IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/2003, Seite 42 f


REPORT


Sanitärbranche: große Konjunktursorgen

Trotz eines unverändert großen Markt- und Nachfragepotenzials steckt die Sanitärbranche in einer tiefen Konjunkturkrise. Die Talfahrt des bereits seit Jahren kränkelnden Inlandsgeschäftes beschleunigte sich 2002 erheblich, sodass der stark mittelständisch geprägte, bauabhängige Wirtschaftszweig per saldo mit einem nominalen Umsatzminus von um 10% rechnet.

Auch für 2003 zeichnet sich keine Trendwende ab, erklärt die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS). Entsprechend schlecht sei die Stimmung bei den Unternehmen aus Industrie, Großhandel und Handwerk. Schuld daran habe u.a. die "konzeptionslose und in weiten Teilen kontraproduktive" Politik der Bundesregierung. Die Branche will sich aber nicht nur an die Klagemauer stellen, sondern "wie bisher" die eigenen Kräfte mobilisieren, um aus der Flaute herauszukommen.

Drei Kernforderungen

Die meisten Beschlüsse und Pläne der Berliner Koalition sind nach Meinung von Fritz-Wilhelm Pahl völlig ungeeignet, um die "notwendigen Reformen" überzeugend anzugehen. Stattdessen werden Verbraucher, Mittelstand und die gesamte Wirtschaft "weiter verunsichert und demotiviert", kritisiert der VDS-Vorsitzende. Die Reduzierung der Eigenheimförderung sei dafür ein exemplarisches Beispiel. Für sie gäbe es bei den Betroffenen sicher mehr Verständnis, wenn sie als Modul einer schlüssigen Subventionsabbau-Strategie erkennbar wäre.

Pahl definiert drei Kernforderungen an die Politik. Erstens müsse sie dem wettbewerbsverzerrenden Charakter jeglicher Subventionen endlich wirksam begegnen. Zweitens gelte es, die Steuergesetze "radikal" zu vereinfachen. Drittens schließlich solle der Staat aufhören, Unternehmen und Bürger "ständig bevormunden und reglementieren" zu wollen. Entscheidend sei es, wieder ein positives Klima für Leistung, Engagement und Investitionen zu schaffen.

Ursache: Das Inlandsgeschäft verhagelte der Sanitärbranche 2002 die Umsatzbilanz. Auch für dieses Jahr prognostiziert die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) ein weiteres kräftiges Minus. Die aktuellen Konjunktursorgen seien aber nicht mit genereller Marktsättigung zu verwechseln: "Im Bad gibt es inzwischen einen enormen Investitionsstau."

Keine Entwarnung

Der inzwischen "enorme Nachfragestau im Bad" löste sich auch im ablaufenden Jahr nicht auf. Nach Pahls Worten entwickelte sich das Inlandsgeschäft im Gegenteil praktisch von Monat zu Monat schlechter. Für das Gesamtjahr erwartet die Branche daher ein Umsatzminus, das "eher über als unter 10%" liegt. Während Handwerk und Großhandel noch auf eine einstellige Einbuße "hoffen", befürchten die meisten Produzentengruppen einen deutlich zweistelligen Rückgang. Auch für 2003 überwiege die Skepsis; mit einer moderaten Erholung sei aus heutiger Sicht erst ab 2004 zu rechnen.

Tendenziell ähnlich sieht das ifo-Institut die Situation. In den "Marktdaten für den Wirtschaftsbereich Haus- und Gebäudetechnik in Deutschland" schätzt es u.a. den Umsatz der Sanitärsparte für 2002 auf 15,0 Mrd. Euro (nach 15,7 Mrd. Euro). Stabilen Exporterlösen von jeweils 2,3 Mrd. Euro steht ein um gut 5% sinkendes Inlandsvolumen (12,7 nach 13,4 Mrd. Euro) gegenüber. Es soll, so die jüngste Prognose, im kommenden Jahr weiter auf 12,1 Mrd. Euro fallen.Der von ifo erfasste Wirtschaftsbereich Haustechnik, der in der amtlichen Statistik als einheitlicher Zweig nicht existiert, deckt neben dem von dem Bonner Dachverband repräsentierten Sanitärsektor im Wesentlichen die Zentralheizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik ab. Das schließt jeweils die Firmen der Industrie, des Fachgroßhandels und des handwerklichen bzw. industriellen Installationsgewerbes ein. Die Branche als Ganzes stellt, betont VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann, ein wichtiges Segment der Bauwirtschaft dar. So habe es 2001 zum deutschen Hochbauvolumen von etwa 175 Mrd. Euro rund 19% beigesteuert.

Hohe Ausbildungsquote trotz Personalabbau

Die addierte Zahl aller haustechnischen Unternehmen kletterte der Erhebung zufolge seit 1999 um gut 300 auf jetzt knapp 50.400. Der Anstieg geht ausschließlich auf das Konto des Handwerks, während Industrie und Großhandel in der Beobachtungsperiode rückläufige Werte verzeichnen. Gegenwärtig beschäftigt die Branche ca. 479.000 Mitarbeiter, nachdem es 1999 noch 80.000 mehr waren. Zum stärksten Personalabbau kam es dabei im Handwerk (von 408.000 auf 336.000). Laut ifo setzt sich diese Tendenz 2003 in abgeschwächtem Ausmaß fort.

Die im gesamtwirtschaftlichen Vergleich überdurchschnittliche Ausbildungsquote von rund 11,5% unterstreicht das traditionelle Engagement bei der Nachwuchsqualifizierung, hebt Wischmann hervor. 2001 waren danach im Haustechnik-Sektor etwa 58.000 Ausbildungsplätze besetzt, davon allein 48.000 im Handwerk. Es gehöre damit zu den zehn ausbildungsintensivsten gewerblichen Berufszweigen.

Wachstumsreserven bei Renovierung

Trotz der momentan kritischen Markt- und Ertragssituation sieht der Verband durchaus eine "stabile Basis" für eine künftig bessere Badkonjunktur. So sind nach einer von der VDS Anfang 2002 veröffentlichten GfK-Repräsentativstudie über 7 Mio. Haushalte vor allem wegen Platzmangels und unzureichender Bewegungsfreiheit mit ihrem Bad unzufrieden. Außerdem haben knapp 17 Mio. Haushalte ihr "Erstbad" seit Bau oder Bezug des Hauses noch nicht renoviert; bei 50% und damit mehr als 8 Mio. von ihnen liegt das Alter der Sanitärräume über 15 Jahren.

Von Marktsättigung könne also überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil: In dem Modernisierungs- und Renovierungsgeschäft als einer "klassischen Kernkompetenz der Bad-Profis" schlummern, so Wischmann, nach wie vor beträchtliche Wachstumsreserven. In diesem Segment, in dem die Branche bereits jetzt rund 70% ihres Umsatzes erzielt, halte sie zudem "alle Trümpfe in der Hand". Denn: Der gleichen Erhebung zufolge billigen die Verbraucher Sanitär-Fachbetrieben die größte Bedeutung als Informations- und Beratungsquelle zu. Außerdem geben beim Kauf von Badprodukten die Qualitäts- und Sicherheitsvorteile von Markenartikeln oft den Ausschlag, ermittelten die Nürnberger Konsumforscher. Das mache Mut, zumal sich vier von fünf Bundesbürgern in ihrem (neuen) Bad in erster Linie "ganz und gar wohlfühlen" wollen.

 

Internetinformationen:
www.sanitaerwirtschaft.de


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]