IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/2004, Seite 22 ff.


SANITÄRTECHNIK


Abwasserhebeanlagen und Pumpstationen

Planungsgrundsätze · Bauarten · Ausführungsmängel

Manfred Schäfer*

Abwasserhebeanlagen bzw. Pumpstationen sind notwendig, um tief liegende Bereiche wie Keller oder Tiefgaragen zu entwässern. Welche Vorschriften dabei eingehalten werden müssen, wie sich die einzelnen Bauarten unterscheiden und welche Planungs- bzw. Ausführungsfehler in der Praxis immer wieder vorkommen, darüber informiert der nachfolgende Fachaufsatz.

Seitdem es die Zivilisation gibt beschäftigen sich Menschen mit der Ableitung von Abwasser. Im 18./19. Jahrhundert wurde aufgrund vermehrter Seuchen auf Bestreben der Mediziner und Politiker mit der kommunalen Wasserentsorgung begonnen. Zur Abwasserableitung dienen heute Schmutzwasser-, Regenwasser- und Mischwasserkanäle sowie zahlreiche Sonderbauwerke wie Regenwasserüberläufe, Regenbecken und Dükeranlagen. Das Abwasser wird in der Kanalisation gesammelt, zu den Klärwerken geleitet, dort gereinigt und über Oberflächengewässer wieder abgeleitet. Trotz eines kilometerlangen kommunalen Abwassernetzes gibt es heute noch Entwässerungsobjekte, z. B. Vereinsheime, Wanderhütten, entlegene Gaststätten oder Aussiedlerhöfe, die noch nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind. Das Abwasser dieser Objekte wird nach wie vor, wie schon seit Jahrzehnten praktiziert, über Mehrkammergruben gesammelt und durch Entsorgungsfahrzeuge zu der jeweiligen Kläranlage transportiert.

Bild 1: Prinzip der kommunizierenden Röhre.

Das Bestreben, diese Gebäude ebenfalls in die öffentliche Kanalisation einzubinden, ist oftmals nur unter größerem finanziellen Aufwand möglich. Der Anschluss an die Kanalisation beinhaltet auch ein größeres Maß an Sorgfaltspflicht des Grundstückbesitzers. War er zu Zeiten der Abwassergruben nur mit seinem eigenen Abwasser konfrontiert, für dessen regelmäßige und frühzeitige Entsorgung er eigenverantwortlich war, so ist er beim Anschluss an die Kanalisation durch die Verbindungsleitung seines Grundstücks und dem Prinzip der kommunizierenden Röhren (Bild 1) nunmehr im Rückstaufall auch mit dem Abwasser seiner Nachbarn konfrontiert. Wie in jeder Entwässerungssatzung zu lesen, ist hier ebenfalls der Grundstücksbesitzer verantwortlich dafür, dass für rückstaugefährdete Bereiche eine geeignete Rückstausicherungsanlage zu betreiben ist.

Bild 2: Abwasserhebeanlage innerhalb des Gebäudes.

 

Formen der Rückstausicherung

Eine Form der Rückstausicherungs- und Entwässerungsanlage stellt die Abwasserhebeanlage bzw. Pumpstation dar (Bilder 2 und 3). Pumpstationen sind zum einen notwendig, um tief liegende Bereiche in höher gelegene Kanäle zu entwässern. Zum anderen werden diese Bereiche über die Pumpstation gegen rückstauendes Wasser geschützt.

Bild 3: Fertigpumpstation mit Tauchmotorpumpen zum Erdeinbau.

Nicht immer die Jahrhundertflut verursacht enorme Schäden, sondern die häufigsten Schadensmeldungen gehen bei den Versicherungen nach so genannten Starkregen ein. Alle Entwässerungsgegenstände, die tiefer als die so genannte Rückstauebene (höchste Ebene, bis zu der das Wasser in einer Entwässerungsanlage ansteigen kann; im Normalfall Straßenoberfläche an der Anschlussstelle) liegen, müssen gemäß den geltenden Regelwerken gegen Rückstau gesichert werden.

Bild 4: Auswahlschema Aktiv oder Passiv Rückstauschutz.

Nach DIN EN 12056 bzw. DIN 1986-100 erfolgt der Schutz gegen Rückstau in erster Linie über eine automatische Abwasserhebeanlage. In Ausnahmefällen sind Rückstauverschlüsse zulässig. Die Wertigkeit liegt somit eindeutig im Bereich der Pumpen- und Hebeanlagen. Eine Auswahl der richtigen Rückstausicherungsanlagen kann anhand des Schemas in Bild 4 vorgenommen werden.

Bild 5: "Interessengemeinschaft".

Beim Erstellen eines Objektes sind die Beteiligten, also Bauherr, Planer, Anlagenersteller und Hersteller unter einen Hut zu bringen. Dieser Hut trägt den Namen anerkannte Regel der Technik. Der Bauherr ist bestrebt, ein Objekt möglichst preiswert und von langer Lebensdauer zu schaffen. Der Planer hat die Aufgabe, dieses Vorhaben nach dem Stand der Technik preisgünstig und mit minimalen Betriebskosten zu gestalten. Der Anlagenersteller muss entsprechend sorgfältig die Planungsvorgaben verwirklichen; mit den von den Herstellern produzierten Anlagen und Einbaukomponenten (Bild 5).

Weiterhin sind bei der Planung einer solchen Entwässerungsanlage folgende Punkte zu beachten:

Nach der Entscheidung des Einbauortes steht nach der Auftragsvergabe an den Anlagenersteller die Entscheidung nach dem richtigen Produkt an.

Bild 6: Freier Durchgang (Korngröße) durch eine Kanalradpumpe.

Gleichwertigkeit von Produkten

Der Planer gibt in seinem Leistungsverzeichnis (LV) eine bestimmte Leistungsbeschreibung ab und ist in der Regel verpflichtet, eine Fabrikatsfreiheit bei Gleichwertigkeit einzuräumen. Im Streitfall allerdings, etwa bei einer nicht funktionierenden Hebeanlage oder bei einem ständigen betriebsbedingten Ausfall einer Pumpstation, wird die Gleichwertigkeit nicht selten von einem Gutachter geprüft, um gerichtlich die Schuldfrage - Planungsfehler oder Einbaufehler - zu klären. Umso wichtiger ist es für den Installateur, die Kriterien der Gleichwertigkeit zu kennen. Folgende Punkte sind relevant, damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden:

Bauart der Pumpe: ob Kanalradpumpe, Freistrompumpe oder Schneidradpumpe. Jede dieser Pumpen hat spezielle Eigenschaften. So sind Kanalradpumpen zur Förderung von Abwässern mit festen und kurzen faserförmigen Fest- und Dickstoffen, Schlamm und organischen Materialien geeignet. Der Energieaufwand zur erzielten Pumpleistung steht bei diesen Pumpen in einem guten Verhältnis (Bild 6).

Bild 7: Korngröße einer Freistrompumpe.

Freistrompumpen zeichnen sich durch einen großen Freiraum in dem Pumpengehäuse aus. Dadurch können feste und lang faserige Dickstoffe ohne Verstopfung das Pumpengehäuse passieren. Hier muss jedoch für eine gute Pumpenleistung mehr an Energie aufgewendet werden (Bild 7).

Schneidradpumpen sind besonders geeignet bei langen Fasern, bei zerkleinerbaren Festkörpern auch größeren Ausmaßes. Hiermit lässt sich ein zuverlässiger Fördergut-Transport durch kleine Druckleitungen auch auf weiten Strecken (Druckentwässerung) bewerkstelligen (Bild 8).

Innerhalb der Bauarten kann nun weiter die Gleichwertigkeit geprüft werden.

Bild 8: Schneidwerk einer Schneidradpumpe.

Die Korngröße einer Pumpe gibt an, wie viel mm an freiem Durchgang durch die Pumpe vorhanden ist. Nach den Bau- und Prüfgrundsätzen DIN EN 12050-2 für Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser (Grauwasser) beträgt die Mindest-Feststoffgröße (Korngröße) in der gesamten Anlage 10 mm, nach DIN EN 12050-1 für Abwasserhebeanlagen für fäkalienhaltiges Abwasser (Schwarzwasser) 40 mm. Bei der Auswahl der richtigen Pumpe kann, um die Gleichwertigkeit zu garantieren und eine Verstopfungsgefahr zu verhindern, nur eine Pumpe mit der gleichen oder einer größeren Korngröße ausgewählt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Nutzvolumen einer Hebeanlage. Das Nutzvolumen ergibt sich aus dem Niveau zwischen Ein- und Ausschaltpunkt der Pumpe. So kann z. B. eine Hebeanlage bei gleicher Zulaufhöhe bei einem Hersteller ein Bruttovolumen von 90 Liter bei einem Nutzvolumen von 35 Liter und bei dem anderen ein Bruttovolumen von 100 Liter bei einem Nutzvolumen von 55 Liter haben.

Bild 9: Schema Behälternutzvolumen.

Das geringere Nutzvolumen wirkt sich zum einen negativ auf die Pumpenschaltspiele aus, d.h. mehr Schaltungen (= höherer Pumpenverschleiß), höherer Stromverbrauch und Betriebskosten. Zum anderen ist nach DIN EN 12056-4 (Abwasserhebeanlagen - Planung und Bemessung) gefordert, dass das Nutzvolumen der Hebeanlage größer sein muss als das über dem Rückflussverhinderer bis zur Rückstauschleife anstehende Volumen in der Druckleitung (Bild 9). Dadurch ist sichergestellt, dass das Volumen in der Druckleitung bei einem Pumpvorgang ausgetauscht wird und es bei einer Leckage der Rückschlagklappe zu keinem ständigen Einschaltvorgang der Pumpe kommt.

Das Nutzvolumen einer Anlage lässt sich durch die Einschaltmöglichkeiten beeinflussen. Weit verbreitet sind Schwimmschalter, die über ein Gestänge Mikroschalter betätigen und so die Pumpe steuern. Die Schalthöhe wird über die Gestängeführung bestimmt und ist weit gehend nicht veränderbar.

Bild 10: Funktionsweise der pneumatischen Niveauschaltung mit Lufteinperlung.

Eine weitere Bauart ist die pneumatische Niveauschaltung. Hier wird durch den steigenden Wasserspiegel Luft in einer sich im Behälter befindlichen Röhre komprimiert. Diese ist über einen Steuerschlauch mit einem Druckschalter oder Drucksensor im Schaltkasten verbunden. Über die Veränderung der Federspannung am Druckschalter des Drucksensors können unterschiedliche Schaltpunkte individuell festgelegt werden. Durch diese flexible Schaltpunktwahl kann somit aus einem Behälter je nach Zulaufhöhe immer das optimale Nutzvolumen eingestellt werden. Außerdem kann eine pneumatische Schaltung bei Problemabwässern wie etwa fetthaltige Abwässer zusätzlich über eine Lufteinperlung geschützt werden. Dabei wird über einen zweiten Steuerschlauch mittels Kompressor ständig Luft in das Staurohr eingeperlt und somit die Wasseroberfläche unterhalb des Staurohres in Bewegung gehalten. Eine Verstopfung durch Fettansatz wird somit vermieden (Bild 10).

Bild 11: Rückstauschleife richtig verlegt.

Planungs- und Installationsfehler

In der Praxis zeigen sich oftmals schwerwiegende Installations- bzw. Planungsmängel. So wird in der EN 12056-4 gefordert, dass nur die Ausführung mit Rückstauschleife (der Teil der Druckleitung, welcher über der Rückstauebene liegt) einen hohen Grad an Sicherheit gegen Rückstau bietet (Bild 11). In der Praxis wird die Druckleitung oftmals nicht über die Rückstauebene geführt, sondern lediglich bis zur Kellerdecke, die wiederum in vielen Fällen noch unterhalb des Straßenniveaus liegt.

Bild 12: Unerlaubte Reduzierung in der Zulaufleitung (Verstopfungsgefahr).

Beim Einbau von Pumpstationen außerhalb des Gebäudes, im Erdreich, wird die vorgeschriebene Rückstauschleife in den seltensten Fällen realisiert. Die Folge: Bei einem Gewitter und gleichzeitigem Stromausfall würde das Abwasser über die Pumpendruckleitung durch den Zulauf der Abwasserhebeanlage den Weg ins Gebäude finden und dort an der niedrigst gelegenen Entwässerungsstelle wieder austreten. Nach den Bau- und Prüfgrundsätzen dürfen Rückflussverhinderer, die in die Druckleitung eingebaut werden müssen, eine definierte Leckage haben. Somit wird auch bei Stromausfall das rückstauende Abwasser nicht von der Rückschlagklappe komplett zurück gehalten. Um den größtmöglichen Schutz gegen Rückstau zu erzielen, kann auf die Rückstauschleife weder bei der Installation einer Pumpanlage im noch außerhalb des Gebäudes verzichtet werden.

Bild 13: Druckleitungsverengung.

Weiterhin ist verstärkt vorzufinden, dass Zulaufleitungen reduziert werden, da oftmals der Tiefbauer zu große Rohrleitungsdurchmesser verlegt hat. Anstelle geeigneter Hebeanlagen mit entsprechend passendem Zulauf wird hier oftmals unter Missbrauch von Erweiterungsstücken der Zulauf reduziert (Bild 12). Hier gilt es Hersteller zu finden, die auch über individuelle Fertigungsmöglichkeiten von Hebeanlagen verfügen. Um entsprechende Rohrleitungsanschlüsse anzupassen.

Bild 14: Platz für Wartungsarbeiten.

Eine Druckleitungsreduzierung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Hierbei sind die Druckverluste für die Pumpe mit einzurechnen. Der Mindestquerschnitt der Druckrohrleitungen ist jedoch einzuhalten (Bild 13).

Bild 15: Pumpstation, KL D, aus Wickelrohr PE-HD.

Auch auf die fachmännisch zu verlegende Entlüftungsleitung ist zu achten. Diese muss über Dach geführt werden. Die Lüftungsleitung darf sowohl in die Haupt- als auch in die Sekundärlüftung eingeführt werden. Eine Verbindung mit einer zulaufseitig vorhandenen Lüftungsleitung eines Abscheiders ist nicht erlaubt. Ebenfalls dürfen keine Belüftungsventile für Abwasserhebeanlagenbehälter verwendet werden.

Bild 16: Normgerechter Einbau.

Wartung und Reparatur

Grundsätzlich sollte der Einbauort genügend Platz (60 cm vor bzw. über den zu bedienenden und zu wartenden Teilen) für eine durchzuführende Wartung bzw. Reparatur beinhalten. Auch muss ein Absperrschieber in der Zulaufseite vorgesehen werden, damit der Zufluss von Abwasser unterbunden werden kann, z. B. für Wartungsarbeiten oder den Austausch von Komponenten (Bild 14). Alle Leitungsanschlüsse an eine Hebeanlage sind schalldämmend und flexibel auszuführen. Für den Aufstellungsraum, der trocken, ausreichend beleuchtet und gut be- und entlüftet sein muss, ist ein Pumpensumpf vorzusehen. Der Behälter ist auftriebs- und verdrehsicher zu befestigen.

Bild 17: Individuell gefertigte Hebeanlage mit Behälter aus PE-HD.

Für erdeingebaute Pumpstationen wird als Sammelraum oftmals ein Beton- oder Kunststoffbehälter verwendet. Hier ist die geforderte Belastungsklasse A, B, oder D einzuhalten sowie eine unter Umständen notwendige Auftriebssicherheit herzustellen. Galt früher nur ein schwerer und aufwendig zu versetzender Stahlbeton- Schacht für die Belastungsklasse D ( LKW befahrbar) als geeignet, so gibt es heute leichte und kostengünstig zu versetzende Schächte aus PE-HD Wickelrohr, die ebenfalls diese Belastungsklasse erfüllen (Bild 15). Werden an der Baustelle Einbausituationen vorgefunden, die den ordnungsgemäßen Einbau einer Anlage beeinträchtigen (Bild 16), so ist zusammen mit dem Planer und dem Pumpenhersteller nach einer Lösung zu suchen. Gegebenenfalls muss eine individuell gefertigte Anlage verwendet werden (Bild 17).

Internetinformationen:
www.aco-passavant.de


L i t e r a t u r :
(1) DIN EN 12056-1, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Allgemeine Ausführungsanforderungen
(2) DIN EN 12056-2, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Schmutzwasseranlagen, Planung und Berechnung
(3) DIN EN 12056-3, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Dachentwässerung, Planung und Bemessung
(4) DIN EN 12056-4, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Abwasserhebeanlagen, Planung und Bemessung
(5) DIN EN 12056-4, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Installation und Prüfung, Anleitung für Betrieb und Wartung
(6) DIN 1986-100, Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke Zusätzliche Bestimmungen zu DIN EN 752 und DIN EN 12056
(7) DIN EN 752, Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden, Pumpenanlagen
(8) DIN EN 12050-4, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, Abwasserhebeanlagen Planung und Bemessung


B i l d e r : ACO Passavant Gebäudeentwässerung GmbH


* Manfred Schäfer, Produktmanager Pumpen und Abwasserhebeanlagen, Aco Passavant Gebäudeentwässerung GmbH, Philippsthal.


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