IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2003, Seite 42 ff.
KLIMATECHNIK
Sicherheit geht vor
Brandschutztechnische Anpassungen von raumlufttechnischen Anlagen
Heinrich Dammers*
Die Betreiber von baulichen Anlagen und Einrichtungen müssen sicherstellen, dass von ihren Anlagen und Einrichtungen keine Gefahr ausgeht (Verkehrssicherungspflicht), auch bei einem Brandereignis. Für bestehende bauliche Anlagen bedeutet dies, dass diese angepasst werden müssen, wenn die Sicherheit oder Gesundheit von Personen gefährdet ist. Gefahren können z.B. dadurch entstehen, dass lüftungstechnische Anlagen die Brandausbreitung fördern statt sie zu verhindern. Dann ist eine Sanierung dringend geboten. Die Möglichkeiten werden nun vorgestellt.
Brandfrüherkennung
Für den Personen- und Sachschutz ist bei einem Brandereignis die Zeit ein wesentlicher Faktor. Brände, die frühzeitig entdeckt bzw. detektiert werden, stellen in den meisten Fällen keine große Gefahr dar, weil dann Evakuierungs-, Lösch-, Entrauchungs- und Abschottungsmaßnahmen rechtzeitig in die Wege geleitet werden können.
Tabelle 1: Übersicht der Brandmelder | |||||
Meldertyp | Schwelbrand | offener Brand | |||
|
| mit Rauch | ohne Rauch | ||
Optischer Rauchmelder | • | • | |||
Ionisations-Rauchmelder | • | • | |||
Wärme-Differenzial-Melder | • | • | |||
Wärme-Maximal-Melder | • | • | |||
Ultraviolett-Flammenmelder | • |
Für bestehende bauliche Anlagen empfiehlt es sich daher zu überprüfen, ob Brandfrüherkennungssysteme vorhanden sind. Entsprechen diese noch dem Sicherheitsstandard? In welchen Bereichen des Gebäudes bzw. der technischen Anlagen können Brände aufgrund der vorhandenen Brandlasten entstehen und sich ausbreiten? Gefährdete Bereiche können sein:
- Räume, Flure, Gänge,
- Schächte,
- Zwischendecken,
- Zwischenböden,
- Kabelkanäle,
- Leitungen von lüftungstechnischen Anlagen usw.
Bei der Auswahl der Brandmelder sind die baulichen Gegebenheiten sowie die anlagentechnischen Belange und die möglichen Brandszenarien zu berücksichtigen. Tabelle 1 zeigt vorwiegend die zum Einsatz kommenden Meldetechniken.
Kaltrauchübertragung
Raumlufttechnische Anlagen verbinden über teilweise großflächige Leitungen Geschosse oder Brandabschnitte. Im Brandfall muss die Rauch- und Brandausbreitung über die Leitungen sicher verhindert werden, auch in der Schwelbrandphase bei Temperaturen unter 72°C. Dieses Schutzziel kann mit Absperrvorrichtungen (z.B. Brandschutzklappen), deren Auslöseeinrichtungen fernbetätigt über Brandfrüherkennungssysteme angesteuert werden können, realisiert werden.
Brandschutzklappen, die nur über thermische Auslöseeinrichtungen verfügen, schließen erst bei Temperaturen über 72°C. Tabellen 2 und 3 zeigen die marktüblichen Auslöseeinrichtungen für Brandschutzklappen. Alle Ausführungen, die nach dem Ruhestromprinzip arbeiten, sind zur Ansteuerung über Brandfrüherkennungssysteme geeignet.
Bild 1: Raumlufttechnische Anlage mit Brandschutzklappen und Rauchmeldern. |
Bild 1 zeigt das Schema einer raumlufttechnischen Anlage. Zur Brandabschnittstrennung sind in den Zu- und Abluftleitungen Brandschutzklappen eingebaut mit Auslöseeinrichtungen, die über Brandfrüherkennungssysteme angesteuert werden können. In Abhängigkeit von den Raumströmungsverhältnissen würden bei einem Schwelbrand mit Temperaturen unter 72°C die in jedem Brandabschnitt installierten Raumrauchmelder oder die in den Abluftleitungen befindlichen Kanalrauchmelder (Bild 2) das Ereignis detektieren und die zugehörigen Brandschutzklappen automatisch schließen.
Bild 2: Kanalrauchmelder mit Strömungswächter. |
Erforderliche Voraussetzungen zur Verhinderung einer Kaltrauchübertragung sind:
- Brandfrüherkennungssysteme,
- Brandschutzklappen mit Auslöseeinrichtungen, die über die Brandfrüherkennungssysteme angesteuert werden können oder
- luftdicht schließende motorisierte Jalousieklappen.
Tabelle 2: Auslöseeinrichtungen und Schließvorrichtungen von Brandschutzklappen (manuelle Betätigung) | |||||
Auslöse- | Schließ- | Zugelassen für Brandschutzklappen | Funktionen | ||
mit Wartungs- | ohne Wartungs- | Schließen | Öffnen | ||
mit Thermoelement (z.B. Schmelzlot) | mechanisch | x | · manuell · thermisch | · manuell | |
mit Thermoelement (z.B. Schmelzlot) und Magnet- | mechanisch | x | · manuell · thermisch · Stromimpuls | · manuell | |
mit Thermoelement (z.B. Schmelzlot) und Magnet- | mechanisch | x | · manuell · thermisch Stromkreis unterbrechen (z.B. über | · manuell |
Tabelle 3: Auslöseeinrichtungen und Schließvorrichtungen von Brandschutzklappen (Fernbetätigung) | |||||
Auslöse- | Schließ- | Zugelassen für | Funktionen | ||
mit Wartungs- | ohne Wartungs- | Schließen | Öffnen | ||
mit Thermoelement (z.B. Schmelzlot) und pneumatischem Antrieb (Ruhestrom- | pneumatisch/ | x | x | · manuell · thermisch- | · elektrisch- |
mit thermo- | elektro- | x | x | · manuell · thermisch Stromkreis unterbrechen (z.B. über Meldersystem) | · elektrisch (fernbetätigt) |
Bild 3: Absperrvorrichtung für Anlagen nach DIN 4102. |
Absperrvorrichtungen gegen Feuer und Rauch
Absperrvorrichtungen werden entsprechend ihrer Verwendung und Klassifizierung wie folgt unterschieden:
- Absperrvorrichtungen (z.B. Brandschutzklappen) für Anlagen nach DIN 4102, Klassifizierung K30, K60, K90 (Bild 3),
- Absperrvorrichtungen (z.B. Brandschutzventile) für Anlagen nach DIN 18017, Klassifizierung K30 - 18017, K60 - 18017, K90 - 18017 (Bild 4),
- Absperrvorrichtungen für feuerwiderstandsfähige Unterdecken, Klassifizierung K30-U, K60-U, K90-U (Bild 5).
Bild 4: Absperrvorrichtung für Anlagen nach DIN 18017. |
Die Angaben 30, 60 und 90 entsprechen der Feuerwiderstandsdauer in Minuten. Während dieser Zeitdauer werden bei den Brandversuchen die zulässigen Grenzwerte der Temperaturerhöhungen eingehalten.
Nachstehend werden Brandschutzklappen für Anlagen nach DIN 4102 näher beschrieben.
Bild 5: Absperrvorrichtung für feuerwiderstandsfähige Unterdecken. |
Brandschutzklappen: Bauformen · Anwendungen · Einbau
In Abhängigkeit von der Luftmenge, der Kanalform und den lufttechnischen Anforderungen werden folgende Bauformen eingesetzt:
- quadratische/rechteckige Ausführungen, Größen bis 1,2 m2 Querschnittsfläche,
- runde Ausführungen, Größen bis Durchmesser 0,8 m (NW 100 bis NW 800 mm),
- Ventilausführungen, Größen bis Durchmesser 0,2 m (NW 100 bis NW 200 mm)
Die Anwendung erfolgt:
- im Zuge von Lüftungsleitungen,
- am Ende von Lüftungsleitungen (Zu- oder Abluft),
- in der Wand oder Decke ohne Lüftungsleitungen (Überströmklappen).
Brandschutzklappen gibt es für den Einbau:
- in Massiv-Wänden und Massiv-Decken,
- in Leichtbauwänden,
- direkt vor Massiv-Wänden und Massiv-Decken,
- außerhalb von Wänden.
Bild 6: "Trockeneinbau" einer runden Brandschutzklappe in eine leichte Trennwand. |
Je nach Ausführung dürfen Brandschutzklappen nass (einmörteln, einbetonieren) oder trocken (Wandvorbau- oder Einschubtechnik) eingebaut werden (Bilder 6 und 7).
Anmerkung: Details zum Einbau und zu den Anwendungen sind in den Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassungen dokumentiert.
Bild 7: "Trockeneinbau" einer motorisierten Brandschutzklappe. |
Zulassungspflicht
Nach Einführung der Prüfzeichenpflicht im Jahre 1974 durften nur noch Brandschutzklappen mit einem vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin erteilten Prüfzeichen eingebaut werden. Seit 1995 sind als Verwendbarkeitsnachweise für Absperrvorrichtungen Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassungen erforderlich.
Die Rauchdichtheit und Feuerwiderstandsdauer sind bei den bis 1974 eingebauten Brandschutzklappen zum Teil erheblich geringer als bei den nach 1974 eingebauten. Das ist zum einen auf die konstruktiven Unterschiede und zum anderen auf den Einbau zurückzuführen. Darüber hinaus haben Brandschutzklappen teilweise asbesthaltige Bauteile. Gänzlich asbestfreie Ausführungen gibt es erst seit 1988.
Bei der Ermittlung der Notwendigkeit einer Anpassung bzw. Sanierung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Ist die Sicherheit gegen Rauchübertragung gewährleistet?
- Ist die Feuerwiderstandsdauer ausreichend?
- Haben die Brandschutzklappen asbesthaltige Bauteile?
Bild 8: Sanierungsmöglichkeit 1: Einbau direkt vor Massivwände und -decken. |
Sanierungsmöglichkeiten
- Sicherheit gegen Rauchübertragung reicht nicht aus. Austausch der alten Brandschutzklappe durch eine neue mit einer zur Ansteuerung über Brandfrüherkennungssysteme geeigneten Auslöseeinrichtung. Wenn dies wegen baulicher Gegebenheiten nicht möglich ist, Einbau einer luftdicht schließenden motorisierten Jalousieklappe.
- Feuerwiderstandsdauer reicht nicht aus. Einbau einer neuen Brandschutzklappe.
- Asbestsanierung ist erforderlich. Alte Brandschutzklappe komplett ausstemmen und durch eine neue ersetzen ("Nasseinbau") oder Montage einer Wand-/Deckenvorbauklappe (Bild 8) direkt vor der Wand oder Decke. Vor der Montage müssen die asbesthaltigen Bauteile und die gesamte Antriebsmechanik der alten Brandschutzklappe entfernt werden. Eine weitere Möglichkeit der Sanierung ist die Verwendung von Einschubbrandschutzklappen (Bild 9), die in die bestehenden Gehäuse der alten Brandschutzklappen eingebaut werden können. Vor dem Einbau müssen die asbesthaltigen Bauteile und die Antriebsmechanik von der vorhandenen Brandschutzklappe entfernt werden.
Anmerkung: Bei Arbeiten an asbesthaltigen Klappen ist darauf zu achten, dass die Arbeiten nur von Fachkräften durchgeführt werden dürfen, die an einem behördlich anerkannten Lehrgang über den Umgang mit asbesthaltigen Gefahrstoffen teilgenommen und durch eine Prüfung die Sachkunde nachgewiesen haben. Details dazu regeln die technischen Regeln für Gefahrstoffe, die TRGS 519 und die Bauordnungen der einzelnen Länder.
Bild 9: Sanierungsmöglichkeit 2: Einbau in das Gehäuse einer vorhandenen Brandschutzklappe oder Lüftungsleitung. |
Schlussbemerkung
Der Bestandschutz in bestehenden baulichen Anlagen ist aufgehoben, wenn für die Nutzer eine konkrete Gefahr besteht, z.B. aufgrund beschädigter asbesthaltiger Bauelemente oder fehlender Sicherheit gegen Rauchübertragung durch die lüftungstechnischen Anlagen. Eine Sanierung ist dann dringend geboten.
B i l d e r : Gebr. Trox GmbH, Neukirchen-Vluyn
* Heinrich Dammers, Gebr. Trox GmbH, Neukirchen-Vluyn
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