IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2003, Seite 72 f.
REPORT
Ausbildung lohnt sich für die Betriebe
Die eigene Berufsausbildung rechnet sich für Betriebe in hohem Maße - Ausbildung ist eine lohnende Investition in die Zukunft. Werden Nutzen und Kosten der beruflichen Bildung für die Betriebe gegenübergestellt, so ergibt sich klar eine positive Bilanz. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), bei der rund 2500 Ausbildungsbetriebe zu den Kosten der Ausbildung und zu wichtigen Dimensionen des Ausbildungsnutzens befragt wurden.
1. Zu den Ausbildungskosten
Kostenstruktur: Bei der betrieblichen Berufsausbildung fallen im Durchschnitt aller Betriebe im gesamten Bundesgebiet folgende Kosten pro Auszubildenden und Jahr an:
- Personalkosten (Ausbildungsvergütungen, Sozialversicherungsbeiträge, tarifliche und freiwillige Sozialleistungen): 8269;
- Personalkosten für alle an der Ausbildung beteiligten Mitarbeiter (haupt- und nebenberufliche Ausbilder): 5893;
- Anlage- und Sachkosten der Ausbildung: 545;
- sonstige Kosten (z.B. für Lehr- und Lernmittel, Prüfungsgebühren, externe Lehrgänge, Ausbildungsverwaltung): 1728 (Bild 1).
Bild 1: Bruttokosten, Erträge und Nettokosten (Vollkosten) der betrieblichen Berufsausbildung 2000; durchschnittliche Beträge pro Auszubildender und Jahr in . |
Brutto- und Nettokosten (Vollkosten): Bei Einbeziehung aller oben genannten Kostenarten (Vollkostenrechnung) liegen die durchschnittlichen Bruttokosten bei 16.435 pro Auszubildenden und Jahr. In der betrieblichen Ausbildung ist der Auszubildende in der Regel auch produktiv tätig, d.h. er leistet für den Betrieb wirtschaftlich verwertbare Arbeiten. Nach Abzug dieser Ausbildungserträge in Höhe von durchschnittlich 7730 ergeben sich Nettokosten von 8705.
Kostenentwicklung: Wie sich die Kosten in den vergangenen zehn Jahren entwickelten, kann ausschließlich für die Ausbildungsbereiche Industrie und Handel sowie Handwerk in Westdeutschland aufgezeigt werden. Im Handwerk stiegen die Bruttokosten (Vollkosten) von 1991 bis 2000 um 20% (Bild 2), die Nettokosten um 27%, da der Anstieg der Erträge mit 13% nur relativ gering ausfiel.
In beiden Ausbildungsbereichen zeigt sich eine sehr geringe Kostensteigerung beim Ausbildungspersonal, die deutlich unter der Lohn- und Gehaltsentwicklung liegt, was auf einen wirtschaftlicheren Einsatz der betrieblichen Ausbilder schließen lässt.
Bild 2: Bruttokosten, Erträge und Nettokosten (Vollkosten) der betrieblichen Berufsausbildung in Industrie und Handel sowie im Handwerk in Westdeutschland 1991 und 2000; durchschnittliche Beträge pro Auszubildenden und Jahr in . |
Brutto- und Nettokosten (Teilkosten): Nicht alle bei der Vollkostenbetrachtung einbezogenen Kosten werden durch die Ausbildung zusätzlich verursacht. Insbesondere die Personalkosten der Mitarbeiter, die neben ihren eigentlichen Aufgaben zeitweise auch in der Ausbildung tätig sind (nebenberufliche Ausbilder), fallen auch unabhängig von der Ausbildung an. Werden diese ausbildungsunabhängigen Kostenfaktoren (Teilkostenrechnung) ausgespart, ergeben sich deutlich niedrigere Kosten: So belaufen sich bei der Teilkostenbetrachtung die Bruttokosten auf 10178 und die Nettokosten auf 2448. Die Teilkosten drücken die durch die Ausbildung entstandene zusätzliche Kostenbelastung der Betriebe aus, während die Vollkosten Aufschluss über den gesamten Ressourcenverbrauch bei der Ausbildung geben.
2. Zu dem Ausbildungsnutzen
Die Durchführung einer Berufsausbildung ist mit vielen Vorteilen verbunden, die ein Ausbildungsbetrieb gegenüber einem nicht ausbildenden Unternehmen hat. Einen wesentlichen Vorteil stellen Einsparungen von Kosten dar, die - bei einem Verzicht auf Ausbildung - bei der Einstellung externer Fachkräfte anfallen würden (Bild 3). Diese Rekrutierungskosten setzen sich aus folgenden Elementen zusammen:
- Personalgewinnung (Inserierungskosten, Personalaufwand für die Durchführung von Vorstellungsgesprächen, Auswahl der Bewerber). Die durchschnittlichen Einsparungen betragen 1429 pro neu einzustellender Fachkraft.
- Einarbeitung . Hierfür fallen im Durchschnitt 3927 an. Hinzu kommen eingesparte Kosten von 722 für die Weiterbildung der neuen Mitarbeiter.
Zu berücksichtigen ist, dass einige Betriebe für eine bestimmte Zeit den über den Arbeitsmarkt eingestellten Fachkräften Löhne bzw. Gehälter zahlen, die von denjenigen der im eigenen Betrieb Ausgebildeten abweichen. Dabei kommen niedrigere Löhne für Externe häufiger vor als höhere Löhne. Bezogen auf ein Jahr erhalten externe Fachkräfte im Durchschnitt ein um 313 niedrigeres Entgelt. Wird dieser Vorteil bei der Einstellung externer Fachkräfte mit den oben genannten Einsparungen verrechnet, die sich bei einer eigenen Ausbildung ergeben, so erhält man einen durchschnittlichen Gesamtwert von 5765 an eingesparten Rekrutierungskosten für jede selbst ausgebildete und übernommene Fachkraft. Hinzugefügt werden muss allerdings, dass es in der Höhe der einzusparenden Rekrutierungskosten erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Betrieben gibt.
Zusätzlich zu den in Geldwerten zu beziffernden Ausbildungsvorteilen gibt es weitere wichtige Nutzendimensionen der Ausbildung, die sich allerdings einer genauen Erfassung entziehen:
- Das Fehlbesetzungsrisiko und die Fluktuation liegen für die im eigenen Betrieb ausgebildeten Fachkräfte deutlich niedriger als bei Einstellungen über den Arbeitsmarkt.
- Besondere Bedeutung hat die Vermeidung von Ausfallkosten, die entstehen, wenn der Fachkräftebedarf nicht gedeckt werden kann und es daher zu einem Verzicht von Aufträgen kommt.
- Auch nach einer Einarbeitung gibt es oft noch Leistungsunterschiede zwischen den im eigenen Betrieb ausgebildeten Fachkräften und den über den Arbeitsmarkt eingestellten. Selbst Ausgebildete verfügen z.B. über einen besseren Einblick in die betrieblichen Arbeitsvorgänge und das betriebliche Produktions- bzw. Dienstleistungsprogramm.
- Schließlich ist Ausbildung auch ein wesentlicher Faktor zur Verbesserung des betrieblichen Images in der Öffentlichkeit, insbesondere bei Kunden und Lieferanten.
Fazit
Für eine Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen der Ausbildung sind die Nettokosten nach der Teilkostenrechnung heranzuziehen. Aus dieser Betrachtung ergibt sich, dass den Gesamtkosten in Höhe von 7344, die bei einer dreijährigen Ausbildungsdauer im Durchschnitt anfallen, ein beachtlicher quantifizierter Nutzen von 5765 gegenübersteht. Werden zusätzlich die nicht in Geldwerten erfassbaren Nutzenaspekte berücksichtigt, wird deutlich, dass die Rekrutierung der Fachkräfte über den Arbeitsmarkt in der Regel teurer ist als die eigene Ausbildung des betrieblichen Fachkräftenachwuchses1).
1) Weitere Ergebnisse der Untersuchung werden in Heft 6/2002 der Zeitschrift "Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (BWP)" in zwei Beiträgen veröffentlicht: "Nutzen der betrieblichen Ausbildung für Betriebe - erste Ergebnisse einer empirischen Erhebung" und "Wirtschaftlichere Durchführung der Berufsausbildung - Untersuchungsergebnisse zu den Ausbildungskosten der Betriebe". Das Heft ist zum Preis von 7,60 zu beziehen beim
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