IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2003, Seite 30 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Das zeitgemäße Rohrleitungssystem
Einrohrheizung oder Zweirohrheizung
Dipl.-Ing. Frank Sprenger*
Zur Wohnraumbeheizung kommt in Deutschland heute fast ausschließlich die Warmwasser-Zentralheizung zum Einsatz. Die Heizenergie wird über ein Wärmeverteilsystem zu den Heizflächen transportiert, die die Wärme an den Raum abgeben. Das notwendige Verteilsystem wird dabei nach den individuellen Anforderungen zugeschnitten. Sehr wohl können aber zwei Grundtypen unterschieden werden. Dies sind die Ein- und die Zweirohrheizung, die jedoch unterschiedliche Eigenschaften mit sich bringen.
Charakterisierung der Zweirohrheizung
Die Zweirohrheizung entspricht der klassischen Parallelschaltung: Das Heizungswasser wird hierbei in getrennten Vor- und Rücklaufleitungen geführt. Dadurch erhalten alle Heizkörper annähernd die gleiche Vorlauftemperatur und erbringen bei einheitlichen Dimensionen die gleiche Leistung. Eine Beeinflussung der Heizkörper untereinander ist so praktisch nicht gegeben. Selbst das Absperren einzelner Heizkörper hat keine Auswirkungen auf die Wärmeleistung der anderen Heizkörper.
Heizflächen werden über ein hydraulisches Leitungsnetz mit dem Heizungswasser versorgt. Bei der Ausführungsart dieses Wärmeverteilsystems werden grundsätzlich Ein- und Zweirohrheizungen voneinander unterschieden. |
Die separate Ausführung von Vor- und Rücklaufleitung kann jedoch dazu führen, dass die Heizkörper bei unterschiedlich hohen Druckverlusten unausgewogen mit Heizungswasser versorgt werden. Mit zunehmender Entfernung vom Eingangsstrom werden nämlich die Strömungswiderstände im Rohrnetz größer. Da Wasser bekanntlich immer den Weg des kürzesten Widerstandes sucht, würde ohne Gegenmaßnahmen der größte Volumenstrom über die am günstigsten gelegenen Heizkörper strömen. Dies hätte eine Unterversorgung der ungünstiger gelegenen Heizkörper mit verringerter Wärmeleistung zur Folge. Deshalb ist ein so genannter hydraulischer Abgleich notwendig, damit sich über allen Heizkörpern der gleiche Druckverlust einstellt. Diese Begrenzung des maximalen Durchflusses am Heizkörper wird an der Rücklaufverschraubung oder am Thermostatventil eingestellt.
Eine Sonderform der Zweirohrheizung, bei dem der hydraulische Abgleich entfällt, ist die Rohrverlegung nach dem System der gleichen Weglängen. Dieses Prinzip geht auf den deutschen Heizungsingenieur Tichelmann (1861 bis 1926) zurück. Hierbei ergeben sich für die Rohrlängen aus Vor- und Rücklauf zu jedem Heizkörper die gleiche Summe und somit annähernd gleiche Druckverluste. Ein hydraulischer Abgleich ist deshalb nicht mehr erforderlich.
Integrationsmöglichkeiten von Heizkörpern in das System der Einrohrheizung. |
Charakterisierung der Einrohrheizung
Die Einrohrheizung entspricht der klassischen Reihenschaltung: Das Heizungswasser wird in einer Ringleitung an allen Heizkörpern vorbeigeführt. Vor- und Rücklauf der Heizkörper sind hierbei im Bypass an die gemeinsame Rohrleitung angeschlossen. Bei diesem so genannten Nebenschlusssystem strömt ein Teil des Heizungswassers durch den Heizkörper und der andere Teil durch die Kurzschlusstrecke.
Einrohrheizungen stehen im Ruf, ein besonders einfaches und preisgünstiges Heizwasserverteilsystem zu sein. Begründet wird dies u.a. damit, dass aufgrund der konstanten Durchflussmenge lediglich ein Rohrquerschnitt dimensioniert werden muss. Befürworter argumentieren zudem mit weniger Materialeinsatz und geringerem Montageaufwand. Beides jedoch relativiert sich sehr schnell, wenn sich das Rohrverteilsystem nicht im Ring verlegen lässt, sondern wieder zurückgeführt werden muss. Aber auch bei einer Ringverlegung fällt die Materialersparnis nur gering aus, da einheitlich mit einem konstant großen Rohrquerschnitt für den Gesamtvolumenstrom dimensioniert wird, während die Rohrquerschnitte in der Zweirohrheizung auf die jeweiligen Teilvolumenströme abgestimmt sind.
Hydraulisches Leitungsnetz einer Zweirohrheizung mit senkrechter Verteilung, die zum einen von unten und zum anderen von oben erfolgt. |
Die Einrohrheizung hat allerdings zur Folge, dass sich die Temperatur des Heizungswassers nach jedem durchströmten Heizkörper verringert. Deshalb ist es notwendig, jede nachfolgende Heizfläche entsprechend der sich einstellenden Temperaturverringerung zu vergrößern. Trotzdem beeinflussen sich die Heizkörper in ihrer Leistung gegenseitig: Die Absperrung eines Heizkörpers bedeutet eine Erhöhung der Wärmeleistung aller nachfolgenden Heizkörper. Um diese Effekte zu minimieren, existieren Planungsempfehlungen. So sollte der Raum mit dem größten Wärmebedarf möglichst am Stranganfang angebunden werden. Weiterhin ist es zweckmäßig, zwischen Vor- und Rücklauf nur eine Temperaturdifferenz von etwa 10 K zu wählen. Damit ist auch die Leistung aller angebundenen Heizköper auf etwa 12 kW begrenzt.
Der Anschluss der Heizkörper kann z.B. mit einem Saugfitting im Heizkörperrücklauf oder mit Lanzen-, Steigrohr- und Dreiwegeventilen realisiert werden. Der Anteil des Heizwassers, der über den Heizkörper abgezweigt wird, richtet sich nach den Angaben des jeweiligen Ventilherstellers und liegt üblicherweise zwischen 35 bis 50 Prozent.
Aufbau des hydraulischen Leitungsnetzes bei der Ein- und Zweirohrheizung sowie bei der Zweirohrheizung nach Tichelmann. |
Erwähnenswert ist die so genannte Mikrozirkulation: Das im Verteilnetz strömende Heizungswasser gelangt dabei über den Rücklaufanschluss in den Heizkörper, der daraufhin trotz geschlossenem Thermostatventil geringfügig Wärme abgibt. Als Ursache ist hier ein thermischer Auftrieb zu nennen, der durch den Dichteunterschied zwischen dem kühlen Wasser im Heizkörper und dem wärmeren Verteilwasser entsteht. Bei Zweirohrheizungen ist dieser Effekt aufgrund der separaten Rücklaufführung und einem entsprechend niedrigem Rücklauftemperaturniveau vernachlässigbar gering.
Die Temperatur spielt außerdem noch in einem anderen Zusammenhang eine entscheidende Rolle. So ist als Voraussetzung für den Betrieb von Brennwertkesseln eine unterhalb der Abgas-Taupunkttemperatur (Erdgas: ca. 55°C, Heizöl: ca. 47°C) liegende Rücklauftemperatur zu nennen. Die Absperrung von Heizkörpern wirkt sich jedoch in der Einrohrheizung mit einer Temperaturerhöhung im Heizwasserverteilsystem aus. Auch wenn die Systemtemperaturen auf eine Brennwertnutzung ausgerichtet sind, kann in Einrohrheizungen eine Rücklauftemperaturerhöhung über die Abgas-Taupunkttemperatur nicht in allen Betriebszuständen ausgeschlossen werden. Für Brennwertanlagen sind Einrohrheizungen deshalb weniger geeignet.
Gegenüberstellung
Einrohrheizung | Zweirohrheizung |
Reihenschaltung der Heizkörper | Parallelschaltung der Heizkörper |
Vergrößerung der Heizflächen am Strangende | einheitliche Heizkörperdimensionierung |
Einstellung des Teilvolumenstroms am Heizkörper | hydraulischer Abgleich am Heizkörper |
Sonder-Heizkörperventile | Standard-Heizkörperventile |
nachträgliche Anlagenerweiterung nur mit Umplanung möglich | nachträgliche Anlagenerweiterung ohne große Umplanung möglich |
Begrenzung der Leistung auf rund 12 kW | keine Leistungsbegrenzung |
konstant hoher Volumenstrom/Dp-geregelte Pumpe wirkungslos | abgestufter Volumenstrom/Dp-geregelte Pumpe sinnvoll |
Mikrozirkulation möglich | unbedeutende Mikrozirkulation |
Einsatz eines Brennwertkessels weniger geeignet | Einsatz eines Brennwertkessels geeignet |
Fazit
Zweirohrheizungen besitzen im Vergleich zu Einrohrheizungen energetische Vorteile, die sich günstig auf die Betriebskosten auswirken. Bezüglich Planung, Montage, Flexibilität und Materialverbrauch ergeben sich bei der Einrohrheizung keine nennenswerten Vorteile gegenüber der Zweirohrheizung, sodass hier keine Investitionskostendifferenz festgestellt werden kann. Insgesamt spricht aber mehr für die Zweirohrheizung, die hier deshalb als das zeitgemäßere Wärmeverteilsystem empfohlen wird, was sich auch in der größeren Verbreitung in der Praxis widerspiegelt.
*) Dipl.-Ing. Frank Sprenger, Technische Public Relations, Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar
B i l d e r : Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar
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