IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2003, Seite 34 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Europäisierte Heizlastberechnung

DIN EN 12831 löst nationale DIN 4701 ab

*Hans Markert · Dr. Lutz Blaich Teil 3

Ab 1. April 2004 gilt ein neues Verfahren zur Berechnung der Heizlast. Während in Ausgabe 21/03 das vereinfachte Berechnungsverfahren nach DIN EN 12831 vorgestellt wurde, hat der zweite Teil in Heft 23/03 damit begonnen, das ausführliche Berechnungsverfahren zu beschreiben. Der vorliegende dritte Teil schließt die Serie ab.

Lüftungswärmeverluste

Wie DIN 4701 ermittelt DIN EN 12831 ebenfalls den Lüftungswärmebedarf aus natürlicher Infiltration und/oder mechanischer Belüftung und vergleicht diesen mit dem Mindest-Lüftungswärmebedarf. In Erweiterung zu DIN 4701 berücksichtigt DIN EN 12831 jedoch auch mechanische Lüftungsanlagen mit Zuluftüberschuss, während DIN 4701 nur mechanische Lüftungsanlagen mit Abluftüberschuss kennt.

Bevor die einzelnen Anteile genauer im Vergleich zu DIN 4701 dargestellt werden, wird zuvor noch auf einen grundsätzlichen Unterschied hingewiesen: DIN EN 12831 berechnet zunächst nicht den Lüftungswärmeverlust direkt, sondern ermittelt zunächst die Volumenströme aufgrund von Infiltration (entsprechend freie Lüftung) und/oder auch für die mechanische Belüftung, die mit dem Mindest-Luftvolumenstrom verglichen wird. Die einzelnen Anteile der Volumenströme werden wie folgt ermittelt:

Infiltration (natürliche Belüftung)

DIN EN 12831 berechnet das einströmende Luftvolumen durch Infiltration zu

Vinf = 2 · VR · n50 · e · e [m3/h]

mit

VR = Raumvolumen in m3

n50 = Luftwechselrate bei einer Druckdifferenz von 50 Pa (Tabelle 7 NA) in h-1

e = Abschirmungskoeffizient (ohne Einheit)

e = Höhenkorrekturfaktor (ohne Einheit)

Tabellen 1 und 2 stellen auszugsweise einige Daten zusammen.

Tabelle 1: Luftwechselrate bei 50 Pa Druckdifferenz n50
Tabelle 2: Abschirmungskoeffizient ei für verschiedene Gebäudestandorte

Mechanische Belüftung

Es werden zwei Fälle unterschieden:

Mechanische Lüftungsanlage mit Zuluftvolumenstrom

Bei dieser mechanischen Belüftung wird ein Temperatur-Reduktionsfaktor fV eingeführt, um den Volumenstrom ebenfalls mit dem Gesamt-Dq multiplizieren zu können.

Der durch die Anlagenkonzeption bestimmte Volumenstrom Vsu wird mit dem vor beschriebenen Reduktionsfaktor korrigiert:

Vsu = Vsu · fV [m3/h]

und als thermisch wirksamer Zuluftvolumenstrom in die Berechnung des Lüftungswärmeverlustes eingesetzt.

Mechanische Lüftungsanlage mit Abluftüberschuss

Durch den herrschenden Unterdruck wird die Differenz zwischen Zu- und Abluft durch die Außenluft ersetzt, die aufgrund des Unterdruckes durch die Undichtheiten (z.B. Fensterfugen) in den Raum eintritt. Der Reduktionsfaktor ist also nicht einzusetzen! Das Abluftvolumen Vmech,inf wird bestimmt aus der Differenz zwischen Zu- und Abluft (Vex > Vsu):

Vmech, inf = Vex - Vsu [m3/h]

Mindest-Frischluftanteil

Aus hygienischen Gründen (wie auch DIN 4701) schreibt EN 12831 Mindest-Luftwechselraten vor. Diese sind in Tabelle 6, NA (Abschnitt 7.2.1) angegeben und z.B. für normale bewohnbare Räume 0,5 oder für Bad bzw. WC 1,5-fach. Der Mindest-Volumenstrom wird bestimmt zu:

Vmin = nmin · VR [m3/h]

Ermittlung des "thermisch wirksamen" Luftvolumenstroms

Wie bereits dargestellt, wird nicht sofort der Lüftungswärmeverlust berechnet, sondern zunächst der "thermisch wirksame" Volumenstrom. Er wird - wenn die mechanische Belüftung mit berücksichtigt wird - aus drei Teilen bestimmt:

Vtherm = Vinf + Vsu · fV + Vinf, mech [m3/h]

mit

Vtherm = thermisch wirksamer Luftvolumenstrom in m3

Vinf = infiltrierter Luftvolumenstrom (= freie Lüftung) in m3

Vsu = mechanischer Zuluftvolumenstrom in m3

fV = Temperaturkorrekturfaktor (ohne Einheit)

Vmech, inf = Überschuss Abluftvolumenstrom in m3/h

Dieser so ermittelte thermisch wirksame Luftvolumenstrom muss mindestens gleich dem hygienisch notwendigen minimalen Luftvolumenstrom sein:

Vtherm = max. (Vtherm,Vmin) [m3/h]

Berechnung Lüftungswärmeverlust

Zunächst Berechnung von HV:

HV = 0,34 · Vtherm [W/K]

mit cp · r = 0,34

Der Lüftungswärmeverlust wird somit berechnet zu:

FT = HV · (qint - qe) [W]

Räume mit unterbrochenem Heizbetrieb

Für Gebäude oder Räume mit unterbrochenem Heizbetrieb sieht DIN EN 12831 eine Aufheizleistung vor, um die geforderte Norm-Innentemperatur nach einer Temperaturabsenkung innerhalb einer bestimmten Zeit erreichen zu können. Sie ist jedoch nicht notwendig, wenn in anderen Auslegungsvorschriften (z.B. DIN EN 60531, DIN 4703 Teile 1 bis 3) diese Heizlast bereits berücksichtigt wurde. In diesen Fällen ist die Nettoheizlast zugrunde zu legen. Die zusätzliche Aufheizleistung muss mit dem Auftraggeber vereinbart werden. Teil 1 dieser Artikelreihe gibt dazu nähere Hinweise.

Die Ermittlung des Innentemperaturabfalls DqRH erfolgt entweder durch Annahme (aus Erfahrung, z.B. 2 K bei Wohngebäuden, 8 h unterbrochener Heizbetrieb) oder durch eine Berechnung. Diese Berechnung ist im deutschen Anhang angegeben.

Norm-Heizlast eines Raumes

Die Norm-Heizlast eines Raumes ist die Summe aller Wärmeverluste. Gemäß NA wird zunächst die Netto-Heizlast berechnet zu:

FHL, Netto = FT + FV [W]

und stellt damit die mit DIN 4701 direkt vergleichbare Größe dar. Die Norm-Heizlast eines Raumes ergibt sich dann zu:

FHL = FHL, Netto + FRH [W]

Berechnung der Norm-Heizlast nach DIN EN 12831 (ausführliches Verfahren)

Norm-Heizlast eines Gebäudes

Die Norm-Heizlast eines Gebäudes ist die Summe aller Wärmeverluste

FHL, Geb = SFT + SFV + SFRH [W]

wobei die Berechnung des Lüftungswärmeverlustes auf folgenden Luftvolumenströmen basiert:

Das bedeutet zum einen, dass bei mechanischem Zuluftvolumenstrom der Wirkungsgrad eines Wärmerückgewinnungssystems berücksichtigt wird, vor allem aber auch, dass der minimale Lüftungswärmeverlust nicht mehr mit dem gleichzeitig wirksamen Lüftungswärmeanteil z = 0,5 multipliziert wird.

Formblätter

Diese sind im Wesentlichen bereits im ersten Teil beschrieben. Nachstehend ist beispielhaft eine Berechnung der Normheizlast für das ausführliche Verfahren (gleicher Raum wie im vereinfachten Verfahren) gezeigt:

Ergänzende Hinweise zur Beispielrechnung

Zusammenfassend können die wesentlichen Unterschiede zur DIN 4701 wie folgt dargestellt werden:

Vergleich DIN 4701/DIN EN 12831

Zur Frage, wie sich die Ergebnisse im Vergleich zur DIN 4701 darstellen, lassen sich folgende Aussagen treffen:

Transmissionswärmeverluste

Nach DIN EN 12831 ergeben sich bei der Transmissionswärmeverlustberechnung höhere Werte

Lüftungswärmeverluste

Zum Lüftungswärmeverlust lässt sich aussagen, dass bei "normalen" Gebäude bis zu 10 m Höhe und in normaler Lage in aller Regel der Mindest-Luftwechsel dominiert, sodass diese Ergebnisse mit DIN 4701 übereinstimmen. Ansonsten sind die Berechnungen des Lüftungswärmebedarfs überhaupt nicht miteinander zu vergleichen:

Zusatz-Heizleistung

Die Zusatz-Heizleistung muss mit dem Auftraggeber ausdrücklich vereinbart werden.

Schlussbemerkung

Man muss sich an die neuen internationalen Symbole gewöhnen. Auch erfordert die neue Berechnungsart, nämlich zunächst die Wärmeverlust-Koeffizienten H zu berechnen bei gleichzeitiger Temperaturkorrektur und als Summe mit dem Gesamt-Dq zu multiplizieren, ein gewisses Umdenken.

Es wird sein wie beim EURO: man gewöhnt sich schnell daran!


* Hans Markert, Dr. Lutz Blaich, Hottgenroth-Software, Köln


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]