IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 03/2005, Seite 50 ff.

ARBEITSSCHUTZ

Asbest - die schwebende Gefahr

Herbert Pfaff-Schley*

Obwohl Asbest und Asbestzementprodukte seit mehr als 10 Jahren weder hergestellt noch in Verkehr gebracht werden dürfen, ist die Wahrscheinlichkeit, mit Asbesterzeugnissen in Kontakt zu kommen, für bestimmte Berufsgruppen höher denn je. Zu diesen Risikogruppen gehören zweifelsohne alle Beschäftigten im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk. Es drohen heimtückische Krankheiten - insbesondere der Atemwegsorgane -, die zum Tod führen können.

Um sich und andere vor der schwebenden Gefahr Asbest zu schützen, müssen die in den Regelwerken zur Thematik "Umgang mit Asbest" festgelegten Vorschriften strikt eingehalten werden. Missachtungen können neben der erwähnten Gesundheitsgefahren Strafverfolgung und versicherungsrechtliche Haftungsausschlüsse nach sich ziehen.

Zwar ist die Herstellung und das In-Verkehr-Bringen von Asbest seit langem verboten, gleichwohl finden sich Asbesterzeugnisse nach wie vor in den verschiedensten Bereichen. Bis in die 70er- und 80er-Jahre wurde Asbest aufgrund seiner hervorragenden technischen Eigenschaften vor allem als Baumaterial häufig verwendet.

Im Zuge von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) werden Arbeitnehmer und Verantwortliche in zunehmendem Maße mit Asbest konfrontiert. So kann Asbest u.a. enthalten sein im Bereich von:

Strenge Vorgaben beim Umgang mit asbesthaltigen Materialien

Wegen des hohen Gefährdungspotenzials und den damit verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit gibt es sehr ins Detail gehende Vorschriften für den Umgang mit Asbest. Die auf der Grundlage der Gefahrstoffverordnung verfasste "Technische Regel Gefahrstoffe 519: Asbest - Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten" (TRGS 519) ist der rechtliche Wegweiser für alle Betriebe, insbesondere auch das Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk.

Die schwebende Gefahr Asbest

Asbest ist die Sammelbezeichnung für eine bestimmte Gruppe natürlicher silikatischer Minerale. Typisch für Asbest ist die leichte Spaltbarkeit in der Längsachse. Viele dieser Fasern sind so dünn, dass sie selbst im Lichtmikroskop nicht sichtbar sind. Die feinsten Fasern können eingeatmet werden und sind in der Lunge lange beständig. Asbest wurde als krebserzeugend eingestuft; bereits eine einzige Faser kann in der Lunge und am Rippenfell Krebs auslösen, vor allem bei Rauchern.

1977 wurden asbestinduzierte Krebsarten als Berufskrankheit anerkannt. Da einzelne Fasereinlagerungen in Lunge und Atemapparat vor Ausbruch der Erkrankung beim lebenden Menschen praktisch nicht nachweisbar sind und Latenzzeiten von bis zu 30 Jahren oder mehr auftreten können, gibt es große Probleme beim Nachweis, wie und wann eine auf die Krankheit zurückzuführende Exposition stattgefunden hat.

In Wasser gebundenes Asbest dagegen wird als ungefährlich angesehen.

Eine der wesentlichen Vorschriften ist, dass ASI-Arbeiten ausschließlich von Unternehmen durchgeführt werden dürfen, die von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind. Eine solche Zulassung kann nur durch den Nachweis der Sachkunde erteilt werden. Voraussetzung hierfür ist ein behördlich anerkannter Sachkundelehrgang, der mit einer schriftlichen Prüfung abgeschlossen wird. Außerdem hat der Arbeitgeber Arbeiten an Asbestzementprodukten von einer sachkundigen Person ständig beaufsichtigen zu lassen. Die Arbeiten selbst sind mindestens 14 Tage vor Beginn der Arbeiten der zuständigen Behörde oder der Berufsgenossenschaft schriftlich anzuzeigen. Weitere Vorgaben, insbesondere zum Schutz der Arbeitnehmer, aber auch unbeteiligter Dritter und der Umwelt, sind:

Asbest als Abfall

Fällt Asbest als Abfall an, sind die Vorgaben zu Verpackung, Transport und Entsorgung unter Beachtung der Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) und dessen untergesetzlichem Regelwerk, insbesondere der Nachweis und der Transportgenehmigungsverordnung, zu beachten. Grundsätzlich handelt es sich bei Asbestabfällen um Beseitigungsabfälle mit der Konsequenz, dass diese Abfälle nicht frei "handelbar", sondern sie vielmehr gemäß der in § 13 KrW-/AbfG geregelten Überlassungspflichten dem öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger anzudienen sind. Es gibt bislang kaum ein behördlich zugelassenes Verwertungsverfahren im Zusammenhang mit Asbest. Abfälle, die Asbest enthalten, sind in geeigneten, sicher verschließbaren und gekennzeichneten Behältern bzw. Verpackungen ohne Gefahr für Mensch und Umwelt zu sammeln, zu lagern und zu entsorgen. Bei der Beauftragung von Abfalltransportunternehmen ist zu beachten, dass auch diese eine behördliche Zulassung für den Transport von Asbestabfällen benötigen.

Faserarten von Asbest.

Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Das Nichtbeachten einer der Vorschriften der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ist gemäß §§ 49, 50 GefStoffV fast ausnahmslos eine Ordnungswidrigkeit und zieht in der Regel ein Bußgeldverfahren nach sich. Die Höhe des Bußgeldes richtet sich danach, ob es sich um schwach oder stark gebundenes Asbest handelt, wie viele Arbeitnehmer von den Auswirkungen betroffen sind, wie häufig ein Betrieb gegen die Vorschriften des Chemikalienrechts bereits verstoßen hat und wie schwerwiegend die Verfehlung war. Es handelt sich in jedem Fall um eine Einzelfallentscheidung. Die Sanktionen können von Behörde zu Behörde unterschiedlich sein.

Viel gravierender dürfte sich allerdings auswirken, dass der unsachgemäße Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen und Baustoffabfällen aufgrund der krebserzeugenden Eigenschaft neben der Ordnungswidrigkeit zugleich einen Straftatbestand verwirklichen kann. In den letzten Jahren wurde bundesweit eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche von Betrieben oder Unternehmen, aber auch gegen Private geführt.

Viele Gebäude aus der Zeit, in der Asbest als beliebter Baustoff vielfältige Verwendung fand, werden in absehbarer Zeit sanierungs- oder abrissbedürftig, sodass auch der SHK-Handwerker damit rechnen muss, zukünftig vermehrt mit Asbest in Berührung zu kommen. Der fachgerechte Umgang mit Asbestprodukten ist zweifelsohne zeitintensiv und erfordert hohe technische und personelle Anforderungen. Zudem fühlen sich die Arbeitnehmer mitunter durch die strengen arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben in ihrem Arbeitsprozess eingeschränkt. Und so ist aus den verschiedensten Gründen die Gefahr groß, sich trotz Kenntnis der einschlägigen Vorschriften unsachgemäß und damit oft auch gesetzeswidrig zu verhalten.

Beispiel einer Rohrtrennung nach geprüftem Verfahren.

Es gibt eine Reihe von Straftatbeständen, gegen die beim falschen Umgang mit Asbest verstoßen werden kann. Allen einschlägigen Bestimmungen gemein ist die Tatsache, dass ein Zusammenhang von (Umwelt-)Strafrecht und verwaltungsrechtlichen Vorschriften hergestellt wird. Diese Abhängigkeit des Strafrechts vom Verwaltungsrecht wird als Verwaltungsakzessorietät bezeichnet. Insoweit gewinnen die Vorschriften des Chemikalienrechts, also des Chemikaliengesetzes, der Chemikalienverbotsverordnung und der Gefahrstoffverordnung einschließlich der darauf basierenden technischen Richtlinien zusätzliche Bedeutung. Dies kommt zum Ausdruck durch Formulierungen wie: "Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik", "unter (grober) Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten", "unbefugt", "ohne die nach dem jeweiligen Gesetz erforderliche Genehmigung", "entgegen einer auf dem jeweiligen Gesetz beruhenden vollziehbaren Untersagung".

Beruft man sich auf Unkenntnis der einschlägigen Vorschriften, wird dem Strafanspruch durch die Annahme eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Strafnormen Rechnung getragen werden können. Folgende Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) können beim falschen Umgang mit Asbest betroffen sein:

Alle aufgeführten Delikte - mit Ausnahme von § 330 StGB - sind auch fahrlässig begehbar. Es handelt sich außer bei § 325 StGB um Gefährdungsdelikte, was bedeutet, dass bereits die Herbeiführung einer Gefahr unter Strafe gestellt ist. Die Sanktionen bei Verstößen reichen von Geldstrafen bis Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren bzw. 10 Jahren in besonders schweren Fällen. Aufgrund der sehr schwierigen oder gar unmöglichen Nachweisbarkeit konkreter Gefährdungen oder Verletzungen zum Nachteil von Menschen kommen zwar u.a. auch Körperverletzungsdelikte in Betracht, sind aber praktisch nicht von Bedeutung.

Asbestverkleidungen müssen zerstörungsfrei ausgebaut und in speziell gekennzeichneten Folien verpackt werden. Dabei muss unbedingt Schutzkleidung getragen werden.
Bild: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Haftungsausschluss für Asbestschäden

Dem Gefahrenfaktor Asbest kommt auch hinsichtlich versicherungsrechtlicher Aspekte eine große Bedeutung zu. Verstärkte Klagen von Asbestopfern in den USA erwachsen sich dort zum Überlebensproblem für Industriekonzerne und die Versicherungsbranche. So mussten US-amerikanische Hersteller leicht gebundener asbesthaltiger Baustoffe und die Versicherungswirtschaft in den letzten 20 Jahren bereits 54 Mrd. US-Dollar Schadensersatz leisten. Inzwischen droht eine neue Welle von Schadensersatzklagen, da der Nachweis einer tatsächlichen Schädigung nicht mehr erbracht zu werden braucht.

Mit Ausnahme von Großbritannien ist Europa von einer vergleichbaren Klagewelle verschont geblieben - bis jetzt. Nun wurde das Problem auch von der deutschen Versicherungswirtschaft erkannt. Folge: Seit Januar 2004 umfassen die Deckungssummen der Versicherungen keine Schäden mehr, die auf die Wirkung von Asbest zurückgehen. Die neuen Verträge entsprechen damit den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherungen (AHB), die Ansprüche wegen Schäden, die auf Asbest oder asbesthaltige Substanzen zurückzuführen sind, vom Versicherungsschutz ausklammern. Das heißt: ausführende Handwerker haften im Schadenfall persönlich.

Handwerker und Techniker müssen daher Asbestabfälle rechtzeitig erkennen, sachgerecht entsorgen und ihre Arbeiten so ausrichten, dass es zu keinen Personal- oder Sachschäden kommt. Dies können sie nur leisten, indem sie die entsprechende Sachkunde gemäß den technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) erwerben.

Wie kann die Sachkunde erworben werden?

Für Arbeiten im Umgang mit Asbest ist ein Sachkundenachweis nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 erforderlich. Dieser Nachweis bestätigt, dass die Kenntnisse über einschlägige Vorschriften und Bearbeitungsverfahren erworben wurden. Der Nachweis der Sachkunde kann durch die erfolgreiche Teilnahme an einem behördlich anerkannten Lehrgang erbracht werden. Je nach Art des Asbestmaterials und der zu erwartenden Asbestfaserkonzentration gibt es drei verschiedene Lehrgänge zum Erwerb der Sachkunde:

1. Asbestsanierung gem. TRGS 519, Anlage 3

4-tägiger Sachkundelehrgang für Asbest-Sanierungsarbeiten und den Umgang mit schwach gebundenen Asbestprodukten wie z.B.

Dieser Lehrgang ist in der Regel nur bei größeren Sanierungsprojekten nötig. Er schließt die Sachkunde nach Anlage 4 und 5 ein.

Beseitigung von Staubrückständen in Schutzkleidung.

2. Abbruch- und Instandhaltungsarbeiten gem. TRGS 519, Anlage 4

2-tägiger Sachkundelehrgang für Abbruch- und Instandhaltungsarbeiten von Asbestzementprodukten wie z.B.

Dieser zweitägige Kurs ist in der Regel der notwendige Lehrgang für Mitarbeiter im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk.

3. Kurzlehrgang nach Anlage 5 der TRGS 519

1-tägiger Kurzlehrgang (Einweisungslehrgang in die TRGS 519) für reine Instandhaltungsarbeiten mit geringer Exposition, d.h. wenn die Asbestfaserkonzentration von 15.000 Fasern/m3 durch geprüfte Arbeitsverfahren unterschritten wird. Beispiel:

Auskünfte darüber, welche Lehrgänge hierzu staatlich anerkannt sind, erteilt die zuständige Berufsgenossenschaft. Bundesweit staatlich anerkannte Lehrgänge bietet regelmäßig das Umweltinstitut Offenbach an.

Rückfragen zum Thema Asbest beantwortet auch gerne der Verfasser per E-Mail: pfaff-schley@umweltinstitut.de.

Infoschriften zur Asbestsanierung

Asbest zählt zu den besonders gefährlichen krebserzeugenden Gefahrstoffen und ist mit einem Expositionsverbot belegt. Ausgenommen sind Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) an Einrichtungen, bei denen asbesthaltige Materialien eingesetzt wurden. Die nach der Gefahrstoffverordnung erforderlichen Schutzmaßnahmen und organisatorischen Voraussetzungen für ASI-Arbeiten sind in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 519 "Asbest; Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten" zusammengefasst. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Erleichterungen bei den zu treffenden Schutzmaßnahmen vorgesehen, z.B. wenn es sich um Arbeiten mit geringer Exposition handelt (Asbestfaserkonzentration unter 15.000 Fasern/m3).

Hierzu geeignete Arbeitsverfahren werden nach Prüfung durch den Arbeitskreis "Asbestexposition bei Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten" beim Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz (BGIA) in die BG-Information BGI 664 aufgenommen. Die gedruckte Fassung der BGI 664 (Stand Juli 2000) ist beim Carl Heymanns Verlag in Köln erhältlich. Unter der Adresse www.hvbg.de/d/bia/pra/asbest steht die 76-seitige Publikation als PDF-Datei zum Download zur Verfügung; außerdem ergänzende Informationsschriften zu folgenden Themen:

  • "Standardheizkessel - Wartung und Reinigung"
  • "Standardheizkessel - Ausbau von Dichtschnüren"
  • "Anbohren von Asbestzement-Fassadenplatten - Anbohrverfahren" (überarbeitet)
  • "Asbestzement(AZ)-Rohrleitungen - Berstliningverfahren mit den Systemen Grundocrack und Grundoburst"
  • "Abschleifen von asbesthaltigen Klebern von mineralischem Untergrund - GSA-Schleifverfahren".

 

Internetinformationen:
www.umweltinstitut.de


* Herbert Pfaff-Schley, Umweltinstitut Offenbach


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