IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2003, Seite 3
EDITORIAL
Verordnete Harmonie
Europa wächst zusammen - zumindest im Bereich der technischen Normen. Nicht immer zur Freude des verarbeitenden Handwerks. Allein im SHK-Bereich gibt es dutzende von Normen, Richtlinien und Verordnungen, die nicht nur gekauft, sondern auch studiert und verstanden werden müssen. Das kostet Zeit und Geld. Jüngstes Beispiel ist die mit Ausgabedatum Juni 2003 im Weißdruck erschienene DIN EN 12828. Sie ersetzt die alten Regeln DIN 4751 Teile 1 bis 3 sowie DIN 4807 Teil 2, die bisher maßgeblich die Planung von Warmwasser-Heizungsanlagen bestimmt haben.
Die neue europäische Norm unterscheidet sich teilweise erheblich von den bisher in Deutschland geltenden Regelwerken. Denn sie enthält neben den grundsätzlichen Funktions- bzw. Schutzzielanforderungen nur einzelne Lösungsvorschläge und Empfehlungen für die Anlagenplanung. Auf die Festlegung von Einzelheiten bei sicherheitstechnischen Ausrüstungsteilen bzw. deren Anordnung in der Heizungsanlage selbst wurde weitestgehend verzichtet. Und so sucht der Anwender vergeblich nach Fließschemen oder Installationsvorschlägen, wie sie noch in den alten Normen zu finden waren. Dafür enthält der Absatz "Sicherheitstechnische Ausrüstung" den Passus, dass die Installationsanweisungen des Herstellers zu beachten sind. Hintergrund dieser Forderung ist wohl die gesetzlich fixierte Produkthaftung in der Bundesrepublik. Gemäß dem Leitsatz: Wenn die Hersteller schon für ihr Produkt gerade stehen müssen, dann sollen sie bitte auch die sicherheitstechnische Ausrüstung dafür vorgeben - alles im Rahmen der vorgegebenen Parameter der Norm - versteht sich.
Und dennoch, das Denken bleibt dem verantwortlichen Planer auch weiterhin nicht erspart, er bekommt lediglich mehr Freiheiten bei der Planung. Und so tut er gut daran, sich mit dem neuen Regelwerk zu beschäftigen, auch wenn die Anwendung erst ab 2004 zwingend vorgeschrieben ist. Bis dahin dürfen Heizungsanlagen weiterhin nach den vertrauten nationalen Normen gebaut werden.
Gemäß dem Motto "Eine Norm kommt selten allein" steht noch eine weitere, für das SHK-Handwerk relevante europäische Norm vor dem Weißdruck: DIN EN 12831. Die voraussichtlich im August erscheinende neue Regel beinhaltet Verfahren für die Berechnung der Heizlast von Gebäuden. Die beinahe schon lieb gewonnene DIN 4701 Teile 1 bis 3 wird damit aufs Abstellgleis geschoben - sprich zurückgezogen.
Es gibt noch eine Vielzahl weiterer Normen, die im Zuge der europäischen Harmonisierung ersetzt werden oder bereits wurden. Beispielhaft sei nur an die Abwassernorm DIN EN 12056 Teile 1 bis 5 erinnert. Die Verordnungswut aus Brüssel geht aber noch weiter: Im Zuge der geplanten Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie steht auch die Energieeinsparverordnung - gerade einmal eineinhalb Jahre alt - vor ihrer Novellierung.
Für den SHK-Fachmann, sei er nun Planer oder Handwerker, bedeutet dies, sich den neuen Anforderungen zu stellen und durch laufende Weiterbildung am Ball zu bleiben, damit die Woge der europäischen Normung ihn nicht über Bord spült. Ein einziges Großobjekt, aus Unkenntnis falsch geplant oder gebaut, kann schließlich das Aus für ein Unternehmen bedeuten.
Markus Sironi
IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion
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