IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2004, Seite 36 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Zukunftsoption Stirlingmotor

Auf dem Sprung zur Serienreife

Die Notwendigkeit, mit unseren Ressourcen schonend umzugehen und die Reduzierung von Emissionen voranzutreiben, fordern geradezu neue Strukturen für Wärme- und Energieerzeugung. Doch das "Rad" muss nicht neu erfunden werden. Jüngste Konzepte, die das Wirkprinzip des Stirlingmotors aufgreifen, ermöglichen es, als Energieträger Erdgas, Heizöl und Holzpellets einzusetzen oder die Sonnenenergie zu nutzen. Bereits 1993 wurde bei den Gasversorgungswerken in Euskirchen ein Feldtest mit einem Stirlingmotor als Kraft-Wärme-Kopplungs-Maschine (KWK) durchgeführt. Bei den Tests wurden Wirkungsgrade von über 80 Prozent erzielt.

Mit dem Stirlingmotor kann Strom und Heizwärme erzeugt werden. Als Energiequelle kann Erdgas, Heizöl, Holzpellets oder Sonnenenergie genutzt werden. Im Bild ist eine Maschine mit zwei Kolben und zwei Zylindern mit integriertem Generator zu sehen.

Rückblick: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Kraftmaschinen entwickelt, die die damals dominierenden Dampfmaschinen ersetzen sollten. Die Entwicklungen dieser Zeit brachten eine große Vielfalt von Antriebssystemen hervor. Bereits im Jahre 1816 konstruierte der Schotte Dr. Robert Stirling das patentierte Prinzip des Heißluftmotors "Heat Economiser" - heute "Stirlingmotor" genannt. Tausende dieser Maschinen trieben im 19. Jahrhundert Drehbänke, Pumpen, Sägen, Schmiedehämmer, Ventilatoren usw. an. Die Verbrennungsmaschinen von Gottlieb Daimler und Rudolf Diesel sowie die Nutzung elektrischer Energie verdrängten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Heißluftmotoren.

Im Jahr 1935 griff Philips das Prinzip von Stirling wieder auf und baute einen transportablen Generatorantrieb. In den "1950er-Jahren" entdeckte man, dass der "Stirling" mit äußerem Antrieb sehr gut als Tieftemperatur-Kältemaschine einsetzbar war. Darüber hinaus verkaufte Philips in den "1970ern" Lizenzen für Automotoren in die USA und nach Schweden.

Vier Takte für die Zukunft

Das Funktionsprinzip von Stirlingmotoren ist einfach. Ein in den Zylindern befindliches Arbeitsgas (Luft, Stickstoff oder Helium) wird abwechselnd aufgeheizt und abgekühlt, indem es zwischen einem heißen und einem kalten Zylinder ständig hin und her geschoben wird. Die Temperaturänderungen im Arbeitsgas erzeugen Druckschwankungen, die über die Kolben an der Welle als mechanische Arbeit abgeführt werden. Diese mechanische Arbeit kann mit einem Generator in Strom verwandelt werden. Gleichzeitig entsteht im Kühlwasser des Stirlingmotors Wärme, die zu Heizzwecken verwendet werden kann. Das Arbeitsgas durchläuft dabei während einer Wellenumdrehung vier Zustandsänderungen oder "Takte".

Heute ist neben der Anwendung in der Tieftemperatur-Kältetechnik das Interesse gestiegen, den Heißluftmotor im Segment der KWK-Systeme - mit kleinen Leistungsbereichen (<10 kW elektrisch) - zu etablieren. Einsatzmöglichkeiten solcher Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bieten ein weit gefächertes und noch längst nicht ausgeschöpftes Potenzial.

Das Arbeitsprinzip läuft in vier Takten ab.

Neueste Tests mit KWK-Anlagen im Leistungsbereich von 1-4 kW elektrische Leistung und von 2,5-10 kW Wärmeleistung erlauben eine dezentrale Nutzung der Stirlingmotoren auch im Einfamilienhaus.

Aufgrund der Tests kann davon ausgegangen werden, dass der Stirlingmotor und die Komponenten für die KWK-Aggregate bald ausgereift sein werden.

Verbesserungsbedarf bestand bei den Brennern. Aufgrund neuer Entwicklungen kann man aber annehmen, dass auch diese Lücke durch effiziente Produkte geschlossen werden kann. In den aktuellen Testreihen mit einem Flox-Brenner (flammenlose Oxidation) wurden die Verbrennungstemperaturen auf unter 1000°C gesenkt. Dementsprechend niedrig liegen die Emissionswerte für CO- und NOX. Das Prinzip selbst erwies sich während der Tests als zuverlässig. Die von den Aggregaten bereits heute erreichten Wirkungsgrade können als konkurrenzfähig bezeichnet werden.

"Sonnenbefeuerter" Stirlingmotor: Ein Vier-Meter-Hohlspiegel erzeugt 3000°C im Brennpunkt. 80.000 Stunden soll der Stirlingmotor wartungsfrei arbeiten können.

Einen weiteren innovativen Ansatz bieten Stirlingmotoren, die mithilfe eines fokussierenden Spiegels die Sonnenenergie nutzen und bei ausbleibendem Sonnenschein mit einem Brenner nachgeheizt werden können (Hybridbetrieb). Der Hohlspiegel richtet sich computergesteuert nach dem Lauf der Sonne und erreicht bei vier Metern Durchmesser eine Leistung von 2,5 kW elektrisch und 6,5 kW thermisch.

Eine Mini-KWK-Anlage für alle gasförmigen Brennstoffe. Der Strom-Wärmeanteil beträgt etwa 1:3.

Marktchancen

Das Potenzial des Stirlingmotors stellt gemessen an den zurzeit auf dem Markt angebotenen Mini-KWK-Modulen mit Verbrennungsmotoren eine Alternative dar, die erheblich weniger Betriebskosten erwarten lässt. Da die Einsatzmöglichkeiten für KWK-Anlagen mit kleinen Leistungsbereichen in Gewerbe, Mehr- und Einfamilienhaus, Hotel- und öffentlichem Bau in ausreichendem Maße vorhanden sind, dürfte eine starke Nachfrage derartiger Aggregate erwartet werden. Allein in Deutschland rechnet man mit etwa 10 Millionen Heizanlagen, die durch Mini-KWK-Technologie ersetzt werden könnten. Zurzeit liegt der Preis eines 9 kW-Stirlingaggregats bei ca. 24.000 Euro und für ein 3 kW-Aggregat rechnet man mit ca. 14.000 Euro. Bei entsprechender Großserienfertigung kann dieses Preisniveau deutlich nach unten korrigiert werden, um Marktrelevanz zu erzielen. Im Zuge der Preissteigerungen im Energiebereich sowie aufgrund der verschärften Anforderungen und strengeren gesetzlichen Auflagen und dem wachsenden ökologischen Bewusstsein der Bevölkerung wird den innovativen und energiesparenden Technologien eine stärkere Bedeutung zukommen.


Stirlingmotoren: Alte Technik im neuen Gewand?

Die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion im Gespräch mit Eckhart Weber, Leiter des Forschungs- und Entwicklungsbereichs der Sunmachine GmbH aus Nürnberg. Das in 2003 gegründete und aus der Einzelfirma Weber Solartechnik hervorgegangene Unternehmen beschäftigt sich intensiv mit der Stirlingtechnologie. Im Fokus der Entwicklung stehen hocheffiziente Aggregate im Leistungsbereich von 1-4 kWel sowie 2,5-10 kWth.

IKZ-HAUSTECHNIK: Alle Welt redet von Brennstoffzellentechnologie. Sunmachine dagegen fokussiert seine gesamte Entwicklungskraft in das beinahe 200 Jahre alte Stirlingprinzip - aus welchem Grund?

Eckhart Weber: Das Prinzip der Brennstoffzelle wurde ebenfalls schon im 19. Jahrhundert entdeckt. Die Stunde der Brennstoffzelle wird kommen wenn eines Tages solar erzeugter Wasserstoff aus unserem heutigen Erdgasnetz kommt. Die für Brennstoffzellen verträgliche Umwandlung von fossilen und regenerativen Brennstoffen in Reformern und Gasreinigern im Einfamilienhauskeller bereitet heute noch hohe Kosten, schlechte Wirkungsgrade und große technische Probleme. Auch ist die Lebensdauer der Brennstoffzellenstacks noch nicht annähernd zufriedenstellend. Der Stirlingmotor ist unabhängig von der Art der Wärmequelle. Er kann prinzipiell alle denkbaren Brennstoffe direkt verwenden, aber auch Sonnenlicht mit sehr hohem Wirkungsgrad. Unsere technischen Probleme sind verglichen mit denen der Brennstoffzellenentwickler geradezu banal.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit Ihren Stirlingmotoren können Sie zeitgleich Strom und Wärme gewinnen und treten so in direkten Wettbewerb zu motorischen Blockheizkraftwerken. Wo sehen Sie die Vorteile des Stirlingmotors im Vergleich zum klassischen BHKW?

Eckhart Weber: Verbrennungsmotorische Blockheizkraftwerke haben hohe Betriebskosten durch die häufige Wartung. Unsere Stirlingmotoren sind dagegen wartungsfrei konzipiert. Stirlingmotoren sind durch die äußere nicht explosionsartige kontinuierliche Verbrennung aber auch erheblich leiser als Verbrennungsmotoren und praktisch schadstofffrei: Unsere heutigen Versuchsanlagen haben bereits 0 ppm HC, 0 ppm CO und 4 ppm NOx im Gasbetrieb.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie ausgereift sind Ihre Produkte, oder anders gefragt, kann man sie schon kaufen und wer baut sie ein?

Eckhart Weber: Sunmachine-Gas und Sunmachinesolar/Gas gibt es dieses Jahr für Feldtestpartner als Beta-Unit. Von der Sunmachine-Holz bauen wir zur Zeit aus dem heutigen Funktionsmuster die Alpha-Unit. Wenn alles gut geht, beginnt die Markteinführung 2006 über das Fachhandwerk.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ein großes Vermarktungshemmnis ist sicherlich der hohe Preis der Aggregate. Die Erfahrung aus anderen Bereichen zeigt, dass der Verbraucher sich neuen Techniken eher öffnet, wenn er einen finanziellen Reiz - sprich Förderung - erhält oder die Technik enorme Energieeinsparungen verspricht. Wie möchten Sie den potenziellen Kunden Ihre Produkte schmackhaft machen?

Eckhart Weber: Förderung und zinsgünstige Darlehen gibt es für die Sunmachine genauso wie für PV, Thermokollektoren und BHKWs. Darüber hinaus schätzen unsere Kunden folgende immateriellen Vorteile gegenüber gekauftem Strom:

Unsere Sunmachine ist ein Premiumprodukt.


B i l d e r :   Sunmachine, Nürnberg


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