IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2003, Seite


KLIMATECHNIK


Gesundes Wohnen mit Lüftungsgeräten

Dipl.-Ing. Michael Birke*

Das Befinden eines Menschen, sein körperliches und geistiges Leistungsvermögen sowie seine Gesundheit hängen in hohem Maß von der Qualität der Raumluft ab. Denn rund 90 Prozent des Tages verbringt der Mensch in Innenräumen. Hier verbraucht er Sauerstoff und gibt Kohlendioxid ab. Pro Stunde entstehen dabei zwischen 10 und 75 Liter CO2 und 40 bis 175 Gramm Wasserdampf. Also muss verbrauchte Luft ausgetauscht und angefallene Feuchte abgeführt werden.

Raumlüftung

Schlechtes Raumklima, Pilze und Schimmel an den Wänden sind fast immer das Ergebnis eines ungenügenden oder falschen Luftaustausches. Früher war, bedingt durch undichte Fenster und Einfachverglasung, ein unkontrollierter, aber meist ausreichender Luftaustausch gegeben. Somit war der Abtransport der in die Raumluft eingebrachten Inhaltsstoffe gewährleistet.

Heute genügt es nicht mehr, nur bei merkbar schlechter Luft Fenster zu öffnen oder dauernd gekippt zu halten. Während verbesserte Wärmedämmung bei Wänden, Fenstern und Türen den Energieverbrauch reduziert, wird bei der klassischen Fensterlüftung "aus dem Vollen geschöpft". Bis zu 50 Prozent der Heizenergie kann so zum Fenster hinausgelüftet werden. Zwischen sinnvollem Wärmeschutz und Frischluftbedarf besteht somit ein "Interessenskonflikt", den es zu überbrücken gilt. Wer die beiden gegensätzlichen Faktoren unter einen Hut bringen will, findet in Systemen für die kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung vernünftige Lösungen. Wohnungslüftung hat aus hygienischer und energetischer Sicht einen Stellenwert erreicht, der ebenso hoch ist wie Hausheizung, Warmwasserversorgung oder Beleuchtung.

Bild 1: Ein dezentrales Lüftungsheizsystem beheizt Räume und belüftet sie. Über eine Wanddurchführung strömt frische, gefilterte Außenluft in das Lüftungsgerät, über eine zweite gelangt verbrauchte Luft nach draußen, wobei 90 Prozent der Wärme aus der verbrauchten Raumluft der Frischluft wieder zugeführt werden.

Rahmenbedingung EnEV

Mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Niedrigenergiehaus-Standard getan. Der Heizenergiebedarf von Neubauten soll um rund 30 Prozent gegenüber heutigen Anforderungen sinken. Auf dieser Grundlage wird es erstmals auch möglich, die Effizienz der Anlagentechnik in die Bewertung der energetischen Qualität von Gebäuden einzubeziehen. Dabei bleibt es Bauherren und Planern freigestellt, mit welchen Maßnahmen sie die vorgegebenen Zielwerte erreichen - ob durch verstärkten Wärmeschutz, anspruchsvollere Anlagentechnik, den Einsatz erneuerbarer Energien oder Konzepte zur Wärmerückgewinnung.

Lüftungssysteme als Lösung

Die verbesserte Wärmedämmung bei Fenstern, Wänden und Türen muss mit geeigneten Lüftungskonzepten einhergehen, um effiziente Einsparungen zu erreichen. Am wirksamsten hinsichtlich Energieeinsparung sind Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung. Sie können lüften, heizen und/oder das warme Wasser bereiten. Einige wesentliche Beispiele sind hier aufgeführt.

Dezentrale Lüftung und Heizung

Lüftungs-Heizsysteme wurden speziell für Niedrigenergiehäuser und Modernisierungsmaßnahmen entwickelt (Bild 1). Sie heizen und belüften einzelne Räume. Über eine Wanddurchführung strömt frische, gefilterte Außenluft in das Lüftungsgerät, über eine zweite gelangt verbrauchte Luft nach draußen. Mit einem Kreuz-Gegenstrom-Wärmeaustauscher beträgt die Wärmerückgewinnung bis zu 90 Prozent. Eine Bedarfsheizung springt ein, wenn die Wärmerückgewinnung einmal nicht ausreicht. Darüber hinaus ist das Lüftungsheizgerät mit jedem anderen Heizsystem (z.B. Zentralheizung) kombinierbar. In Niedrigenergiehäusern mit einem Jahresheizwärmebedarf von bis zu 50 kWh/(m2 · a) benötigt man jedoch in der Regel keine zusätzliche Einbindung.

Bild 2: Ein zentrales Lüftungsgerät sorgt für gute Durchlüftung und spart durch seine 90-prozentige Wärmerückgewinnung Energie.

Zentrale Lüftung

Für alle, die nichts anderes wollen als nur frische Luft in allen Räumen, sind zentrale Lüftungssysteme die richtige Lösung (Bild 2). Sie belüften Wohnungen oder ganze Häuser. Die Raumluft wird kontinuierlich über Zu- und Abluftventile ausgetauscht. Sie wiederum sind über ein Rohrsystem mit dem zentralen Lüftungsgerät verbunden, in dem ein Kreuz-Gegenstrom-Wärmeaustauscher der verbrauchten Luft Wärme entzieht und sie zu rund 90 Prozent auf die Außenluft überträgt. Der Luftfilter im Gerät sorgt für fast pollenfreie Atemluft.

Bild 3: Zwei Funktionen in einem Gerät: Das Lüftungs-Zentralgerät nutzt die Wärme der Abluft zur zentralen Warmwasserversorgung.

Zentrale Hauslüftung mit Warmwasserbereitung

Etwa im Format einer Kühl-Gefrier-Kombination übernimmt ein Lüftungszentralgerät die Be- und Entlüftung einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses und sorgt für die zentrale Warmwasserversorgung (Bild 3). Über ein Rohrsystem werden Räume wie Küche, Bad und WC mechanisch entlüftet und die Abluftwärme für die Warmwasserbereitung genutzt. Über dezentrale Zuluftventile in den Außenwänden strömt frische, gefilterte Außenluft nach innen und verteilt sich - durch den entstehenden, leichten Unterdruck - in den übrigen Wohnräumen. So ist ständig frische Luft im Haus, ohne dass es dabei zu unangenehmen Temperaturschwankungen kommt.

Bild 4: Die gesamte Haustechnik im Format einer Kühl-Gefrier-Kombination: Das bietet dieses neue Integralsystem. Es sorgt für die Be- und Entlüftung von Wohnungen oder Einfamilienhäusern, übernimmt die zentrale Warmwasserversorgung und stellt die Beheizung sicher - alles unter Nutzung von kostenloser Umweltenergie.

Wohnungslüftung, Heizung und Warmwasserbereitung mit dezentraler Luftzuführung

Diese Haus-Wärmezentrale (Bild 4) vereint drei Funktionen der Haustechnik: Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Heizung und Warmwasserbereitung. Sie nutzt die Abluft aus Küche, Bad und Toilette, um daraus mittels einer integrierten Abluft-Wärmepumpe Energie für die Warmwasserbereitung und Heizung des Hauses zu gewinnen. Dezentrale Luftzuführung bedeutet: Über Außenwandventile strömt permanent und zugfrei frische Außenluft nach und ersetzt die der Wärmepumpe zugeführte Luft. Das System eignet sich besonders für den Einsatz in Niedrigenergiehäusern. Ein 300-Liter-Warmwasserspeicher hält stets warmes Wasser bereit.

Bild 5: Das Integralsystem vereint drei Funktionen der Haustechnik: Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Heizung und Warmwasserbereitung.

Wohnungslüftung, Heizung und Warmwasserbereitung mit zentraler Luftzuführung

Auf dem Markt gibt es seit einiger Zeit ein so genanntes Integralgerät (Bild 5). Es vereint - wie auch das zuvor beschriebene System - drei Funktionen der Haustechnik in einem Gerät: Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Heizung und Warmwasserbereitung - allerdings mit zentraler Luftzuführung. Der Platzbedarf für das Gerät entspricht etwa dem Volumen von zwei nebeneinander stehenden Kühl/Gefrierkombinationen. Das Integralsystem nutzt die Abluft aus Küche, Bad und Toilette, um daraus mittels einer integrierten Wärmepumpe Energie für die Warmwasserbereitung und Grundheizung des Hauses zu gewinnen. Wird keine Heizwärme benötigt, erwärmt das Gerät das Brauchwasser. Die Wärmerückgewinnung erreicht Werte von bis zu 90 Prozent. Dieses System eignet sich somit besonders für den Einsatz in Niedrigenergiehäusern bis 180 Quadratmeter Wohnfläche und 6,6 kW Gebäudewärmebedarf. Zwei Rohrleitungssysteme führen frische Luft zu den Wohnräumen und verbrauchte Luft aus Küche, Bad und Toilette.

Nicht nur Restwärme, auch Außenluft nutzt die Luft/Wasser-Wärmepumpe für Heizung und Warmwasserbereitung. Sollte das einmal nicht ausreichen, schaltet sich ein integrierter Elektroheizstab zu. Dessen Mehrstufigkeit erlaubt die Anpassung selbst an kleinste Wärmeanforderungen in Niedrigenergiehäusern. Den überwiegenden Teil des Jahres wird die Wärmepumpe genutzt - die zusätzliche Nacherwärmung garantiert darüber hinaus auch bei ungünstigsten äußeren Bedingungen den Warmwasser- und Heizkomfort.

Sich wohl fühlen

Mit jeder Maßnahme zur Wärmedämmung ist eine Verringerung des natürlichen Luftaustauschs verbunden. Ein Problem, das man mit geeigneten Lüftungskonzepten ausgleichen kann. Natürlich darf beim Einsatz von Lüftungssystemen auch weiterhin mit dem Fenster gelüftet werden. Zahlreiche Institutionen aus dem Gesundheitsbereich empfehlen jedoch für Neubauten und Sanierungsobjekte Geräte und Systeme zur kontrollierten Wohnraumlüftung, weil sich damit Energiesparkonzepte mit dem Frischluftbedarf des Menschen sinnvoll verbinden lassen.

Belastung der Innenräume

Schimmel
Schimmelsporen sind die Hauptverursacher für Bauschäden sowie Umwelterkrankungen. Während der Mensch sich bei relativer Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent und frischer Luft wohl fühlt, mag es der Schimmelpilz lieber stickig und blüht erst ab 65 Prozent Luftfeuchtigkeit so richtig auf. In einem Vier-Personen-Haushalt können pro Tag zwischen 10 und 15 Kilogramm Wasserdampf entstehen, der sich in der Raumluft anreichert und bei fehlendem Abtransport an kühlen Außenflächen in Form von Kondensat absetzt. Ein kontinuierlicher Luftaustausch reguliert den Feuchtegehalt der Luft und verhindert Schimmelbefall.

Milben
Milben gehören zu den häufigsten Allergieauslösern in Innenräumen. Rund 80 Prozent des kindlichen Asthmas sind darauf zurückzuführen. Für die Vermehrung bedarf die Hausmilbe bestimmter Voraussetzungen: Neben der Nahrung wie menschliche Hautschuppen fühlen sich Milben besonders wohl bei einer relativen Luftfeuchtigkeit ab 65 Prozent und Temperaturen von etwa 25 Grad Celsius. Der bevorzugte Lebensraum sind Matratzen und Polster. Für den Menschen sind nicht die Milben selbst, sondern deren Ausscheidungen krankheitsfördernd. Diese vermischen sich mit dem Hausstaub und werden beim Staubsaugen regelrecht aufgewirbelt und gelangen so in die Atemluft. Auch hier können Systeme zur Wohnungslüftung Linderung bringen, weil sie ein für Mikroorganismen ungemütliches Klima schaffen und ihnen den Lebensraum entziehen.

Pollen
In Deutschland ist heute bereits jeder Dritte Allergiker - ob gegen Pollen oder andere Stoffe. Es ist zu befürchten, dass deren Anzahl mit steigender Umweltbelastung weiter wächst. Geeignete Lüftungssysteme können den Pollenflug je nach Filterausstattung um bis zu 95 Prozent reduzieren und das Leben wieder angenehm machen.

Schadstoffe
Während man Kochdunst und Tabakrauch leicht wahrnimmt und den Geruch von Baumaterialien und Möbeln als unangenehm empfindet, ist das Tückische vieler Stoffe, dass man sie nicht riecht. Baustoffe, Wand- und Deckenmaterialien, Fußbodenbeläge und Haushaltsprodukte geben zahlreiche chemische Substanzen an die Innenräume ab. Diese Belastung lässt sich deutlich reduzieren, indem man geeignete Lüftungssysteme nutzt, die für den notwendigen Luftaustausch sorgen.

Lärm
Je dichter die Infrastruktur, desto stärker die Belastung durch Verkehrslärm. Besonders an viel befahrenen Kreuzungen ist der Krach nervtötend - insbesondere bei geöffneten Fenstern. Unerträglich wird es, wenn Schlafräume ständiger Lärmbelästigung ausgesetzt sind. Mit durchdachten Lüftungssystemen hat man allerdings die Chance, seine Lebensbedingungen wesentlich angenehmer zu gestalten.


B i l d e r :   Stiebel Eltron GmbH & Co. KG, Holzminden


* Dipl.-Ing. Michael Birke, Stiebel Eltron GmbH & Co. KG, Holzminden


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