IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2004, Seite 32 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Brennstoffzellen in der Haustechnik
Dipl.-Ing. Matthias Kabus*
Angestoßen durch die globale Klimaentwicklung ist die schadstoffarme und energieeffiziente Erzeugung von Strom und Wärme mehr denn je ein Ziel der Energiewirtschaft. Die Brennstoffzelle kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten und bietet durch hohe Gesamtnutzungsgrade schon bei kleinen Leistungsklassen beste Voraussetzungen für einen Einsatz in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) sowie bei mobilen Anwendungen. Der globale Wettlauf um die Markteinführung der Brennstoffzellen-Technologie hat begonnen - Automobil- und Energiewirtschaft sowie verschiedene Forschungsinstitute entwickeln Laborexemplare, erproben Prototypen und einige Anlagen sind bereits in Betrieb.
Während die Brennstoffzelle im Automobilbereich noch ein mehrjähriges Versuchsstadium vor sich hat, scheint sie sich derzeit mit hoher Geschwindigkeit zu einer interessanten, neuen Alternative zu konventionellen Systemen der Wärme- und Stromversorgung zu entwickeln. Sie kann insbesondere in allen Bereichen, in denen Blockheizkraftwerke (BHKW) genutzt werden, zum Einsatz kommen. Denn die Brennstoffzelle zeichnet sich durch einen besseren Wirkungsgrad und erheblich geringere Emissionen gegenüber motorgetriebenen Systemen aus. Die derzeit in der Entwicklung befindlichen Anlagen sind sowohl für Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Gewerbebetriebe als auch zur Bereitstellung industrieller Prozesswärme interessant.
Bild 1: Stufen der Brennstoffumwandlung. |
Die dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung bewährt sich bereits jetzt in bundesweit über 5000 BHKW’s. Ihr Vorteil liegt in hoher Energieeffizienz im Vergleich zu getrennter Strom- und Wärmeerzeugung, sprich Elektrizitätsbezug vom Energieversorger sowie Heizung und Warmwasserbereitung durch eine eigene Heizzentrale. Der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle liegt mit gut 90% wesentlich höher als bei herkömmlichen Verfahren zur getrennten Erzeugung von Wärme und Strom. Beispielsweise erreicht man mit einem Niedertemperatur-Gaskessel (Normnutzungsgrad 95%) und aus dem deutschen Kraftwerksmix erzeugten Strom (Normnutzungsgrad 33%) zusammen einen Wirkungsgrad von knapp über 60%.
Prinzip der Brennstoffzelle
Das Prinzip der Brennstoffzelle basiert - vereinfacht gesprochen - auf der direkten Umwandlung der chemischen Energie von Brennstoffen wie Wasserstoff, Erdgas und Methanol in elektrische Energie (Bild 1). Dieser auch als "kalte Verbrennung" bezeichnete Weg ist hinsichtlich Effizienz und Schadstoffemissionen jeder anderen Umwandlungstechnologie überlegen. Bei Einsatz von Brennstoffzellen in einem BHKW kommen weitere Vorteile hinzu: So liegt der elektrische Wirkungsgrad - insbesondere im Teillastbereich - vergleichsweise hoch, das Regelungsverhalten ist über das gesamte Leistungsspektrum sehr gut und die Geräuschentwicklung ist minimal.
Bild 2: Funktionsprinzipien von Wasser-Elektrolyse und Brennstoffzelle. |
Im Wesentlichen besteht die Brennstoffzelle aus zwei Elektroden, der Anode und der Kathode, und einem Elektrolyten, der die beiden Elektroden und auch die zuzuführenden Reaktionspartner trennt. Dieser elektrochemische Prozess verläuft prinzipiell in umgekehrter Reihenfolge wie die Elektrolyse. Der Brennstoff Wasserstoff wird kontinuierlich der Anode zugeführt. Dort wird er in Anwesenheit eines Katalysators in Elektronen und Ionen aufgespalten, wobei die Ionen durch die Elektrode zur Kathode transportiert werden. Bedingt durch die Potenzialdifferenz zwischen Brenngas und Sauerstoff fließen die Elektronen über einen externen Stromkreis (elektrischer Verbraucher) zur Kathode und verrichten dabei elektrische Arbeit. An der Kathode verbinden sich die Ionen und Elektronen mit dem zur Kathode zugeführten Sauerstoff zu Wasser, das als Wasserdampf abgeführt wird (Bild 2). Der Wirkungsgrad wird durch konstruktive Merkmale bestimmt. Er wird größer, wenn die Fläche gering belastet wird. Während des Umwandlungsprozesses entsteht bei hohen Wirkungsgraden und niedrigen Schadstoffemissionen Elektrizität und Wärme. Diese Technologie bietet sich also besonders dann an, wenn Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt und verbraucht werden sollen.
Die Brennstoffzelle erzeugt Gleichstrom. Im Wechselrichter wird dieser in Wechselstrom umgewandelt. In der Einzelzelle wird im Betrieb nur eine geringe Spannung von unter etwa 0,7 Volt gemessen, sodass für eine höhere nutzbare Spannung mehrere Brennstoffzellen zu einem Stapel (Stack) in Reihe geschaltet werden. Die Abwärme der Brennstoffzelle wird über einen Kühlkreislauf ausgekoppelt und zu Heizzwecken an den Verbraucher abgegeben.
Die Markteinführung der Brennstoffzellentechnologie wird hauptsächlich im Verdrängungswettbewerb zu konventionellen KWK-Systemen wie Gasmotor- und Gasturbinen-BHKW erfolgen. Im Bereich der Hausenergieversorgung könnten sich die Brennstoffzellen-Heizsysteme mit elektrischer Leistung kleiner 10 kW als Alternative zu konventionellen Heizungsanlagen entwickeln.
Damit sich die Brennstoffzelle als KWK-Anlage etablieren und die derzeit überwiegend eingesetzten BHKW’s ersetzen kann, muss sie folgende Anforderungen erfüllen:
- Angemessene Investitionskosten, unter 1500 €/kWel,
- Geringere Betriebs- und Wartungskosten,
- Entlastung der vorgelagerten Netzebene, Reduzierung des Spitzenlaststrombezuges, z.B. durch gute Regelbarkeit,
- Zuverlässigkeit,
- Einsetzbarkeit in vorhandene Infrastruktur,
- Vernetzung mit intelligenter Kommunikationstechnik.
Bei den Brennstoffzellen unterscheidet man zwei Gruppen, die Niedertemperatur- und Hochtemperatur-Brennstoffzellen. In Tabelle 1 ist eine Übersicht der BZ-Typen und deren Einsatzgebiete dargestellt.
Tabelle 1: Brennstoffzellen, ein Überblick | |||||
AFC | PEMFC | PAFC | MCFC | SOFC | |
BZ-Typ | Alkalische-BZ | Polymerelektrolyt-membran-BZ | Phosphorsäure-BZ | Karbonat- | Festelektrolyt-BZ (Oxidkeramisch) |
Elektrolyt | 30%ige Kalilauge | protonenleitende Membran | konzentrierte Phosphorsäure | Alkalikarbonat-schmelzen | Ytrium stabilisiertes Zirkondioxid |
Arbeitstemperatur | 60 - 120°C | 60 - 120°C | 160 - 220°C | 650°C | 750 - 1000°C |
Brennstoff | Reinstwasserstoff | Wasserstoff, Erdgas, Methanol, Biogas | Wasserstoff, | Wasserstoff, | Wasserstoff, |
Anlagen-Wirkungsgrad elektrisch | ca. 60% | 40 - 58% | 40 - 45% | 55 - 60% | 60 - 70% |
Anfahrverhalten | langsam | schnell | langsam | langsam | langsam |
Lastwechsel- | zügig | schnell | zügig | zügig | zügig |
Entwicklungsstand | kommerziell verfügbar | Labor, erste Versuchsanlagen | kommerziell verfügbar | Labor, erste | Labor, erste Versuchsanlagen |
Einsatzbereiche | Raumfahrt, Sonderanwendungen | mobil und stationär, KfZ, Kleinstanwen- | stationär, BHKW | stationär, BHKW bis Kraftwerk | stationär, Klein-BHKW bis Kraftwerk |
Bei den Niedertemperatur-Brennstoffzellen muss reiner Wasserstoff als Brennstoff eingesetzt werden. Kommen andere Brennstoffe wie z.B. Erdgas, Methanol oder Biogas zum Einsatz, dann muss zuvor in einem Reformer Wasserstoff als Brennstoff für die Brennstoffzelle erzeugt werden. Bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen können die meisten Brennstoffe direkt eingesetzt werden, die Reformierung erfolgt in der Brennstoffzelle. Eine Übersicht zu den Energieträgern und deren Aufarbeitung gibt Bild 3.
Bild 3: Brennstoffzellen und Energieträger. |
Bild 4: Brennstoffzellen-BHKW auf Basis einer PEMFC. |
Am Beispiel eines Brennstoffzellen-BHKW’s (Bild 4) sollen die wichtigsten Bestandteile dargestellt werden:
- Brenngasaufbereitung (Reinigung, Reformer und Shift-Konverter),
- Brenner,
- Brennstoffzelle,
- Wärmeübertrager,
- Wechselrichter,
- sowie Regeleinrichtungen.
Die Einsatzgebiete von stationären Brennstoffzellen kann man in 3 Bereiche unterteilen:
1. Hausenergieversorgung, BHKW < 50 kWel
2. BHKW > 50 kWel
3. Anlagen zur Stromerzeugung im MW-Bereich, z.B. Kraftwerke.
Bild 5: Feldtest-Prototyp eines Brennstoffzellen-Heizgerätes mit einer PEMFC. Quelle: Vaillant GmbH, Remscheid |
Hochtemperaturtechnologien haben Ihre Einsatzgebiete in MW-Bereichen, die vorwiegend im Dauerbetrieb gefahren werden, da sie längere Anheiz- und Abkühlzeiten benötigen. Für Leistungen unterhalb 1 MW sind Nieder- und Hochtemperatursysteme gleichermaßen einsetzbar. Niedertemperaturbrennstoffzellen haben relativ kurze Anheiz- und Abkühlzeiten und sind daher besonders für Einsatzgebiete geeignet, in denen häufiges An- und Abfahren erforderlich ist, oder wo schnelle und stark schwankende Lastprofile vorhanden sind:
Schnelle Lastwechsel:
- Mobile Anwendungen (Auto)
- Portable Anwendungen (Laptop, Handy)
- Hausenergieanwendungen (Mini-BHKW)
Langsame Lastwechsel:
- Blockheizkraftwerke
- Grundlastkraftwerke
Im Bereich der Hausenergieversorgung sind verschiedene Hersteller bereits zu Feldtests übergegangen. Dabei kommen die Anlagen sowohl in Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie in kleineren Gewerbebetrieben zum Einsatz.
Kommerziell entwickeln die folgenden Firmen Brennstoffzellenanlagen für die Hausenergieversorgung:
PEMFC-Brennstoffzellen
- Vaillant in Zusammenarbeit mit Plug Power (USA),
- European Fuel Cells (efc) in Zusammenarbeit mit Dais-Analytic (USA),
- Viessmann u.a. in Zusammenarbeit mit der Universität Dortmund und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) Ulm,
- Buderus in Zusammenarbeit mit International Fuel Cells (IFC, USA),
- Nuvera (I) eine Firmengründung aus De Nora Fuel Cells (I) und Epyx Corporation (USA).
SOFC-Brennstoffzellen
- Sulzer Hexis (CH)
- Entwicklungs- und Vertriebsgesellschaft Brennstoffzelle (EBZ) Dresden.
- vertretbare Investitionskosten, unter 1500 €/kWel,
- Langlebigkeit (> 40.000 Betriebsstunden),
- hohe Verfügbarkeit,
- hohe Effizienz,
- Schadstoffarmut bei Einsatz fossiler Brennstoffe.
Brennstoffzellen haben gegenüber motorisch angetrieben BHKW’s den Vorteil, dass der elektrische Wirkungsgrad wesentlich höher ist. Während BHKW’s elektrische Wirkungsgrade zwischen 25 und 35% erreichen, liegt er bei Brennstoffzellen zwischen 40 und 60%. Diesen Vorteil macht die Brennstoffzelle als zukünftige dezentrale Energieversorgungszentrale im Wohnungssektor, besonders im Niedrigenergiehausbereich, interessant. Durch den immer geringer werdenden spezifischen Wärmebedarf und den eher gleich bleibenden Bedarf an elektrischer Energie muss das Verhältnis von Strom- und Wärmeerzeugung (Stromkennzahl) ansteigen.
Für Brennstoffzellenanlagen mit hoher Leistung ist ein hoher elektrischer Wirkungsgrad von besonderer Bedeutung, da eine vollständige Nutzung der Abwärme wie bei herkömmlichen Kraftwerken schwierig ist. Daher wird versucht, bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen durch Nachschaltung einer Turbine im heißen Abgas den elektrischen Wirkungsgrad zu erhöhen.
Folgende Unternehmen stellen Brennstoffzellenanlagen größerer Leistung her:
- UTC Fuel Cell (USA), derzeit einzige kommerziell verfügbare BZ, PAFC-BHKW mit 220 kWel
- Alstom Ballard (Kan), PEMFC-BHKW mit 250 kWel
- MTU Friedrichshafen (D), MCFC-BHKW mit 250 kWel
- Siemens Westinghouse PG (USA), SOFC-BHKW mit 100 oder 220 kWel
Ausblick
Generell sind die Erhöhung der Lebensdauer, die Realisierung eines einfachen und robusten Anlagenaufbaus und die Reduzierung der Investitionskosten Inhalt der aktuellen Entwicklungsarbeit. Im Bereich der Niedertemperatur-Brennstoffzellen (AFC, PEMFC, PAFC) wird weiterhin der Schwerpunkt bei der Brenngasaufbereitung zur Verbesserung des Systemwirkungsgrades liegen. Die wesentlichen Entwicklungsbemühungen bei den Hochtemperatur-Brennstoffzellen (MCFC, SOFC) werden durch die Arbeit an der Materialverbesserung gekennzeichnet sein.
Weitere Informationen zu Brennstoffzellen sind in einer kostenlosen Broschüre der Energieagentur NRW zusammengefasst. Bestellungen oder Download als PDF-Datei unter www.ea-nrw.de.
Internetinformationen: |
* Dipl.-Ing. Matthias Kabus, Mitarbeiter der Energieagentur NRW, Wuppertal
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