IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/2004, Seite 30 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Brennstoffzellen für die Haus-Energieversorgung
Neue Technologien für die SHK-Branche
Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty*
Brennstoffzellen zur Haus-Energieversorgung kommen ihrer Markteinführung immer näher. Alle namhaften Hersteller arbeiten zurzeit an entsprechenden Entwicklungsprojekten. So werden voraussichtlich in den nächsten drei bis fünf Jahren die ersten Geräte in kleinen Stückzahlen auf den Markt kommen - wenn auch zunächst noch zu Preisen, die gegenüber der konventionellen Strom- und Wärmeerzeugung nicht wettbewerbsfähig sind. Doch es liegt auf der Hand, dass diese neue Technologie Einzug in das SHK-Gewerbe halten wird.
Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen werden zukünftig neben der herkömmlichen Wärmeerzeugung mit Öl- oder Gas-Heizkesseln sowie neben den Techniken zur Nutzung regenerativer Energien (z.B. Wärmepumpen, Solarthermie und Photovoltaik) ein weiterer Baustein im Angebot der Heizungstechnik sein. Die Marktaussichten für die Brennstoffzelle zur Haus-Energieversorgung sehen gut aus. So soll laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Frost & Sullivan im Jahr 2010 der Umsatz mit stationären Brennstoffzellensystemen in Europa rund 2,65 Mrd. US-Dollar betragen. Andere Prognosen für das Jahr 2010 sagen allein für den westeuropäischen Markt einen Umsatz in Höhe von etwa 1 Mrd. Euro bei Haus-Energiezentralen mit weniger als 10 kWel elektrischer Leistung voraus.
Die positiven Marktprognosen haben ihren guten Grund: Der weltweit steigende Energiebedarf zehrt an den knapper werdenden Vorräten der fossilen Energieträger, entsprechend der Nachfrage steigen auch die Preise für Erdöl und Erdgas. In diesem Zusammenhang wird die Brennstoffzellentechnologie allgemein als eine der Erfolg versprechendsten Möglichkeiten angesehen, die Energieversorgung auch in der ferneren Zukunft sicherzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn eines Tages für den Brennstoff dieser Zellen - dem Wasserstoff - ein flächendeckendes Verteilungsnetz zur Verfügung steht.
Bild 1: Vergleich der Energieflüsse zwischen Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale und konventioneller Strom- und Wärmeerzeugung. |
Bis eine gut ausgebaute Wasserstoff-Infrastruktur vorhanden ist, kann die Zeit mit wasserstoffreichen Brennstoffen wie Erdgas oder Methanol überbrückt werden. Da die Energieausnutzung einer Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden der Strom- und Wärmeproduktion sehr viel besser ist, ergeben sich auch bei Verwendung fossiler Energieträger Vorteile für die Umwelt. Der Gesamtwirkungsgrad eines Brennstoffzellensystems kann bei etwa 90 Prozent liegen und ist damit wesentlich höher als bei der herkömmlichen, getrennten Erzeugung von Strom und Wärme. Ein handelsüblicher Niedertemperatur-Gaskessel (Norm-Nutzungsgrad 95%) und der im deutschen Kraftwerksmix erzeugte Strom (Wirkungsgrad durchschnittlich 33%) kommen gemeinsam lediglich auf knapp über 60 Prozent (Bild 1).
Die Technik der Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale
Bei der näheren Betrachtung einer Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale (Bild 2) fallen im Vergleich zur bekannten Technik der Wärmeerzeugung vor allem folgende Besonderheiten auf:
- Wärme- und Stromerzeugung in einem Gerät,
- keine Verbrennung, sondern elektrochemischer Prozess,
- neue Anlagenkomponenten wie Brennstoffzellen-Stack und Reformer.
Bild 2: Auf der ISH 2003 zeigten Demonstrationsmodelle etlicher Hersteller von Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen den Stand der Entwicklung. |
Die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und elektrischem Strom ist von herkömmlichen Blockheizkraftwerken (BHKW) her bekannt. Wie diese erzeugt auch eine Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale Wärme und Strom dort, wo sie benötigt werden. Verluste, wie sie bei der zentralen Stromerzeugung in Kraftwerken durch den Transport der elektrischen Energie zum Verbraucher zwangsläufig entstehen, fallen bei den vor Ort betriebenen BHKWs und Brennstoffzellen-Systemen nicht an. Im Gegensatz zu BHKWs, die üblicherweise mit einem Hubkolbenmotor oder einer Gasturbine betrieben werden, verfügen Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen über keine beweglichen Teile, weshalb sie sehr geräuscharm arbeiten.
Bild 3: Funktionsprinzip der Brennstoffzelle. |
Brennstoffzellen sind wie Batterien oder Akkumulatoren "elektrochemische Zellen". Zur Funktion benötigt eine Brennstoffzelle eine Anode, eine Kathode und einen Elektrolyten, der die beiden Elektroden trennt (Bild 3). Auf der Anodenseite wird der kontinuierlich zugeführte Wasserstoff mithilfe eines Katalysators in positiv geladene Wasserstoff-Protonen (H+) und negativ geladene Elektronen (e-) aufgespalten. Während die Wasserstoff-Protonen durch den elektrisch nichtleitenden Elektrolyten zur Kathode wandern können, müssen die abgespaltenen Elektronen einen anderen Weg gehen. Verbindet man die Anode elektrisch leitend mit der Kathode, so fließen die Elektronen durch diesen Leiter und erzeugen dabei einen nutzbaren Gleichstrom. An der Kathode verbinden sich die Wasserstoff-Protonen mit den Elektronen und dem Luftsauerstoff zu Wasser. Außer elektrischem Strom, Wärme und Wasser entstehen bei der mit reinem Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle keine weiteren Nebenprodukte.
Nach diesem Funktionsprinzip arbeiten alle Varianten der Brennstoffzelle. Ihre wichtigsten Unterscheidungsmerkmale sind der Elektrolyt sowie die Betriebstemperatur, bei der die Reaktionen ablaufen. Da die elektrische Leistung einer einzelnen Zelle für die meisten Anwendungen zu gering ist, werden mehrere Zellen - häufig 60, 80 und mehr - zu einem Zellenstapel, dem so genannten Stack, zusammengeschlossen (Bild 4).
Bild 4: Brennstoffzellen-Stack |
Für den Einsatz in Haus-Energiezentralen wird überwiegend an den so genannten PEM-Brennstoffzellen gearbeitet. Die einzelne PEM-Zelle besteht im Wesentlichen aus gasdurchlässigen, mit einem Katalysatormaterial beschichteten Elektroden in Plattenform. Dazwischen befindet sich eine dünne Kunststoffmembran (Polymer-Elektrolyt-Membran, auch Proton-Exchange-Membran genannt) als Elektrolyt. Einrichtungen zur gleichmäßigen Verteilung des Wasserstoffs, der Luft und des Kühlmediums vervollständigen den Aufbau. PEM-Brennstoffzellen arbeiten mit Betriebstemperaturen zwischen etwa 60 und 100°C. Damit entspricht ihr Temperaturniveau recht genau den Anforderungen der üblichen Gebäudeheizung. Auch ihre kurze Anfahrzeit macht die PEM-Brennstoffzelle für die Gebäudebeheizung besonders geeignet.
Mit dem Herz der Haus-Energiezentrale, dem Brennstoffzellen-Stack, wird der SHK-Handwerker voraussichtlich nur wenig zu tun haben. Sollte der Brennstoffzellen-Stack in seiner Funktion beeinträchtigt sein, so wird er als Ganzes ausgebaut und eventuell zum Austausch gegen einen neuen Stack bzw. zur Reparatur ins Herstellerwerk geschickt. Trotzdem muss natürlich der Fachhandwerker dieses Bauteil und seine Funktionsweise genau kennen, um vor Ort beurteilen zu können, ob es fehlerfrei funktioniert.
Weit mehr als mit dem Stack wird sich der SHK-Handwerker bei seinen zukünftigen Wartungsarbeiten an Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen mit den Einrichtungen zur Aufbereitung des Erdgases beschäftigen. Bis eine ausreichende Infrastruktur für die flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff vorhanden ist, wird als Brennstoff für Haus-Energiezentralen Erdgas favorisiert. Aus dem Erdgas kann der zum Betrieb der Brennstoffzellen erforderliche Wasserstoff durch einen Dampfreformierungsprozess gewonnen werden. Die dazu nötige Technik wird in jedem Gerät integriert sein. Aus heutiger Sicht werden sich die zu erwartenden Wartungsarbeiten an dieser Gasaufbereitungsanlage auf den Brenner, das Düsensystem und verschiedene Sensoren beziehen.
Bild 5: Schema der Gasaufbereitung (vereinfacht). |
Bei dem Dampfreformierungsprozess wird zunächst mit den Heizgasen eines Reformerbrenners Wasserdampf erzeugt und mit dem Erdgas vermischt (Bild 5). Das Erdgas-Wasserdampf-Gemisch gelangt in den so genannten Reformer. Hier wird das Erdgas zu einem wasserstoffreichen Prozessgas umgewandelt. Die dazu notwendige Energie liefert der Reformerbrenner. Das erzeugte Prozessgas enthält neben Wasserstoff und Kohlendioxid auch Kohlenmonoxid. Da sich das Kohlenmonoxid auf der Brennstoffzellen-Membran anlagern und dadurch die Funktion beeinträchtigen könnte, wird es in einem Shiftreaktor aus dem Prozessgas entfernt. Durch eine zusätzliche Feinreinigung, Methanisierung genannt, wird der Kohlenmonoxid-Gehalt noch weiter gesenkt. Anschließend wird das Prozessgas dem Brennstoffzellen-Stack zugeführt. Im Stack nicht umgesetzter Wasserstoff strömt als Anodenrestgas in den Reformerbrenner zurück und wird dort mit zugeführter Luft verbrannt.
Hydraulische und elektrische Einbindung
Das Aufstellen, Anschließen, die Inbetriebnahme sowie die Wartung von Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen wird für den Fachhandwerker kein Problem sein. Die Seriengeräte werden an das vorhandene Erdgas- und Hauswärmenetz wie ein konventioneller Gas-Heizkessel angeschlossen. In einem üblichen Pufferspeicher oder Speicher-Wassererwärmer kann die Wärme zwischengespeichert bzw. zur Trinkwassererwärmung genutzt werden. Ein zusätzlicher Gas-Wandkessel kann zur Abdeckung von Wärmebedarfsspitzen dienen (Bild 6).
Bild 6: Hydraulische und elektrische Einbindung der Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale. |
Die elektrischen Anschlüsse der Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale dürfen, wie u.a. auch bei Photovoltaik-Anlagen, nur von Elektrofachkräften ausgeführt werden. Der in der Brennstoffzelle erzeugte Gleichstrom wird in einem Wechselrichter in netzkonformen Wechselstrom (230 V/50 Hz) umgewandelt und in das Stromnetz des Gebäudes eingespeist. Elektrischer Strom, der zur Zeit seiner Erzeugung im Haus nicht benötigt wird, kann gegen eine Vergütung in das öffentliche Netz umgeleitet werden.
Fazit
Die ersten Brennstoffzellen-Haus-Energiezentralen werden voraussichtlich ab 2007 in kleiner Stückzahl auf den Markt kommen. Bis zu großen Serien und marktfähigen Preisen ist es aber noch ein weiter Weg. Erst wenn es gelingt, die Investitionskosten von derzeit etwa 10.000 Euro pro Kilowatt elektrischer Leistung unter 1500 Euro zu senken, wird sich die Brennstoffzelle auf dem Markt etablieren können. Das wird nach heutigem Erkenntnisstand nicht vor 2010 der Fall sein. Und auch dann wird die Brennstoffzelle die konventionelle Heiztechnik nicht verdrängen, denn heutige Energieversorgungssysteme sind auf fossile Energieträger ausgerichtet. Bis zu einer großflächig funktionierenden Wasserstoff-Wirtschaft werden zudem nach allgemeiner Einschätzung noch einige Jahrzehnte vergehen.
Trotzdem sollte sich der SHK-Fachmann schon heute mit diesen Technologien auseinandersetzen, um gut auf die Brennstoffzellen-Haus-Energiezentrale vorbereitet zu sein. Damit die Handwerksbetriebe für die neue Technik gerüstet sind, hat das Bundeswirtschaftsministerium das Hans-Piest-Institut für Handwerkstechnik an der Universität Hannover beauftragt, einen Anforderungskatalog zu entwickeln. Erste Überlegungen, die Brennstoffzelle in die Lehrpläne der Berufsschulen aufzunehmen, wurden schon angestellt. Bereits heute bieten verschiedene Institutionen, wie z.B. das Weiterbildungszentrum Brennstoffzelle Ulm e.V., Brennstoffzellen-Seminare auch für das Fachhandwerk an.
Internetinformationen: |
B i l d e r : Viessmann Werke GmbH, Allendorf
* Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty, Viessmann Werke GmbH, Allendorf
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