IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/2004, Seite 56 f.


INTERVIEW


Pilotprojekt Verbundausbildung

Die SHK-Innung Mönchengladbach geht neue Wege in Sachen Berufsausbildung

Vor dem Hintergrund rückläufiger Ausbildungsverhältnisse hat die SHK-Innung Mönchengladbach im vergangenen Jahr eine Ausbildungsinitiative gestartet und damit gleichzeitig Neuland betreten. Über das Pilotprojekt Verbundausbildung* sprach IKZ-HAUSTECHNIK-Chefredakteur Markus Sironi mit Jürgen Richarz, Kreishandwerksmeister und Obermeister der Innung Sanitär Heizung Klima Mönchengladbach.

IKZ-HAUSTECHNIK: Verbundausbildung - das klingt stark nach Kooperation. Welches Konzept steckt genau hinter diesem Begriff?

Jürgen Richarz: Mit Ihrer Einschätzung liegen Sie gar nicht so falsch. Verbundausbildung meint, dass die Auszubildenden ihre 42-monatige Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in unterschiedlichen Betrieben in Zeitabschnitten von 6 bis 9 Monaten absolvieren. Vertragspartner oder besser Ausbildungsträger ist die Innung Mönchengladbach, das heißt, die unternehmerische Verpflichtung liegt bei uns.

"Die unternehmerische Verpflichtung liegt bei der Innung"
Jürgen Richarz

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Vorteile bringt das für den Fachbetrieb?

Jürgen Richarz: Nun, die angeschlossenen Handwerksbetriebe zahlen über die gesamte Laufzeit einen festen Betrag, der kalkulatorisch die Gesamtkosten der Ausbildung abdeckt. Überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, Urlaub oder Krankheit übernimmt die Innung. Die Betriebe müssen sich also nicht langfristig an den Auszubildenden binden, sondern können in überschaubaren Zeiteinheiten ausbilden. Ein weiterer Vorteil: Sind beispielsweise die Auftragsbücher leer, setzt der Jugendliche seine Ausbildung in einem anderen Betrieb fort. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen ein großes Plus insbesondere für kleinere Betriebe.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und was haben die Lehrlinge davon?

Jürgen Richarz: Die Auszubildenden kommen in den Genuss, ihre Kenntnisse und Fertigkeiten in dem neugeordneten Beruf in unterschiedlichen Betrieben zu erlangen. Sollte beispielsweise die Chemie zwischen Ausbildungsbetrieb und Azubi nicht stimmen, so hat das nicht zwangläufig die Aufhebung des Ausbildungsvertrages zur Folge, sondern der Jugendliche setzt seine Ausbildung in einem anderen Betrieb fort. Mit diesem Schritt haben wir die Abbrecherquote auf null reduzieren können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Nun läuft dieser Feldversuch seit gut einem Jahr. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Jürgen Richarz: Ja richtig, wir haben das Projekt Verbundausbildung am ersten September 2003 mit neun Auszubildenden und zwölf Ausbildungsbetrieben gestartet. Natürlich gab es kleinere Startschwierigkeiten. In einem Fall war der Jugendliche schlicht unterfordert im Betrieb, in einem anderen stimmte die Chemie nicht. Dank der regelmäßig stattfindenden Erfahrungstreffen, an denen sowohl die Verantwortlichen aus der Innung als auch die Ausbildungsbetriebe und die Jugendlichen teilnehmen, konnten diese Konflikte rasch entschärft werden.

"Wenn wir in zehn Jahren noch über Fachkräfte verfügen wollen, müssen wir heute mit der Ausbildung anfangen"
Jürgen Richarz

IKZ-HAUSTECHNIK: Angesichts 132 SHK-Innungsbetrieben stellt sich die Frage, warum sich bislang nur 12 Partner für die Verbundausbildung gefunden haben? Das Konzept scheint doch schlüssig.

Jürgen Richarz: In der Tat erhoffen wir uns eine regere Beteiligung seitens der Innungsbetriebe. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, um die Informationsdefizite und Vorbehalte gegen diese zukunftsweisende Ausbildungsform auszuräumen. Dennoch blicken wir positiv in die Zukunft: Zum einen hat sich die Zahl der Kooperationsbetriebe vergrößert, zum anderen werden wir auch in diesem Jahr weitere Ausbildungsplätze schaffen. Fakt ist, wenn wir jetzt nicht ausbilden, laufen wir mittelfristig Gefahr, einen regelrechten Fachkräftemangel zu bekommen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Können sich auch Nicht-Innungsmitglieder am Pilotprojekt beteiligen? Unter Umständen könnte das auch ein erster Schritt in Richtung Innungsmitgliedschaft sein.

Jürgen Richarz: Die Verbundausbildung ist in erster Linie für Innungsmitglieder konzipiert worden. Eine Teilnahme seitens nicht organisierter Betriebe wäre zu überlegen, wobei die Konditionen sicher über denen der Innungsmitglieder liegen würden. Gleichwohl teile ich Ihre Meinung, dass wir Innungsmitglieder gewinnen könnten, wenn wir es schaffen, unsere Leistungen für die Betriebe transparent zu machen. Die Teilnahme an Innungsprojekten wäre sicher ein Schritt in diese Richtung.


Nützliche Broschüre

Umsetzungshilfen und Praxistipps zur neuen Ausbildungsordnung

Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Verbänden** eine Broschüre zur Neuordnung des Berufes "Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik" erarbeitet. Ziel des rund 90 Seiten umfassenden Werkes ist es, Ausbildern und Berufsschullehrern Tipps und Hilfestellungen bei der Umsetzung der Neuerungen zu geben. Zudem will sie zum besseren Verständnis der neuen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften beitragen. Großen Wert haben die Autoren auf den Bezug zur Praxis gelegt. Das belegen die vielen Beispiele, Abbildungen und Checklisten.

Das Heft enthält u.a.:

"Die Umsetzungshilfe ist damit gleichermaßen ein wichtiges Hilfsmittel für Ausbildungsbetriebe, Handwerkskammern, Prüfungskommissionen, Berufsschullehrer und alle, die an der Berufsbildung beteiligt sind", unterstreicht das BIBB.

Erhältlich ist die Umsetzungshilfe für 14,50 Euro zzgl. Versandkosten bei: BW Bildung und Wissen, Südwestpark 82, 90449 Nürnberg, www.bwverlag.de.


*) Ausführliche Informationen zur Verbundausbildung sind bei Jürgen Richarz erhältlich unter der Rufnummer 0172/2113811 oder per E-Mail: juergen.richarz@d-richarz.de.
**) Beteiligt waren: Zentralverband Sanitär Heizung Klima,Bundesindustrieverband Heizungs-, Klima-, Sanitärtechnik/Technische Gebäudesysteme, Industriegewerkschaft Metall, Bundesinstitut für Berufsbildung


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