IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2004, Seite 26 ff.
Die Dusche
Dipl.-Kfm. Marcus Sauer*
In ein barrierefreies Bad, das rollstuhlgerecht sein soll, gehört eine bodengleiche Dusche - darüber wird vermutlich niemand diskutieren wollen. Aber auch in ein Komfort-Bad gehört eine Dusche, die zumindest nahezu barrierefrei ist. Welche Voraussetzungen diese Duschen erfüllen müssen, um komfortabel und barrierefrei zu sein, darum geht es in dieser Folge unserer Serie über barrierefreie Badgestaltung.
Was bedeutet barrierefrei?
Für einen Rollstuhlfahrer ist jede Kante, die höher als 2 cm ist, eine Barriere. Hier muss also die bodengleiche Lösung gefunden werden. Steht der Badumbau aber vor allem unter der Anforderung, mehr Komfort zu erreichen, kann auch eine wenige Zentimeter tiefe Duschtasse eine - annähernd - barrierefreie Lösung sein, insbesondere dann, wenn die in den 70er-Jahren oft eingebaute 30 cm hohe Duschtasse dadurch beseitigt wird.
Echtglas-Duschwand "BellaVita": Die Drehfalttüren kommen ohne untere Führungsschienen aus und sorgen für einen bequemen Einstieg. |
Der Blick in die DIN 18025 Teil 2 (barrierefrei) schreibt einen "stufenlos begehbaren" Duschplatz mit einer Größe von 120 cm x 120 cm vor, die DIN 18025 Teil 1 (rollstuhlgerecht) spricht von einem "rollstuhlbefahrbaren" Duschplatz der Größe 150 cm x 150 cm. In beiden Fällen darf also keine Schwelle oder Kante im Boden eingebaut sein.
Hauptproblem bei der Realisierung einer bodengleichen Dusche ist immer der Abfluss. Oft bietet der Bodenaufbau unter dem Duschplatz kaum Platz, Ablauf und Geruchsverschluss unterzubringen. Mittlerweile gibt es von einigen Herstellern Lösungen, die inklusive Geruchsverschluss mit einer Tiefe von 80 mm auskommen. Sollte auch dies nicht ausreichend sein, ist es denkbar, den Geruchsverschluss in die Wand zu verlagern - nach aktuellen Normen ist dies durchaus erlaubt.
Ein Glücksfall ist es, wenn das Bad im Erdgeschoss umgebaut wird und sich unter dem Bad ein Keller befindet. Dann ist es möglich, den Ablauf durch die Decke in den Keller zu legen.
Ein Duschwannen-Unterbauelement wie AquaBoard von Stadur dient als Estrichersatz und ermöglicht einen leichten Aufbau von barrierefreien Duschbereichen. |
Bei der Dimensionierung des Ablaufs sollte immer auf eine große Durchlaufmenge geachtet werden, um der Gefahr einer Überschwemmung des Bades außerhalb der Dusche vorzubeugen.
Grundsätzlich gibt es drei Wege, die bodengleiche Dusche zu erstellen:
- Direkte Verfliesung des Duschplatzes. Dabei muss ein speziell abgedichteter Estrich verlegt werden, in den das erforderliche Gefälle eingearbeitet wird. Diese Arbeit sollten nur die Fachleute ausführen, die sich mit allen erforderlichen Abdichtungen und der Verlegung von Gefälle-Estrich bestens auskennen.
- Erheblich einfacher ist die Nutzung von Einbauplatten. Diese werden von den Herstellern individuell auf das erforderliche Maß gefertigt und direkt ab Werk mit dem nötigen Gefälle versehen. Die Abdichtung hin zu den Seiten ist bereits vorgefertigt. Die Einbauplatten gibt es entweder mit einer vorbereiteten rutschsicheren Oberfläche, die keinerlei weiteren Belag mehr benötigt oder vorbereitet für die Verfliesung. Die Platten lassen sich relativ einfach verarbeiten. Allerdings ist den ausführenden Monteuren zu raten, sich genau an die Einbauanleitung des Herstellers zu halten, um spätere Mängel von vornherein ausschließen zu können.
- Eine dritte Alternative sind extrem flache Duschtassen. Diese lassen sich auf herkömmliche Weise wie jede andere Duschtasse einbauen. Ein unter der Fliesenebene liegender Dichtungskragen sorgt für den dauerhaften Schutz gegen Feuchtigkeit.
In allen Fällen ist darauf zu achten, dass der Belag auch im nassen Zustand rutschhemmend ist. Dabei gilt: Je kleiner das Fliesenmaß, desto sicherer.
Einige Sanitärhersteller bieten spezielle Abläufe an, mit denen sich eine bodengleiche Dusche realisieren lässt, wenn nur geringe Aufbauhöhen zur Verfügung stehen. |
Wird die Dusche von einem Rollstuhlfahrer benutzt, müssen die Fliesen entsprechend ausgelegt sein. Die punktuellen Belastungen durch die Reifen eines Rollstuhls sind um ein Vielfaches größer als die Belastungen durch das Gewicht einer stehenden Person.
Duschkabine oder Vorhang?
Fragt man Wohnberater nach ihren Empfehlungen, so wird grundsätzlich der Duschvorhang empfohlen. Der Grund ist einfach: Wenn der Vorhang richtig angebracht ist, bietet er im Falle eines Sturzes eine zusätzliche Haltemöglichkeit. Außerdem kann es nicht passieren, dass die Türen durch eine am Boden liegende Person versperrt werden. Ein weiterer Vorteil des Duschvorhangs: Er lässt sich nahezu komplett wegschieben, sodass er - zum Beispiel beim Ein- und Ausfahren mit dem Rollstuhl - nicht im Weg ist.
Mittlerweile bieten aber auch die Hersteller von Duschwänden Systeme an, die sich komplett weggklappen und nach innen und außen öffnen lassen. Wichtig ist, dass auf dem Boden keine Schwellen oder Führungsschienen installiert werden müssen.
Es ist aber auch zu bedenken, dass das Öffnen einer Duschtür für einen Rollstuhlfahrer eine Barriere sein kann.
Wird die Dusche für einen Pflegefall konzipiert, der regelmäßig von einer Hilfsperson geduscht wird, sollte ein halbhoher Spritzschutz für die Pflegeperson vorgesehen werden. Ein solcher Vorhang oder eine geteilte Glasduschwand erleichtert es, den Patienten zu pflegen und dabei zumindest einigermaßen trocken zu bleiben.
Werden bodengleiche Duschen nach unten durch die Decke entwässert, müssen je nach Gebäudeart Brandschutzvorschriften beachtet werden. |
Sitzen in der Dusche - sehr komfortabel und sicher!
In eine komfortable und bequeme Dusche gehört ein Sitz - egal, ob für einen älteren oder behinderten Menschen oder für überhaupt nicht eingeschränkte Menschen: Ein Duschsitz ist nicht nur komfortabel, er bietet auch ein hohes Maß an zusätzlicher Sicherheit. Denn wie wäscht sich der Durchschnitts-Mensch beim Duschen die Füße? Doch meist auf einem Bein stehend in der nassen und rutschigen Dusche mit glitschiger Seife in der Hand. Eine Sitzgelegenheit würde diesen Vorgang erheblich sicherer machen.
Für die Positionierung der Armatur gilt: Sie muss praktisch und von einer sitzenden Position aus problemlos zu erreichen sein. Die Armatur muss so ausgelegt sein, dass man sich an ihr nicht verbrühen kann, wenn sie in Notsituationen als Haltegriff genutzt wird.
Damit die Armatur gar nicht erst zum Griff wird, sollte es innerhalb der Dusche Haltemöglichkeiten geben. Verschiedene Hersteller bieten dazu Brausestangen, die gleichzeitig als Haltegriff genutzt werden können. Diese sorgen - wenn fachgerecht befestigt - für die nötige Sicherheit und vermitteln auch rein optisch nicht den Eindruck von Krankheit oder Gebrechlichkeit.
Bodenebene Dusche: Durch den fliesenbündigen Einbau sind die Duschen leicht begehbar und bei Bedarf sogar befahrbar. Ein unter der Fliesenebene liegender Dichtungskragen schützt gegen Feuchtigkeit. |
Badewanne oder Dusche?
In der Studie "Das Badezimmer des älteren Menschen" der GGT haben mehr als 60% der befragten älteren Menschen den Wunsch nach einer Badewanne zusätzlich zur Dusche geäußert. Und das, obwohl ebenso viele der Befragten Probleme beim Ein- und Ausstieg haben. Nicht zu unterschätzen ist aber die wohltuende - und oftmals auch medizinisch sinnvolle - Wirkung eines Vollbades. Diese lässt sich mit einer Dusche nicht erreichen.
Durch entsprechende Hilfsmittel (Badewannenlifter, Hebesysteme) ist es auch für stark eingeschränkte Menschen zumindest mit einer Hilfs- oder Pflegeperson möglich, die Badewanne zu nutzen. Wenn es also der Platz zulässt, sollte auf die Badewanne nicht gänzlich verzichtet werden.
Übrigens fordern auch beide Teile der DIN 18025 die Möglichkeit des nachträglichen Aufstellens einer Badewanne.
Die Studie "Das Badezimmer des älteren Menschen" ist gegen eine Schutzgebühr von 10,00 Euro erhältlich bei der GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik, |
Schulungen zum "Fachbetrieb für senioren- und behindertengerechte Installation" bei der GGT in Iserlohn |
Termine 2004/05 10. bis 12. November 2004 Infos und Anmeldung: GGT Deutsche Gesellschaft für |
Themenbereiche | Ausgabe |
Was ist Gerontotechnik? | 22/2002 |
Wie sieht der Markt aus? | 4/2003 |
Überblick über die DIN-Normen | 9/2003 |
Rund um das Thema Armaturen | 12/2003 |
Waschtisch und Accessoires | 14/2003 |
WC-Einrichtungen | 17/2004 |
Dusche und Accessoires | |
Badewanne und Accessoires | |
Das ideale Bad | 11/2004 |
Kostenträger und Finanzierung | 19/2003 |
Kommunikationsproblem und Vermarktung | |
Marketing | |
Fazit |
* Dipl.-Kfm. Marcus Sauer, Projektleiter Sanitär, Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik, Iserlohn.
[Zurück] [Übersicht] [www.ikz.de]