IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2004, Seite 36 ff.
ELEKTROTECHNIK
Angeklemmt
SHK-Betriebe verbessern mit Elektrofachkräften Möglichkeiten der Serviceleistung
Wolfgang Heinl
Die Gewerke SHK und Elektro greifen immer mehr ineinander über. Ausführende müssen sich zunehmend intensiver über Wasser und Strom kurzschließen, damit die installierte Technik funktioniert. Besonders deutlich wird dies an der Systemintegration bei Energie sparender Bauweise. Doch auch bei ganz alltäglichen Arbeiten mussten bisher zwei Handwerker anrücken, wenn es nur um das Anklemmen zweier Kabelenden ging. Dieser Handgriff darf schließlich aus Sicherheitsgründen nur von Elektrofachkräften vorgenommen werden. Mit einer Weiterbildungsmaßnahme wurde jedoch eine servicefeindliche Hürde beseitigt.
Die Arbeitsfelder der Gewerke SHK und Elektro überschneiden sich überall dort, wo Geräte und Einrichtungsgegenstände elektrische Energie benötigen. Die Liste elektrischer Betriebsmittel in Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen reicht von der Abwasserpumpe über die Heizungsregelung bis zum Zentral-Lüftungsgerät. Ständig vergrößert sich die Palette derjenigen Produkte, die ohne Strom nicht funktionieren. Einen großen Anteil hat dabei auch die zunehmende Systemintegration als Konsequenz der Energieeinsparverordnung (EnEV). Mit der Qualifikation "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk" darf der SHK-Fachmann den Elektroanschluss selbst vornehmen - gleichzeitig ist damit der Anschluss an die aktuellen Anforderungen des Marktes geschaffen.
Ein Auftrag, zwei Handwerker
Das SHK-Handwerk hat in den vergangenen Jahren den Schwerpunkt stark auf Modernisierung, Service und moderne Haustechnik verlagert. Aus Sicht der Kundenorientierung ergaben sich daraus neue Anforderungen. Um beispielsweise ein Gasgerät auszutauschen, mussten bisher zwei Handwerker zu drei Terminen anrücken: Der SHK-Fachmann zur Demontage und Anbringung des neuen Gerätes, der Elektriker für den fachgerechten Anschluss, und im dritten Anlauf wieder der Installateur zur Inbetriebnahme. (In diesem eher klassischen Beispiel muss streng genommen natürlich auch zuerst der elektrische Anschluss vom Elektriker abgeklemmt werden.)
Dass im Idealfall beide Fachleute gleichzeitig vor Ort sind, funktioniert nur bei gut organisierten Kooperationen zwischen SHK- und Elektrofachbetrieben. Aber selbst dann wundern sich viele Kunden, warum für eine beauftragte Arbeit gleich zwei Handwerker anrücken müssen. Nach heutigen Marktanforderungen erscheint eine Abwicklung in dieser Form aber nicht mehr tragbar. Vielmehr ist es für den Kunden eine Zumutung, wenn sich Reparaturarbeiten im ungünstigen Fall über drei Tage erstrecken, die innerhalb von drei Stunden erledigt sein könnten.
Vollständige Leistung aus einer Hand
Unternehmer von SHK-Betrieben haben dafür zu sorgen, dass Geräte und Betriebsmittel, die zur Anlage gehören, den elektrotechnischen Regeln entsprechend angeschlossen werden. Mit der Konsequenz, dass ohne Hinzuziehung eines weiteren Gewerks keine vollständige Leistung erbracht werden kann. Wobei der Umfang der Elektroarbeiten nicht unterschätzt werden sollte, wie ein Elektromeister aus Erfahrung berichtet: "Für die Verkabelung einer Heizungsanlage mit Solar-Unterstützung in einem Einfamilienhaus kann für einen Elektroinstallateur mit einem Tag gerechnet werden", sagt Götz Locher, Inhaber eines Elektro-Fachbetriebs im Zentrum von Stuttgart. Nicht selten aber entgeht dem SHK-Betrieb dabei, dass er dem Elektrofachmann sämtliche Schalt- und Stromlaufpläne zur Verfügung stellen sollte.
Die Zusatzqualifikation "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk" hat nicht zum Zweck, das Elektrohandwerk zu verdrängen, sondern eine vollständige Leistung aus einer Hand erbringen zu können - beispielsweise Inbetriebnahme und Wartung einer Heizkesselanlage. |
Strukturwandel in der Haustechnik
Eine im Jahr 2003 durchgeführte Studie der Gesellschaft Technomar GmbH belegt, dass sich die gesamte Technische Gebäudeausrüstung in einem Strukturwandel befindet. Die Münchner Gesellschaft für Investitionsgütermarktforschung und Unternehmensberatung hat in ihrer Studie die Vertriebswege und Warenströme für HLS- und Elektroprodukte analysiert. Demzufolge greifen die Gewerke SHK und Elektro immer mehr ineinander über. Mit ein Grund für diesen Trend sei die verstärkte Nachfrage der Endkunden nach kompletten Leistungen aus einer Hand.
UVV verlangt Elektrofachkraft
Die Grundlage dafür, dass sich Handwerker überhaupt in anderen Fachbereichen bewegen dürfen, bildet der §5 der Handwerksordnung. Demnach darf, wer ein Handwerk nach HwO §1 betreibt, auch Arbeiten in anderen Handwerken ausführen, sofern sie mit dem Leistungsangebot seines Gewerkes technisch oder fachlich zusammenhängen oder es wirtschaftlich ergänzen. Was jedoch noch lange nicht bedeutet, dass jeder Installateur nach Gutdünken an Elektroanlagen arbeiten darf. Denn die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) nach VBG4 "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" verlangen hierfür den Einsatz von Elektrofachkräften. Als Elektrofachkraft im Sinne der UVV gilt, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, seiner Erkenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Aufgaben beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann. Der ZVSHK hat deshalb die bundeseinheitliche Weiterbildungsmaßnahme Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk entwickelt. Diese ist allerdings nicht zu verwechseln mit dem SHK-Kundendiensttechniker, bei dem der Schwerpunkt auf Gerätewartung und der Abwicklung von Serviceaufträgen liegt.
Die Lehrgänge werden auf Basis der Zusammenarbeit mit den SHK-Fachverbänden von Bildungseinrichtungen angeboten, die vom ZVSHK autorisiert sind. Den Absolventen wird damit bescheinigt, dass sie die notwendigen Kenntnisse für Arbeiten an elektrischen Anlagen erworben haben. Der Lehrgang soll dazu befähigen, den vorschriftsmäßigen Anschluss an ein vorhandenes (!) elektrisches Verteilungsnetz herzustellen. "Das heißt, die Elektrofachkraft ist befugt, innerhalb der Anlagentechnik zu arbeiten. Der Anschluss an die Stromversorgung bleibt aber nach wie vor dem konzessionierten Elektrobetrieb vorbehalten", erklärt Dipl.-Ing. Ulrich Thomas, Technischer Berater des FVSHK Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Konkret: Die elektrische Zuleitung, die vom Elektrofachbetrieb verlegt wurde und im Heizraum provisorisch aufgerollt von der Decke hängt, darf der SHK-Installateur mit erworbener Zusatzqualifikation an die Heizungsanlage anklemmen. Für Arbeiten dieser Art ist die "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten" auch haftungsrechtlich abgesichert.
Nachschulung nach drei Jahren
Zugangsvoraussetzung für die Weiterbildung ist die Meisterprüfung im SHK-Handwerk oder eine abgeschlossene Gesellenprüfung mit mindestens dreijähriger Berufspraxis. Wer die Qualifikation zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten erworben hat, muss nach ca. drei Jahren zu einer Nachschulung antreten, die im Regelfall einen Tag dauert. Im Wesentlichen werden darin Informationen über neue Normen, Vorschriften und Richtlinien vermittelt. Es wird aber beispielsweise auch geprüft, ob der Teilnehmer in der Lage ist, Fehler in Stromlaufplänen zu finden oder Messungen durchzuführen.
Die Weiterbildung zur Elektrofachkraft befähigt aber nicht nur zum Anschließen und in Betrieb nehmen elektrischer Anlagenteile. "Es wird allgemein auch ein besseres Verständnis für die Funktionsweise elektronischer Komponenten geweckt", lautet die Auffassung von Alexander Schwarz vom Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Stuttgart. Das erworbene Wissen kann beispielsweise hilfreich sein, wenn ein Gasgerät über Display-Menüfunktionen einzustellen ist. Außerdem soll der SHK-Fachmann schließlich in der Lage sein, den Kunden in die Bedienung einzuweisen.
Elektrotechnische Kenntnisse fördern auch das Verständnis für die Funktion elektronischer Komponenten wie menügeführte Kesselregelungen. |
Nur mit Elektrofachkraft-Zertifikat
Die Praxis zeigt, dass SHK-Fachleute nahezu ständig mit elektrotechnischen Aufgaben in Berührung kommen. So lagen der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion in der Rubrik "Leser fragen - Experten antworten" zum Beispiel bereits mehr als einmal Fragen zur fachgerechten Herstellung des Potenzialausgleichs vor. Dieses Thema, das auch gestandenen Elektrikern mitunter Kopfzerbrechen bereiten kann, scheint allgegenwärtig zu sein - ob beim Austausch von Wannen, bei der Montage von Solarkollektoren oder nach dem Einbau eines Edelstahlkamins. Auch gilt es die elektrischen Schutzbereiche in Räumen mit Badewanne oder Dusche zu beherrschen (siehe IKZ-HAUSTECHNIK 5/2004, Seite 35, "Erfahrungen mit der VDE 0100 Teil 701").
Informationen über Weiterbildungsmaßnahmen |
Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk |
Lehrgang für SHK-Meister zur Erlangung der Elektro-Konzession zur Eintragung des Handwerksbetriebs in das Installateurverzeichnis des EVU: |
"In der Praxis wird der Fachmann auch mit kniffligen Aufgaben konfrontiert, die in keiner Montageanleitung stehen", gibt Ulrich Thomas vom FVSHK Nordrhein-Westfalen zu bedenken. Häufig würden sich bei den Fachverbänden auch Meister, Techniker oder Ingenieure danach erkundigen, ob sie auch ohne das Elektrofachkraft-Zertifikat berechtigt seien, elektrische Anschlussarbeiten auszuführen. Diese Frage muss Thomas kategorisch mit "Nein" beantworten: "Die Kenntnisse und Fertigkeiten müssen nachgewiesen sein. Auch wenn es mitunter auf Unverständnis stößt, aber ohne diese Zusatzqualifikation ist das Arbeiten an elektrischen Anlagen nicht zulässig - weder mit Meisterbrief noch mit Studium der Versorgungstechnik."
Fortbildung ermöglicht Elektrokonzession
Trotz der Bescheinigung "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk" bleibt immer noch die Einschränkung, dass der Anschluss an das Versorgungsnetz nur von einem in der Handwerksrolle eingetragenen Elektroinstallateur ausgeführt werden darf. Installiert ein SHK-Betrieb beispielsweise eine Photovoltaik-Anlage, wäre die Arbeit somit am Wechselrichter beendet. Da der Markt aber nach Komplettleistungen verlangt, ermöglicht der §7a der Handwerksordnung eine Ausnahme. Demnach kann derjenige eine Ausübungsberechtigung für ein anderes Gewerk der Anlage A erwerben, wenn die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind.
Um dies auf eine einheitliche Ebene zu stellen, hat der ZVSHK gemeinsam mit dem ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke) im Jahr 2002 eine Vereinbarung getroffen: Ein SHK-Meister, der gleichzeitig Betriebsinhaber ist, kann nach erfolgreichem Abschluss eines 240 Stunden umfassenden Lehrgangs mit einem Teileintrag in der Handwerksrolle in das Installateurverzeichnis des EVU eingetragen werden. Damit ist der SHK-Meister befugt, Elektrozähler zu installieren und den elektrischen Anschluss einer Photovoltaikanlage an das EVU-Netz herzustellen. Diese Regelung wird derzeit jedoch nicht in allen Bundesländern vertragsgemäß umgesetzt.
Umgekehrt stehen den selbstständigen Elektromeistern entsprechende Möglichkeiten im SHK-Handwerk offen: Sie erhalten nach erfolgreichem Abschluss des 240-Stunden-Lehrgangs eine Teileintragung in die Handwerksrolle für das Gewerk Installateur und Heizungsbauer und können sich danach in das Installateurverzeichnis für "Wasser" bei ihrem örtlich zuständigen Versorgungsunternehmen eintragen lassen. Besteht darüber hinaus der Wunsch, auch im Bereich "Gas" tätig werden zu wollen, können die Elektromeister nach Absolvierung eines 80 Stunden umfassenden TRGI-Kurses sogar eine Eintragung in das Gas-Installateurverzeichnis erhalten. "Die Vereinbarung zwischen den Verbänden wurde getroffen, um einerseits den Betrieben beider Gewerke noch bessere Möglichkeiten bei der Ausführung gewerkeübergreifender Tätigkeiten zu eröffnen, andererseits um möglichst einheitliche Richtlinien für den Nachweis der Sachkunde im jeweils anderen Handwerk zu schaffen", erklärt Friedrich Göbel vom ZVSHK in St. Augustin.
SHK-Elektrofachkräfte lernen auch die Durchführung von Messungen und Fehlersuche. |
Elektrofachkraft jetzt Bestandteil der Ausbildung
Inhaber von SHK-Betrieben profitieren in den kommenden Jahren davon, dass die Qualifikation "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten" seit Einführung des neuen Berufsbildes "Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik" Anfang August 2003 im Ausbildungsrahmenplan enthalten ist. Die Ausbildungsinhalte, die für die Ernennung zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk erforderlich sind, umfassen insgesamt 240 Stunden. Davon werden je 120 Stunden durch die Berufsschule und in der überbetrieblichen Ausbildung vermittelt.
Damit sind jedoch auch die Anforderungen an die Voraussetzungen der Bewerber gestiegen. Denn der neue Rahmenplan geht von dem Ziel aus, dass die Auszubildenden "das Haus als energetisches Gesamtsystem betrachten und gewerkeübergreifende Zusammenhänge berücksichtigen". Durch die Zusammenlegung der beiden ehemaligen Berufe Gas- und Wasserinstallateur sowie Zentralheizungs- und Lüftungsbauer hat das neue Berufsbild nun noch mehr Elektrotechnik zum Inhalt. Diese Tatsache dürfte deshalb manchem Ausbildenden Sorgenfalten auf der Stirn bereiten. Dipl.-Ing. Ulrich Thomas vom FVSHK NRW betrachtet dies aber pragmatisch: "Rein montagetechnisch gibt es im SHK-Handwerk keine sehr wesentlichen Unterschiede. Es separiert sich aber bei den Handlungsfeldern Inbetriebnahme und Wartung." Und nach Auffassung des ZVSHK sei gerade die Zunahme elektrotechnischer Ausbildungsinhalte ein weiteres Attraktivitätsmerkmal des neu geschaffenen Berufes.
Das Tätigkeitsfeld fordert somit von den künftigen SHK-Anlagenmechanikern, dass sie in der Lage sind, die bestehenden und neuen Technologien nicht nur einzubauen, sondern dabei auch stets das Zusammenwirken der gebäudetechnischen Anlagen im Blickfeld zu haben.
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