IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2004, Seite 3


EDITORIAL


Preisvergleich statt Geiz

Kaum jemand wird sie nicht kennen, die "Geiz-ist-geil"-Werbung der Elektrogerätekette Saturn. Seit Monaten wird über massive Werbung in Tageszeitungen, Wochenmagazinen, im Radio und Fernsehen der Slogan über ihre sagenhaft günstigen Preise penetriert.

Nur etwas jünger als die Werbekampagne ist die Kritik daran. Etwa der Vorwurf, der Konsument würde in eine Spirale des nach unten führenden Preises gezogen und nur noch gnadenlos preisgünstig einkaufen wollen. Mehr noch: Die Werbebotschaft werde das gesamte deutsche Preisgefüge ins Rutschen bringen und die ohnehin schon dünnen Margen weiter schmälern, natürlich auch die im SHK-Bereich. Eine verantwortungslose Werbebotschaft, die der gesamten Volkswirtschaft schadet und der Konsumflaute Vorschub leistet. So wird keine positive Stimmung gemacht.

Aber stimmt das wirklich, oder handelt es sich vielleicht nur um eine besonders - allein durch die Wortwahl "geil" - reißerische Werbung? Dem Konsumenten soll möglicherweise nur suggeriert werden, wer bei Saturn kauft, bekommt seine Ware nirgendwo günstiger. Und tatsächlich, die Angebote sind meist unschlagbar. Schließlich unterscheidet sich das Produktsortiment von Saturn nicht wesentlich von dem anderer Kaufhäuser. Und das Mittel zur Differenzierung ist vordergründig der Preis.

Die Konsumflaute und der Investitionsstau, unter der nicht zuletzt auch die SHK-Branche zu leiden hat, sind nun nicht auf die deutsche Werbung im Allgemeinen und der "Geiz-ist-geil"-Werbung im Besonderen zurückzuführen. Eine solche Macht lässt sich ihr nicht beimessen. Einen viel größeren Einfluss haben da schon eher die Signale der Politiker: In allen Ressorts wird gespart, Haushaltsbudgets werden eingefroren, Ausgaben gekürzt, Investitionen zurückgefahren. Gleichzeitig wird in hektischer Manier versucht, die Einnahmen des Staates aufzubessern: Die Pendlerpauschale und die Eigenheimzulage werden gekürzt. Dass damit eine Steuerentlastung zu einem gewissen Teil gegenfinanziert wird, übersieht der Konsument sehr leicht. Was bei ihm hängen bleibt sind die Kürzungen. Und die Gesundheitsreform vom Herbst letzten Jahres hat eine ganz besondere psychologische Wirkung: Statt der versprochenen Beitragssenkung wird der Bürger seit Jahresanfang verstärkt zur Kasse gebeten. Und das hat Auswirkungen auf den privaten Konsum. Laut einer aktuellen Emnid-Studie will jeder zweite gesetzlich Krankenversicherte wegen der Mehrkosten im Gesundheitswesen sparen.

Aber auch die Wirtschaft selbst setzt falsche Signale. Die vor wenigen Wochen von der Commerzbank und dem Gerling-Konzern angekündigten Kürzungen der Betriebsrenten erschüttern den Bürger in seinen Grundfesten. Denn die betriebliche Rente wurde bislang als ein wichtiger Pfeiler der Altersvorsorge genannt. Doch darauf kann sich der Pflichtversicherte nun nicht mehr verlassen. Verlassen kann er sich nur auf das, was er heute an Einnahmen - in der Regel seine Einkünfte aus nicht-selbstständiger Arbeit - hat. Seine Reaktion: Sparen, soweit das möglich ist.

"Geiz ist geil" ist nicht das Motto der Deutschen und wird es auch nie werden. Nur wenige werden es sich leisten können, nicht auf den Preis zu schauen, bevor sie etwas kaufen. Wer will von sich schon behaupten, nicht die Sonderangebote der Zeitungsbeilagen zu lesen. Der Preisvergleich ist nichts weiter als ein sehr nützliches Werkzeug, um mit dem vorhandenen Geld einen möglichst großen Nutzen einzufahren. Die Werbekampagne bringt es auf den Punkt.

Detlev Knecht stv. Chefredakteur
IKZ-HAUSTECHNIK


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