IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/2003, Seite 44 ff.
REPORT
Funk- und M-Bus-System
Verbrauchsdatenerfassung und -abrechnung
Projekt Pestitzer Weg: In diesem elfgeschossigen Wohnhaus wurde ein "Funk-Ablesesystem" installiert. |
Zwei neue Varianten der Verbrauchsdatenerfassung und -abrechnung bietet seit einiger Zeit die Viterra Energy Services (VES) an. Die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion informierte sich bei Anwendern in Dresden und Köthen über die neuen Systeme. Die dortigen Wohnungsgesellschaften suchten einen Dienstleister, der "alles aus einer Hand" bietet. Dies fanden sie im Unternehmen Viterra Energy Services, das nach eigenen Angaben weltweit führender Spezialist für verursachungsgerechte Abrechnung von Wasser- und Energieverbräuchen ist.
Innenhof Magdeburger Straße, Köthen.
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Projekt Köthen: Diese Häuserzeile in der Magdeburger Straße wurde mit einem M-Bus-System ausgestattet.
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Die Verwaltungsgesellschaften von Miet- und Eigentumswohnungen, seien sie nun genossenschaftlich oder privat organisiert, stehen unter Kostendruck - der zu effizientem Handeln auffordert. Demgegenüber ist aufgrund der "mobilen Gesellschaft" wie Arbeitsplatzwechsel, Single-Trend, Reiselust, Auslandsaufenthalt etc., Wohnungswechsel oder Nichterreichbarkeit vorprogrammiert. Die Verwaltungsgesellschaften versuchen nun, den hohen personellen Aufwand der Ableseverfahren mit neuen innovativen Systemen zu reduzieren und die Abrechnung der Energieverbräuche noch präziser zu gestalten.
Diesen Weg haben die Wohnungsgenossenschaft "Glückauf" Süd Dresden e.G. (WGS) und die Wohnungsgesellschaft Köthen mbH (WGK) eingeschlagen.
Um Wärme- und Wasserverbrauchsdaten in einer Liegenschaft tagesgenau und korrekt abrechnen zu können, sind automatisierte Systeme zur Datenerfassung, -sammlung und -weiterleitung von großem Vorteil. Dies bestätigten uns auch die Vertreter der Wohnungsgenossenschaft "Glückauf" Süd-Dresden e. G., Dipl.-Ing. Klaus Wollmann und Dipl.-Ing. Volker Böhm von der Wohnungsgesellschaft Köthen mbH.
Projekt Pestitzer Weg
Dipl.-Ing. Klaus Wollmann sieht in dem von der Wohnungsgenossenschaft eingebauten Funksystem den "Einstieg in die Gebäudeleittechnik". Das Funksystem war für den Techniker die erste Wahl, da mit geringem Installationsaufwand in bewohnten Liegenschaften, in einem elfgeschossigen Wohnhaus mit ca. 40 Wohneinheiten, moderne Ablesesysteme eingebaut werden konnten. Hinzu kommt der komfortable Ansatz, den Mietern die Eigenablesung zu ermöglichen. In der Liegenschaft wurden entsprechende Broschüren unter den Mietern verteilt, die zahlreich genutzt werden, so erläuterte Wollmann der IKZ-HAUSTECHNIK.
Funktionsschema der Ablesung per Funk-System. |
Jan Altenkirch, VES Niederlassung Dresden, demonstriert die einfache und unkomplizierte Ablesung per Laptop und Schnittstelle. |
Funksystem
Das Funksystem bietet in der bisherigen, nicht vernetzten Form den Vorteil, dass für die Ablesung die Nutzeinheit nicht mehr betreten werden muss. Der Nutzer wird nicht mehr gestört und muss auch keinen Ableser in seine Wohnung lassen. Für den Vermieter wird die Sicherheit der Abrechnung erhöht; es liegen auch dann Verbrauchswerte vor, wenn kein Zugang zur Wohnung möglich ist.
Mit der Vernetzung kommt der Vorteil hinzu, dass alle Daten an einem einzigen Punkt in der Liegenschaft abgelesen werden können. Alle Datensammler mit Ausnahme der Hauszentrale können so an unauffälligen Stellen, oder auch innerhalb einer Nutzeinheit montiert werden. Damit können nun auch Liegenschaften ausgerüstet werden, die bisher nicht ausstattungsfähig waren, z. B. Häuser mit außen liegenden Zugängen zu den Nutzeinheiten. Einzige Voraussetzung ist, dass ein Raum der Liegenschaft für einen Ableser zugänglich sein muss. Dort wird die Hauszentrale montiert. Mit einem Modem ausgestattet kann jederzeit aus der Niederlassung eine Ablesung durchgeführt werden.
Datenkonzentrator vereinfacht Auswertung
Durch drahtlose Übermittlung können die Verbrauchsdaten von Gebäuden mithilfe eines so genannten Datenkonzentrators zentral erfasst und mit dem PC ausgelesen werden.
Dieses batteriebetriebene Gerät erhält sechsmal täglich Funktelegramme von den Endgeräten, die Informationen über den Zählerstand, das Datum, die Einheit des Messwertes und mögliche Fehlermeldungen enthalten. Die übermittelten Daten sind verschlüsselt, um eine Abhör- und Manipulationssicherheit zu garantieren. Ein Hochfrequenzsender und eine im Gehäuse integrierte Antenne übertragen die Daten bei einer Frequenz von 433,82 MHz. Die Sendeleistung der Geräte beträgt weniger als 10 mW bei einer Sendedauer von wenigen Sekunden pro Tag (Vergleich: Handys senden je nach Ausführung und Betriebsstufe mit einer Leistung von etwa 1.000 bis zu 2.000 mW). Übertragungsfehler in den Telegrammen werden durch einen fehlerkorrigierenden Code (BCH-Verfahren) erkannt und beseitigt. Durch die Senderverfolgung wird der Datenkonzentrator nur zum Empfang von Funktelegrammen aktiviert. In der übrigen Zeit sorgt ein Powermanagement (Sparprogramm) für niedrigen Energieverbrauch.
Detail: Datenkonzentrator bei der Übertragung per optischer Schnittstelle. |
Detail: Übersichtliche Tabellenverknüpfung der gerade eingelesenen "gefunkten" Datenketten. |
Kundenkomfort steht im Vordergrund
Das System ist zur Verwendung in Mehrfamilien- und Bürohäusern entwickelt worden. Der Datenkonzentrator wird zentral installiert und kann selbst in komplexen Liegenschaften mit bis zu 45 Endgeräten verbunden werden. Die Schätzung der Verbrauchsdaten bei mehrfach nicht eingehaltenen Terminen entfällt. Es entsteht eine vollständig verursachergerechte Abrechnung der Verbrauchsdaten, die für jeden Mieter einsehbar ist. Durch ein multifunktionales LC-Display kann der Nutzer seine Verbräuche jederzeit selbst kontrollieren. Auch beim Mieterwechsel entfällt der Abstimmungsaufwand mit dem Ableser, da sich rückwirkend eine exakte Abrechnung erstellen lässt.
Projekt Köthen
Das Köthener-Projekt*, das ein Sanierungs- und Modernisierungskonzept eines ganzen Häuserblocks (mit alter Bausubstanz) umfasste, beinhaltete bereits von der Planung an das kabelgebundene M-Bus-System für Gebäudeleittechnik, wie uns der technische Mitarbeiter Dipl.-Ing. Böhm erläuterte. Böhm weiter: "Wir hatten das Glück, dass die Zuschnitte der Wohnungen für die Installation günstig waren. Daher konnten wir in den Montageschächten sowohl Messgeräte als auch die Verkabelung unterbringen. Für mich ist das System äußerst hilfreich, da ich tagesaktuelle Daten auch für statistische Zwecke per Knopfdruck verwenden kann."
M-Bus-System
Energiemanagement beginnt mit der separaten Erfassung des Verbrauchs von Wärme und Wasser. Gerechtere Messergebnisse sind auch für die Mieter/Nutzer ein erstrebenswertes Ziel. Nur so wird auch ein bewussterer und sparsamerer Umgang mit Energie erreicht. Präzisionsmessgeräte und entsprechende Messverfahren sowie elektronische Auswertungen tragen zu dieser Umsetzung bei. Mithilfe der Systemtechnik über M-Bus (Metering-Bus) können bis zu 2.000 Zähler permanent und zentral abgelesen werden. Dies ist direkt vor Ort oder mittels Datenfernübertragung an eine externe Leitstelle möglich. Messgeräte wie Strom-, Gas- und Wasserzähler ohne eigene Schnittstelle können über entsprechende Impuls-Module in das M-Bus-System integriert werden.
Bei Hendrik Oertel, VES Niederlassung in Schkeuditz, laufen die Daten zusammen und werden für die jeweiligen Abrechnungsvorgänge aufbereitet. |
Funktionsschema des Datenflusses per M-Bus-System. |
Im Technischen Büro, der "Datenleitstelle", von Dipl.-Ing. Volker Böhm sind die Netzteile über den M-Bus Level-Converter und ein Modem verknüpft. Hier sind Kontrollfunktion und Auswertung der Daten möglich. |
Bus-Prinzip
Das Prinzip basiert auf einem Master - Slave Verfahren.
Master = Level-Converter (Schnittstelle PC - Netz)
Slave = Endgerät
Die Software fragt über den Level-Converter einzeln die Busadressen 1 - 250 ab. Die entsprechenden Verbrauchserfassungsgeräte antworten mit einem Datentelegramm. Die Endgeräte-Daten werden auf dem PC zur Weiterverarbeitung abgespeichert. Mit einem verkabelten M-Bus Netz können bis zu 250 Busadressen (Endgeräte) angeschlossen und abgefragt werden.
Weiterhin besteht die Möglichkeit ein erweitertes Bus-Netz aufzubauen, indem ein Bus-Switcher (Kanalumschalter) eingesetzt wird. Somit können bis zu 2000 Endgeräte (acht Kanäle mit je 250 Endgeräten) an einer zentralen Stelle ausgelesen werden.
Die Installation der M-Bus-Leitung sind grundsätzlich nach den VDE-Richtlinien durchzuführen. Die Netzwerk-Leitung ist ein zweiadriges möglichst abgeschirmtes Kabel. Alle M-Bus-fähigen Geräte sollten auf kürzestem Wege miteinander verbunden werden.
Die maximale Gesamtkabellänge ist 4.000 Meter pro Segment und ist vom Leitungsquerschnitt (nicht unter 0,5 mm2) und von den kabelspezifischen Eigenschaften abhängig. Die maximalen Leitungslängen sind einzuhalten, da sonst Übertragungsfehler auftreten können. Die Kabelnetze können in Stern-, Baum- oder in linearer Struktur ausgeführt werden. Ringanlagen sind nicht möglich.
Bausteine des Systems: Gaszähler mit Impuls Modul, Bus-Switcher und Trennrelais. |
Fazit
Jedes der erwähnten Systeme hat für die Betreiber der Anlage deutliche Vorteile in der Verwaltung der Wohnungseinheiten. Ablesetechnisch erlauben beide Systeme den Zugriff auf tagesaktuelle Datensätze zur Ermittlung der Wärmemengen, Energie- und Wasserverbräuche. Aber auch der Nutzer hat komfortable Möglichkeiten seine Verbräuche selbst zu kontrollieren. Die Systeme erlauben einen Plausibilitätscheck der jeweiligen Anlage. So können Übermittlungsfehler oder auch "Manipulationen" an den einzelnen Mess- und Erfassungsgeräten erkannt werden. Das Funksystem ist vorrangig für den Mehrfamilien und Bürobau geeignet, bei dem kabelungebunden etwa 500 Endgeräte in einem Netzwerk mit einer Betriebszeit von zehn Jahren installiert werden können. Das M-Bus-System ist hingegen ein voll integrierbares System für die Gebäudeleittechnik mit bis zu 2.000 Endgeräten. Es ist für Großanlagen im Gewerbe-, Büro- und Wohnungsbau geeignet.
Viterra Energie Services
Das Dienstleistungsunternehmen Viterra Energy Services AG (VES) ist mit ca. 10 Mio. betreuter Wohneinheiten weltweit führender Spezialist für die verursachungsgerechte Abrechnung von Energie und Wasser. 1999 firmierte die Raab Karcher Energy Services AG in die VES AG um. Bei den Kunden noch gut als ehemalige ista-haustechnik bekannt, gehörte die Viterra Energy Service AG bis 1. Januar 2003 zum Verbund der E.ON AG. Heute ist das Unternehmen im Besitz des britischen Finanzinvestors CVC Capital Partners. In 2002 erzielte VES mit rund 3700 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 463 Millionen Euro.
Internetinformationen: |
* Das Vorhaben wurde mit Städtebaufördermitteln des Bundes, des Landes und der Stadt Köthen (Anhalt) gefördert
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