IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2003, Seite 70 f.


REPORT


Facility Management:

Die Zukunft gehört dem Komplettanbieter

Entscheider fordern Professionalität, Verantwortungs­übernahme und Komplettangebote

Der ZVEI-Fachverband Immobilie sieht sich durch eine aktuelle Marktstudie bestätigt: Über zwei Drittel (67,6 Prozent) der Entscheider in ­deutschen Unternehmen würden Servicefunktionen, die nicht direkt mit ihren Immobilien zu tun haben, ausgliedern. 60 Prozent der ­Eigentümer würden komplett die gesamte Immobilie von einem ­spezialisierten Anbieter betreuen lassen, und immerhin knapp 40 Prozent der Unternehmen können sich sogar vorstellen, ihre ­gesamten Liegenschaften aus dem Vermögenswert des Unternehmens auszugliedern.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Marktstudie "Komplettvergabe von Immobiliendienstleistungen"*, die der Fachverband Immobilie im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. gemeinsam mit der Fachzeitschrift "Gebäude Management" erstellt hat. Im Herbst 2002 führten Experten 120 Interviews mit Gesamt- und Fachverantwortlichen aus den Bereichen Facility Management und Immobilieninvestition, vornehmlich aus den Sparten Immobilienwirtschaft, Banken/Versicherungen und der produzierenden Industrie.

"Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Immobilie in der Wertschöpfungskette der Unternehmen eine offenbar immer bedeutendere Rolle spielt", erklärt Hans-Wolfgang Aicher, Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbandes Immobilie. Zwei Drittel (63,3 Prozent) der Unternehmen messen ihr eine große bis sehr große Bedeutung zu. Keiner der Teilnehmer ist der Meinung, dass eine Immobilie in der Wertschöpfungskette keine Bedeutung habe.

Hohe Anforderungen

Angesichts der starken Nachfrage nach umfassenden Dienstleistungen rund um die Immobilie sind die Anforderungen, die an ­einen externen Dienstleister gestellt werden, entsprechend hoch. Professionalität, Kompetenz, Kostenoptimierung, optimale Planung und effektive Bewirtschaftung werden von den "Beratern" gefordert. Über vier Fünftel (82,5 Prozent) halten die frühe ­Einbeziehung eines erfahrenen Gebäudemanagers bereits in der Planungsphase eines Neu- oder Umbaus für sinnvoll. Und jetzt ein scheinbarer Widerspruch: Ebenfalls knapp vier Fünftel (79 Prozent) verzichten dankend auf den Experten-Tipp, der den Kunden über eine Abgrenzung seiner Kern- und Sekundärprozesse beraten würde. Ein Grund für diese ablehnende Haltung könnten mangelnde Angebote qualifizierter Anbieter sein, denn immerhin knapp 60 Prozent der Befragten gaben an, schon mal Gebäudemanagement bzw. Planungsfunktionen extern vergeben zu haben.

Auch bei den Vertragslaufzeiten sind die Befragten zurückhaltend. Fast zwei Drittel (63,3 Prozent) können sich nicht vorstellen, einen Anbieter mit Planung, Ausführung und Betrieb ihrer Immobilie fünf oder zehn Jahre zu beauftragen. Die Scheu vor längerer Bindung ist hier offensichtlich und bei der heute noch üblichen kleinteiligen Auftragsvergabe auch kein Wunder. Dabei kann bei kurzen Vertragslaufzeiten kein substanzielles und verantwortungsvolles Engagement des Dienstleisters erwartet werden. Der Return on Invest für seine Investition ist bei konsequentem Management der Sekundärprozesse nur längerfristig zu realisieren.

Qualifikationskriterien

Auf die Frage, welche Qualifikationskriterien bei einem Dienstleistungsanbieter wichtig sind, rangiert dann "Wirtschaftliche Stärke, die zugesagte Vertragslaufzeit durchstehen zu können", an erster Stelle. Gleich darauf folgen "Vertrauen in die Qualifikation", "vertraglich zugesicherte Übernahme der wirtschaftlichen Verantwortung für die Sekundärprozesse" und "Management-Know-how zur Prozess-Optimierung". Alles für Nachfrager wichtige Kriterien, die bei vielen Anbietern im Markt möglicherweise vermisst werden.

Ein weiteres überraschendes Moment der Studie: Nur rund elf Prozent der Befragten halten Branchen- und Spezialkenntnisse aus den eigenen Betriebsabläufen (Kernprozesse) für ein wichtiges Qualifikationsmerkmal des Dienstleisters. Möglicherweise liegt das daran, dass im Markt das Wissen um den Kernprozess des Nutzers noch kaum ausgeprägt ist, sich die Befragten dies folglich gar nicht vorstellen können. Hier muss hinterfragt werden, ob tatsächlich qualifizierte Beratungsleistungen und Komplettservice ohne Kenntnis von den Kernprozessen des Nutzers geleistet werden können. Angesichts des starken Bedarfs an Dienstleistungen könnte dies für Facility Manager heißen: Die Bereitschaft der Nachfrageseite nutzen und kundenkernprozessnahe und umfassende Beratung und Dienstleistung zur Optimierung der Sekundärprozesse** anbieten.

Genau in diese Richtung gehen auch die Antworten auf die Frage nach der künftigen Entwicklung des Marktes für Immobilien-Dienstleistungen. Knapp drei Viertel der Befragten (73,3 Prozent) sehen die Entwicklung hin zu Multi Utility Anbietern. "Ist Multi Utility der zukünftige FM-Markt", fragt Aicher. Die klare Antwort der Studie heißt: Ja, denn bei entsprechender Qualifikation wird es in Zukunft den Komplettanbieter geben.


*) Die Studie ist zum Preis von 115,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer zu beziehen bei Andreas Schaefer, Objekt- und Anzeigenleiter Gebäude-Management, Tel.: 069/75951223


**) Anmerkung der Red.: Gemeint sind outsourcingfähige Dienstleistungen wie etwa Gebäudereinigung, -sicherheit, EDV-Pflege…


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