IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2002, Seite 34 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Hydraulik in Brennwertanlagen
Walter Herzog
Brennwertheizgeräte werden heute in großer Zahl vom Markt angeboten und erfüllen unter Laborbedingungen in der Regel sowohl bei Gas- als auch bei Ölfeuerung die Erwartungen an eine hohe Energieausbeute. Ein ganz anderes Bild zeigen die Praxisresultate: Anlagen mit sehr hohen Gesamtnutzungsgraden stehen - bei vergleichbaren Brennwertgeräten - solchen mit ungenügenden Messergebnissen gegenüber. Es herrscht leider noch immer die Meinung vor, allein der Einbau eines Brennwertgerätes genüge, um einen hohen Anlagenutzungsgrad zu erzielen. Dass aber der Planung des Wärmeverteilsystems eine entscheidende Rolle zukommt, wird oft vergessen.
Wenn in einem Wärmeerzeuger die latente Wärme aus den Abgasen nutzbringend entzogen werden soll, dann muss die Wasserdampftaupunkttemperatur auf der Gasseite der Heizflächen unterschritten werden. Dies wiederum erreicht man nur mit einer Kesselwassereintrittstemperatur - sprich Rücklauftemperatur des Heizsystems - die tiefer liegt als die Taupunkttemperatur der Abgase. In modernen Brennwertkesseln sollte zur Sicherstellung einer optimalen Kondensationsrate die Kesseleintrittstemperatur um 15 Kelvin (K) tiefer liegen als die entsprechende Taupunkttemperatur. Bei gasbefeuerten Brennwertgeräten heißt das also:
- Wasserdampftaupunkttemperatur 56°C;
- Dt Kesseleintritt-Abgastemperatur 15 K;
- Maximale Systemrücklauftemperatur zur Sicherstellung einer optimalen Kondensation 41°C.
Ölgefeuerte Brennwertgeräte stellen noch einschneidendere Bedingungen:
- Taupunkttemperatur 47°C;
- Dt Kesseleintritt-Abgastemperatur 15 K;
- Maximale Rücklauftemperatur 32°C.
Werden die oben genannten Rücklauftemperaturen während des Betriebs überschritten, so nimmt die Kondensationsrate empfindlich ab und der Anlagenutzungsgrad sinkt. Für den Anlageplaner gilt bei der Systemkonzeption von Brennwertanlagen demnach zwingend zweierlei:
- Systemwahl mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen mit vorzugsweise höherem Dt zwischen Vor- und Rücklauf. (Z.B. bei Gasfeuerung max. Vorlauftemperatur 60°C, max. Rücklauftemperatur 40°C, Dt = 20 K).
- Wahl der hydraulischen Kreisläufe in der Weise, dass die jeweils tiefste, im System vorherrschende Rücklauftemperatur, ohne Temperaturaufmischung direkt dem Brennwertgerät zugeführt wird. Dabei ist es von großem Vorteil, wenn die Wasserdurchflussmenge durch den Brennwertkessel keinem Mindestwert unterliegt.
Sonderfall Trinkwassererwärmung
Bei der Trinkwassererwärmung gelten besondere Bedingungen. Denn bei jeder Aufheizung des Warmwasserspeichers wird die Kesseltemperatur in der Regel über den Wasserdampftaupunkt der Abgase angehoben und die Kondensationsrate sinkt gegen null. Es ist darum von Vorteil, bei der Planung Folgendes zu beachten:
- Speicherinhalt so groß wählen, dass nur eine bis zwei Aufheizungen pro Tag notwendig sind,
- Warmwassertemperatur wenn möglich auf maximal 55°C beschränken (Achtung: DVGW-Arbeitsblätter W-551, W-552 und W-553 beachten!),
- Heizfläche des Warmwasserspeichers ausreichend groß bemessen, sodass die volle Kesselleistung bei einer Temperaturdifferenz von 10 - 15 K zwischen Kesselvorlauf und Trinkwarmwasser übertragen werden kann.
Bild 1: Wandheizkessel mit nebenstehendem Warmwasserspeicher und Umschaltventil. |
Die hydraulische Einbringung der Trinkwassererwärmung kann auf verschiedene Arten erfolgen: Der alternative Betrieb Heizung/Wassererwärmung gemäß Bild 1 ist für Kleinanlagen im Einfamilienhaus und bei individueller Wohnungsheizung geeignet. Zu beachten ist, dass nach erfolgter Aufheizung des Speichers in der Kesselregelung eine Nachlaufzeit der Pumpe bei gleichzeitig ausgeschaltetem Brenner vorgesehen ist, bevor das Umstellventil die Heizung freigibt. Das verhindert Knackgeräusche im Heizungssystem durch Einfließen von zu heißem Wasser aus dem Kessel.
Für größere Anlagen ist der Parallelbetrieb mit Mischer gemäß Bild 2 vorteilhafter. Während des Heizbetriebs ist der Mischer voll geöffnet und die Kessel- und Vorlauftemperaturen sind nahezu identisch. Das gewährleistet hohe Kondensationsraten. Verlangt der Warmwasserspeicher eine Aufheizung, so steigt die Kesseltemperatur vorübergehend an und der Mischer regelt die Heizungsvorlauftemperatur auf das gewünschte, niedrige Niveau. Je nach Regelstrategie kann für die Trinkwassererwärmung auch eine Vorrangschaltung aktiv werden, welche den Heizungsmischer vorübergehend ganz schließt, um dem Warmwasserspeicher die volle Kesselleistung zuzuführen.
Bild 2: Heizkessel mit Warmwasserspeicher und Mischersteuerung. |
Die Einbindung nach Bild 2 hat folgende Vorteile:
- Nur kleine Unterbrechungen in der Wärmeversorgung für die Heizung während der Trinkwassererwärmung,
- keine überhöhten Temperaturen im Heizungsnetz und damit keine Knackgeräusche in den Leitungen.
Bei Mehrkesselanlagen kann während der Trinkwassererwärmung jeweils eine Kesseleinheit hydraulisch vom Heizungsnetz getrennt werden, wie in Bild 3 dargestellt. Das gewährleistet eine uneingeschränkte Heizungsversorgung auch während der Aufheizung des Speichers. Andererseits muss in Kauf genommen werden, dass die Brennerbetriebsstunden der einzelnen Heizkessel - über das ganze Jahr gesehen - unterschiedlich ausfallen können.
Bild 3: Zweikesselanlage mit angeschlossenem Warmwasserspeicher. Für die Trinkwassererwärmung wird eine Kesseleinheit hydraulisch vom Heizungsnetz getrennt. |
Hydraulische Schaltung bei mehreren Heizkreisen
Will man vermeiden, dass Rücklaufwasser aus dem Heizsystem unnötig mit wärmerem Wasser aufgemischt wird, bevor es in den Heizkessel eintritt, so sind Schaltungen mit "drucklosen" Verteilern zu vermeiden. An deren Stelle treten Verteilbalken mit Durchgangsventilen nach Bild 4. Vorteil der Schaltung: Die Kesselpumpe liefert nur so viel Wasser an den Verteiler, wie das System über die Stellglieder tatsächlich benötigt. Dadurch fließt immer nur Wasser mit der tiefsten Systemrücklauftemperatur in den Heizkessel zurück. Das steigert die Kondensationsrate ganz erheblich. Selbstverständlich mischen sich die Rücklauftemperaturen der einzelnen Heizkreise untereinander, aber eine spürbare Aufmischung via Hauptrücklauf des Kesselkreises wird vermieden.
Bild 4: Kesselanlage mit Warmwasserspeicher und mehreren Heizkreisen. |
Bei der Wahl dieser Schaltung ist Folgendes zu beachten:
- Es muss eine hohe Ventilautorität der Stellglieder angestrebt werden, in der Regel sind also kleine Nennweiten auszuwählen.
- Die Kesselhauptpumpe sollte drehzahlgesteuert* sein, da die Fördermenge je nach Öffnung der Stellglieder ständig variiert.
- Die Einbindung der Trinkwassererwärmung sollte mit separater Ladepumpe direkt ab Heizkessel erfolgen. Das verhindert Leitungswärmeverluste während des Sommerbetriebs.
Dieselbe hydraulische Schaltung kann auch für Nahwärmeversorgungen mit Unterstationen und separaten Warmwasserspeichern eingesetzt werden. Hierbei versorgt die Kesselhauptpumpe die Heizkreise in den Unterstationen des Nahwärmenetzes. Die Warmwasserspeicher in den Unterstationen werden mit separaten Ladepumpen ab Nahwärmenetz versorgt. Während des normalen Heizbetriebs sind die Temperaturen im Nahwärmenetz und im Heizkessel identisch und gleiten gemäß den momentanen Anforderungen der Unterstationen. Über ein Zeitfenster in der Kesselregelung wird die Temperatur des Nahwärmenetzes periodisch angehoben und gleichzeitig die Ladepumpen für die Aufheizung der Warmwasserspeicher aktiviert.
Bildlegende Bilder 1-6
1 Wärmeerzeuger
2 Warmwasserspeicher
3 Sicherheitsgruppe
4 Schlammabscheider (Empfehlung)
5 "Sack" zur Verhinderung von Einrohrzirkulation oder Rückschlagventil, siehe auch Bild 7
6 Abgaswärmeübertrager
Bild 5: Mehrkesselanlage mit Warmwasserspeicher. |
Mehrkessel-Brennwertanlagen
Dieselben hydraulischen Schaltungen lassen sich auch in Mehrkesselanlagen verwirklichen. Anstelle einer Hauptpumpe treten je eine Kesselpumpe und je ein Motorabsperrhahn pro Heizkessel, wie im Bild 5 dargestellt. Die Kesselfolgeschaltung übernimmt die automatische Zuschaltung der einzelnen Heizkessel. Während der Trinkwassererwärmung kann entweder ein einzelner Heizkessel hydraulisch abgekoppelt werden oder die Wassererwärmung erfolgt mit separater Ladepumpe direkt ab der Hauptzuleitung zum Verteiler.
Bei größeren Heizkesseln sind die Abgaswärmetauscher für den Brennwertbetrieb oft als separate Bauteile mit vom Heizkessel getrennten, hydraulischen Anschlüssen für den Wasserein- und -austritt gebaut.
Bild 6: Fließschema einer Mehrkesselanlage mit separatem Abgaswärmeübertrager, Warmwasserspeicher und mehreren Heizkreisen. Hinweis: Für den Abgaswärmeübertrager sind die sicherheitstechnischen Anforderungen zu beachten. |
Für die hydraulische Einbindung dieser Geräte (Bild 6) gilt zu bedenken:
- Die thermische Leistung der Tauscher beträgt höchstens ca. 10 Prozent der Heizkesselleistung. Deshalb ist der Durchflusswasserstrom auch entsprechend gering festzulegen.
- Der Tauscher muss immer mit Wasser durchflossen sein, wenn der Brenner des Heizkessels in Betrieb ist. Sonst besteht die Gefahr von Dampfbildung. Darum ist eine elektrische Sicherheitsschaltung zwischen Tauscher und Brenner vorzusehen.
- Die Kondensationsrate ist am höchsten, wenn der Abgaswärmetauscher mit dem kältesten Rücklaufwasser direkt aus den Heizkreisen versorgt wird.
- Der Wasseraustritt aus dem Tauscher kann hydraulisch mit dem Heizkesselrücklauf verbunden werden.
- Es ist sicherzustellen, dass im Sommerbetrieb (bei abgestellter Raumheizung) während der Trinkwassererwärmung mittels Heizkessel ein Wasserdurchfluss durch den Tauscher besteht.
Bild 7: Einrohrzirkulation am Kessel: In der einen Rohrhälfte strömt warmes Wasser nach oben, in der anderen kälteres nach unten. Abhilfe schafft ein Sack oder ein Rückschlagventil (Quelle: Fachbuch "Bau und Energie" von Christoph Schmid). |
Internetinformationen: |
B i l d e r : Hoval Herzog AG, Feldmeilen ZH
*) Die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) verlangt den Einbau elektronisch geregelter Heizungsumwälzpumpen ab einer Heizkreisleistung von 25 kW (§ 12, Abs. 3).
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