IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2003, Seite 70 ff.
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Motivation - eine ständige Herausforderung im Handwerksbetrieb
Teil 1: Grundlagen von Motivation und Demotivation
Werner Neise
Motivierte Mitarbeiter gehören zu den wichtigsten Aktivposten eines Betriebes. Deshalb wirken sich Motivationsprobleme gravierend auf den betrieblichen Ablauf aus. Es ist wichtig, über die Motivation und die Möglichkeiten, sie zu verbessern, einmal gründlich nachzudenken.
Was ist Motivation? Motivation ist das menschliche Bestreben, etwas zu tun. Es ist ein Antrieb in jedem Menschen, der ihn aktiv und neugierig macht. Dieses Bestreben kann:
- aus dem Menschen selbst herauskommen, also sein eigenes Bedürfnis sein. Dann beruht die Motivation auf der Lust, etwas zu tun oder dem Spaß an einer Aufgabe. Das nennt man dann intrinsische Motivation.
- Die Motivation kann aber auch durch äußere Einflüsse und Situationen hergestellt werden; die so genannte extrinsische Motivation.
Wie entsteht Motivation
Motivation ist dem Menschen angeboren. Das kann z.B. daran beobachtet werden, dass jedes kleine Kind Spaß daran hat seine Welt zu entdecken, Gegenstände zum Bewegen zu bringen, etwas zu probieren und mit etwas zu spielen. Die Motivation gehört somit zur biologischen Grundausstattung eines Menschen. Sie ist der Ausdruck unserer Lebensenergie und für den Menschen überlebensnotwendig. Jede Person braucht diesen Antrieb für die Verrichtung ihrer täglichen Arbeiten. Dabei mischen sich natürlich intrinsische und extrinsische Motivationen: manches macht Spaß und manches nicht. Deshalb muss jede Person auch lernen, Handlungen zu vollziehen, die im Moment keinen Spaß machen. Wenn der Mensch dazu aufgrund der äußeren Umstände gezwungen ist, hat er meistens die Motivation dazu; wenn die Handlung nicht unbedingt erforderlich ist, fehlt manchem der Antrieb zum Handeln. Dennoch ist in jedem physisch und psychisch gesunden Menschen das Potenzial zur Motivation vorhanden. Gesundheit ist allerdings eine wichtige Voraussetzung zur Motivation.
Motivation und Anreize
Auch wenn ein Mensch gelernt hat, sich selbst zu motivieren, unterstützen Anreize seine Bereitschaft zum Handeln. Denn auch er wird Unlustgefühle, Müdigkeiten und Zweifel erleben, insbesondere dann, wenn Handlungen mühsam und unangenehm sind. Anreize helfen also, Demotivation zu überwinden und den Antrieb zum Handeln zu finden. Diese Anreize müssen nicht unbedingt materiell oder finanziell sein. Es motiviert zwar viele, wenn sie wissen, dass sie z.B. Überstunden bezahlt bekommen. Nach Feierabend noch am eigenen Haus zu bauen, obwohl man müde ist, motiviert manche, weil sie sich dadurch nicht nur einen Wert, sondern auch eine schöne Wohnung schaffen können. Es kann aber auch ein Anreiz sein, Überstunden zu machen, wenn man weiß, dass man später Freizeitausgleich dafür bekommt und dadurch z.B. mal ein verlängertes Wochenende für sich und seine Familie hat.
Arbeitsmotivation erzeugen und erhalten
Bisher sind vier Grundgedanken dargestellt worden, die jetzt für die Betriebspraxis nutzbar gemacht werden können:
- Jeder physisch und psychisch gesunde Mensch ist motiviert.
- Jeder kennt auch Unlustgefühle.
- Nicht jede Tätigkeit macht Spaß.
- Berufsarbeit wird häufig als Zwang angesehen.
Diese Erkenntnisse führen dazu, dass in den Handwerksbetrieben unbedingt darauf geachtet werden muss, ganz aktiv etwas zur Herstellung und Erhaltung der Arbeitsmotivation zu tun. Die zentrale Frage lautet also: Was können Sie als Chef tun? Die Antworten:
- Bauen Sie darauf, dass alle im Grund Spaß daran haben, etwas zu leisten. Geben Sie deshalb allen Mitarbeitern die Chance, ihre Fähigkeiten in der Arbeit einzusetzen und wahrzunehmen.
- Erkennen Sie gute Arbeit an.
- Trauen Sie ihren Mitarbeitern etwas zu und betrauen Sie sie je nach ihren Fähigkeiten auch mit besonderen Aufgaben.
- Setzen Sie Anreize für Mehrarbeit und besondere Anstrengungen.
- Stellen Sie klare Forderungen.
- Teilen Sie unbeliebte Aufgaben klar und gerecht ein.
- Machen Sie sich die Erwartungen der Mitarbeiter an Sie und den Betrieb klar.
Demotivation am Arbeitsplatz
Demotivationen am Arbeitsplatz können durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden. Es gibt zudem verschiedene Formen der Demotivation, denen auch verschiedene Ursachen zugrunde liegen.
In der Betriebspraxis unterscheidet man
- leichte vorübergehende Störungen (z.B., wenn sich jemand geärgert hat)
- gravierende, aber vorübergehende Störungen (z.B., wenn jemand in einer persönlichen Krise ist)
- ständige, aber leichte Störungen (z.B., wenn jemand sich ständig vor einer bestimmten kleinen Aufgabe drückt)
- gravierende, langfristige Störungen (z.B., wenn ein Mitarbeiter durch sein Verhalten ständig eine Belastung für die anderen Kollegen ist)
- grundsätzliche Störungen, die kaum zu beheben sind (z.B. bei einem Mitarbeiter, dessen Motivation generell gestört ist)
Beispiele konkreter Demotivation
- Ein Mitarbeiter verrichtet über viele Jahre immer die gleiche Arbeit, die zudem hohe Routineanteile hat. Seine Persönlichkeitsentwicklung ist in eine Stagnation geraten. Er fühlt sich leer und antriebslos. Ursache: Routine und Stagnation.
- Jemand ist jung und gut ausgebildet. Er fühlt sich am Arbeitsplatz unterfordert und sieht keine Entwicklungsmöglichkeit. Ursache: Unterforderung.
- Ein Mitarbeiter leistet seit Jahren gute Arbeit, aber die Arbeit hat keine besonderen Herausforderungen. Niemand nimmt sie so richtig wahr. Es ist selbstverständlich, dass die Arbeit erledigt ist. Diese Person fühlt sich zu wenig anerkannt und hat Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl. Ursache: Mangelnde Anerkennung und Wertschätzung.
- Jemand verdient im gesellschaftlichen Durchschnitt sehr wenig und kann sich deshalb weniger leisten als andere. Er vergleicht sich mit anderen und wird unzufrieden. Die Person hat das Gefühl, dass ihre Arbeit sich nicht lohnt.Ursache: Unzufriedenheit mit dem Verdienst.
- Ein Mitarbeiter versteht sich nicht so gut mit dem Chef. Der Chef übt zu viel Druck aus. Das belastet den Mitarbeiter. Er geht oft mit Magendrücken und Angstgefühlen in den Betrieb.Ursache: Angst und Unwohlfühlen im Betrieb.
- Eine Person hat schon über viele Jahre eine Krankheit. Sie kann trotzdem zur Arbeit gehen, aber oft nur eingeschränkt. Sie fühlt sich kraftlos und oft nicht ganz einsatzfähig. Weil sie oft fehlt und nicht so viel schafft wie die anderen, hat sie Ärger mit den Kollegen.Ursache: Krankheit und Ärger mit den Kollegen.
Grundregeln für den Umgang mit Frust und Demotivation
Was können Sie als Chef nun tun, wenn Sie Demotivation bei Ihren Mitarbeitern beobachten und feststellen? Wenn Sie festgestellt haben, dass es sich nur um kurze, kleine Störungen handelt, dann handeln Sie wie nachfolgend beschrieben.
- Lassen Sie die Mitarbeiter ruhig mal Dampf ablassen. Lassen Sie sie schimpfen, muffeln oder sonst was. Frust und Ärger benötigt ein Ventil.
- Lassen Sie die Mitarbeiter, wenn möglich, das Problem untereinander klären. Seien Sie aber auch für ein Gespräch bereit, manchmal hilft ein beruhigendes oder klärendes Wort.
- Überlegen Sie sich, ob Sie jemandem mal einen kleinen Freiraum gewähren können, damit er sich wieder fangen kann.
- Bedenken Sie vor allem, dass Entlastungen und Abstand den meisten Menschen helfen, ein Problem wieder aufzulösen.
- Führen Sie gezielt Gespräche, die die Problemlösung vorantreiben.
Innere Kündigung
Ein besonders gravierender Fall von Demotivation ist die "Innere Kündigung". Dieser Begriff ist ein Ausdruck für das Problem, das ein Mitarbeiter sich von seinem Arbeitsplatz wegsehnt, aber die Arbeit nicht kündigt und auch nicht bereit ist, das zu tun. Wie kommt es zu einer inneren Kündigung?
Innere Kündigungen sind meist die Folge von länger andauernden Enttäuschungen sowie permanente Demotivation, mit der ein Mitarbeiter zur Arbeit geht. Das können Enttäuschungen mit dem Inhalt der Arbeit sein, mit den Kollegen, mit dem Mangel an Erfolgserlebnissen, der geringen Anerkennung durch den Chef oder schlechthin mit dem Leben im Allgemeinen. Sie können deshalb die Entstehung einer inneren Kündigung in der Regel beobachten. Es ist daher wichtig, rechtzeitig zu reagieren, um noch etwas Positives erreichen zu können.
Merkmale einer inneren Kündigung sind:
- Der Mitarbeiter ist meistens sehr still und zurückgezogen.
- Er nörgelt viel und denkt überwiegend negativ.
- Es fehlt an Interesse für die Arbeit und am Betrieb.
- Auseinandersetzungen mit dem Chef und den Kollegen werden vermieden.
- Der Mitarbeiter kommt so spät als möglich zur Arbeit und versucht, sehr früh Feierabend zu machen. Mehrarbeit wird vermieden.
- Er hat in der Regel Angst vor neuen Aufgaben und zieht sich oft auf Routinearbeiten zurück.
Fazit
Untersuchungen über innere Kündigungen haben ergeben, dass ein Hauptgrund für die Entstehung dieser Motivationsstörung das Führungsverhalten von Vorgesetzten ist. Wie Sie als Chef und Inhaber eines Handwerksbetriebes, ihre eigene Motivation und die Motivation ihrer Mitarbeiter erhalten und im Sinne der betrieblichen Anforderungen sichern und verbessern können, wird Gegenstand der Betrachtung des zweiten Teils über das Thema Motivation sein.
(Fortsetzung folgt)
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