IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2004, Seite 94 ff.


REPORT


Farbe als Herausforderung

Systemorientiertes Farbkonzept für konstruktive Badgestaltungen

Farbe ist die lebendige visuelle Sprachform, die das Leben heiter macht. Die ganz klar die Brücke zum Betrachter schlägt. Die aber auch entscheidend ist für Gefallen und Nichtgefallen. Die Kombination aus Formen und Farbe wird dabei zum schlüssigen Systemgedanken. Denn jegliche Form kann durch Farbe ein immer wieder neues Bild erhalten, einen immer wieder neuen Auftritt. Wenn sich ein Hersteller wie Villeroy & Boch der Farbigkeit im Wohnumfeld widmet, so geschieht dies natürlich nicht mit unüberlegtem oder gar planlosem Wagemut. Vielmehr interpretiert das Unternehmen mit konzeptionellen Gedanken die Farbigkeit auf immer wieder neue Art und bietet damit Hilfestellung im Umgang mit Formen, Materialien und Farbe.

Das Konzept Farbe

Seit Jahren und Jahrzehnten sind die traditionellen (Un-)Farben des Bades weiß, weiß und nochmals weiß in allen Weißvarianten. Gern erklärt als Ausdruck der wahren Eleganz, Schönheit und Wertigkeit. Und fürwahr: Weiß ist ein Klassiker, in der sinnlich, sittlichen Interpretation gern als Unschuld erklärt. Weiß steht im Bad für Hygiene und Sauberkeit. Diese Aspekte können allerdings im alltäglichen Einsatz den Farben auf keinen Fall abgesprochen werden.

Farbige Akzente, stimmig von der Sanitärkeramik mit Bicolor-Waschtisch bis zu den Fliesen (hier Collection Century Esprit) kombiniert.

Stilsichere Zusammenstellungen aufeinander abgestimmter Farben prägen die Bäder des Colorline-Systems.

Prof. Ulrike Rahe von rahe + rahe design ist bereits seit vier Jahren für Villeroy & Boch aktiv und hat für das Unternehmen ein systemorientiertes Farbkonzept entwickelt. Vorteil dabei war, dass das Unternehmen als Komplettanbieter von der Fliese bis zur Sanitärkeramik, dem Systemgedanken alle Voraussetzungen für eine konsequente Durchgängigkeit geben konnte. Mittlerweile ist das Colorline genannte Farbkonzept zu einem kompletten Einrichtungssystem gewachsen, das nicht nur farbige Sanitärkeramik bietet, sondern auch Fliesen, Möbel und Accessoires. Es verspricht mit seiner Stilharmonie und seinem umfangreichen Komplettangebot alle Möglichkeiten, die Oase Bad so auszustatten, wie man es sich wünscht.

Die Colorline-Waschtische Loop & Friends sind in allen Formen mit den WCs, Bidets und dem Urinal der Editionals, mit abgestimmten Fliesen, den Accessoires Mobiles, den Armaturen Circle und dem Badmöbelprogramm Central Line kombinierbar.

Die Argumente für den Handel

Jedes Produkt bedarf seiner Argumente im Verkauf. Argumente innerhalb der heutigen Badeinrichtungen sind Problemlösungen und Komfortaspekte. Das Farbkonzept mag von Kritikern als Wagnis gesehen werden, dennoch ist seine Umsetzung im anspruchsvollen, bedürfnisorientierten Markt nur allzu logisch. Ein durchdachtes Farbsystem bietet neue Ideen in der realen Umsetzung, denn es ermöglicht individuelle und vielfältige Darstellungsformen der persönlichen Raumharmonie innerhalb eines Systemangebotes. So stellt sich beispielsweise bei Colorline weniger die Frage, "was passt wozu?", sondern "mit welchen Elementen des Konzeptes setze ich den Kundenwunsch um?" Und bei der Beantwortung dieser Frage leistet der Kunde bereits tatkräftige Hilfe, in dem er seine persönlichen Farb-, Formen- und Materialwünsche äußert. Somit kann das Ergebnis immer nur eines sein: das individuell auf den Kunden zugeschnittene Bad. Die Bandbreite der Angebote von den Fliesen bis zur Keramik lässt facettenreiche Spielarten zu. Persönliche Vorlieben und Affinitäten finden auf unterschiedliche Weise ihre Antwort. Ganz einfach: wenn nicht weich und rund - dann eben grafisch und klar. Wenn nicht hell und frisch - dann eben sanft und behaglich.

Die Farben des Colorline-Systems. Neu dazugekommen sind nun noch fünf weitere Becken in Weiß mit farbigen Dekoren - passend zu den Fliesen des Creativ-Systems New.

Architektur und Raumgegebenheiten kommen gleichfalls nicht zu kurz, sondern werden vielmehr auf vorteilhafte Art neu dargestellt und mehrdimensional in ihrer Wirkung und Funktion ausgenutzt. Colorline ist ein Komplettsystem, das in jeder Hinsicht Stilsicherheit gewährleistet. Formen, Farben und Materialspiele sind harmonisch aufeinander abgestimmt und in jeder individuellen Komposition Sinnbild des guten Geschmacks. Die Begriffswelten von ShinySun, ShinyIce, ShinySky, ShinyPearl, ShinySpring und ShinySpace stehen für eine Gestaltungssprache voller Lebendigkeit und Klasse zugleich. Die Grafik von Kreis, Ellipse, Dreieck, Quadrat bis zum Rechteck lässt facettenreiche Ausdrucksformen der Badeinrichtung zu. Jede Waschtischform beispielsweise zeigt sich in jeder der sechs Farbstellungen. Fliesenfarben und Bordüren werden individuell darauf abgestimmt und fordern zugleich zum Arrangement von Keramik und Wandgestaltung, einem architektonischen Ganzen heraus. Die Kombination mit klassisch weißer Sanitärkeramik bei WC, Bidet oder Wanne ist kein Kompromiss mit erfolgreicher Geschichte der Farbe Weiß, sondern vielmehr Beweis einer neuen Leichtigkeit im kreativen Umgang der Farbwelten.

Nachgefragt

Die IKZ-HAUSTECHNIK im Gespräch mit Prof. Ulrike Rahe, der geistigen Schöpferin des Colorline-Farbkonzeptes von Villeroy & Boch.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das Colorline-Farbkonzept bietet sechs Farbstellungen. Was war Ausschlag gebend für diese gewählten Farben?

Prof. Ulrike Rahe: Colorline sind fein abgestimmte, nuancierte Töne und Oberflächen, die eine eigenständige Gestaltungsqualität erzeugen und in der Anwendung im Badezimmer nicht wie reines Dekor oder unpassende Applikation wirken, sondern zum prägenden Teil der Raumgestaltung werden. Diese Sanitärkeramikfarben sind weder zufällig noch nach eigenen persönlichen Vorlieben ausgewählt, sondern Ergebnis einer intensiven Recherche sowie meiner voran gegangenen langjährigen Beschäftigung mit Farbe in Architektur und Gestaltung. Hinter der Entwicklung von Colorline steht eine umfangreiche Farbmatrix, die aus wesentlich mehr als sechs unterschiedlichen abstrakten Farbwelten besteht. Jede Farbwelt für sich genommen ist ein abstrakter Klang aus Farben, Formen und Materialien, die Bezug nehmen auf aktuelle Strömungen in Gesellschaft, technischer Entwicklung, Kunst und Kultur. Die sechs vorliegenden Farbtöne sind gewissermaßen das Extrakt dieser komplexen Erarbeitung und korrespondieren mit jeweils mehreren der oben beschriebenen Farbwelten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Warum diese Beschränkung auf sechs Farben?

Prof. Ulrike Rahe: Bei der letztendlichen Entscheidung für die Kollektion spielte natürlich die ästhetische Langlebigkeit die wichtigste Rolle - ein wesentliches Argument für die Glaubwürdigkeit des Entwurfes gegenüber dem Verbraucher. Eine Entscheidung für einen farbigen Waschtisch ist eben keine kurzfristige Marotte, sondern soll Bestand für die Zukunft haben. Bei einer neuen Sanitärfarbkollektion aus sechs Farbtönen ist eine möglichst breite Differenzierung bei gleichzeitig relativ geringer Farbtonanzahl unabdingbar, um möglichst viele Verbraucher erreichen zu können. Der Markt zeigt, dass uns dieses mit Colorline geglückt ist. Aber mittlerweile hat Villeroy & Boch, nachdem das Farbkonzept erfolgreich aufgenommen worden ist, innerhalb der Waschtische eine Erweiterung vorgenommen - so gibt es zusätzlich weiße Becken mit farbigen Dekoren. Die aktuellen Dekore wurden natürlich auch in Abstimmung mit den passenden Fliesen und Möbelprogrammen entwickelt.

Bei der Entwicklung mussten wir natürlich auch an die Herstellbarkeit denken. Ich würde hier jedoch nicht von "Beschränkung" sprechen, sondern von "Herausforderung". Lange nicht alle Farbtöne sind im keramischen Glasurbrand zu erzielen. Zusätzlich haben wir und das Unternehmen uns zu eigen gemacht, nur ökologisch einwandfreie Rohstoffe zu verwenden, was zusätzliche Anstrengung bedeutet. Dank der hervorragenden keramischen Entwicklung bei Villeroy & Boch konnten wir gemeinsam an unsere Grenzen vordringen und das Wünschenswerte und gleichzeitig Machbare herauskitzeln.

IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie sich eine Erweiterung von Colorline vorstellen?

Prof. Ulrike Rahe: Das Konzept kann sich gar nicht nur auf das Badezimmer beschränken, das wäre viel zu einseitig gedacht. Die dahinter liegende umfangreiche Farbmatrix ist natürlich auch auf andere Bereiche der persönlichen Lebensumgebung anzuwenden und stets erweiter- und variierbar. Es handelt sich um ein offenes und kein geschlossenes System, das darauf angelegt ist, weiter entwickelt zu werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: In einer, man kann schon sagen, Historie von weißen Bädern, wie sehen Sie die Chancen dieses modularen Konzeptes, Farbe ins Bad zu bringen?

Prof. Ulrike Rahe: Als Villeroy & Boch mit der Projektidee an uns heran trat, wusste man nur, dass mehr Farbe in das Badezimmer sollte, und dass als Farbträger nicht ausschließlich die Fliesen, sondern besonders auch die Sanitärkeramik ins Auge zu fassen war. Die Idee farbiger Sanitärkeramik hielten wir anfangs für ganz schön gewagt, reichten die so genannten Farbpaletten der eigenen Sanitärkeramik und die der Konkurrenz seit ungefähr 20 Jahren doch nicht weiter als von Ultraweiß über Weiß bis zu Altweiß, wenn man von Manhattangrau und Beige einmal absieht. Aber gerade diese Ausgangslage war die optimale Nulllinie: Tabula Rasa auf breiter Front. Je mehr wir uns mit der Thematik auseinander setzten, desto größer wurde unsere Begeisterung. Mittlerweile wissen wir ja, dass unsere Arbeit am Markt hohe Resonanz gefunden hat. Weiß im Badezimmer wird bald definitiv der Vergangenheit angehören, bieder und antiquiert wirken, steril und unpersönlich. Farbe im Bad bedeutet Freude, Inspiration, Lebenslust, Wärme, Eleganz, Individualität. Ich bin sicher, hier sind neue Zeiten angebrochen.

Chancen für die Individualität

Der Mensch ist in seinem persönlichen Umfeld auf der steten Suche nach individuellen Darstellungsformen. Die Einrichtung wird immer mehr zum Spiegelbild seiner selbst. Das Interieur dokumentiert Lebensgefühl und -anspruch, interpretiert Strömungen der Gesellschaft, Kunst und Kultur, ist Zeitzeichen von technischen Entwicklungen und Fortschritt und dabei immer wieder Dreh- und Angelpunkt des Lebens.

Reizvoller Bicolor-Waschtisch in der Farbe "ShinySpring" - ein Blickfang moderner Badgestaltung.

 

Bicolor-Variante "ShinyPearl" - anmutige Individualität in fünf verschiedenen Waschtisch-Formen, die zur Kombination einladen.

 

Formen- und Farbensprache locken zum stimmigen Arrangement - hier die Farbausführung "ShinySky".

Dabei ist der Umgang mit Farb- und Formenwelten vielmehr positives Denken und Darstellung von Kreativität an sich. Wer sich vor Farben nicht zurückzieht, ist offen für den Umgang mit ihnen. So werden dank eines Farbeinrichtungskonzepts aus tageslichtarmen Bädern frische Erlebnisinseln. Aus sonnendurchfluteten Räumen stimmungsvolle Wellnessoasen. Optische Größe hat sehr viel mit dem Einsatz von Farbe zu tun. Ein Waschtisch als kontrapunktartiger Farbtupfer öffnet den Raum, setzt funktionelle Schwerpunkte und ist ein klares Angebot an Hygiene und Körperfrische. Farben haben visuelle Wirkungen. Daher wurde die Auswahl der Farben innerhalb des Colorline-Systemgedankens sehr bewusst vorgenommen. Innerhalb des Bades sollen sie beleben oder wahlweise Ruhe vermitteln, Repräsentativität unterstreichen, können aufhellen und sympathische Frische vermitteln. Wichtig ist dabei stets die Beziehung, die der Konsument zur Farbe hat. Gelb ist eine herrlich erfrischende Farbe fürs Bad, aber nicht jedermanns Sache. Gleichfalls vitalisierende Akzente kann stattdessen ein pastelliges Blau übernehmen, aber es kann auch klare, grafische Kühle vermitteln. Auf die Abstimmung kommt es an. Und hierbei kommen Formen und Materialien mit ins Spiel. Denn eine Farbwirkung geschieht nie unabhängig von anderen Objekten. Weiche Formen werden von sanften Tönen in ihrer Wirkung noch unterstrichen. Pastellige Ton-in-Ton-Lösungen beruhigen das Auge, während Kontrastbilder anregen. Gelb an sich beispielsweise wirkt frisch, gelb-weiß überaus vitalisierend. Runde Formen lassen diesen Effekt weicher und milder wirken, grafische Elemente sorgen für einen aktiven, lebendigen Auftritt.

Komplettbad aus einer Hand: Mit den vier, im Rahmen einer strategischen Partnerschaft mit der Zehnder Group entwickelten, Wärmekörper-Serien komplettiert Villeroy & Boch sein ganzheitliches Badkonzept. Der Ovida Curva - hier im Bild - kennzeichnet sich durch seine charakteristischen Rohrbögen und ist nicht nur optisch ein Blickfang. Bademantel und Handtuch werden kuschelig vorgewärmt.

Ein Vierteljahrhundert Weiß sucht Akzente

Ein intelligentes Farbkonzept bietet diese Akzentuierungen und noch viel mehr. Der Systemgedanke unterstützt die Auseinandersetzung mit der althergebrachten Badgestaltung und hilft auf logische Art und Weise, frischen Wind in die Badkultur zu bringen. Die Logik liegt dabei nicht allein in der geschichtlichen Bedeutung von Farbe, sondern im Anspruch des Menschen, mit den Augen zu erleben. Farbe an den Wänden, sei es als Fliese oder innerhalb von Tapeten und Wandanstrichen, kann nur bedingt die Aufgabe der persönlichen Umfeldgestaltung übernehmen. Die Folge: selbst bei der Wandgestaltung im Bad wurde der Einsatz von Dekoren, Farben und Motiven mit der Zeit immer reduzierter, auf bewusste Kontrapunkte konzentriert. "Man will ja nichts falsch mac

Ein Vierteljahrhundert Weiß sucht Akzente

Ein intelligentes Farbkonzept bietet diese Akzentuierungen und noch viel mehr. Der Systemgedanke unterstützt die Auseinandersetzung mit der althergebrachten Badgestaltung und hilft auf logische Art und Weise, frischen Wind in die Badkultur zu bringen. Die Logik liegt dabei nicht allein in der geschichtlichen Bedeutung von Farbe, sondern im Anspruch des Menschen, mit den Augen zu erleben. Farbe an den Wänden, sei es als Fliese oder innerhalb von Tapeten und Wandanstrichen, kann nur bedingt die Aufgabe der persönlichen Umfeldgestaltung übernehmen. Die Folge: selbst bei der Wandgestaltung im Bad wurde der Einsatz von Dekoren, Farben und Motiven mit der Zeit immer reduzierter, auf bewusste Kontrapunkte konzentriert. "Man will ja nichts falsch machen innerhalb der Trends und Modeerscheinungen", ist für viele zunächst eine Begründung, eher zögerlich mit Farbwünschen umzugehen. Ein Kompromiss, der tückisch ist, denn Wohlgefühl und positives Lebensgefühl erwartet visuelle An- und Herausforderungen. In der Abstimmung von Formen, Materialien und Farben, in dem Systemgedanken des modularen Miteinanders wird dem Menschen kein halbherziger Kompromiss der kurzlebigen Gestaltungsattraktivität geboten, sondern ein Baukastensystem, mit dem er eine neue Einrichtungswertigkeit schaffen kann. Dabei geht es immer um das persönliche Wohlgefühl. Selbst die Funktionalität soll als positiver Komfort wahrgenommen werden. Hier hilft der Systemgedanke, diese positive Wahrnehmung umzusetzen.

Internetinformationen:
www.villeroy-boch.com


B i l d e r :  Villeroy & Boch, Mettlach


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