-in-Ton-Arrangements haben Konkurrenz von Trendfarben wie Grün in Kombination mit Violett und Pink oder Primärfarben in poppigem Neon bekommen, und warme, mitteldunkle Hölzer werden auch mal großzügig mit Rot kombiniert. Die zunehmende Integration des Badezimmers in den Wohnbereich, die Aufwertung des Bades als Lifestyleobjekt und die Ausstattung mit wohnlichen Elementen in Holz und anderen Naturmaterialen sowie mit Metalloberflächen haben zu einem engeren Anschluss des Bad-Designs an das Trendgeschehen in der Möbel- und Einrichtungsbranche geführt.

Und so bereitet man sich auch beim Komplettbad-Anbieter Ideal Standard auf eine Renaissance der Farbe vor. Ideal Standard-Designer Luke Pearson: "Design unterliegt immer den vorherrschenden Trends und Modeerscheinungen. Es ist daher denkbar, dass Farben wie etwa Grün, Lila, Rot und Gelb wieder "in" werden." Und Robin Levien, Designmanager für Ideal Standard England, gesteht: "Ich glaube an die Farbe Avocado-Grün." Doch da sich die Sanitärindustrie bei Modetrends stärker zurückhält als etwa die Möbelindustrie, wartet die Branche auf die Zeichen, die von der ISH ausgehen werden. Bis dahin beschränkt man sich auf Akzentsetzung durch Accessoires und - zur Not austauschbare - Möbelfronten.

Alternative in Material, Farbe und Form: Die neue Linie Sanbath von Wedi besteht im Kern aus der bewährten Bauplatte des Emsdettener Unternehmens.
Bild: Wedi

Keramag setzt mit seiner neuen Badezimmer-Kollektion F1, die zusammen mit dem Kooperationspartner aus dem Armaturenbereich Grohe von Porsche Design entwickelt wurde, ganz auf wohnliches Ambiente: Ein ergänzendes Möbelprogramm wie auch die Verkleidung für die frei stehende Badewanne sind in hellem Holz erhältlich.

Weiß hat sich bewährt, aber ...

Weiß hat sich in den letzten Jahrzehnten als Sanitärgrundfarbe bewährt und schon so manche Moden mitgemacht. Zudem herrscht angesichts galoppierender Modewellen eine latente Unsicherheit in Stilfragen. Bei weißen Sanitärobjekten kann man wenig falsch machen - das Bad stellt schließlich eine größere Investition dar und soll lange Bestand haben. Doch allmählich werden die Verbraucher mutiger und stilsicherer. Den Herstellern und ihren Vertriebspartnern im Fachhandwerk und in der Badplanung bietet dieser wachsende Anspruch eine zusätzliche Chance zur Dienstleistung und zur Profilierung. Wie schon in anderen Lifestyle-Branchen wird nun auch das Sanitärhandwerk zum Stilberater.

Die Fehler der Vergangenheit weiß man heute zu vermeiden. Farbe wird in Zukunft kaum mehr so plakativ eingesetzt werden wie in der Farbwelle der 70er-Jahre. Farbe kehrt vielmehr als Teil eines Gesamtkonzeptes zurück, das innenarchitektonische Ansprüche erfüllt. Auch die Herstellerseite entwickelt zunehmend Angebote im Bausteinprinzip. Ziel ist nicht das homogene "grüne Zimmer" durch den Einsatz volumiger Keramikfarben, sondern ein abgestimmtes Farbkonzept für Kollektionen, Raumausstattung und Möbelprogramme, das Sanitärobjekte und Wohnelemente verbindet und die Architektur unterstützt.

Dass Farbe immer auch etwas mit dem Material an sich zu tun hat, beweist der im Automobilbereich dominante Trend zu Hochwertigkeit signalisierenden Metallfarben und ihr Durchschlag bis in die Möbel- und sogar Sanitärindustrie. Die hier entwickelten polierten und satinierten Oberflächen sind nicht nur etwas für das Auge, sondern werten auch die haptische Qualität auf. Im Armaturenbereich wurde aufgrund des festzustellenden Wunsches nach "weich" wirkenden Oberflächen nach einer Alternative zum "harten" Chrom gesucht. Und auch die Oberflächenstrukturen von Boden und Wandputz sollen den Eindruck von Wärme vermitteln. Architekt Matteo Thun stellt weniger die Trendqualität der Farbe als ihre Verbindung zur Materialität in den Vordergrund: "Farbe per se war nie ein Thema. Es geht immer nur um die Materialität, aus der ein bestimmter Farbwert generiert wird. Und im Bad ist mehr denn je die taktile Qualität gefragt - und nicht die chromatische."

Tatsächlich waren es in den letzten Jahren gerade die Materialinnovationen im Sanitärbereich, die Kunststoffe und Verbundmaterialien (Kombinationsprodukte aus Naturmaterialien mit Harzen und Kunststoffen), die mit Nischenprodukten Farbimpulse in den Markt gegeben haben. Hier konnten schnell und wenig aufwendig Farben eingesetzt und Trendprodukte kreiert werden. Nun bekommt die Farbe - vor allem in Grün- und Orangerot-Tönen - durch die Marktdurchdringung von Retro-Design und den starken Bezug zum Möbeldesign noch zusätzliche Unterstützung. Und auch, wenn man keine allzu bunten Träume verwirklicht sehen wird, könnte selbst das Muster, sparsam als Akzent eingesetzt, wieder Chancen im trendorientierten Badezimmer erhalten. Damit wird das Bad für manche Zielgruppen endgültig zu einem Lifestyleprodukt - ein Bad, das zwar lange, aber nicht ewig halten muss.


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