IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 15/16/2002, Seite 58 f


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Basel II - Herausforderung für den Mittelstand

Factoring als Weg aus der Liquiditätsfalle

Voraussichtlich Ende 2006 werden die neuen Richtlinien für die Eigenkapitalunterlegung von Krediten verbindlich, die der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht zur Zeit vorbereitet. Durch "Basel II" werden die gesetzlichen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung nicht nur am Volumen der ausgegebenen Kredite ausgerichtet, sondern auch am Ausfallrisiko des Kreditkunden. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls, desto höher muss ein Kredit mit Eigenkapital unterlegt werden.

Die Banken sind künftig verpflichtet, die Bonität ihrer Kreditkunden in einem methodisch nachvollziehbaren Verfahren (Rating) einzuschätzen. Dies wird nicht nur Auswirkungen auf die Kreditvergabe haben, sondern auch auf die Kredit-Konditionen. Denn die Unterlegung von Krediten mit Eigenkapital verursacht Kosten.

Bereits im Vorfeld von Basel II klagen vor allem kleine und mittlere Unternehmen, dass die Banken bei der Kreditvergabe zunehmend zurückhaltender werden. Liquide zu bleiben wird für diese Unternehmen zur Überlebensfrage. Hinzu kommt, dass auch die Zahlungsmoral in Deutschland zurückgegangen ist.

Die Schere zwischen eigenen Zahlungsverpflichtungen und ausbleibenden Zahlungen hat im vergangenen Jahr zu einer beispiellosen Insolvenzwelle geführt. Rund 33.000 Unternehmen allein in Deutschland waren betroffen. Monika Loock-Weber, Geschäftsführerin der PB Factoring GmbH (ein Tochterunternehmen der Deutschen Postbank) analysiert die Gründe: "In zwei Dritteln aller Fälle waren kurzfristige Liquiditätsengpässe die Ursache, häufig dadurch bedingt, dass Unternehmen zwar Leistungen erbrachten, anschließend aber von ihren Abnehmern keine Zahlungen erhielten."

Monika Loock-Weber

Für Loock-Weber spielt das Factoring eine Schlüsselrolle bei der Liquiditätssteuerung von Unternehmen. "Durch Factoring kann ein Unternehmen sich ein eigenes Debitorenmanagement sparen und ist weniger anfällig für Insolvenzen seiner Kunden. Durch die sofort verfügbare Liquidität kann es seinerseits Verbindlichkeiten abbauen und zum Beispiel als Barzahler zusätzliche Skonti und Rabatte aushandeln. Die Kreditlinien sind dadurch frei für andere Finanzierungsbedürfnisse."

Factoring ist in Deutschland noch wenig verbreitet. Während im europäischen Durchschnitt bereits vier Prozent des Bruttoinlandproduktes mittels Factoring finanziert werden, ist es in Deutschland erst rund ein Prozent.

Beim Factoring verkauft der Erbringer einer Leistung (z.B. das Handwerksunternehmen) seine Geldforderung gegen den Empfänger der Leistung (z.B. Privatkunde) an einen Factor. Der Factor bezahlt dem Leistungserbringer unmittelbar bis zu 90 Prozent seiner Forderung. Der Erbringer der Leistung verfügt damit über sofortige Liquidität. Sofern es sich um ein Full-Service-Verfahren handelt, muss er sich um die Debitorenbuchhaltung und das Inkasso nicht mehr kümmern. Daneben gibt es auch noch das sogenannte "Stille Factoring". Dabei tritt der Factor gegenüber dem Schuldner nicht in Erscheinung. Der Factoring-Kunde nutzt die Leistungen des Factors, ohne dass sein Abnehmer dies erfährt.

Stilles Factoring

Factoring ist neben dem Leasing eines der wirksamsten Mittel, Liquiditätsengpässen vorzubeugen. Aber das ist nur einer der Vorteile. Denn durch die Übernahme von Debitorenbuchhaltung, Mahnwesen und Inkasso bekommt der Unternehmer mehr Freiraum, sich um seine eigentlichen Aufgaben zu kümmern: den Einkauf, die Produktion oder die Erbringung der Dienstleistung und den Vertrieb. Der Schutz vor Forderungsausfällen erhöht darüber hinaus die Planungssicherheit.

Ein angenehmer Nebeneffekt beim Factoring: verkaufte Forderungen scheiden aus der Bilanz des Unternehmens aus. Der Kaufpreis, den der Factor für die Forderungen bezahlt, kann für die Bezahlung von Verbindlichkeiten genutzt werden. Dadurch wird die Bilanzsumme reduziert, was zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote und anderer Bilanzkennziffern führt und damit das Rating des Unternehmens gleichzeitig verbessert. Das Rating wird auch dadurch besser, dass Ausfallrisiken eliminiert werden.

Internetinformationen:

www.postbank.de/Firmenkunden/Factoring
www.bundesverband-factoring.de
www.factoring.de


T e x t   u n d   B i l d e r :   Deutsche Postbank AG, Bonn


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