IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2004, Seite 48 ff.


KLEMPNERTECHNIK


Metalldächer erfordern Können und Kreativität

Anspruchsvolle Aufgabe

Hartmut L. Plawer

Mit Metall gedeckte Dächer stehen seit Jahren verstärkt im Blickpunkt. Das große Interesse an ihnen bewirkt einen zunehmenden Trend zu auffälligen und ungewöhnlichen Dachformen. Die zeitgenössische Architektur mit ihren vielfach futuristischen Neubauten in ausgefallener Formensprache hat diese Entwicklung noch verstärkt. Dabei wird deutlich, dass die fachgerechte Ausführung von Metalldächern zu den anspruchsvollsten Aufgaben im Bereich der Bauklempnerei gehört. Wie praktisch bei keinem anderen Fachgebiet bietet sich hier dem Klempnerhandwerk die Möglichkeit, durch vorbildliche Arbeitsleistung wirkungsvolle Eigenwerbung zu realisieren.

 

Bild 1: Kugel und Kreisring-Segmente sind die geometrischen Ausgangsformen dieses außergewöhnlichen Telekommunikations-Zentrums in Gwachon City, Korea. Metall bot sich als besonders gut anpassbare und dauerhafte Außenhaut, um die Gebäude vor Witterungseinflüssen zu schützen. Architekten: Space oh Associates, Seoul.
Foto: Rheinzink

In diesem Beitrag werden einige Bauwerke mit beispielhaft ausgeführten, in Metall gedeckten Dächern in unterschiedlichen Formen und Werkstoffen vorgestellt. Die ausgewählten Objekte veranschaulichen die Vielfalt und den hohen technologischen und ästhetischen Anspruch dieses Genres. Für das Klempnerhandwerk bietet ein Engagement in diesem Fachbereich die Chance, sich aus Gleichförmigkeit und Alltagsroutine herkömmlicher Arbeiten heraus zu heben und bewusst neue Wege einzuschlagen.

 

Bild 2: Teilansicht des Internationalen Lebenszentrums (ICL) in Newcastle, UK. Metall in Falztechnik bildet die langlebige Wetterhülle. Architekten: Terry Farell & Partners.
Foto: KM Europa Metal

 

Bild 3: Die Neubauten der Telekom in Bonn sind gekennzeichnet durch handwerklich ausgeführte Leistendächer. Die kraftvolle Gliederung der leicht gewölbten Dächer setzt einen besonderen architektonischen Akzent.
Foto: TPP

 

Bild 4: Wellenförmige Metallbedachung im Großformat schützt und schmückt eine neue Messehalle in Frankfurt/Main. Architekten: Grimshaw & Partners.
Foto: Corus Bausysteme

Um auf diese Weise erfolgreich zu sein, sind einige grundlegende Voraussetzungen zu erfüllen. So sollten Erfahrungen in den wichtigsten Verlegetechniken und der fachgerechten Detailausbildung gängiger Metallbedachungen ebenso vorhanden sein, wie ein entsprechend kompetenter Mitarbeiterbestand. Natürlich müssen auch die werkstattmäßigen Belange stimmen, um häufig erforderliche Vorfertigung technisch einwandfrei und wirtschaftlich durchführen zu können. Darüber hinaus sollten interessierte Fachbetriebe Kontakte zu Planungsbüros, Architekten und - besonders wichtig - zu den anwendungstechnischen Abteilungen der Metallhersteller haben. In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis auf technische Informationsmöglichkeiten, um sich selbst und Mitarbeiter auf dem Laufenden zu halten: Der Besuch von Fachveranstaltungen, wie zum Beispiel Ausstellungen oder Seminare und die Teilnahme an Lehrgängen dienen ebenfalls dazu, auf dem Bereich aktueller Metalldach-Technik up to date zu bleiben.

Last but not least sei hier an die Zusammenarbeit mit Fachverbänden und ähnlichen Berufsorganisationen erinnert, die ihren Mitgliedsbetrieben fachliche Unterstützung, Informationen und spezielles Schrifttum anbieten, wie beispielsweise die Fachregeln des Klempnerhandwerks sowie Kalkulations- und Ausschreibungshilfen.

 

Bild 5: Modernes Gezeitenkraftwerk an der Themse bei London. Die haubenartigen Baukörper erhielten eine metallische Deckung mit trapezförmigen, gefalzten Blechen.
Foto: Informationsstelle Edelstahl Rostfrei

Metalle und ihre Eigenschaften kennen

Die am Bau für die Ausführung von Metalldächern hauptsächlich gebrauchten Werkstoffe sind Titanzink, Aluminium, Kupfer, Edelstahl, verzinktes bzw. legierungsverzinktes Stahlblech und Blei. Dazu kommen die vielfältigen, jeweils oberflächenbehandelten Varianten der sechs Grundwerkstoffe und gelegentlich "exotische" Metalle, wie Titan oder Tombak, eine hoch kupferhaltige Messinglegierung. Jedes dieser Metalle hat sein charakteristisches Erscheinungsbild, seine eventuellen Besonderheiten, die bei der Verlegung zu berücksichtigen sind, und sein ganz spezielles "Feeling"" das in seiner Gesamtheit Aussehen, Oberflächenbeschaffenheit, technische Lebensdauer und Verarbeitbarkeit beinhaltet. In der Praxis ist es manchmal so, dass sich Verarbeiter auf bestimmte Metalle spezialisieren und sie schwerpunktmäßig mit Erfolg einsetzen. Die wahre Meisterschaft besteht allerdings darin, Bedachungen möglichst in allen gängigen Werkstoffen nach Erfordernis auszuführen.

Am einfachsten ist es, im Falle von Fragen und Unklarheiten die anwendungstechnische Beratung des Metallherstellers gezielt in Anspruch zu nehmen. In der Regel bieten die Werke, über die normale technische Information hinaus, auch objektbezogene Fachberatung und Hilfe bei der Auftragsbearbeitung. Häufig stehen auch ausführliches technisches Schrifttum und Arbeitshilfen zur Verfügung.

 

Bild 6: Eine schwungvoll gestaltete Dachlandschaft in Metall ist das Merkmal dieses Betriebs- und Restaurantgebäudes im westfälischen Halle. Architekten Möller und Wannenmacher.
Foto: Eberspächer/Storck

An Beispielen orientieren, Anregungen geben

Abgesehen von Architekten, die sich seit Jahren auf das Thema Metallbedachung und seine vielfältigen Varianten spezialisiert haben, kann es auch so sein, dass ein Planer mit der Konzipierung eines Metalldaches absolutes Neuland betritt. Hier sind dann fachliche Beratung durch das ausführende Handwerk und die eventuelle Beschaffung von Arbeitsproben oder Modellen angebracht. Nach Erfahrungen des Autors haben sich in vielen Fällen aus derartigen Kontakten zwischen Architekt und Fachhandwerker bei Erfolg langjährige gute Partnerschaften und in deren Folge lukrative Aufträge ergeben. Die persönliche Weitergabe fachlichen Know-hows und ausführungstechnischer Hinweise wird sich daher in aller Regel für den beratenden Fachbetrieb und Auftragnehmer bezahlt machen.

Zu den Beratungsmöglichkeiten im Gespräch mit dem Architekten gehören auch Vorschläge, welche Ausführungsart von Metallbedachung sich nach Dachform, -neigung und Bausituation für das jeweilige Objekt empfiehlt. Wenn auch der Planer meist fest umrissene Vorstellungen über die Wahl des einzusetzenden Metalles hat, gilt es, ihn hinsichtlich möglicher Verlegetechniken, Scharenaufteilung und Dachaufbau ausführlich zu informieren.

 

Bild 7: Verwaltungszentrum der Post in Stuttgart-Bad Cannstatt. Die großflächigen Metalldächer wurden in Doppelstehfalztechnik gedeckt. Architekten Kammerer + Belz, Kucher und Partner.
Foto: Rheinzink

Ausführungstechnische Vielfalt

Die zur Verfügung stehenden Verlegetechniken und Werkstoffe in der zeitgemäßen Metallbedachung bieten ein abwechslungsreiches Spektrum von Dachgestaltung und Erscheinungsbild im Kontext mit dem ganzen Gebäude. Sei es einmal die filigrane Lineatur einer ganz in Doppelstehfalztechnik ausgeführten Dachfläche, oder zum anderen die markant-kräftige Struktur einer Leistendeckung. Die jeweils durch die gewählten Verbindungstechniken beeinflussten Linien der Doppelstehfalze oder Leisten schaffen innerhalb des Dachbereiches gleichsam ein ordnendes Raster, welches auch bei großen Dachflächen für die erforderliche Gliederung sorgt.

Neben den beiden traditionellen, aber gleichwohl zeitlosen Verlegearten bewährt sich eine weitere Technik: das Decken mit kleinen oder kleinerformatigen, schuppenartigen Dachelementen. Zum Beispiel mit Rauten in unterschiedlichen Formen, Größen und Formaten und ferner mit paneelartigen, vorgefertigten Deckelementen. Ein Beispiel für die letztgenannte Möglichkeit ist das "Quickstep-Treppendach" des in Datteln ansässigen Unternehmens Rheinzink (siehe auch Beitrag "Das Quick Step - Treppendach", Heft 11/2001, Seite 51 ff.).

Außer diesen in der Praxis bewährten Ausführungsmöglichkeiten, die zum Teil auf der Basis traditioneller, handwerklicher Verlegung beruhen, sind weitere Ausführungsvarianten üblich. Hier sind insbesondere Deckungen mit großformatigen, überlangen Bahnen und mit ebensolchen an der Baustelle gefertigten, aussteifend profilierten Dachelementen zu nennen. Verschiedene Hersteller bieten auch einen speziellen Vorfertigung- und Profilierservice an, der zum Beispiel bei der Ausführung von Großobjekten sinnvoll genutzt wird.

 

Bild 8: Spiegeldeckung, diagonal verlegt, kennzeichnet den Kirchturm dieses Gemeindezentrums in Remscheid. Die metallische Dachhaut harmoniert gut mit den angrenzenden Werkstoffen des Gebäudes.
Foto: TPP

Objektauswahl zeigt Möglichkeiten auf

Wenn wir uns im Vergleich der Baubeispiele Dachformen und Verlegearten vor Augen führen, wird deutlich, in welcher Vielfalt sowohl werkstofftechnisch als auch hinsichtlich Ausführung und Architektur, Metalldächer geschaffen werden. Im Folgenden sind dazu einige ausgewählte Beispiele zusammen gestellt, die als Anregung dienen sollen.

Besonders spektakulär ist das neue Telekommunikationsgebäude in Gwachon City, Korea. Die Elemente Kugel und Kreisringsegment bilden zwei sehr gegensätzliche Baukörper. Die metallische Wetterhaut wurde bei der Kugel in Form schindelähnlicher, rechteckiger Deckelemente ausgeführt, während das angrenzende, gerundete Dach mittels Falztechnik gedeckt ist (Bild 1).

Stufenförmig abgetreppte, schräg verlaufende Flächen bilden das großzügig gewölbte Dach des Internationalen Lebenszentrums in Newcastle, UK. Die Scharen sind mit versetzten Querfalzen in so genannter Spiegeldeckung verlegt (Bild 2).

Moderne Leistendächer des Bonner Telekom-Quartiers, ausgeführt nach dem "Klick-Leisten-System", bilden eine Reihung segmentbogenförmiger Gebäudeabschlüsse mit dynamischer Flächengliederung. Die deutliche Struktur der Leistendeckung bewirkt einen lebhaften Licht/Schatten-Effekt (Bild 3).

Die wellenartigen Hallendächer eines Neubaues auf dem Frankfurter Messegelände sind ein Beispiel für überlange, profilierte System-Scharen, die Metallbedachungen auch in gigantischen Dimensionen ermöglichen (Bild 4).

Ein modernes Gezeitenkraftwerk für die Themse bei London: Die haubenartigen Baukörper sind mit einer metallischen Wetterhaut aus rhombenförmigen, vertikal verlaufenden Deckelementen überzogen (Bild 5).

Fantasievolle Dachlandschaft in Metall aus der Vogelschau gesehen. Das Betriebs- und Restaurantgebäude im westfälischen Halle wurde vollständig in Falztechnik ausgeführt (Bild 6).

Ausschließlich Metall, wirtschaftlich in Falztechnik ausgeführt, kam für die vielen Dächer eines großen Verwaltungszentrums in Stuttgart - Bad Cannstatt zu Anwendung (Bild 7).

Auch sparsam eingesetzt, wie bei einem Kirchturm in Remscheid, kommen metallische Dachflächen gestalterisch zur Geltung. Die Spiegeldeckung in diagonaler Anordnung setzt einen besonderen Akzent (Bild 8).

Erfolgsmodell Metalldach

Wie an den ausgewählten Beispielen deutlich wird, gehören zeitgemäße Metalldächer zu den Highlights aktueller Klempnertechnik. Sie werden in allen gängigen Baumetallen und in verschiedenen Techniken nach den Ideen der Architekten und manchmal nach ergänzenden Vorschlägen erfahrener Handwerker hergestellt. Für den engagierten Fachbetrieb, der die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt, sind sie Herausforderung und zugleich ein lohnendes Arbeitsgebiet.

 


L i t e r a t u r :
Rheinzink GmbH & Co. KG, Datteln · KM Europa Metal, Osnabrück · Corus Bausysteme, Koblenz · Eberspächer, Esslingen · Informationsstelle Edelstahl rostfrei, Düsseldorf · TPP; Düsseldorf


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