IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/2004, Seite 38 ff.
INTERVIEW
Chance für die Branche
Während das klassische Sanitär- und Heizungsgeschäft, bedingt durch den Rückgang der Baugenehmigungen und dem Modernisierungsstau seitens privater Investoren und Kommunen, seit Jahren stagniert, boomt der Markt der Raumklimageräte. Schätzungen zufolge wurden in 2003 allein in Deutschland gut 140.000 Geräte - vom einfachen Mobilgerät bis zu Multi-Split-Systemen - über den Fachhandel verkauft; 1999 lag die Zahl noch unter 100.000. Die Redaktion der IKZ-HAUSTECHNIK sprach mit Hans-Joachim Weege, Vertriebsleiter Inland bei Stiebel Eltron, und Jens Schwekendiek, Produktmanager Klima im selben Hause, über die Chancen dieses Marktes für das SHK-Handwerk.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das klassische Sanitär- und Heizungsgeschäft stagniert bereits seit einigen Jahren; dem gegenüber boomt der Markt der Raumklimageräte förmlich. Dennoch befassen sich nur wenige SHK-Unternehmen mit der Kleinklimatechnik, beispielsweise für Ladengeschäfte und Boutiquen. Verschläft die Branche da einen Trend?
Hans-Joachim Weege: Wir reden hier in der Tat über einen außerordentlich interessanten Markt, wenn man einmal bedenkt, dass die Durchdringung mit Klimageräten bundesweit derzeit kleiner zwei Prozent ist. Hier bietet sich ein enormes Potenzial, das dem Kesselaustauschgeschäft gleichkommt.
Jens Schwekendiek: Eine Anmerkung: Eigentlich ist es leichtfertig, von Klimageräten zu reden. Zur Klimatechnik gehört auch die Luftbe- und -entfeuchtung, die Reinigung sowie Heizen und Kühlen. Genauer gesagt reden wir heute nur von Umluft-Klimageräten. Doch hat sich der Begriff Klimagerät, wenn es um die Erzeugung von Kühlung geht, in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Ist der Bereich der Kleinklimageräte nicht eher für das Kälte- und Klimafachhandwerk prädestiniert?
Über die Marktchancen der dezentralen Klimatisierung für das SHK-Handwerk diskutierten Jens Schwekendiek, IKZ-HAUSTECHNIK-Chefredakteur Markus Sironi und Hans-Joachim Weege (v.l.n.r.). |
Hans-Joachim Weege: Nein. Es gibt bundesweit knapp 3000 Kältefachbetriebe. Die Haupttätigkeit dieser Unternehmen erstreckt sich allerdings auf die Installation und Wartung von Kälteanlagen, Großanlagen und Vollklimaanlagen aber auch Kühltheken oder truhen für Supermärkte oder Lagerhallen, weniger auf den Bereich der Kleinklimageräte. Der heiße Sommer im vergangenen Jahr hat überdies gezeigt, dass das Kältefachhandwerk vielfach gar nicht in der Lage ist, den derzeit noch stark saisonalen Bedarf abzudecken.
Außerdem: Hauptzielgruppe von Kleinklimageräten heute sind Wohnhäuser, Dachgeschoss-Ausbauten, Arztpraxen, Boutiquen oder Anwaltskanzleien. Da stellt sich schnell die Frage, wer denn den Zugang hat zu dieser Zielgruppe? Und da kommt man immer wieder auf den SHK-Handwerker. Er ist derjenige, der regelmäßig die Wartung der Heizungsanlage vornimmt und auch derjenige, der den Heizkörper zwei Meter nach links versetzt, weil ein neuer Durchgang in der Boutique geschaffen werden soll.
IKZ-HAUSTECHNIK: Einer Studie zufolge sollen sich gerade einmal zwei Prozent der SHK-Handwerksfirmen in NRW mit der Installation von Lüftungssystemen befassen. Lediglich 0,5 Prozent sollen im Bereich kleiner Raumklimageräte tätig sein. Diese Zahlen, die sich sicher bundesweit übertragen lassen, zeigen: Das Potenzial an Handwerksbetrieben in diesem Bereich ist vorhanden. Wie aber will man die Betriebe dazu bewegen, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen?
Hans-Joachim Weege: Gemeinsam mit dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima haben wir im Herbst vergangenen Jahres eine Initiative zur Erschließung des Klimamarktes gestartet. Im ersten Schritt finden dazu Informationsveranstaltungen statt, die dem Interessierten die Marktchancen und Möglichkeiten der dezentralen Klimageräte aufzeigen - und natürlich auch den wirtschaftlichen Nutzen für den Betrieb.
Wenn der Markt Klima haben will, wird der Markt Klima bekommen. Wenn das SHK-Handwerk die Chance nicht nutzt, dann wird es ein anderer tun. |
IKZ-HAUSTECHNIK: Nun ist ja für die Installation und Wartung dezentraler Raumklimageräte - abgesehen von den Mobilgeräten - aufgrund des Umgangs mit Kältemitteln eine besondere Sachkunde erforderlich.
Hans-Joachim Weege: Natürlich. Ein Schwerpunkt der gemeinsam mit dem ZVSHK entwickelten Initiative liegt deshalb in der Schulung der Fachhandwerker.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sieht das Schulungskonzept konkret aus?
Hans-Joachim Weege: Die Qualifizierungsmaßnahme besteht aus einem 4-Tages-Seminar, das in zwei Blöcken jeweils freitags/samstags in einem unserer bundesweit acht Schulungscenter stattfindet und abschließt mit einer praktischen Prüfung. Vermittelt werden physikalische Grundlagen, Kenntnisse in Sachen Planung, Installation und Montage von Klimageräten unterschiedlicher Bauart sowie praktische Fertigkeiten. In Baden-Württemberg sind die ersten Veranstaltungen bereits erfolgreich durchgeführt worden, weitere sind in Planung und so wie es aussieht, werden im 1. Halbjahr 2004 alle Landes-Fachverbände bundesweit Schulungen initiiert haben.
Jens Schwekendiek: Interessant in diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte. Erstens: Schulungsmaßnahmen sind für uns ein Marketing-Baustein und deshalb wollen wir nichts daran verdienen. Der Handwerker zahlt für dieses Seminar einschließlich der Prüfung die vom ZVSHK festgelegten 450 Euro; Nicht-Innungsmitglieder zahlen 600 Euro.
Zweitens: Auch nach der Schulung betreuen wir die uns angeschlossenen Fachhandwerker, etwa indem wir Marketinginstrumente zur Kundenansprache zur Verfügung stellen oder Vor-Ort-Planungsunterstützung durch qualifizierte Fachberater leisten. Letztlich bieten wir sogar die Inbetriebnahme von Anlagen durch werkseigene Monteure zum Festpreis an.
Mit unserer Produktpalette sprechen wir sowohl das SHK-, als auch das Elektro-Fachhandwerk an. |
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Art von Anlagen darf der SHK-Fachmann nach erfolgreicher Schulung erstellen, welchen Leistungsbereich kann er damit abdecken?
Jens Schwekendiek: Der Sachkundelehrgang ist auf die Belange des SHK-Handwerks abgestimmt. Er umfasst Planung, Installation, Inbetriebnahme, Instandhaltung und Entsorgung fabrikmäßig hergestellter Klimageräte mit Kältemitteln der Gruppe 1 bis zu einem Füllgewicht von fünf Kilogramm je Klimageräte-Kreislauf. Dass bei diesem Kurs auch die Bereiche Produktschulung, sachgerechter Umgang mit Kältemitteln sowie Marketing professionell vermittelt werden, ist selbstverständlich.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wichtig ist die Wartung von Raumklimageräten?
Jens Schwekendiek: Die Wartung von dezentralen Raumklimageräten ist deutlich weniger aufwendig als beispielsweise die von Heizkesseln. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Kontrolle und Reinigung bestimmter Bauteile.
IKZ-HAUSTECHNIK: Im April 2003 überraschte das Bielefelder Landgericht die Fachwelt mit dem Urteil*, dass die Raumtemperatur in einem Büro 26 °C nicht überschreiten darf, es sei denn, draußen herrschen Temperaturen von mehr als 32 °C. Geklagt hatte eine Anwaltskanzlei aus Gütersloh. Nach dem Gerichtsurteil ist es Aufgabe des Vermieters bzw. des Bauträgers, für erträgliche Innenraumtemperaturen zu sorgen, wie, das bleibt ihm überlassen. Welche Erwartungen verbinden Sie mit diesem Urteil?
Informative BroschüreTipps und Hinweise für die Planung und Installation von Raumklimageräten gibt die Broschüre "Klima-Systeme" von Stiebel Eltron. Neben allgemeinen Erklärungen zum Raumklima und zur Funktion von Klimageräten enthält sie verschiedene Checklisten für Planung, Auslegung, Installation und Inbetriebnahme, einen Kühllastberechnungsbogen sowie umfangreiche technische Informationen aus dem (Klima)Produktportfolio des Unternehmens. Anzufordern ist die 70-seitige Publikation unter der Rufnummer 01803/702010 oder per E-Mail: |
Jens Schwekendiek: Man muss ein wenig unterscheiden, in welche Richtung dieses Urteil zielt. In erster Linie betrifft das Urteil den Planer, der dafür Sorge zu tragen hat, dass keine extremen Temperaturen im Gebäude auftreten. Der Fachhandwerker ist dann allerdings derjenige, der bei Bedarf eine Lösung zur Raumkühlung anbieten kann.
IKZ-HAUSTECHNIK: Den Begriff Lösung greife ich gerne einmal auf. Welche Systeme bietet Stiebel Eltron im Bereich der dezentralen Klimatisierung überhaupt an?
Jens Schwekendiek: Für Wohlfühl-Klima hat das Unternehmen eine ganze Palette anspruchsvoller Installations-Geräte im Programm. Angefangen bei wandhängenden Ausführungen sowie Kassetten- und Truhen-Raumklimageräten bis hin zum Wasser-Klimasystem Hydrima.
IKZ-HAUSTECHNIK: Abschließende Frage: Auf der SHK Essen 2004, die vom 16. bis 20. März stattfindet, soll der Bereich Klima einen wesentlich größeren Raum einnehmen als bisher. Das K für Komfort und Klima soll sich im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung zu einem neuen Standbein entwickeln. Wird die Klimatechnik da nicht überbewertet?
Hans-Joachim Weege: Ganz und gar nicht. Sie sehen, dass die Marktzahlen ständig steigen. Und eine Messe in Essen soll das Thema Klima ins Bewusstsein der hoffentlich rund 60.000 Besucher bringen. Dazu wird es eine große Sonderschau innerhalb der Messe geben, auf der verschiedene Anwendungsgebiete von Raumklimaanlagen in Funktion - also live - gezeigt werden. Büroanwendungen ebenso wie der Privatbereich. Gezeigt werden soll dort nicht nur das entsprechende Klimagerät, sondern auch die dazugehörige Installationstechnik. Im Rahmen dieser Sonderschau wird es außerdem ein breites Forum geben. Dort werden Marketingveranstaltungen durchgeführt, technisches Hintergrundwissen vermittelt und Tipps und Tricks für die Praxis gegeben.
* Aktenzeichen des Urteils: AZ: 3 O 411/01
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