IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2003, Seite 32 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Die Weiterentwicklung der Heizungstechnik
Revolution oder stetiger Entwicklungsprozess?
Marc Oliver König*
Dass sich die Welt langfristig auf umgreifende Veränderungen bei der Verwendung fossiler Brennstoffe einstellen muss, ist uns inzwischen allen bewusst. Auch die Politik hat sich mittlerweile darauf eingestellt. Die CO2-Gipfel von Rio und Kyoto belegen dieses, aber auch die Bestrebungen der politischen Führungen in Deutschland. In den letzten Jahrzehnten wurden durch entsprechende Gesetze und Verordnungen die Rahmenbedingungen für eine rationelle Verwendung von fossilen Brennstoffen nachhaltig nach vorne getrieben. Diese Politik wird auch fortgesetzt. Insgesamt ist in dieser Beziehung in Deutschland in den letzten Jahren schon viel passiert; entsprechend hoch sind aber auch die Zielsetzungen für die Zukunft.
So hat das Bundeskanzleramt in seinem Entwurf zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Ende 2001 ein CO2-Minderungsziel von 25% bis 2005 - basierend auf 1990 - verkündet. Die nächste Zielsetzung von - 40% bis 2020 ist der Koalitionsvereinbarung SPD/Grüne vom Oktober 2002 entnommen.
Bei der Realisierung spielen die privaten Haushalte eine wichtige Rolle. Schließlich haben sie einen Anteil von rund 28% am Endenergieverbrauch (siehe Tabelle 1). Die Kosten pro Haushalt liegen durchschnittlich bei 665 EUR für Warmwasserbereitung und Raumbeheizung.
Tabelle 1: Energiedaten Deutschland 2000
in PJ | % | |
Primärenergieverbrauch | 14179 | |
Endenergieverbrauch | 9197 |
|
Beitrag erneuerbare Energien zun | 380 | 2,7 |
davon durch Solarthermie, | 9 | 0,06 |
Quelle: BMWI-Energiedaten 2002
Noch ist der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch gering. Um so wichtiger ist es, die konventionelle Technik energetisch so weit wie möglich zu optimieren und den nicht effizienten Bestand, in dem der Einsatz von erneuerbaren Energien oft aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht erfolgen kann, zu sanieren. Schließlich gibt es in Deutschland 38 Mio. Haushalte, die Anzahl der Neubauten dagegen beträgt zurzeit unter 300.000 Einheiten pro Jahr.
Aus dieser Umfeldbetrachtung lässt sich der Erfolg der Brennwerttechnik ableiten. Diese hat sich aufgrund ihrer mittlerweile universellen Einsetzbarkeit in den letzten zehn Jahren stetig (und unrevolutionär) entwickelt und macht heute bereits ein Drittel des jährlichen Absatzvolumens an Kesseln in Deutschland aus.
Diagramm 1: Primärenergieverbrauch und CO2-Emissionen in Deutschland (Quellen: DIW & BMWI). |
Die August Brötje GmbH, ein Unternehmen des europaweit tätigen Heizungsspezialisten Baxi Group Ltd., hat bereits Anfang der 1990er-Jahre angefangen, sich auf das Thema Brennwerttechnik zu konzentrieren und bietet diese Technik heute in der 3. Generation an. Stetige Weiterentwicklung und steigende Volumen ermöglichten den Ausbau der Modellpalette im Bereich von 3-500 kW in verschiedenen Variationen und auf der Basis einer durchgängigen Plattform bei gleichzeitiger Reduzierung der Stückkosten. Angefangen hatte es mit einem Gerät im kleinen Leistungsbereich und sehr geringen Stückzahlen. Mittlerweile repräsentiert dieses Produktsegment einen bedeutenden Anteil mit nach wie vor steigender Tendenz.
Bild 1: Übersicht über die verschiedenen Varianten der Brötje-Brennwertgeräte. |
Doch neben der Brennwerttechnik hat sich in Deutschland in den letzten Jahren eine weitere Technik etabliert: die thermische Solarenergie-Nutzung. Zwar bei weitem noch nicht so erfolgreich wie die Brennwerttechnik, ist sie dennoch längst den Kinderschuhen entwachsen und erfreut sich beim Endverbraucher einer steigenden Beliebtheit.
Der Grund dafür liegt zum einen in der erwiesenen Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Systeme, zum anderen aber auch in der durch staatliche Förderung und fallende Stückkosten erreichten Bezahlbarkeit dieser Technik. Bei der Solartechnik muss man sich bewusst sein, dass dieses System alleine nicht ausreichend ist, um den Bedarf an Heizwärme und Warmwasser zu decken. Es muss daher immer zusätzlich ein Wärmeerzeuger eingesetzt werden. Außerdem sind neben den Solarkollektoren weitere Komponenten wie etwa eine zusätzliche Pumpengruppe, spezifische Regelungstechnik sowie je nach Anwendungsfall ein Trinkwasserspeicher mit zwei Heizschlangen oder ein Speicher mit Pufferfunktion für die Heizungsunterstützung erforderlich. Dass die Verbraucher heute aus ökologischen Beweggründen bereit sind, diese Zusatzinvestitionen zu tätigen, obwohl eine finanzielle Amortisation gegenüber einer Standard-Wärmeerzeugeranlage nur in den seltensten Fällen gegeben ist, ist eine wesentliche Voraussetzung und Motivation dafür, dass sich die Heiztechnik-Industrie heute schon mit der Technik von morgen beschäftigt und bereit ist, weit reichende Investitionen zu leisten.
Bild 2: Brötje Ecotherm Plus WGB 2. |
Am Beispiel der bereits voll etablierten Brennwerttechnik und der inzwischen reifen Solartechnik lassen sich auch für zukünftige Technologien Parallelen ziehen: Die Zeit, die benötigt wird, um eine Technologie zur Reife und zur Entfaltung ihres vollen Volumen- und Einsparpotenzials zu führen, ist in der Heizungstechnik ungleich anderer Elektronik- oder Konsumgüter nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten zu messen. Der Grund dafür ist der hohe Investitionswert und die erreichte Lebensdauer bestehender Systeme.
Vor einem durchgreifenden Erfolg steht die Notwendigkeit, die Technologie aus dem Labor in die Praxis zu übertragen, um dort die erwartete Zuverlässigkeit und Haltbarkeit zu beweisen. Dieses erfordert eine nachhaltige Investitionsbereitschaft von allen beteiligten Marktpartnern.
Es ist unbedingt erforderlich, dass sich das verarbeitende Gewerbe mit der neuen Technologie umgreifend auseinander setzt und bereit ist, in Ausbildung an Geräten und Systemen zu investieren. Fehler in der Anwendung werden von Endkunden nicht akzeptiert. Aufgrund des fehlenden Gerätevolumens ist anfänglich mit hohen Preisen zu rechnen. Diese werden erst nach einigen Jahren signifikant fallen.
Bild 3: Nutzenunterschied dezentrale/zentrale Strom-Wärmeerzeugung. |
Die Branche muss sich also bewusst sein, wo sie investiert und welche Aufwendungen erforderlich sind, um eine neue Technologie einzuführen. Die Gefahr, sich zu verzetteln und zu viele Technologien gleichzeitig zu verfolgen, kann einen diversifizierten Markt mit hohen Preisen aufgrund von geringen Stückzahlen zur Folge haben. Dieses dient weder der Industrie noch dem Handwerk und auch nicht den Endverbrauchern. Darum ist es erforderlich, die möglichen Technologien im Vorfeld zu bewerten und dabei auch auf ihre Zukunftssicherheit zu überprüfen.
Technologie-Initiative gestartet
Baxi hat aus diesem Grund eine Initiative gestartet, in der die möglichen Technologien bewertet werden. Erste Ergebnisse dokumentieren sich in dem Kauf der Firmen SenerTec GmbH (Schweinfurt) und european fuel cell gmbh (Hamburg). Beides Firmen, die sich mit der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) beschäftigen. Der Vorteil dieser Technik ist offensichtlich: durch die lokale Produktion von Strom bei gleichzeitiger Nutzung der Abwärme für die Heizung und Warmwasserbereitung wird die stark Verlust behaftete Produktion von Strom in Kraftwerken vermieden und somit erheblich Primärenergie eingespart. Damit einher geht eine Vermeidung von bis zu 50% der CO2-Emissionen, zudem fällt gleichzeitig ein "Veredelungsgewinn" von Gas zu Strom an. Dieser macht sich aufgrund des unterschiedlichen Preisniveaus in Euro und Cent bemerkbar und dient einer positiven Anlagenamortisation. Gleiches gilt für die Energieeinsparung durch Abwärmenutzung.
Bild 4: Dachs KWK-Anlage der SenerTec GmbH. |
Auch bei dieser Technik ist es bei Auslegung auf hohe Effizienz erforderlich, zusätzliche Anlagenkomponenten zu installieren. So benötigt man zur Sicherstellung einer langen Laufzeit des KWK-Aggregats einen geeigneten Pufferspeicher und einen Kessel, um Lastspitzen im Wärmebedarf oder der Warmwasserbereitung abzufangen.
Durch SenerTec ist Baxi bereits jetzt in der Lage, ein Angebot einer zuverlässigen und erprobten Technik in dem Bereich kleiner KWK-Anlagen zu machen. Durch die jahrelange Tätigkeit des Unternehmens in der Entwicklung und Produktion eines motorisch betriebenen Kleinkraftwerks hat sich ein erhebliches Know-how gebildet. Damit alleine ist es aber nicht getan: die bisher gebauten 7.000 Aggregate mussten auch in der Planungs-, Zulassungs- und Installationsphase durch das Unternehmen betreut werden. Dieses Wissen kann zukünftig auch für Folgeentwicklungen auf Basis anderer Technologien im Bereich KWK genutzt werden. Hier setzt dann auch die Aktivität von european fuel cell ein. Dieses Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung von PEM-basierten Brennstoffzellen, das heißt mit einem elektro-chemischen Prozess zur gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom.
Bild 5: Beta-Unit Brennstoffzelle der european fuel cell gmbh. |
Die Kontinuität bestätigt das Interesse von Baxi, sich in diesem Geschäftsfeld aktiv zu engagieren, da die KWK-Technik unter den derzeit verfügbaren Ansätzen die Voraussetzung in Bezug auf Zukunftssicherheit und Marktpotenzial erfüllt. Dies scheint auch die Politik in Europa mehr und mehr so zu sehen, denn es gibt mittlerweile einige Förderprogramme zur Entwicklungsunterstützung und auch erste Ansätze, eine Rückspeisung von Strom in die öffentlichen Netze für die Nutzer kalkulierbar zu machen.
Allerdings geht Baxi nicht davon aus, dass die Brennstoffzelle in Kürze als marktreifes Produkt in Großserie gefertigt werden kann. Dazu fehlen heute noch Merkmale, die erst durch langjährige Tests in der Praxis und weiterführende Entwicklungen im Bereich einzelner Komponenten bestätigt werden können:
- Erwiesene Zuverlässigkeit und Stabilität des Prozesses,
- Erreichbarkeit der prognostizierten Kosten,
- Erfüllung der technischen Leistungsmerkmale in der Praxis,
- Schaffung von definierten Umfeldparametern durch Normung und Installationsregeln.
Bis zur breiten Markteinführung werden noch einige Jahre ins Land gehen. Doch nur die Verstetigung von Entwicklungsprozessen und die Konzentration auf die Erfolgs- und Risikofaktoren können eine neue Technologie zum Erfolg führen. Zum anderen ist der Heiztechnikmarkt kein Markt radikaler Umwälzungen - dazu ist das Bestandspotenzial zu hoch und zu komplex und das Neubaupotenzial zu gering, um gleich hohe Volumen zu erreichen. Eine Revolution ist daher nicht zu erwarten, dennoch gilt es jetzt schon, die Augen offen zu halten und sich mit bestehender Technik, seien es nun Brennwertgeräte, Solaranlagen oder kleine KWK-Anlagen, die Märkte von morgen zu sichern, um bereit zu sein, wenn revolutionäre Techniken nach bestandener Feuerprobe ihren Einzug halten.
Internetinformationen: |
*) Marc Oliver König, Bereichsleiter Technik, August Brötje GmbH, Rastede
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