IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2004, Seite 22 ff.


SANITÄRTECHNIK


Wie laut sind Billig-Armaturen?

Fraunhofer-Institut für Bauphysik führt Warentest durch

Dr. Lutz Weber, Dipl.-Ing. Sigfried Efinger*

Während Marken-Armaturen durchweg über akustische Prüfzeugnisse verfügen, ist dies bei Billig-Produkten, wie sie beispielsweise in Baumärkten zu teilweise sehr günstigen Preisen angeboten werden, häufig nicht der Fall. Daher stellt sich die Frage, wie es mit der Geräuschentwicklung derartiger Armaturen bestellt ist. Um dies zu untersuchen, wurde vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart ein Warentest durchgeführt, bei dem Marken- und Billig-Produkte miteinander verglichen wurden. Im Folgenden wird über die Ergebnisse der Untersuchungen berichtet. Außerdem werden in kurzer Form die wichtigsten Grundlagen zum Thema Armaturengeräusche erläutert.

Insgesamt wurden sechzehn in Baumärkten zufällig ausgewählte Armaturen, unter denen sich sowohl Marken- als auch Billig-Produkte befanden, geprüft und miteinander verglichen. Um einen direkten Vergleich zu ermöglichen, wurden ausschließlich Einhand-Wanne/Brause-Batterien untersucht (diese Art von Armaturen ruft wegen des hohen Wasserdurchflusses erfahrungsgemäß besonders starke Geräusche hervor). Eine Übersicht der untersuchten Armaturen ist in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Übersicht über die untersuchten Armaturen. Zur Ermittlung der Produktattraktivität wurde eine Befragung mit 34 Teilnehmern durchgeführt, die die Armaturen nach Augenschein hinsichtlich Design und Qualität beurteilten. Die Notenskala reichte hierbei von 1 (sehr gut) bis 4 (schlecht), wobei Design und Qualität gleich stark bewertet wurden. Für Armaturen mit ABP ist in der vierten Tabellenspalte die jeweilige Armaturengruppe gemäß der auf den Prüfmustern angebrachten Kennzeichnung aufgeführt. Ist statt der Armaturengruppe ein Strich eingetragen, handelt es sich um eine Armatur ohne Prüfzeugnis. Die beiden letzten Spalten enthalten den bei einem Fließdruck von 0,3 und 0,5 MPa gemessenen Armaturengeräuschpegel.

Armatur Nr.

Preis in €

Produkt-attraktivität

Armaturen-gruppe

Lap in dB(A) bei

0,3 MPa

0,5 MPa

1

344

2,2

1

20

25

2

200

2,8

1

19

26

3

149

2,4

1

20

27

4

140

2,5

1

17

25

5

92

1,6

1

21

27

6

20

2,3

1

21

25

7

150

2,5

-

31

36

8

105

2,2

-

33

37

9

87

3,0

-

31

35

10

79

2,0

-

34

38

11

79

2,5

-

34

38

12

72

2,5

-

30

34

13

50

2,3

-

29

34

14

46

2,3

-

36

40

15

40

3,1

-

30

34

16

26

3,1

-

47

49

Geräuschprüfungen an Armaturen

Geräuschprüfungen an Armaturen erfolgen nach einem in DIN EN ISO 3822 [2] genormten Verfahren in einem speziellen akustischen Prüfstand. Die zu prüfende Armatur wird an ein Stahlrohr mit 25 mm Nennweite angeschlossen, das starr an einer massiven Wand befestigt ist. Bei der Messung werden die von der Armatur erzeugten Geräusche über die Rohrwand und die Wassersäule im Rohr auf die Wand übertragen und von dieser als Luftschall abgestrahlt. Der hierdurch im angrenzenden Raum hervorgerufene Geräuschpegel wird mit einem Mikrofon erfasst. Der beschriebene Messaufbau ist in Bild 1 schematisch dargestellt.

Bild 1: Schematische Darstellung des zur Bestimmung des Armaturengeräuschpegels nach DIN EN ISO 3822 verwendeten Messaufbaus (R Messraum, M Mikrofon, W Messwand, L Wasserleitung, D = Druck- und Durchflussmessung, A geprüfte Armatur, S Wasserschalldämpfer, P geregelte Pumpe, T Wassertank).

Um sicherzustellen, dass sich bei Messungen in verschiedenen Prüfständen übereinstimmende Werte ergeben, wird eine weitere Prüfung durchgeführt, bei der an Stelle der Armatur eine genormte Geräuschquelle (das so genannte Installationsgeräuschnormal, IGN) an die Messleitung angeschlossen wird. Durch Vergleich mit der IGN-Messung wird das Geräusch der Armatur rechnerisch auf eine einheitliche Bausituation bezogen, sodass der Einfluss des Prüfstands eliminiert wird. Der auf diese Weise ermittelte Armaturengeräuschpegel, Lap, stellt die maßgebende Größe zur akustischen Kennzeichnung von Armaturen dar. Je niedriger der Lap-Wert ist, desto leiser ist die Armatur.

Um Streuungen der Produkteigenschaften zu berücksichtigen, werden von jeder Armatur drei Exemplare geprüft, die nach dem Zufallsprinzip aus einer Stichprobe entnommen werden. Die Messungen erfolgen bei einem Fließdruck von 0,3 und 0,5 Mpa (= 3 bzw. 5 bar). Für die akustische Einstufung der Armaturen ist der lauteste Betriebszustand maßgebend.

Kennzeichnung von Armaturen

Armaturen, die über ein gültiges akustisches Prüfzeugnis verfügen, tragen eine entsprechende Kennzeichnung, die vom Hersteller an gut sichtbarer Stelle der Armatur anzubringen ist. Außerdem ist auf der Verpackung oder dem Beipackzettel ein Überwachungszeichen (Ü-Zeichen) aufgedruckt, das ebenfalls die erwähnte Kennzeichnung enthält. In Bild 2 ist ein Beispiel für ein solches Ü-Zeichen mit Erläuterung der verwendeten Abkürzungen wiedergegeben.

Bild 2: Beispiel für ein Ü-Zeichen mit der im ABP festgelegten Armaturen-Kennzeichnung (hier für eine Waschtischbatterie). Die Bedeutung der in der Kennzeichnung verwendeten Abkürzungen ist im rechten Teil des Bilds erläutert.

Bei der Kennzeichnung von Armaturen sind vor allem die Zeichen rechts vom Schrägstrich von Bedeutung. Das erste Zeichen (die römische Ziffer I oder II) bezeichnet die Armaturengruppe, wobei Armaturen mit Lap ³ 20dB(A) in Gruppe I und Armaturen mit 20dB(A) < Lap ³ 30dB(A) in Gruppe II eingestuft werden (Die angegebenen Grenzen beziehen sich auf einen Fließdruck von 0,3MPa. Der bei einem Druck von 0,5MPa gemessene Wert darf bis zu 5dB(A) höher sein. Für Auslaufvorrichtungen, wie z.B. Rückflussverhinderer oder Perlatoren, gelten 5dB(A) niedrigere Grenzwerte als für Armaturen. Rechts neben der Armaturengruppe folgt ein Buchstabe, aus dem sich die Durchflussklasse der Armatur entnehmen lässt. Der Buchstabe hat folgende Bedeutung: Z 0,15l/s, A 0,25l/s, S 0,33l/s, B 0,42l/s, C 0,50l/s, D 0,63l/s (die angegebenen Werte bezeichnen den maximalen Durchfluss bei einem Fließdruck von 0,3MPa). Bei Armaturen mit zwei Abgängen, wie z.B. Wannenbatterien, sind zwei Buchstaben vorhanden, wobei der erste Buchstabe für den Wannen- und der zweite für den Brauseabgang gilt. Beim Einbau oder Austausch von Auslaufvorrichtungen ist zu beachten, dass Armaturengruppe und Durchflussklasse übereinstimmen müssen, da ansonsten eine Erhöhung des Geräuschpegels eintreten kann.

Die Gültigkeitsdauer von Allgemeinen Bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf dieser Zeitspanne ist eine erneute Geräuschmessung erforderlich, damit das ABP um weitere fünf Jahre verlängert werden kann.

Durchführung der Messungen

Die im Rahmen des Warentests durchgeführten Messungen erfolgten in gleicher Weise wie eine genormte Geräuschprüfung zur Ausstellung eines ABP. Der einzige Unterschied bestand darin, dass statt drei nur ein Exemplar jeder Armatur geprüft wurde. Die Armaturen wurden im Originalzustand (d.h. mit den jeweils mitgelieferten Perlatoren) betrieben, wobei der Wasseraustritt über den Wannenauslauf erfolgte.

Bild 3: Armaturengeräuschpegel Lap der sechzehn untersuchten Einhand-Wanne/Brause-Batterien bei einem Fließdruck von 0,3MPa. Die Armaturen Nr. 1 bis 6 gehören Gruppe I an. Die übrigen Armaturen verfügen über kein akustisches Prüfzeugnis. Die beiden horizontalen Linien bezeichnen die Grenzen der in DIN 4109 festgelegten Armaturengruppen (20dB(A) < Lap ³ 30dB(A) für Gruppe II und Lap ³ 20dB(A) für Gruppe I). Armaturen mit Lap > 30dB(A) halten die schalltechnischen Mindestanforderungen nicht ein, sodass kein bauaufsichtliches Prüfzeugnis ausgestellt werden kann.

Ergebnisse

Der für die untersuchten Armaturen ermittelte Geräuschpegel ist in Bild 3 wiedergegeben. Die wichtigsten Erkenntnisse aus den dargestellten Messergebnissen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bild 4: Im Gegensatz zu den übrigen Armaturen verfügten alle Armaturen mit ABP über S-Anschlüsse mit Wasserschalldämpfer. Hieraus ergibt sich, dass die eingebauten Dämpfer als wichtigste Ursache für die unterschiedliche Geräuschentwicklung der Armaturen anzusehen sind.

Als zentrale Aussage der durchgeführten Untersuchungen ergibt sich, dass bei Billig-Armaturen ohne akustisches Prüfzeugnis in vielen Fällen mit unzulässig hohen Geräuschpegeln zu rechnen ist. In Einzelfällen können derart hohe Überschreitungen auftreten, dass Lärmbelästigungen nahezu unvermeidlich sind. Installateure, die die Einhaltung der in DIN 4109 festgelegten Schallschutzanforderungen gewährleisten müssen, sollten deshalb ausschließlich Armaturen mit gültigem ABP verwenden. Dies gilt umso mehr, als der zulässige Installations-Schallpegel nach Verschärfung der Anforderungen im Jahr 2001 [3] nur noch maximal LIn = 30dB(A) beträgt. Dies hat zur Folge, dass der in DIN 4109 Ziffer 7 beschriebene Schallschutznachweis für Wasserversorgungsanlagen nicht mehr anwendbar ist und sich für Armaturengeräusche ein erheblich geringerer Sicherheitsspielraum ergibt.

Hintergrund

Wasserarmaturen sind eine häufige Ursache für Geräuschbelästigungen in Wohnbauten. Zur Vermeidung störender Geräusche sind vor allem zwei Punkte wichtig: eine sorgfältige Körperschallisolation der Rohrleitungen und der Einsatz geräuscharmer Armaturen. Um das Geräuschverhalten von Armaturen zu kennzeichnen, wurden vom Gesetzgeber Allgemeine Bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abgekürzt ABP) eingeführt. Sie werden in Deutschland von einer der vier hierfür zugelassenen Prüfstellen - eine davon ist das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart - nach Durchführung entsprechender akustischer Prüfungen ausgestellt und belegen, dass die Geräusche der geprüften Armatur die nach DIN 4109 [1] zulässigen Höchstwerte nicht überschreiten.


*) Dr. Lutz Weber, Dipl.-Ing. Sigfried Efinger, Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Stuttgart.


L i t e r a t u r :
[1] DIN 4109: Schallschutz im Hochbau - Anforderungen und Nachweise (1989). Beuth-Verlag, Berlin.
[2] DIN EN ISO 3822: Prüfung des Geräuschverhaltens von Armaturen und Geräten der Wasserinstallation im Laboratorium (Teile 1 - 4, 1995 - 1999). Beuth-Verlag, Berlin.
[3] DIN 4109/A1: Schallschutz im Hochbau - Anforderungen und Nachweise - Änderung A1 (2001). Beuth-Verlag, Berlin.


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