IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2004, Seite 24 ff.
SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK
Schallschutz im Altbau
Hinweise für die Baupraxis
Dipl.-Ing. Roland Kurz*
Die DIN 4109 "Schallschutz im Hochbau" ist ein bewährtes und anerkanntes Instrument zur Planung und Beurteilung des Schallschutzes von Wohnungen. Im Rahmen der Bauproduktenrichtlinie sollte eine Harmonisierung auch dieser Norm erfolgen. Neben der Einführung neuer Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Schallschutzes zwischen zwei Räumen wird das bisherige Beiblatt 2 zur DIN 4109 "Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz" zur Zeit komplett überarbeitet und hierbei im Wesentlichen auf die Grundzüge der inzwischen zurückgezogenen VDI 4100 zurückgegriffen. Mit DIN 4109 Teil 10 erschien in 2000 der erste Entwurf, der das nachfolgende 3-stufige Schallschutzkonzept der VDI Richtlinie übernommen hat.
Quelle: Ministerium für Umwelt und Verkehr, Baden-Württemberg |
Schallschutzstufe I (SSt I)
Die Kennwerte der Schallschutzstufe I (SSt I) stimmen mit den Anforderungen von DIN 4109 überein. Bei rücksichtsvoller Verhaltensweise der Nutzer werden unzumutbare Belästigungen vermieden.
Schallschutzstufe II (SSt II)
In der Schallschutzstufe II (SSt II) sind Kennwerte angegeben, bei deren Einhaltung die Bewohner im Allgemeinen Ruhe finden.
Schallschutzstufe III (SSt III)
In der Schallschutzstufe III (SSt III) sind Kennwerte angegeben, bei deren Einhaltung die Bewohner ein hohes Maß an Ruhe finden.
Hierbei wird die Wahrnehmung üblicher Geräusche bei den einzelnen Schallschutzstufen wie in Tabelle 1 angegeben charakterisiert.
Tabelle 1.
Art der Geräuschemission | Wahrnehmung der Immission aus der Nachbarwohnung, abendlicher Grundgeräuschpegel von 20 dB(A) und üblich großer Aufenthaltsräume vorausgesetzt. | ||
SSt I | SSt II | SSt III | |
Sprache mit normaler Sprachweise | im Allgemeinen nicht verstehbar | nicht verstehbar | nicht hörbar |
Sprache mit angehobener Sprachweise | im Allgemeinen nicht verstehbar | im Allgemeinen nicht verstehbar | nicht verstehbar |
Laute Sprache | verstehbar | im Allgemeinen verstehbar | im Allgemeinen nicht verstehbar |
Gehgeräusche | im Allgemeinen störend | im Allgemeinen nicht mehr störend | nicht störend |
Geräusche aus haustechnischen Anlagen | unzumutbare Belästigungen werden im Allgemeinen vermieden | gelegentlich störend | nicht oder nur selten störend |
Hausmusik, laut eingestellte Rundfunk- und Fernsehgeräte, Parties | deutlich hörbar | im Allgemeinen hörbar |
Geräusche von Wasserinstallationen (Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen), die sich nicht im eigenen Wohnbereich befinden, dürfen nach der Änderung A1 zu DIN 4109 "Schallschutz im Hochbau" vom Januar 2001, in schutzbedürftigen Räumen (hier Wohn- und Schlafräume, Arbeitsräume) einen zulässigen Installationsgeräuschpegel LIN = 30 dB(A) nicht überschreiten. Dabei sind einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, die beim Betätigen der Armaturen entstehen (Öffnen, Schließen, Umstellen, Unterbrechen u.ä.), nicht zu berücksichtigen.
Für so genannte Nutzer- oder Hantiergeräusche von sanitären Einrichtungen (z.B. Abstellen von harten Gegenständen auf Abstellplatte, hartes Schließen des WC-Deckels, Spureinlauf, Rutschen in der Badewanne etc.) sind derzeit noch keine zahlenmäßigen Anforderungen festgelegt. Auch bei Einhaltung der Anforderungen nach DIN 4109-89 kommt es in der Praxis häufig zu Störungen, vor allem bei niedrigen Hintergrundgeräuschpegeln.
Zukünftig werden die Anforderungen an Installationsgeräusche noch weiter verschärft werden. Nach dem Entwurf DIN 4109-10 vom Juni 2000 dürfen z.B. in der Schallschutzstufe II, die einem üblichen Komfortanspruch entspricht ("die Bewohner finden im Allgemeinen Ruhe") Geräusche von Wasserinstallationen in Wohnungen nicht lauter sein als 27 dB(A). Außerdem dürfen dann Pegelspitzen diesen Wert um nicht mehr als 5 dB(A) überschreiten und Nutzergeräusche (z.B. Abstellen von Zahnputzbecher, Rutschen in der Badewanne) sollten durch Maßnahmen auf den jeweiligen Kennwert (hier 27 dB(A)) gemindert werden.
In Bild 1 ist die Häufigkeitsverteilung für Installationsgeräusche von über 800 Messungen des Verfassers dargestellt. Besonders bei Nutzergeräuschen mit einem Pegel von bis zu 60 dB(A) ist dringend Handlungsbedarf geboten, um die zukünftigen Anforderungen einhalten zu können.
Bild 1: Häufigkeitsverteilung von Installationsgeräuschmessungen (825 Einzelmesswerte). |
Geräusche von Sanitärinstallationen gehören zu den unangenehmsten Störungen im Wohnbereich und führen bei den Betroffenen aufgrund ihres Informationsgehaltes, ihres unterschiedlichen Geräuschcharakters und ihres zeitlich nicht beeinflussbaren Auftretens häufig zu Beschwerden (Bild 2).
Bild 2: Typische zeitliche Schallpegelverläufe von Installationsgeräuschen in der fremden Wohnung mit hoher Störwirkung. |
Geräuschquellen und Schallübertragung
Aus schalltechnischer Sicht stellen hierbei die Installationen der Sanitärtechnik ein besonders komplexes Gebilde dar. Zum einen gibt es eine Vielzahl von Geräuschquellen, die sich grob wie folgt unterscheiden lassen:
- Betriebsgeräusche (Strömungs-, Abwasser-, Pumpen-, Lüftungsgeräusche usw.);
- Betätigungsgeräusche (Öffnen, Schließen, Umstellen von Armaturen, Schaltern u.a.);
- Nutzergeräusche (z.B. Hantieren auf Ablage, Plätschern, Rutschen in der Badewanne, Spureinlauf, Gehgeräusche).
Zum anderen stehen zahlreiche Möglichkeiten der Schallübertragung gegenüber, die im Wesentlichen von folgenden Faktoren abhängig sind:
- Grundriss des Gebäudes (Lage der Sanitärräume);
- Bauteilkonstruktionen des Gebäudes (Baustoffe und Bauart);
- Leistungsführung und Befestigung;
- Konstruktionsart und Ausführung der Sanitärinstallationen;
- Auswahl, Anordnung und Ausführung der Schallschutzmaßnahmen;
- Trittschalldämmung der Rohdecke.
Angesichts der komplizierten Geräuschsituation im Sanitärbereich ist es besonders schwierig - unter Berücksichtigung aller Einflussmöglichkeiten - eine verlässliche Prognose über die am Bau zu erwartenden Installationsgeräusche zu machen. Deshalb ist es zum Erreichen eines ausreichenden Schallschutzes wichtig, dass Planung und Ausführung ein abgestimmtes Gesamtkonzept bilden. Eine sinnvolle Ergänzung hierzu wäre eine Güteüberwachung der Sanitärgewerke durch Schallmessungen am Bau unmittelbar nach Fertigstellung.
Bereits in der Planungsphase kann durch einen bauakustisch günstigen Grundriss eine Geräuschreduzierung um 5 - 10 dB(A) erzielt werden. Diese bauliche Maßnahme ist vor allem deshalb so effektiv, weil sie auf alle Geräuschquellen der Sanitärinstallationen gleichermaßen wirkt. In DIN 4109 sind beispielhaft bauakustisch günstige Grundrissanordnungen (z.B. Abstellraum zwischen Badezimmer und Aufenthaltsraum, Zusammenfassung von nebeneinander- und übereinanderliegenden Nassräumen, abgewandte Orientierung der Sanitärgegenstände) angegeben.
Bild 3: Zu erwartender Installationsschallpegel LIN von einer Armatur der Gruppe I im angrenzenden Nachbarraum in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse der Installationswand: |
Installationsgeräusche sind umso leiser, je schwerer die Wand ist, an der die Sanitärgegenstände oder Leitungen befestigt sind. In Bild 3 ist die Abhängigkeit des zu erwartenden Installationsgeräuschpegels LIN von einer Armatur der Gruppe 1 in einem angrenzenden Nachbarraum in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse der Installationswand angegeben. Danach ergibt sich, dass bei einer Verdoppelung oder Halbierung des Gewichts der Installationswand sich der Pegel bei einer horizontalen Übertragung in einen direkt benachbarten Aufenthaltsraum um 6 dB(A) vermindert bzw. erhöht. Damit das Installationsgeräusch im Nachbarraum z.B. nicht größer als 30 dB(A) wird, muss bei Armaturen der Gruppe 1 die Trennwand mindestens 220 kg/m2 schwer sein, sofern nicht zusätzliche geräuschreduzierende Maßnahmen vorgesehen werden (siehe hierzu Forderung in DIN 4109-89).
Eine Verminderung zu lauter Installationsgeräusche infolge einer zu leichten Wand kann nachträglich häufig nur durch Verkleiden der abstrahlenden Wand mit einer biegeweichen Vorsatzschale erreicht werden. Günstiger als massive leichte Installationswände verhalten sich Trennwände in Montagebauweise mit biegeweichen Schalen (z.B. Gipskartonständerwände).
Geräusche in Trinkwasserleitungen entstehen an Querschnittsverengungen in den Armaturen und breiten sich entlang der Rohrleitung und der Wassersäule aus. Eine Geräuschminderung durch körperschallisolierende Maßnahmen am Leitungssystem ergibt sich demnach nur, wenn keine Schallbrücken - in der Praxis aber leider häufig vorkommend - zwischen Armatur und Wand vorhanden sind. Bei einer Verdoppelung des Durchflusses nimmt der Geräuschpegel von Armaturen um rd. 12 dB(A) zu. Nach DIN 4109-89 wird daher der Ruhedruck der Wasserleitungsanlage begrenzt und darf nicht mehr als 5 bar betragen. Bei höherem Druck müssen Druckminderer eingebaut werden.
Armaturen der Trinkwasserinstallation werden entsprechend ihren Armaturengeräuschpegeln LAP in zwei Gruppen eingeteilt:
- Gruppe I LAP< 20 dB(A), zur Installation an Wänden mit m’ > 220 kg/m2;
- Gruppe II LAP< 30 dB(A), nur zur Installation bei bauakustisch günstigen Grundrissen (z.B. zwischenliegender Nebenraum).
Durchgangsarmaturen müssen im Betrieb immer voll geöffnet sein und dürfen nicht zum Drosseln verwendet werden.
Bild 4: Vorwandinstallation: links ohne, rechts mit Schallbrücke. |
Für Abwasserleitungen gelten die zuvor genannten Regeln bezüglich Grundriss und Schwere der Wand sinngemäß. Wenn Abwasserleitungen in Wandschlitzen verlegt werden, sollte die flächenbezogene Masse der Restwand mindestens 220 kg/m2 betragen und die Leitungen körperschallgedämmt verlegt werden. Starke Richtungsänderungen sollten vermieden werden, da bei Richtungsänderungen das Abwasserrohr durch auftretende Strömungsvorgänge zu Körperschallschwingungen angeregt wird. Durch entsprechende körperschallisolierende Ausführung bzw. Ummantelung der Abwasserrohre können Pegelreduzierungen um 10-15 dB(A) erzielt werden.
Bild 5: Installationsgeräusche LIN vor (massiver Abmauerung) und nach der Sanierung (Vorwandinstallation aus Gipskartonplatten) einer Installationswand im Badezimmer; gemessen im fremden daneben liegenden Wohnraum. |
Installationsschächte sollten zur Reduzierung des Schallpegels im Hohlraum mit schallabsorbierendem Material (z.B. Mineralfaser) bedämpft werden. Hierbei genügt bereits auch eine teilflächige Auskleidung im Bereich großer Hohlräume. Über gemeinsame Installationsschächte von zwei nebeneinanderliegenden Wohnungen liegen keine messtechnischen Erfahrungen vor. Sofern brandschutztechnisch zulässig und die Installationsleitungen körperschallisoliert nur an der im Bereich des Schachtes durchlaufenden schweren Wohnungstrennwand befestigt werden, bestehen aus bauakustischer Sicht keine Bedenken gegen einen gemeinsamen Schacht.
Sanitärgegenstände, die direkt an der Wand befestigt oder auf der Decke aufgestellt werden, weisen eine Körperschallübertragung auf, die nur wenig geringer ist als die einer massiven Stahlbetondecke. Mit einem bewerteten Normtrittschallpegel von L’n,w = 68-73 dB einer Rohdecke ohne schwimmenden Estrich wäre kein Bewohner in einem Mehrfamilienhaus zufrieden. Es ist somit offensichtlich, dass auch bei Sanitärgegenständen (Badewannen, WC-Sitzen, Waschbecken etc.) etwas zur Körperschalldämmung getan werden muss. Dabei reicht es nicht aus, die Bade- oder Duschwanne nur auf den schwimmenden Estrich zu stellen, da die Körperschallübertragung vor allem über Verbindungen zur Wand erfolgt. Die Hersteller bieten zur Vermeidung dieser Körperschallbrücken so genannte Schallschutz-Sets und Aufstellungs- und Befestigungssysteme an, mit denen Pegelreduzierungen von rd. 10 dB(A) erreicht werden können.
Bild 6: Vereinfachtes Messverfahren: Beurteilung der Körperschalldämmung von Sanitärinstallationen und Estrich-Randfugen durch Körperschallmessungen. |
Vorwandinstallationssysteme aus vorgefertigten Installationsbauteilen bzw. Metallständersystemen mit Gipskartonplattenverkleidungen verhalten sich akustisch besonders günstig, da eine weitgehende Entkoppelung von Installationen und Baukonstruktionen erfolgen kann. Allerdings ist eine saubere Trennung zwischen Ständerwerk und Wand zwingend. Wird die Trennfuge überputzt (Bild 4), so kommt es aufgrund der Schallübertragung zu einer deutlichen Verschlechterung des Schallpegels.
In Bild 5 ist in einem Praxisbeispiel für den Unterschied der gemessenen Installationsgeräusche im benachbarten fremden Wohnraum von der Sanierung einer massiven Vormauerung durch eine Vorwandinstallation aus Gipskartonplatten dargestellt. Sowohl die Hantiergeräusche auf der Ablage als auch die Betätigungsgeräusche von der Waschbeckenarmatur konnten um rd. 20 dB(A) reduziert werden.
Bilder 7 - 10: Praxisbeispiele fehlerhafter Installationen.Hinweise für die Praxis
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Praxisgerechtes Messverfahren
Von den Herstellern der Gegenstände für die Sanitärinstallationen werden die verschiedenen Maßnahmen und Bauteile angeboten, mit denen im Labor eine deutliche Reduzierung der Installationsgeräusche erzielt werden kann. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird am Bau vor allem durch Ausführungsprobleme und -mängel eingeschränkt. Durch ein von K. Gösele vorgeschlagenes und in der Praxis noch zu erprobendes einfaches Messverfahren könnte die erreichte Körperschalldämmung z.B. von Rohrleitungen und Sanitärgegenständen, unmittelbar nach der Installation, z.B. vom Handwerker selbst, überprüft werden. Hierbei werden z.B. Sanitärgegenstand, Rohrleitung und Estrich mit einem Körperschallsender (Kleinhammerwerk) angeregt und die Körperschallpegel an der angrenzenden Wand gemessen. Aufgrund der Höhe des gemessenen Schallpegels kann dann beurteilt werden, ob eine gute oder schlechte Körperschalldämmung vorliegt (Bild 6).
Da zur Zeit noch keine systematischen Reihenuntersuchungen über die Wirksamkeit von schalltechnischen Maßnahmen bei Sanitärinstallationen am Bau vorliegen, könnte durch dieses Messverfahren - neben der Güteüberwachung der Ausführung am Bau - auch mehr Planungssicherheit gewonnen werden, um die erforderlichen Maßnahmen bei Sanitärinstallationen schalltechnisch und wirtschaftlich zu optimieren. Außerdem führt die unmittelbare messtechnische Überprüfung im Schadenfall zur eindeutigen Klärung der Verantwortlichkeit und ggf. Reduzierung von Prozesskosten, da der Verursacher des Mangels bei den in der Praxis häufig vorkommenden mehreren Gewerken (Rohbau, Installateur, Estrichleger, Fliesenleger) genauer bestimmt werden kann. Der gewünschte Lärmminderungserfolg wird sich zukünftig jedoch in der Praxis nur dann einstellen, wenn bereits bei der Planung ein abgestimmtes Gesamtkonzept von der Grundrisslösung bis zur Befestigung der Ablage über dem Waschbecken erarbeitet, sowie neue schalldämmende Installationswände entwickelt werden und eine einwandfreie Bauausführung vorliegt.
*) Dipl.-Ing. Roland Kurz, Kurz und Fischer GmbH, Winnenden Halle (Saale).
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