IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2003, Seite 48 ff.
SOLARTECHNIK
Auf dem Dach des Freizeitbades Aquamar wurden sowohl eine Solarthermie- als auch eine Photovoltaikanlage installiert. |
Energie sparend auch für große Anlagen
Mit Solartechnik Schwimmbäder und Wellnessbereiche zukunftsorientiert gestalten
Martina Emmerich, MA
Die Solartechnik ist attraktiver denn je. Nachdem das offene Wahlergebnis die Bauherren im vergangenen Jahr zwecks der Förderung von Solaranlagen verunsicherte, unterstützt sie diese Energie sparende Technik nun verstärkt mit regionalen und bundesweiten Programmen. Neben Privatpersonen und Betreibern von öffentlichen Bauobjekten entscheiden sich zunehmend Kommunen für Solarthermie. Die SHK-Handwerksbetriebe und Hersteller von Solaranlagen verzeichnen beispielsweise immer mehr Aufträge für die Modernisierung von Schwimmbädern. Die Investition in die zukunftsorientierte Technik ist zwar nach wie vor groß, zahlt sich aber durch die vielfältige Einsetzbarkeit aus.
Immer wieder stoßen SHK-Handwerker auf dieselben Vorurteile gegenüber der Solartechnik: Die Anlagen brächten zu wenig Ertrag als dass sie sich wirtschaftlich rentierten, man bräuchte zu viel Platz auf dem Dach und außerdem sähen sie auch noch unschön aus. Doch die folgenden Anwendungsbeispiele zeigen, wie vielfältig und wirtschaftlich rentabel Solaranlagen eingesetzt werden können - nicht nur für die Brauchwassererwärmung.
Eine Photovoltaikanlage mit 40 m2 Solarmodulen, die in der Spitze fünf Kilowatt Strom erzeugt, ist unter anderem auf dem Dach des Freizeitbades Aquamar montiert. Bild: Wagner & Co Solartechnik. |
Aquamar Marburg
Als Vorreiterobjekt für den zukünftigen Bäderbau wurde nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung in Marburg im vergangenen Jahr das Sport- und Freizeitbad Aquamar an der Stelle des alten Sommerbades als Ressourcen schonendes Niedrigenergiebad errichtet. Es sollte ein modernes Hallen- und Freibad entstehen, das den heutigen Anforderungen an attraktiver Freizeitgestaltung entspricht, aber gleichzeitig einen möglichst geringen Energie- und Wasserverbrauch aufweist. Für die Umsetzung dieser Anforderungen beauftragte man Dr. Ulf Lackschewitz von der Hessen-Energie GmbH in Wiesbaden als Berater für energietechnische Fragen.
Das Aquamar wurde von dem Architekturbüro Koppert und Koenis International B.V. aus Ijsselstein in Holland entworfen und von der Firma T-CON in Berlin technisch geplant. Jeder trug seinen Teil zu dem Niedrigenergie-Konzept des Freizeitbades bei, das von der Stadt Marburg betrieben wird. Daher setzte man in jedem möglichen Bereich auf Sonnenenergie und entschied sich sowohl für eine Solarthermie- als auch für eine Photovoltaikanlage.
Im Technikraum des Marburger Aquamars ist sowohl die Desinfektionsanlage zur Legionellenbekämpfung als auch die Regelstation der Solaranlage untergebracht. |
Die bereits im ehemaligen Sommerbad befindliche Absorberanlage mit einer Fläche von etwa 650 m2 wurde für die Erwärmung der Außenbecken wieder installiert. Die Anlage erwärmt damit eine Wasserfläche von insgesamt 917 m2, die in Plansch-, Wettkampf- und Nichtschwimmerbecken unterteilt ist, auf eine Temperatur von 25 bis 28°C.
Für die Duschwassererwärmung ist eine Solarkollektoranlage mit einer Fläche von 42 m2 eingebunden. Das etwa 50°C warme Wasser wird in einem Ladespeicher mit einem Volumen von 1000 Liter bevorratet.
Monteur Vogeley steht auf dem Dach der Freizeitanlage, auf dem die Absorberfelder, durch die das Schwimmbadwasser zur Erwärmung hindurchgepumpt wird, verlegt sind. |
Last but not least gibt es auch noch eine Photovoltaikanlage mit 40 m2 Solarmodulen, die in der Spitze fünf Kilowatt Strom erzeugt. Alle drei Solaranlagen sind auf dem Dach des Freizeitbades untergebracht. Derzeit gibt es sogar Pläne die Photovoltaikanlage um weitere 250 m2 zu erweitern.
Die komplette Solaranlage wurde in vier Wochen von Monteuren der Firma Thiele in Gießen installiert. "In Kleinstarbeit mussten die Absorbermatten an die neuen Dachverhältnisse angepasst werden", beschreibt Diplom-Ingenieur Jochen Thiele, Chef des ausführenden Heizung-Sanitär-Betriebs, die Schwierigkeiten. "Wir mussten schauen, was von der alten Anlage vorhanden war und mit neuem Equipment ergänzen." Ein großer Vorteil sei dabei die gute Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma gewesen, dessen Ansprechpartner Ulrich Rustige oft auf die Baustelle kam und den Partnerbetrieb fachmännisch betreute. Für den seit zehn Jahren bestehenden Heizung-Sanitär-Betrieb Thiele waren die Arbeiten am Aquamar das bisher größte Projekt mit einem Umsatz von 750.000 Euro.
Diplom-Ingenieur Thiele überprüft die Zulaufleitungen der Absorberflächen. |
Bereits im Sommer 2002 konnte das Aquamar-Freibad in Betrieb genommen werden - allerdings noch ohne Solaranlage. Diese wurde bis in den vergangenen Dezember hinein fertig gebaut. Zu Nikolaus eröffnete die Stadt dann das Hallenbad. Seit dem 10. Mai dieses Jahres ist der Außenbereich des Freizeitbades mit seinen Schwimmbecken wieder für die Besucher zugänglich. Nun funktioniert auch die Solaranlage, die zuvor gründlich getestet wurde.
In der Vergangenheit war das Marburger Freibad über eine Absorberanlage und mit Gas beheizt worden. Jürgen Kraft, Leiter des Aquamar, konnte damals schon 50% an Gas einsparen. Mit der neuen Solaranlage hofft er nun im Freibadbereich ganz ohne Erdgas auszukommen.
Das hydraulische Schaltbild vom Naturbad in Albstadt zeigt das System zur Trinkwassererwärmung, das vor Ort für die Duschen genutzt wird. |
Die Stadt Marburg, die das Aquamar betreibt, wollte mit dem Freizeitbad ein vorbildliches Schwimmbad entwickeln, dass sie gut präsentieren kann. So sollen auch die Auswertungen und Ergebnisse des Badebetriebes Interessierten zugänglich gemacht werden.
Während Hallen- und Freizeitbäder - wie beispielsweise das Aquamar - die Wärmequellen häufig kombinieren, setzen die meisten kleineren Freibäder komplett auf Solartechnik. Dies ist aus zwei unterschiedlichen Gründen möglich: Erstens werden Freibäder in Deutschland nur von Mitte Mai bis Mitte September genutzt. In dieser Zeit ist die Sonneneinstrahlung am stärksten und kann für die Warmwasserbereitung bestens eingesetzt werden. Zum zweiten liegt die Wassertemperatur von Freibädern (18 bis 25°C) wesentlich niedriger als die der Hallenbäder (zwischen 26 und 30°C), sodass Kunststoffabsorber zum Erwärmen ausreichen. Höchstens bei Hochbetrieb muss noch mit herkömmlicher Brennertechnik zugeheizt werden, damit der Vorrat an warmem Duschwasser ausreicht.
Die Sonnenenergie kann nun auch in der Saunalandschaft genutzt werden - mit der neuen Solar-Niedrigtemperatur-Sauna, die über eine Solarwand erwärmt wird. |
Naturbad Albstadt
So auch im Naturbad in Albstadt-Tailfingen, bei dem für den Betrieb des Schwimmbades ganz auf die Natur gesetzt wird. Die Betreiber des Freibades aus den 30er-Jahren, die Stadtwerke Albstadt, ließen das alte Bad im vergangenen Jahr innerhalb von 18 Monaten zu einem Naturbad umbauen. Nach den Entwürfen des Planungsbüros Bio-Nova Badeteiche aus Bergkirchen wurde das Freibad nach den neuesten ökologischen und umweltschonenden Gesichtspunkten konzipiert. Aus wirtschaftlichen Gründen entschied man sich für die Installation von drei Sonnenkollektoren zur Erwärmung des Duschwassers. Die Kollektoren mit jeweils 2,7 m2 wurden in Eigenleistung eingebaut und im Mai des vergangenen Jahres in Betrieb genommen. Das Naturbad, das von Mai bis September geöffnet hat, besteht aus einer Wasserfläche von 1800 m2 mit unterschiedlichen Vertiefungen. Naturbelassen lädt das Wasser, das durch keinerlei Solartechnik oder Chlorstoffe beeinflusst wird, zum Schwimmen ein. "Wir erhalten über die Solaranlage einen Ertrag von 4500 Kilowatt-Stunden und können das System für unser warmes Brauchwasser zu 70% nutzen", erklärte Anton Bernath von den Albstadtwerken zufrieden. Nur bei Hochbetrieb müsse, wenn die beiden 400-Liter-Warmwasser-Speicher für die Duschen leer sind, über einen Brennwertkessel zugeheizt werden.
Saunabaden geht jetzt auch mit Solartechnik. |
Schenkenseebad Schwäbisch Hall
Inwieweit die Sonnenenergie für den Wellnessbereich genutzt werden kann, zeigt die Solarsauna. Sie war zunächst als Projektstudie auf der Interbad in Düsseldorf vorgestellt worden und wurde im Juni des vergangenen Jahres auf dem Dach des Schenkenseebades in Schwäbisch Hall realisiert. Die Solar-Niedrigtemperatur-Sauna wird über eine speziell entwickelte Solarwand betrieben, die die Sonnenenergie bündelt und in den Sauna-Innenraum abgibt. "Das funktioniert ähnlich wie bei einem Eisbärenfell", so Markus Gäbele, der zusammen mit seinem Team die Solarsauna konzipierte. Die Fachmänner verwendeten statt Kollektoren in der Solarwand eine transparente Wärmedämmung. Diese besteht aus einem Solarisolierglas mit Wärmeschutzbeschichtung, das mit dem Edelgas Argon gefüllt ist. Hier wird die Sonnenenergie mit einer Kapillarstruktur gebündelt und auf fünf Specksteinplattenfelder (jede Tafel ist ca. 2,28 x 0,7m groß) gelenkt. Die Specksteinplatten speichern je nach Personenzahl und Belastung des auf 60°C erwärmten Sanariums die Wärme bis in die Abendstunden und geben sie an den Sauna-Innenraum ab. Zwischen dem Isolierglas und den Specksteinplatten befindet sich noch ein Luftzirkulationsschacht für eine gleichmäßige Wärmeverteilung der elektrischen Zusatzheizung. Diese sorgt im Winter oder wenn die Sonne nicht scheint, für gleich bleibend wohltuende Wärme und das typische Saunarium-Klima. Da die patentierte Solarsauna mit einer sehr dicken Wärmedämmung ausgestattet ist, ist ein u-Wert (Dämmwert) von ca. 0,22 messbar, den sonst nur Niedrigenergiehäuser erreichen. Mit einer Grundfläche von 22,4 m2 ist die Neuentwicklung sehr sparsam. Sie verbraucht bis zu 70% weniger Energie als eine konventionelle Sauna in Blockbohlenbauweise im Außenbereich.
Dieser Querschnitt zeigt, wie die Solarwand aufgebaut ist. |
Gerade bei der Modernisierung eines Schwimmbades sollte die Solartechnik in Erwägung gezogen werden. Voraussetzung dafür sind möglichst schattenfreie Dach- oder Freiflächen, die genügend Platz für die Technik entsprechend dem Energiebedarf des Bades bieten. Wenn die Solaranlage auf dem Dach installiert werden soll, muss zunächst die Statik überprüft werden. Außerdem empfiehlt sich eine Dachausrichtung nach Süden mit einer Dachneigung von 20 bis 40 Grad. Die SHK-Handwerker und Hersteller von Solaranlagen sollten zudem die Bauherren auf die Förderprogramme des Bundes und der einzelnen Regionen hinweisen. Informationen dazu gibt es u.a.:
www.solarfoerderung.de;
www.dgs-solar.org;
www.dgs-berlin.de
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