IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2003, Seite 38 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Auswahl von Thermostatventilen

Regeldifferenz 1 K oder 2 K?

Durch richtige Auswahl und Auslegung der Komponenten für eine Raumtemperaturregelung lässt sich die Gesamtrechnung zur Energieeffizienz günstig beeinflussen. Der Blick auf detaillierte Verhältnisse macht das schnell deutlich und zeigt, dass bewährte und effiziente Lösungen auch unter dem Gesichtspunkt der neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) ideal sind.

Veränderter Rahmen

Die EnEV führt Heizungsanlagenverordnung und Wärmeschutzverordnung zusammen. Dabei geht es allerdings um weit mehr als die bloße Vereinigung bisheriger Verordnungen. Die EnEV fordert erstmals einen rechnerischen Nachweis über den Energiebedarf, lässt Höchstwerte für den Jahres-Primärenergiebedarf zu und legt hierfür das Berechnungsverfahren fest.

Für die Umsetzung der geforderten Energieeffizienz werden bauliche und anlagentechnische Maßnahmen gleichrangig behandelt. Damit ergibt sich auch eine neue Situation für Planer und Heizungsbauer, die nun Bauvorhaben noch individueller hinsichtlich der energetischen Bedingungen konzipieren können - solange die Rechnung zur Energieeffizienz stimmt. Die Effizienz zur Bewertung der Anlagentechnik umfasst alle Komponenten einer Heizungsanlage, von der Wärmeerzeugung über Speicherung, Verteilung bis zu den Thermostatventilen und Heizflächen.

Thermostatventile als Baustein zur EnEV

Thermostatventile werden im Rahmen des Nachweisverfahrens mit der so genannten Aufwandszahl berücksichtigt. Die Aufwandszahl-Diagramme (Anhang C der EnEV und Beiblatt 1 zu DIN V 4701-10) beinhalten Thermostatventile mit einer Aufwandszahl, der eine Regeldifferenz von 2 K zugeordnet wurde, während das rechnerische Verfahren zusätzlich eine Aufwandszahl für eine Regeldifferenz von 1 K vorsieht. Was versteht man unter Regeldifferenz - oder besser gesagt Auslegungsregeldifferenz -, da es sich nicht um eine Produkteigenschaft, sondern um eine Auslegungsgröße handelt?

Bild 1: Schnitt durch ein Thermostatventil.

Das Thermostatventil ist konstruktiv betrachtet ein Proportionalregler ohne Hilfsenergie (Bild 1). Einer Änderung der Raumlufttemperatur folgt eine proportionale Änderung des Ventilhubes. Der Fühler vergleicht die gemessene Raumlufttemperatur mit dem Sollwert (z.B. 20°C) und stellt über den Ventilhub den Massenstrom entsprechend ein. Beim Auftreten von Fremdwärme wie Sonneneinstrahlung, Personen oder Beleuchtung steigt die Raumlufttemperatur. Dies hat zur Folge, dass der Massenstrom soweit reduziert wird, bis die Wärmeabgabe des Heizkörpers im Gleichgewicht mit den Wärmeverlusten des Raumes steht. Fällt die Raumlufttemperatur, öffnet das Ventil. Folglich wird die Raumlufttemperatur innerhalb eines regeltechnischen Proportionalbandes konstant gehalten.

Bild 2: Öffnungskennlinie eines Thermostatventils bei 1 K Regeldifferenz und konstantem Differenzdruck.

Die Differenz zwischen der Fühlertemperatur bei Nenndurchfluss und der Fühlertemperatur beim Öffnungspunkt des Ventils wird entsprechend als Auslegungsregeldifferenz bezeichnet. Bezogen auf dieses Beispiel liegt der Öffnungspunkt bei einer Regeldifferenz von 1 K bei 21ºC bzw. bei 22ºC für den Fall, dass die Regeldifferenz 2 K beträgt (Bilder 2 und 3). Die DIN V 4701-10 gibt zwei Regeldifferenzen zur Auswahl vor. Praktisch kann ein Thermostatventil jedoch jede x-beliebige Regeldifferenz zwischen 0 K und z.B. 9 K einnehmen. Eine rechnerische Auslegung auf 1 K bringt eine bessere Aufwandszahl und erhöht die Genauigkeit der Regelung. Bei Nachtabsenkung kommt es allerdings zu einem höheren Durchfluss als bei der stabilitätserhöhenden Auslegung auf 2 K.

Bild 3: Öffnungskennlinie eines Thermostatventils bei 2 K Regeldifferenz und konstantem Differenzdruck.

Ungeachtet dessen, was die Normung vorgibt, liegen die in der Praxis anzutreffenden tatsächlichen Regeldifferenzen häufig unter 1 K, typischerweise bei ca. 0,5 K. Verantwortlich für die Verminderung der Regeldifferenz sind Leistungsüberdimensionierungen (Pumpe, Rohrnetz, Heizkörper,...) und eine von der Planung abweichende Betriebsweise (Gleichzeitigkeit, Vorlauftemperatur,...). Dies zeigt, dass Thermostatventile, und das trifft für die meisten am Markt angebotenen Produkte zu, mit einer Regeldifferenz von z.B. 1 K auslegbar und betreibbar sind. In einigen Fällen basieren voreinstellbare Thermostatventile schon seit Jahren auf einer gleitenden Regeldifferenz, die bis auf 0,5 K herabreicht.

Doch die Regeldifferenz bezeichnet lediglich die Differenz zwischen der Fühlertemperatur bei Nenndurchfluss und der Fühlertemperatur beim Öffnungspunkt des Ventils, darstellbar als Öffnungskennlinie (Bilder 2 und 3). Vielmehr kommt es auf die technische Leistung des Produktes an. In diesem Zusammenhang spielt die Art der Fühlerfüllung eine entscheidende Rolle. Denn ein Fühler mit inkompressibler Füllung verfügt über eine hohe Stellkraft und lässt sich von schwankenden Differenzdrücken im System wenig beeinflussen. Denn der Schließvorgang eines Thermostatventils ist immer mit einem Anstieg des Differenzdrucks im Heizungssystem verbunden, der der Schließbewegung entgegenwirkt. Dieser Einfluss macht sich besonders bei Thermostatköpfen mit kompressibler Fühlerfüllung (z.B. Gas) bemerkbar, da sie der aus dem mehr oder weniger starken Differenzdruckanstieg resultierenden Kraft entsprechend nachgeben und erst verspätet, d.h. bei höheren Temperaturen schließen (Bild 4). Dieses ist nicht unbedingt im Sinne der EnEV, denn bekanntlich lässt sich durch die Reduzierung der Raumtemperatur um 1 K ca. 6 % Energie einsparen. Der Einbau stabil regelnder Thermostatventile erfüllt somit nicht nur die Auflagen der EnEV, sondern entspricht natürlich auch den Forderungen von Anlagenbetreibern und Nutzern.

Bild 4: Darstellung des Differenzdruckeinflusses auf die Schließtemperatur bei Dp = 0,6 bar entsprechend EN 215. Ein derart hoher Anstieg des Differenzdruckes beim Schließvorgang ist in der Praxis normalerweise nicht zu erwarten. Jedoch wird die Überlegenheit eines Kopfes mit inkompressibler Fühlerfüllung gegenüber solchem mit kompressibler Fühlerfüllung deutlich. Denn ein rechtzeitiges Schließen bringt zusätzliche Energieeinsparung.

Verantwortlich für die Stabilität der Regelung ist unter anderem die in der Norm definierte Schließzeit, also die Reaktionsgeschwindigkeit des Thermostatventils auf Temperaturänderungen. Zu langsame Reaktionen erzeugen sehr stabile aber ungenaue Regelergebnisse. Schnelle Reaktionen und/oder falsch ausgelegte Ventile können zur Instabilität und somit zum gefürchteten Zweipunktverhalten führen. Optimale Ergebnisse werden mit Produkten erzielt, deren Schließzeit auf die in der Praxis anzutreffende Regelstrecken-Charakteristik angepasst sind.

Fazit

Thermostatventile sind Regler mit hervorragender Sollwerttreue. Sie kompensieren Planungs- und Ausführungsungenauigkeiten, stabilisieren die Hydraulik, in dem sie z.B. überversorgte Heizkörper drosseln und sparen Energie durch Ausnutzung auftretender Fremdwärme.

Für die energetische Bewertung von Anlagen im Rahmen der EnEV gilt die DIN V 4701-10. Für Thermostatventile enthält diese Norm Aufwandszahlen für eine Regeldifferenz von 1 K und 2 K. Die Regeldifferenz ist keine Produkteigenschaft, sondern eine sich einstellende Größe, die unter anderem durch Berechnung beeinflusst werden kann. Die in der Praxis anzutreffenden Regeldifferenzen liegen aufgrund von Leistungsüberkapazitäten, von der Planung abweichender Betriebsweisen und nicht vorhandener Gleichzeitigkeit häufig unter 1 K, typischerweise um 0,5 K, teilweise auch dann, wenn keine genaue Anlagenplanung erfolgte.

Aufgrund vorliegender Praxiserfahrungen können innerhalb des Nachweisverfahrens entsprechend der EnEV Thermostatventile pauschal mit einer Regeldifferenz von 1 K bzw. der zugehörigen Aufwandszahl berücksichtigt werden, obwohl Thermostatventile im Rahmen einer grundsätzlich vorzunehmenden Rohrnetzberechnung richtig ausgelegt sein sollten. Die Wahl der Abgleichstrategie (einstellbare Rücklaufverschraubungen oder einstellbare Thermostatventile) ist dabei frei wählbar und primär vom Anlagentyp (z.B. Fernheizung) abhängig. Wichtig ist in jedem Fall die Forderung nach einer möglichst hohen Produktqualität von Thermostatventilen, um die Vorteile kleiner Regeldifferenzen nicht zu verspielen.


T e x t   u n d   B i l d e r :   Theodor Heimeier Metallwerke GmbH & Co. KG, Erwitte


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]