IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2004, Seite 83 ff.


FLÜSSIGGAS


Strahlend zum Komfort

Heizungsanlagen mit Heizstrahlern ohne Gebläse (Hellstrahler) - Neufassung des DVGW-Arbeitsblattes G 638 Teil 1

Dr.-Ing. Andreas Kämpf*

Strahlungsheizsysteme werden seit Jahrzehnten in Industrie und Gewerbebetrieben zur Beheizung von Großräumen eingesetzt. Die Neufassung des Arbeitsblattes G 638 Teil 1 "Heizungsanlagen mit Heizstrahlern ohne Gebläse (Hellstrahler)" [1] verdeutlicht den großen Anwendungsbereich dieser Technik und stellt die physiologischen Unterschiede dieser Systeme gegenüber konkurrierenden Heizsystemen dar. Der folgende Beitrag soll die wesentlichen Aspekte der neuen Richtlinie darstellen. Es wird außerdem ein neues Messgerät zur Bewertung der empfundenen Raumtemperatur in Großräumen vorgestellt.

Thermischer Komfort ist ein sehr individuelles Erlebnis. Aber es gibt gewisse Grenzen, in denen sich komfortable Klimabedingungen abspielen. Das thermische Klima wird von Menschen als behaglich empfunden, wenn die Wärmebilanz des menschlichen Körpers ausgeglichen ist. Die Wärmeabgabe des Menschen ist abhängig von der umgebenden Lufttemperatur, Luftgeschwindigkeit, Feuchte und der Wärmestrahlung.

In Industriehallen, Gewerbehallen und ähnlich genutzten Arbeitsräumen bestimmt die Arbeitsstättenverordnung sowie die Arbeitsstättenrichtlinien [2], welche Klimabedingungen für die Nutzer dieser Gebäude zuträglich sind. Hier werden in Abhängigkeit der Arbeitsschwere und der -verfahren Raumtemperaturen festgelegt, die in Arbeitsstätten einzuhalten sind. Die Raumtemperatur ist hierbei definiert als zusammenfassende Temperaturgröße aus der örtlichen Lufttemperatur und der Strahlungstemperaturen der einzelnen Umgebungsflächen.

Bild 1: TU-Berlin AEG-Halle beheizt mit Hellstrahlern.

Behaglichkeit trotz kalter Temperaturen

Neue Untersuchungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz [3] zeigen, dass selbst bei Lufttemperaturen von 4 °C durch den Einsatz von modernen Strahlungsheizungen, Raumtemperaturen realisiert werden können, die im erforderlichen Komfortbereich liegen. Dies wird zum Beispiel in Außenbereichen an kalten Tagen genutzt, wo Hellstrahler für die Beheizung von Biergärten oder Fußballtribünen eingesetzt werden. Es werden hier relativ hohe Strahlungsintensitäten im Aufenthaltsbereich erzeugt, um die kalte Lufttemperatur zu kompensieren. Schwerpunktmäßig werden Hellstrahler jedoch für die Großraumbeheizung verwendet. Eine übliche Beheizungssituation mit Hellstrahlern stellt Bild 1 dar. Bild 2 zeigt die maximal zuträgliche Strahlungsintensität für die Beheizung von Arbeitsplätzen. So ist bei kälterer Umgebung eine Strahlungsintensität bis 550 W/m2 behaglich; bei Lufttemperaturen von 15 °C sollte die Strahlungsintensität 150 W/m2 nicht überschreiten.

Der Betreiber bzw. Nutzer von Großräumen sollte aus energetischen Gründen niedrigere Lufttemperaturen anstreben. In großen Industriehallen lässt sich Heizenergie einsparen, wenn die Hallenluft nur mäßig temperiert wird. Die erforderliche Raumtemperatur muss dann selbstverständlich durch ein höheres Strahlungsangebot erreicht werden. Jedes Grad Lufttemperaturreduktion bringt über die Heizperiode ca. 7 % jährliche Energieeinsparung.

Bild 2: Max. Strahlungsintensität in Abhängigkeit der Lufttemperatur für behagliche Zustände.

Raumtemperatur beim Einsatz von Strahlungsheizungen

Die Berechnung dieser Raumtemperatur ist in dem gerade überarbeiteten Arbeitsblatt DVGW G 638 Teil 1 "Heizungsanlagen mit Heizstrahlern ohne Gebläse (Hellstrahler) dokumentiert. Neben der Neufassung der physiologischen Grundlagen wurden die Möglichkeiten der Abgasabführung beim Einsatz von Hellstrahlern erweitert, sowie die Installationsbedingungen bzgl. Geräte-Aufhängehöhen und Abstandsmaße überarbeitet. Die Überarbeitung wurde unter Mitwirkung von Arbeitsschutz, Gewerbeaufsicht, Bauaufsicht sowie dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima und dem Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks durchgeführt.

Die Berechnung der Raumtemperatur lässt sich näherungsweise durch die Formel:

tR = tL + k • IS

berechnen, mit

tR = Raumtemperatur °C

tL = Lufttemperatur in °C

IS = Strahlungsintensität gemessen in einer Höhe von 1,7 m in den oberen Halbraum

k = Installationsabhängiger Faktor

k ist ein Faktor, der von der Installationsweise der Heizstrahler abhängig ist. Physikalischer Hintergrund für diese Festlegung ist, dass der Mensch modellhaft als senkrechter Zylinder anzunehmen ist, dessen Oberfläche je nach Installationsweise der Strahler unterschiedlich bestrahlt wird. Bild 3 zeigt dies im Modell.

Tabelle 1: Erforderliche Raumtemperaturen in Arbeitsstätten.

Überwiegende Arbeitshaltung

Arbeitsschwere

 

Leicht

Mittel

Schwer

Sitzen

+ 20 °C

+ 19 °C

-

Stehen und/oder gehen

+ 19 °C

+ 17 °C

+ 12 °C

Bei einer reinen Arbeitsplatzbeheizung mit einem relativ kalten Umfeld zum betrachteten Arbeitsplatz ist k = 0,025 (d.h. für 1 °C Raumtemperaturerhöhung werden ca. 40 W/m2 benötigt). Werden die Strahler zur Vollraumbeheizung flächendeckend unter der Decke installiert bzw. schräg von den Seitenwänden, so beträgt der k-Faktor 0,033 bzw. 0,045. Eine Rundum-Beheizung von vier Seiten wird mit einem k-Wert von 0,072 bewertet (d.h. 14 W/m2 entspricht 1 °C Raumtemperaturerhöhung).

Bild 3: k-Faktor in Abhängigkeit der Strahler-Installation.

Abgasabführung beim Einsatz von Hellstrahlern

Ein weiterer wichtiger Überarbeitungspunkt bei der Neufassung des Arbeitsblattes G 638 T.1 war die Neuformulierung der Abgasabführungsvarianten. Hier wurde besonders auf die Formulierungen der europäischen DIN EN 13410 "Heizungsanlagen mit Gasinfrarotstrahlern - Be- und Entlüftung von gewerblich und industriell genutzten Gebäuden" abgehoben, die nahezu komplett in das deutsche Regelwerk übernommen wurde.

Die Abführung der Abgase kann demnach mit den folgenden vier Methoden herbeigeführt werden:

Bild 4: GoGaS-Comfortmeter.

Ermittlung des Wärmebedarfs

In Ergänzung zur Bestimmung des Normwärmebedarfs nach DIN 4701 bzw. DIN EN 12831 werden für Heizungsanlagen mit Hellstrahlern spezifische Berechnungsmethoden angewendet, die die Besonderheiten der Wärmeübertragung durch Strahlung zum Ausdruck bringen. Insbesondere führt die Berücksichtigung niedriger innerer Lufttemperaturen systematisch zu geringeren Transmissions- und Lüftungsverlusten und damit zu einem geringeren Wärmebedarf der Strahlungsheizung.

Die Ermittlung des spezifischen Wärmebedarfs in Gebäuden, die mit Hellstrahlern beheizt werden, ist zur früheren Ausgabe der G 638 Teil 1 nicht verändert worden. Die Berechnung wird anhand von Diagrammen und Tabellen durchgeführt (siehe [1]).

Bild 5: Temperaturdiagramm.

Raumklimamessung mittels Comfortmeter

Die Messung des Raumklimas in Industriehallen, Gewerbehallen und Arbeitsstätten erfordert ein Messgerät, welches die Strahlungseinflüsse eines Halbraumes wiedergibt. Die Firma GoGaS, die langjährig Strahlungsmessgeräte für die Bewertung von Arbeitsstätten entwickelt und vertreibt, hat die neuen Erkenntnisse des Arbeitsblattes G 638 Teil 1 ausgewertet und in einen neuen digitalen Gerätetyp umgesetzt. Der neue GoGaS-Comfortmeter misst die Lufttemperatur, die Strahlungsintensität und ermittelt daraus in Abhängigkeit der Installationsvariante der Heizstrahler die momentane Raumtemperatur.

Das Gerät verfügt über einen seriellen Ausgang (RS232), sodass die ermittelten Klimaparameter zeitlich aufgezeichnet und ausgewertet werden können. Das Signal lässt sich für Regelungszwecke verwenden, wenn z: B. eine Aktion in Abhängigkeit einer bestimmten Raumtemperatur oder einer spezifischen Strahlungsintensität ausgelöst werden soll. Der Messbereich des Strahlungssensors liegt zwischen -250 und 700 W/m2, der Temperaturbereich zwischen -25 und 85 °C. Die k-Faktoren sind voreingestellt und lassen sich per Tastendruck vorgeben.

Exemplarisch zeigt Bild 5 den mathematischen Zusammenhang zwischen der Strahlungsintensität, der Lufttemperatur und der daraus resultierenden Raumtemperatur für die Installation von Heizstrahlern unterhalb des Hallendaches (k-Faktor 0,033). Die Markierungen I und II zeigen Betriebspunkte gleicher empfundener Raumtemperatur. Das Messgerät ist in der Lage, für beliebige Installationsvarianten und Klimaparameter die empfundene Raumtemperatur zu ermitteln. Mit diesem Messgerät ist sowohl der Betreiber, der Nutzer aber auch das Gewerbeaufsichtsamt in der Lage, den Nachweis komfortabler Bedingungen in mit Heizstrahlern beheizten Räumen zu erbringen.

Internetinformationen:
www.gogas.com


L i t e r a t u r : 

[1] Technische Regel Arbeitsblatt G 638-1 - Heizungsanlagen mit Heizstrahler ohne Gebläse (Hellstrahler) Planung - Installation - Betrieb und Instandsetzung (November 2003)

[2] Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV - und Arbeitsstättenrichtlinien - ASR Stand November 2001, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

[3] Gebhardt, Hj; Müller, B.H.; Hettinger, Th.; Pause, B.: Physiologische Bewertung von Strahlungsheizungen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz Fb 726. Dortmund 1995 (ISBN 3-89429-953-3)


B i l d e r :  GoGaS Goch GmbH & Co., Dortmund


* Dr.-Ing. Andreas Kämpf, GoGaS Goch GmbH & Co., Dortmund.


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