IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2002, Seite 17 ff


VERBÄNDE AKTUELL 


Niedersachsen


Landesverbandstag 2002:

Meisterprüfung im Wandel

Die Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Wilhelmshaven feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Ein willkommener Anlass, den 55. Landesverbandstag des Fachverbands Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik Niedersachsen ebenfalls in der "grünen Stadt am Meer" auszutragen, schließlich erfreuen sich Verbandstage "am Wasser" großer Beliebtheit.

Den Workshop zur neuen Energieeinsparverordnung leitete Dipl.-Ing. Jürgen Engelhardt, seit Januar dieses Jahres technischer Referent im SHK-Fachverband.

Der traditionelle Begrüßungsabend am 6. Juni fand diesmal an Bord der "Wilhelmshaven" statt, wo die rund 270 angereisten Gäste eine gut zweieinhalb stündige Schiffsfahrt genießen konnten. Für das leibliche Wohl wurde dabei natürlich ebenfalls gesorgt.

Der Vormittag des nachfolgenden Tages stand ganz im Zeichen der neuen Meisterprüfungsordnung, die am 1. Januar 2003 in Kraft treten soll. Um es kurz zu fassen: Es geht weg vom Meisterprüfungsstück, hin zur ganzheitlichen Bearbeitung eines konkreten Kundenauftrages, so Norbert Raida, Vorsitzender des Ausschusses für Berufsbildung. So wird beispielsweise die Erstellung eines kompletten Angebots für Gas, Wasser, Abwasser sowie Heizung samt zugehöriger Berechnungen und Ausführungsplanung für ein konkretes Projekt Aufgabenstellung im Teil I der Prüfung sein. Zur Unterstützung der Projektarbeit ist der Einsatz spezieller Branchensoftware vorgesehen. Anschließend soll der Prüfling in einem Fachgespräch nachweisen, dass er auf das Projekt bezogen Probleme analysieren und bewerten sowie geeignete Lösungswege aufzeigen und dokumentieren kann. Zudem soll eine Situationsaufgabe bearbeitet werden, in der - auf das zuvor geplante Projekt bezogen - beispielsweise die Einstellung eines Heizkessels oder die Überprüfung einer Rückschlagklappe für einen Warmwasserbereiter vorgenommen werden soll. "Die neue Meisterprüfung stellt hohe Anforderungen", erklärte Dipl.-Päd. Horst-Dieter Bunk vom Fachverband Niedersachsen. Das gelte nicht nur für die Prüflinge, sondern auch für die Meisterprüfungsausschüsse. Diese müssten ebenfalls umdenken und eventuell dazulernen, bemerkte Landesinnungsmeister Karl-Fritz Gertjejanßen.

Alter und neuer geschäftsführender Vorstand des Fachverbands SHK Niedersachsen (v.l.): Reiner Möhle, Walter Heitmüller, Karl-Fritz Gertjejanßen sowie Friedrich Budde. Rechts daneben: Geschäftsführer Franz Kiehslich.

Der Bereich Betriebswirtschaft, der nach Ansicht von vielen Fachleuten in der Vergangenheit zu wenig beachtet wurde, erhält in dieser neuen Prüfung einen hohen Stellenwert. So wird der Prüfling auch Materialzuschlagslisten, betriebswirtschaftliche Angaben und die Deckungsbeitragsrechnung in die Projektplanung einbeziehen müssen. Getreu dem Motto: "Weg vom Handwerksmeister hin zum Handwerksunternehmer", wie Dr. Friedrich Hubert Esser von der Uni Köln erklärte. Er sieht in der neu strukturierten Prüfungsordnung eine klare Abgrenzung vom Gesellenprofil. Und das sei auch notwendig, denn nach einer Befragung von gut 1300 Handwerksbetrieben verbringe ein Großteil der verantwortlichen Meister nicht mit handwerklicher Tätigkeit, sondern mit betriebswirtschaftlichen Dingen wie Angebotserstellung, Kundenakquise, Vor- und Nachkalkulation und Auftragsannahme. Die neue Meisterprüfung trage dieser Feststellung Rechnung und fördere deshalb ein modernes Unternehmerprofil, so Esser.

Workshops

Drei parallel laufende Workshops zu unterschiedlichen Themen bildeten den Schwerpunkt des Nachmittags. Zur neuen Energieeinsparverordnung sprach Dipl.-Ing. Jürgen Engelhardt, technischer Referent im Fachverband. Er verdeutlichte u.a. die Chancen der neuen Verordnung für das SHK-Handwerk, vor allem hinsichtlich der Nachrüstpflicht von Anlagentechnik in bestehenden Gebäuden. So müssen beispielsweise Heizkessel, die vor Oktober 1978 in Betrieb genommen worden sind, spätestens bis Ende 2006 gegen moderne Wärmeerzeuger ausgetauscht werden. Eine verlängerte Frist bis Ende 2008 wird u.a. gewährt, wenn der Altkessel nach dem 1. November 1996 mit einem neuen Brenner nachgerüstet worden ist. Ungedämmte Heizungs- und Warmwasserrohre samt Armaturen, die zugänglich in unbeheizten Räumen verlegt sind, müssen ebenfalls bis Ende 2006 nachträglich gedämmt werden. Ausgenommen vom Modernisierungszwang sind lediglich Altanlagen in vom Eigentümer selbst genutzten Ein- und Zweifamilienhäusern. Unabhängig davon werden selbsttätig wirkende, raumweise Regelungen sowie selbsttätig regelnde Umwälzpumpen in Heizkreisen von Zentralheizungsanlagen ab 25 kW Nennwärmeleistung verlangt. Zirkulationspumpen (falls vorhanden) müssen ebenfalls mit selbsttätig wirkenden Einrichtungen zur Ein- und Ausschaltung ausgerüstet sein. Mit Hinweis auf den §10 Abs. 3 der EnEV rückt auch das Thema Wartungsverträge in den Vordergrund, schließlich wird dort gefordert, "dass Heizungs- und Warmwasseranlagen von Fachkundigen sachgerecht zu warten und instand zu halten sind", wie Engelhardt abschließend berichtete. Angesichts der Tatsache, dass derzeit nur für rund 15% der bestehenden Heizungsanlagen in Niedersachsen ein Wartungsvertrag besteht, sollte dieses große Potenzial vom Fachhandwerk erschlossen werden.

Über die Konsequenzen der neuen Meisterprüfungsordnung informierte die öffentliche Sitzung am Freitag, dem 7. Juni. Das Podium (v.l.): Dipl.-Päd. Horst-Dieter Bunk (FV Niedersachsen), Dr. Friedrich Hubert Esser (Uni Köln), Norbert Raida (Vorsitzender des Ausschusses für Berufsbildung im FV), Dieter Finke-Gröne (Nds. Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr).

Im betriebswirtschaftlichen Workshop gab Reiner Möhle, Osnabrück, "Tipps aus der Praxis für die Praxis". Zu Beginn des Workshops wurden kurz die wesentlichen rechtlichen Unterschiede zwischen einem Angebot, einem Kostenvoranschlag und einer Kostenschätzung auf einen kurzen Nenner gebracht: Ein Angebot ist bindend. Ein Kostenvoranschlag kann höchstens um 15% überschritten werden, eine Kostenschätzung ist unverbindlich. Die Praxis zeigt allerdings, dass häufig statt eines beabsichtigten Kostenvoranschlages dem Kunden tatsächlich ein Angebot unterbreitet wird mit den teilweise nicht gewollten rechtlichen Konsequenzen. Auch dem Kunden wird klar sein, dass bei Sanierungsmaßnahmen in einem Altbau kein exakter Festpreis bestimmt werden kann. Wichtig kann es sein, dass Kostenvoranschläge so aufgebaut werden, dass nicht jeder Kunde diese problemlos als freie Leistungsverzeichnisse benutzen kann. Leistungen sollten daher besser ausführlich in verbaler Form beschrieben werden. Kalkulationszeiten und Verrechnungssätze werden nicht - wie üblich - differenziert ausgewiesen, sondern in einer Position Montagekosten zusammengefasst. In den Kostenvoranschlag gehören auch Sonderkosten für Anträge, z.B. für Schornsteinfeger und Energieversorger und die teilweise erheblichen Kosten für die Entsorgung von Abfall und Altmaterial. Auf jeden Fall sollte der Kostenvoranschlag ein Unterschriftsfeld für schriftliche Annahme durch den Kunden enthalten.

Bei der Abrechnung von Kundendienstleistungen legte Möhle großen Wert auf den zusammengefassten Ausweis von Montageleistungen und die konsequente Abrechnung von Entsorgungsleistungen, von Sondergeräten und von Fahrzeugkosten.

Zur Abrundung des Programms wies Möhle auf ein routinemäßiges Angebot für Wartungsverträge hin. Keine Rechnung über Geräte und Anlagen ohne beigefügten Wartungsvertrag, so seine Empfehlung an die Zuhörer.

Im Workshop "Schuldrechtsreform" gab RA Dr. Renate Hansmann (Osnabrück) einen Überblick über die Änderungen, die sich durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts ergeben haben. Nachfolgend einige wesentliche Inhalte des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes:

Ein anspruchsvolles Showprogramm bot sich den rund 300 Gästen des Festballs.

1. "Pflichtverletzung" als zentraler Haftungsbestand

Zentraler Haftungsbestand des neuen Schuldrechtes ist die Pflichtverletzung, die in § 280 BGB wie folgt geregelt ist: Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dieser Begriff der Pflichtverletzung umfasst alle Fälle, wonach der Schuldner

Die neue Anspruchsgrundlage der Pflichtverletzung greift sonst immer bei allgemeinen Leistungsstörungen und führt zu Schadenersatzansprüchen bei Unmöglichkeit, Verzug bzw. nicht rechtzeitiger Leistung, positiver Vertragsverletzung und Mängeln bei Kaufsachen oder Werkleistungen.

2. Rücktritt

Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag (z.B. Kaufvertrag oder Werkvertrag) der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt, vom Vertrag zurücktreten, § 323 Abs. 1.

3. Kaufrecht

Generell hat der Käufer ein Recht darauf, dass die gekaufte Sache frei von Mängeln ist, sowohl frei von Sach- als auch von Rechtsmängeln. Ist die Sache mangelhaft, so kann der Käufer

Achtung: Neue Verjährungsfristen beim Kaufvertrag.

Die Regelverjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche nach Kaufrecht beträgt nunmehr zwei Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 3. Entscheidend verbessert wurden die Gewährleistungsfristen für die Lieferung von Baumaterialien. In fünf Jahren verjähren nunmehr Gewährleistungsansprüche nach Kaufrecht bei allen Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet werden und die dessen Mangelhaftigkeit verursacht haben, § 438 Abs. 1 2b).

Dank und Anerkennung für ihre langjährige ehrenamtliche Tätigkeit für den Fachverband (v.l.): Fritz Dröscher, Peter Rall, Edmund Herrmann, Wilhelm Bagge, Heinz Holtkötter und Karl Heinz Schmiedt.

4. Werkvertragsrecht

Auch der Abnehmer einer Werkleistung hat Anspruch auf ein mangelfreies Werk. Ist das Werk mangelhaft, so hat der Auftraggeber folgende Rechte:

Bei den Rechtsfolgen ist zu beachten, dass - ähnlich wie beim Kaufrecht - die Nacherfüllung vorrangig ist (§ 635). Nacherfüllung kann Mängelbeseitigung oder Neuherstellung bedeuten. Das Wahlrecht aus § 635 Abs. 1 steht hier aber nicht dem Besteller, sondern dem Unternehmer zu. Warum? Der Unternehmer kennt die Einzelheiten der Werksherstellung und kann daher besser beurteilen, welche die wirtschaftlichere Art der Nacherfüllung ist.

Zu beachten ist, dass - wie im Kaufrecht - Rücktritt oder Minderung geltend gemacht werden können sowie zusätzlich Schadenersatz (bisher nur alternativ). Der Rücktritt ist ein Gestaltungsrecht. Die Wandelung des alten Schuldrechts ist weggefallen.

Mitgliederversammlung 2002

Traditionell fand die Mitgliederversammlung am letzten Tag des Landesverbandstags statt. Nach den Grußworten der Ehrengäste, Bernhard Rech (Vizepräsident der Handwerkskammer Oldenburg) und Frank Bauersfeld (Kreishandwerksmeister Kreishandwerkerschaft Wilhelmshaven), gab Landesinnungsmeister Karl-Fritz Gertjejanßen ein Statement zur aktuellen wirtschaftlichen Situation im SHK-Handwerk. Sein Fazit: "Die wirtschaftliche Situation war noch nie so schlecht." Rückläufige Umsatzentwicklungen, gesunkene Auftragsreichweiten und nachgebende Angebotspreise kennzeichnen die derzeitige Konstellation. So gingen die Umsätze im Bereich Sanitär um 2,2%, im Bereich Heizung um 2,5% und im Bereich Klempnerei sogar um 7,2% zurück. Optimistisch gestimmte SHK-Unternehmer waren einer Verbandsumfrage zufolge nicht auszumachen. Sorgen bereite auch der Rückgang der Mitgliedsbetriebe. Gertjejanßen dazu: "Wenn wir nach außen Stärke demonstrieren wollen, müssen wir das gemeinsam tun. Nur die Innungen können die Mitglieder fachlich vertreten." In den Sog der Konjunkturflaute ist indes auch die "shk-hamburg" geraten: Die Veranstalter rechnen in diesem Jahr mit deutlich weniger Ausstellungsfläche, so der Landesinnungsmeister. Erste Lichtblicke erwarten Konjunkturexperten frühestens für das Jahr 2003. Bleibt zu hoffen, dass sich die positiveren Prognosen der Experten auf dem nächsten Landesverbandstag bestätigen lassen.


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