IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/2003, Seite 28 ff.


INTERVIEW


After-Sale-Service und Kostensenkung

Prozessoptimierung im Kundenservice

Ralf Fiedler und Sigfried Weidner gründeten im Juli 2002 die Inicom Service GmbH durch einen Management-buy-out des Servicebereichs der Geberit GmbH & Co. KG, Pfullendorf. Die Inicom ist auf die Übernahme des After-Sales-Service von SHK-Herstellern spezialisiert. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 20 Mitarbeiter, mit weiter steigender Tendenz. In der Branche sind die Gesellschafter keine Unbekannten. Sigfried Weidner leitete zwölf Jahre den Kundenservice von Geberit Deutschland. Ralf Fiedler betreute als Unternehmensberater über 17 Jahre zahlreiche Kundendienst-Projekte bei namhaften Unternehmen von der Entwicklung bis zur Umsetzung. Die Redaktion der IKZ-HAUSTECHNIK unterhielt sich mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der Inicom Service GmbH über die Potenziale der SHK-Industrie im Bereich des After-Sales-Services.

Sigfried Weidner + Ralf Fiedler, Geschäftsführer der Inicom Service GmbH, im Gespräch mit der IKZ-HAUSTECHNIK.

IKZ-HAUSTECHNIK: Insgesamt betrachtet verzeichnet die SHK-Industrie seit Jahren Umsatzeinbußen und Ertragsrückgänge. Zwingt der Kostendruck die Hersteller nicht zunehmend, gerade in nachgelagerten Bereichen, wie dem After-Sales-Service, zum Sparen?

Weidner: Natürlich gibt es Sparzwänge. Die SHK-Industrie steht im After-Sales-Service vor neuen Herausforderungen. Umsatz- und Ertragsrückgänge, wie wir sie in zahlreichen Bereichen unserer Branche sehen, zwingen die Industrie, ihre Wertschöpfungsprozesse auf Effizienz zu prüfen und anzupassen. Häufig bedeutet dies in der Praxis erst einmal die Umsetzung von Sparmaßnahmen. Personalabbau ist da leider ein häufiges Stichwort. Aber gerade in sensiblen Unternehmensbereichen bedeutet die personelle "Ausdünnung" meist der Anfang einer Problemkette, deren Folgen fast immer unterschätzt werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was bedeutet das konkret?

Fiedler: Nehmen wir ein Beispiel aus der Praxis. Ein mittelständischer SHK-Anbieter hatte bisher fünf Kundendiensttechniker, flächendeckend über Deutschland verteilt. Nun überlegte die Geschäftsführung, primär aus Kostengründen, den Kundenservice um zwei Mitarbeiter zu reduzieren. Mit den übrigen drei Mitarbeitern wird er weiterhin den Anspruch haben, den Markt flächendeckend zu betreuen.

Seine Fixkosten werden nach Abschluss der Personalanpassung natürlich sinken. Aber wie verändern sich die variablen Kosten seines Kundendienstes? Wir haben aus der bisherigen Verteilstruktur der Kundendiensteinsätze errechnet, dass seine verbleibenden drei Kundendiensttechniker ihre Fahrzeiten zum Einsatzort um ca. 80% erhöhen. Gleichzeitig sinkt die Anzahl möglicher Kundendiensteinsätze pro Mitarbeiter um rund 45%. Im konkreten Fall konnten wir nachweisen, dass sich die Gesamtkosten des After-Sales-Service durch die eingeleiteten (Spar)maßnahmen nur unwesentlich reduzierten. Oftmals kommt es gar zu einer kontraproduktiven Situation in Form von Kostenerhöhungen durch vermeintliche Kostensenkungsprogramme.

Fatalerweise hat sich aber im oben dargestellten Beispiel die vom Installateur wahrgenommene Qualität des After-Sales-Service bei dem Anbieter deutlich verschlechtert, was wiederum negativ auf den Verkauf wirkte. Die Probleme einer reinen Kostenreduktion, ohne die Prozesse im Unternehmen anzupassen, werden oft erst später ersichtlich.

Illustration Prozesskette Hersteller - Servicedienstleister Inicom.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bedeutet aus Ihrer Sicht somit die Veränderung der Prozesse des "After-Sales-Service" im Kern nicht lediglich eine "Make or Buy-Entscheidung?"

Weidner: Nicht unbedingt, aber der Schluss liegt tatsächlich nahe. Es gibt einfach eine kritische Größe an Kundendienst-Mitarbeitern für einen flächendeckenden Kundendienst-Service. Eine Service-Mannschaft mit, sagen wir einmal 15 Kundendiensttechnikern, kann einfach schneller und näher beim Kunden sein, als ein Service mit fünf oder gar nur drei Mitarbeitern. Auch im Innendienst des After-Sales-Service gibt es zudem oftmals Engpässe. Man darf nicht vergessen, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Anzahl der von Service-Mitarbeitern und der Kundenzufriedenheit gibt. Ich stelle hier einmal in den Raum, dass es kaum einen Unternehmensbereich in der SHK-Industrie gibt, bei dem die Vorteile einer Zusammenarbeit mit einem Service-Spezialisten so messbar sind. Dies gilt auch und gerade für die Kostenseite.

Fiedler: Wir sollten aber nicht unsere Diskussion auf die Anzahl der Servicetechniker und die Kostenvorteile eines externen After-Sales-Services reduzieren. Ein spezialisierter Service-Dienstleister kann grundsätzlich Leistungen von erheblichem Zusatznutzen erbringen. Zu nennen sind hier zum einem Basisleistungen wie Auftragsannahme von Kundendienstanforderungen, Schadensdokumentation, Sachverständigen-Service, Sonderanfertigungen wie bspw. Oberflächenbeschichtungen oder die komplette Übernahme des Ersatzteil-Service. Aber denken Sie doch einmal an ein Leistungspaket wie das Service-Controlling und Service-Reporting. Als spezialisierter Service-Dienstleister können und müssen sie unternehmensintern Strukturen und Auswertungsmöglichkeiten entwickeln, die eine Kundendienstabteilung eines SHK-Herstellers nur höchst selten realisieren kann. Seine Kernleistung ist ja die Erstellung einer Produktleistung, nicht aber das Angebot eines After-Sales-Services, einer nachgelagerten Dienstleistung. Für uns als Service-Dienstleister ist der After-Sales-Service jedoch die Kernkompetenz. So haben wir eine spezielle EDV-Lösung entwickelt, die es uns ermöglicht, mit geringem Personalaufwand Kundendienstaufträge zu erfassen, Kundendiensttechniker zu steuern, Abrechnungen gegenüber Hersteller und Kunden zu erstellen und das Lager der Servicetechniker zu führen. Dabei sind natürlich die Kundendiensttechniker dort in das System eingebunden, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist. Gerade als vergleichsweise kleines Serviceunternehmen ist es uns wichtig, von Anfang an in zukunftsweisende EDV-Lösungen zu investieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: Noch einmal zurück zum Thema Kosten. Mit welcher Kostenersparnis kann ein Industrieanbieter bei der Auslagerung seines After-Sales-Services erfahrungsgemäß rechnen?

Fiedler: Hier dürfen Sie bitte keine pauschale Antwort erwarten. Dies ist natürlich abhängig vom Unternehmen, seinem Produktangebot und seinen bisherigen Strukturen. Unseren bisherigen Erfahrungen nach ist eine Kostenreduktion von 15-30% im Bereich des After-Sales-Service realistisch.

IKZ-HAUSTECHNIK: Hat sich die Inicom Service bei der Übernahme der Serviceleistungen auf bestimmte Produktgruppen oder Hersteller spezialisiert oder sind Sie hier offen?

Weidner: Grundsätzlich haben wir einen klaren Fokus auf die SHK-Branche. Nun ist aber gerade unsere Branche sehr vielfältig. Unser bisheriger Schwerpunkt liegt im Bereich der sanitären Installations- und Gebäudetechnik. Darauf bauen wir auf. Unser Leistungsspektrum werden wir mit dem Fokus Sanitärtechnik und Sanitärausstattung weiter ausbauen. Wir möchten und werden weitere Partner von unserem Konzept und Leistungen überzeugen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Auslagerung des After-Sales-Services durch den Hersteller birgt doch grundsätzlich die Gefahr des Kompetenzverlustes!

Fiedler: Für die Beurteilung dieser potenziellen Gefahr ist aus meiner Sicht entscheidend, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Service-Dienstleister gestaltet wird. Bevor ein Hersteller den After-Sales-Service in die Hände eines Service-Dienstleisters gibt, müssen wichtige Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört erst einmal eine solide Vertrauensbasis der Partner.

Industrie und Service-Partner sollten die nötigen Prozessveränderungen gemeinsam erarbeiten. Selbstverständlich ist ein hochqualifiziertes Personal im Service-Kundendienst.

Inicom hat für diese Aufgabe ausschließlich Fachpersonal mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung in seinem Team. Unabdingbar ist natürlich die ständige Schulung und Weiterbildung. Hierbei meinen wir nicht nur die regelmäßigen werkseitigen Produktschulungen, sondern auch Schulungen wie z.B. zum Verhalten des Kundendienstes vor Ort beim Endverbraucher, Zeitmanagement usw.

Weidner: Herr Fiedler sprach ja bereits das gemeinsam mit dem Industriepartner entwickelte Service-Controlling und Service-Reporting an. Auch hier wurden bei der Entwicklung der EDV-Lösung die Bedürfnisse der Hersteller gleich mit berücksichtigt. So hat der Industriepartner jederzeit die Möglichkeit, ohne aufwendige Softwareinstallationen, den aktuellen Bearbeitungsstand der Serviceaufträge einzusehen, Korrekturwünsche zu veranlassen, also einen umfassenden Überblick über seine Serviceaufträge zu gewinnen. Und das mit allen Sicherheitsmaßnahmen, die es heute in der EDV-Welt gibt. Persönlich sehe ich gerade hier Möglichkeiten der Kompetenzerhöhung.

Eine spezielle EDV-Lösung von Inicom ermöglicht es, mit geringem Personalaufwand Kundendienstaufträge zu erfassen, Kundendiensttechniker zu steuern, Abrechnungen gegenüber Hersteller und Kunden zu erstellen und das Lager der Servicetechniker zu führen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Reklamationsdaten, Daten zu Serviceleistungen etc. sind, gerade in zusammengefasster Form eines Service-Reporting, äußerst sensible Daten. Wie gehen Sie damit um?

Fiedler: Alle unsere Mitarbeiter und natürlich auch wir persönlich sind zur strengsten Geheimhaltung verpflichtet, auch vertraglich. Datentechnisch haben nur bestimmte Mitarbeiter einen geschützten Zugriff auf Reporting-Daten. Zugriffe von "Außen" auf unsere Datentechnik sind durch entsprechende Firewalls und Zugriffsberechtigungen geschützt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Kern Ihres Geschäftsmodells als Service-Dienstleister basiert ja auf einer Bündelung von Servicedienstleistungen für unterschiedliche Industrieanbieter. Werden Sie nicht manchmal als "Jobvernichter" bezeichnet?

Weidner: Hin und wieder "Ja". Wir selbst können mit unseren heute 20 Mitarbeitern den Beweis antreten, dass wir Arbeitsplätze geschaffen haben. Um strukturelle Veränderungen in den Wertschöpfungsprozessen kommen wir in unserer Branche nicht herum. Ein Blick über den Zaun in andere Industrien, wie z.B. die Computer-Industrie oder zu den Herstellern langlebiger Gebrauchsgüter, gibt uns den Weg vor. Den After-Sales-Service müssen wir in Zukunft deutlich effizienter organisieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: After-Sales-Service gilt als ein wesentliches Instrument zur Kundenbindung. Können Sie als Service-Dienstleister hier mehr bieten als ein klassischer Werkskundendienst?

Weidner: Verständlicherweise sagen wir hier klar und deutlich "Ja". Aus dem eingangs von Herrn Fiedler geschilderten Praxisfall werden doch die Grenzen eines Kunden- und Servicebereichs, gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen deutlich. Kaum einer dieser Anbieter kann eine optimale Flächenversorgung des Kundendienstes gewährleisten. Die Wege des Kundendienstes zum Kunden sind zeitlich zu lang und durch die großen Fahrstrecken zu teuer. Heute akzeptieren Endverbraucher und Installateure dies nicht mehr. Und jetzt stellen Sie sich einmal die Versorgung der Kundendienstleistung in Phasen von Urlaub oder Krankheit der eigenen Servicemitarbeiter vor. Von ständiger Erreichbarkeit kann da oftmals keine Rede mehr sein. Die Marketing- und Vertriebsverantwortlichen gerade kleinerer und mittlerer Industrieanbieter werden doch in der Praxis zunehmend von den Serviceaufgaben eingenommen. Als spezialisierter Service-Dienstleister können Sie hier Entlastung schaffen, damit der Vertrieb sich wieder auf seine Kernaufgabe, den Verkauf und das Gespräch mit den Kunden, konzentrieren kann.

Fiedler: ... und plötzlich kann der Hersteller eine deutliche Steigerung seiner Servicekompetenz in die Waagschale werfen, was wiederum seinen Vertrieb nachhaltig stärkt. Dazu sollte er allerdings einmal vorher mit uns sprechen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie zeitnah sind die Zugriffszeiten auf nicht so gängige Ersatzteile?

Weidner: Grundsätzlich haben wir mit unseren Industriepartnern eine 24-Stunden-Ersatzteilversorgung vereinbart. Dies gilt auch für weniger gängige Ersatzteile. Eine schnelle Kundenversorgung ist somit gewährleistet.

Fahrzeug der Inicom GmbH.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sollte das Zeitfenster für den Kunden aussehen?

Weidner: Unmittelbar nach dem Eingang der Kundendienstanforderung bei uns, also taggenau, setzen sich unsere Service-Betreuer mit dem Endkunden telefonisch in Verbindung. Wir besprechen dabei die Vorgehensweise des Serviceeinsatzes und stimmen den genauen Vor-Ort-Termin ab. 90% aller Serviceeinsätze haben wir innerhalb von 3 Werktagen erledigt. Nach 4 Werktagen liegt unsere Erledigungsquote nahe 100%.

IKZ-HAUSTECHNIK: Fahren Sie demnächst mit einem Bauchladen unterschiedlicher Hersteller durch die Lande?

Fiedler: Nein, dies ist nicht unser Ziel. Allerdings ist die Bündelung der After-Sales-Services mehrerer Hersteller Kernbestandteil unseres Geschäftsmodells und die Basis für die dargestellten Kostensenkungspotenziale. Inicom Service konzentriert sich auf die Sanitär-Branche. Wir haben die Kompetenz neben der Sanitärtechnik auch Produktbereiche vor der Wand kompetent zu betreuen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herzlichen Dank für das Gespräch.


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