IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/2004, Seite 44 ff.
REPORT
Bewegte Zeiten für Badmöbel
Mobile Systeme sind gefragt/Reizthema "Dreistufigkeit"
"Leicht" müssen sie sein und "intelligent", reduziert und robust, großzügig und gut beweglich. Von Badmöbeln wird ganz schön viel verlangt. Dafür sind sie aber auch die passende Antwort auf die Frage "Badest du noch oder wohnst du schon?" Mit Schränken, Bänken & Co. ist der Nassraum auf mehr als nur die schnelle Körperpflege eingerichtet. Möbel machen Stimmung. Sie prägen den Raum wie kaum ein anderes Einrichtungsstück.
Dabei war es um das Image von Badezimmer-Möbeln lange Zeit nicht gut bestellt. Eher spießig und unförmig wirkten die ehemals schweren "Klötze" unter den Waschbecken. Und nicht besonders praktisch waren viele Einbausysteme, die es in der Hauptsache auf ein möglichst großes Stauraum-Angebot abgesehen hatten. "Vor rund 15 Jahren hat man noch versucht, die Küche ins Bad zu stellen," erinnert sich Michael Hahner von Hersteller Sanipa an die ersten Gehversuche der Badmöbel-Produktion.
Das ist heute anders. "Zwar steht der Stauraum-Gedanke weiterhin im Mittelpunkt, allerdings müssen die neuen Modelle die Architektur eines individuell geplanten Bades unterstützen können," so Peter Theissing, zuständig für Marketing und Public Relations bei Alape. In Zukunft sei es wichtig, so betont er, Waschplatz-Komponenten - wie Einbau- oder Aufsatzbecken - sowie Trägersysteme und Möbelelemente anzubieten, die verschiedenste Maßketten abbilden und sich auch durch ihr Produktdesign in jede Bad-Architektur integrieren lassen.
"Runde Sachen" sorgen für harmonische Ansichten. Außerdem sparen sie im Bad eine ganze Menge an Platz. Angesichts der Tatsache, dass etwa ein Drittel der bundesdeutschen Bäder weniger als 6 m2 misst, kein unwesentlicher Aspekt. |
Beweglichkeit
Kein Wunder also, dass gerade Modulsysteme den Badbereich mobil machen. Möbel, die beliebig kombinierbar sind, die sich hin und her rollen oder drehen lassen, haben Konjunktur. Beweglichkeit und Pflegeleichtigkeit werden von der jungen Einrichtungs-Generation einfach erwartet.
Trotz aller Anpassungsfähigkeit ist es den Badmöbeln der Gegenwart gelungen, einen eigenen Charakter zu entwickeln. Dass sie dabei optisch nicht schwer ins Gewicht fallen, liegt am Stil der Zeit: So lange strikter Purismus den Trend vorgibt, gilt auch im Bad alles Wuchtige als verpönt. Leider gäbe es so gut wie keine großen Anlagen mehr, bedauert so mancher Hersteller. Die Devise lautet "Bad Light" und die Badmöbel-Industrie trägt ihr Rechnung: Klare, elegante Zurückhaltung spiegelt sich in den jungen Kollektionen wider. So manches Unterbau-Element ist flacher geworden, ohne an Funktionalität und Formschönheit einzubüßen.
Viel Stauraum und trotzdem luftig leicht. So will es der Trend im Badmöbel-Bereich. Auch mit seinem Dekor in japanischer Zierkirsche liegt dieses Programm ganz auf der Linie der Zeit: "Obst" ist angesagt. |
Symmetrie
Augenfällig: Die starke Betonung symmetrischer Formen. Kompromisslos wird sie oft bis ins Detail durchgezogen. In diesem Zusammenhang erlebt auch das Thema "Retro" seinen anhaltenden Höhenflug. Die 60er- und 70er-Jahre runden neuerdings so manches ab. Der "Radius" feiert Wiederauferstehung und versorgt viele Badmöbel mit einer schwungvollen Bauchigkeit. Bereits jetzt kündigt der eine oder andere Hersteller zur ISH im nächsten Jahr ein "rundliches" Programm an.
Fraglos behalten auch eckige und quadratische Formen ihre Aktualität. Immer häufiger zeigen sie sich dabei im mediterranen Stil. Außerdem im Bad ein starkes Thema: "Materialmix". Trägerplatten aus Holz, Granit oder Glas sind absolut "in". Entsprechend kombinationsfähig müssen die Fronten des Möbelbereichs sein.
Reduziert auf das Wesentliche und trotzdem nicht ungemütlich. Puristische Formen werden immer häufiger mit warmen, natürlichen Farben, Oberflächen und Accessoires kombiniert. |
Natürlichkeit
"Schokolade" und "Cappuccino" für Bad und WC? Wer da auf den Geschmack kommt, findet sicher ein paar anregende Momente in den Kollektionen der Möbelbranche. Beide Farben gehören zum breiten, sehr natürlich wirkenden Spektrum, das zurzeit angesagt ist. Sandstein und Terracotta sind darin ebenso vertreten wie Weiß und Silber.
Das Angebot der Hölzer lockt mit frischem Obst: Kirsche und Birne sind in dieser Zeit besonders stark im Kommen, aber auch Esche oder dunkle Eiche beziehungsweise Wenge, eine afrikanische Laubholzart, erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Cool, klar und kompromisslos. Badmöbel der jungen Generation. Eine reiche Auswahl an Formen und unterschiedlichsten Materialien laden ein zum individuellen Kombinieren. |
Ein schwieriger Markt
Wer bei so viel attraktiven Aussichten auch eine positive Stimmung unter den Herstellern vermutet, liegt allerdings falsch. Von einem "schwierigen bis stagnierenden Markt" ist bei vielen der fast ausschließlich auf dem dreistufigen Vertriebsweg agierenden Produzenten die Rede. Das Kaufverhalten der Deutschen habe sich gewandelt, so die Erklärung, es werde zu wenig investiert. Und auch der von vielen ausgemachte "Silberstreifen" zu Beginn dieses Jahres sei unvermittelt abgerissen.
Vor allem darf man in diesem Zusammenhang eines nicht vergessen: Die wachsende Konkurrenz durch Möbelhäuser und Baumärkte. Schnell, bequem und vor allem günstig - und damit ganz auf der Linie des aktuellen Spargedankens - entdeckt hier so mancher Käufer mit kleinem Budget und etwas Geschick ein ordentliches Angebot zur Badmöblierung.
Die kleine Lösung. Möbel, Waschtisch, Accessoires... alles fein aufeinander abgestimmt. |
"Verkrustete" Strukturen?
Unter diesen Voraussetzungen finden vielleicht auch "einsame Rufer" wie Reinhard Schmidpeter von Heidecker Badmöbel etwas mehr Gehör, wenn sie das Überdenken der klassischen Vertriebsstrukturen anmahnen. "Verkrustet" nennt der Geschäftsführer das dreistufige System der Sanitärbranche: "Es wird höchste Zeit, dass damit aufgeräumt wird." Die Tatsache, dass in den Kaufpreis noch zwei große Spannen eingerechnet werden müssen, hält er für kaum tragbar. Es sei vielmehr an der Zeit, ein "Stück weit Ehrlichkeit in die Diskussion zu bringen".
Dabei bemüht sich Heibad durchaus um den üblichen Vertriebsweg. Allerdings arbeite man - so Schmidpeter - in Regionen, in denen eine Zusammenarbeit mit dem Großhandel nicht möglich ist, auch mit großen Einzelhändlern zusammen, die über eine eigene Ausstellung verfügen.
Reinhard Schmidpeter |
Klare Vorstellungen hat der Heibad-Chef davon, wie sich gemeinsam etwas bewegen ließe: "Wir brauchen wettbewerbsfähige Bruttopreise." Um die zu erreichen, sei es unter anderem nötig, die Spanne der nicht aktiv am Verkauf beteiligten Partner deutlich zu begrenzen. Jeder müsse sich darüber im Klaren sein, dass es keine abgeschotteten Märkte mehr gäbe: "Wir leben nicht mehr auf einer Insel der Seligen. Ich kann allen in der Branche nur raten: Macht die Augen auf."
Allen Kritikern dieser revolutionären Ideen kann Schmidpeter seine Bilanz für das laufende Jahr entgegen halten. Zweistellige Zuwachsraten sind da verzeichnet. "Wir sind sehr zufrieden", betont der Geschäftsführer und nennt gleich mehrere Gründe für den Erfolg: Fünf Jahre Garantie, zehn Arbeitstage Lieferzeit, Auslieferung mit eigenen Fahrzeugen und etwa 30 Prozent günstigere Preise als die Hauptwettbewerber...
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