IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2002, Seite 28 ff.


HEIZUNGS-/KLIMATECHNIK


Vereisung von Wärmerückgewinnungsgeräten -
Methoden zur Vermeidung

Eberhard Paul*

Wärmerückgewinnungsgeräte werden in zunehmendem Maße in Anlagen zur kontrollierten Wohnungslüftung eingesetzt. Ihr Nutzen macht sich vor allem in der kalten Jahreszeit bemerkbar. Durch die Vorwärmung der Außenluft können Heizkosten eingespart werden. Allzu starker Frost kann allerdings zur Vereisung des Wärmeübertragers und somit zu erheblichen Leistungseinbußen führen. Welche Frostschutzmethoden es gibt und wie effektiv die verschiedenen Systeme arbeiten, beschreibt der Autor im nachfolgenden Beitrag.

Je nach Ausführungsart des Wärmeübertragers variiert die maximal nutzbare Energiemenge aus der Abluft. Deutlich wird dieser Effekt bei der Betrachtung der zurückgewonnenen Wärme in Abhängigkeit vom Wärmebereitstellungsgrad h des Gerätes bei unterschiedlichen Außentemperaturen:

r [kg/m3] - Dichte der Luft (= 1,2 kg/m3)

cP [Wh/kgK] - spez. Wärme der Luft (= 0,28 Wh/kgK)

[-] - Wärmebereitstellungsgrad des Wärmerückgewinnungsgerätes

tAb [°C] - Ablufttemperatur (Luft aus Küche, Bad, WC)

tAu [°C] - Außenlufttemperatur

Tabelle 1: Zurückgewonnene Wärme in Abhängigkeit von der Außentemperatur und dem Wärmebereitstellungsgrad h des Gerätes (Randbedingungen: = 150 m3/h, tAb = 21°C Ablufttemperatur).
 

h = 60%

h = 80%

h = 95%

tAu = -4°C

0,76kW

1,0 kW

1,2 kW

tAu = +3°C

0,54 kW

0,73 kW

0,86 kW

tAu = +10°C

0,33 kW

0,44 kW

0,53 kW

WRG-Gerätetyp

Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher

Gegenstrom-Plattenwä-rmetauscher

Gegenstrom-Kanalwärmetauscher

Durchströmungs-
formen

Tabelle 1 veranschaulicht, dass bei absinkenden Außentemperaturen von + 3°C auf -4°C der Betrag an zurückgewonnener Wärme um 40% steigt. Gerade bei kalten Außentemperaturen machen sich dann auch die Unterschiede beim Wärmerückgewinnungsgrad verschiedener Gerätetypen bemerkbar: Bei -4°C steigert sich der Betrag zurückgewonnener Wärme von 0,76 kW beim Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher auf 1,2 kW beim Gegenstrom-Kanalwärmetauscher. Das macht immerhin 58% aus. Dieser positive Effekt wird u.a. auch durch den Anteil latenter Wärme möglich, der sich insbesondere bei hoch effizienten Wärmerückgewinnungsgeräten bemerkbar macht: Beim Wärmeübergang von der warmen Abluft an die kalte Außenluft kondensiert im Abluftstrom Wasserdampf, welcher bei der Kondensation Wärme an den Außenluftstrom abgibt (latente Wärme). Bei hohen Wärmerückgewinnungsgraden kühlt sich die Abluft auf relativ niedrige Werte ab. Daraus resultiert auch ein hoher Wärmeübertragungsanteil an latenter Wärme.

Bild 1: Wärmebereitstellungsgrad am WRG-Gerät während des Vereisens und Abtauens in der Frostperiode durch Abschaltung des Zuluftventilators.

Gefahr der Vereisung

Dieses Kondensat droht allerdings in Geräten ohne Defrosterheizung bzw. ohne Vorschaltung eines Erdwärmeübertragers bei frostigen Außentemperaturen zu gefrieren - der Wärmetauscher vereist. Dieser Prozess beginnt bei unterschiedlichen Außentemperaturen in Abhängigkeit vom Wärmebereitstellungsgrad des Gerätes, wie die Tabelle 2 zeigt.

Tabelle 2: Außenluftgrenztemperaturen tAu, th, E für den Beginn des Vereisens von Wärmetauschern bei Fortlufttemperaturen von 1°C in Abhängigkeit vom Wärmebereitstellungsgrad h bzw. von der Rückwärmezahl F.

Die Wärmeverluste in der Einfrier- und Abtauphase sind weitestgehend unkontrolliert und deshalb relativ hoch. Gründe dafür sind:

- auf der Abluftseite hat sich ein Teil der freien Strömungsquerschnittsflächen mit Eis und Eisschnee zugesetzt;

- dadurch streicht die Abluft mit höherer Geschwindigkeit durch die geringer gewordene freie Strömungsfläche;

- die kürzere Verweildauer der Abluft im WT führt schließlich zu einer Reduktion der Wärmeübertragung;

- die vereisten Flächen behindern den Wärmedurchgang und führen zu einer weiteren Verschlechterung des Wärmerückgewinnungsprozesses.

Bild 2: Defrosterheizung - Funktionsprinzip.

Abtauen

Das Abtauen des Eises ist eine gängige Methode, um den Wärmeübertrager wieder betriebsfähig zu machen. Dazu wird der Zuluftventilator ausgeschaltet. Der Wärmetauscher wird nur noch von der warmen Abluft durchströmt und dadurch auf eine höhere Temperatur gebracht, wodurch das Eis schmilzt. Während dieses Abtauprozesses wird allerdings keine Wärme zurückgewonnen.

Betrachtet man einmal den Verlauf des Wärmebereitstellungsgrades am WRG-Gerät während des Vereisens und Abtauens in der Frostperiode (Bild 1), so ergibt sich folgender mittlerer Wärmebereitstellungsgrad:

(A) h = 0%

h Ø = 32,5% (Mittelwert)

Bild 3: Defrosterheizung.

Damit wird der Wärmerückgewinnungseffekt von h = 90% um Dh = 57,5% auf h = 32,5% reduziert. Welcher Wärmeverlust damit verbunden ist, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden:

- Außenlufttemperatur

-7°C

- Dauer

10 Tage

- Volumenstrom zur kontrollierten Lüftung

150 m3/h

- Ablufttemperatur

21°C

- relative Abluftfeuchte

36%

- relative Außenluftfeuchte

80%

- Wärmebereitstellungsgrad des Wärmerückgewinnungs-gerätes

90 %

 

Bild 4: Temperaturverlauf an einer Defrosterheizung.

 

Verlust durch den Zyklus:

Vereisen - Abtauen - Vereisen

bei 10 Tagen/a:

Der Verlust durch den Zyklus Vereisen - Abtauen - Vereisen beträgt demnach 194,7 kWh im Jahr entspricht ca. 1,3 kWh/(m2 a)).

Im Folgenden werden vier gebräuchliche Frostschutzmethoden beschrieben, von denen aus Gründen der Energieeffizienz, Behaglichkeit und Anlagensicherheit nur die beiden erstgenannten Varianten sinnvoll sind.

Bild 5: Systemübersicht Erdwärmetauscher.

Defrosterheizung

Die Außenluft wird hierbei auf 0°C erwärmt, und zwar nur bei Unterschreitung der Frostgrenztemperatur. Diese liegt bei einem Gerät mit 90% Wärmerückgewinnung bei ca. -5°C Außentemperatur (siehe Tabelle 2). Das heißt, erst bei kälteren Temperaturen als -5°C wird die Heizung temperaturgesteuert stoßweise betrieben. Bei dieser Methode tritt keine Vereisung auf; der Wirkungsgrad des Gerätes bleibt konstant bei 90%, auch bei starkem Frost. Die erforderliche Heizenergie ist begrenzt und wird kontrolliert eingesetzt. Verluste bei der Wärmerückgewinnung gibt es nicht. Disbalancen zwischen Zu- und Abluftvolumenstrom treten ebenfalls nicht auf.

Der Aufwand für die Defrosterheizung berechnet sich wie folgt:

bei 10 Tagen/a:

Dt = mittlerer Temperaturanstieg am Defroster

Der Wert entspricht nur etwa einem Fünftel des Verlustes beim Abtauen (21%).

Bild 6: Erdwärmetauscher ums Haus verlegt.

Erdwärmeübertrager

Durch einen Erdwärmeübertrager wird der Außenluft Erdwärme zugeführt, sodass am Geräteeintritt bei richtiger Auslegung des Erdrohres keine Einfriergefahr besteht. Es treten also selbst bei starkem Frost keine Verluste durch Einfrieren und Abtauen auf. Um einen einwandfreien Betrieb des Erdreichwärmeübertragers zu gewährleisten, sollten allerdings die im Bild 5 aufgezeigten Punkte bei der Planung und Umsetzung eines solchen Systems beachtet werden.

Drosselung oder Abschaltung des Zuluftstromes

Dieses Wirkprinzip basiert auf einer Reduzierung des Außenluft-Zuluft-Volumenstromes, wodurch auch die Abkühlung der Abluft geringer wird und letztlich auch der Wärmerückgewinnungseffekt. Das Kondensat gefriert nicht mehr. Bei Abschaltung des Außenluft-Ventilators wird die Wärmerückgewinnung auf 0% reduziert - die Abluftabkühlung und Kondensatvereisung sind nicht möglich.

Auswirkungen allgemein:

- der Volumenstrom-Balance-Ausgleich ist gestört. Abluft Zuluft;

- es wird dem Haus mehr Abluft abgezogen als Zuluft zugeführt;

- die Infiltration kalter Luft wird provoziert;

- die Maßgabe der DIN 1946-6, Pkt. 4.2.3. wird verletzt: "Der Fortluftstrom darf bei gleicher Luftdichte den maschinell geförderten Außenluftstrom bis 10% überschreiten."

- Bei -10°C Außentemperatur ist die Außenluft-Volumenstrom-Drosselung bereits so groß, dass der Fortluftvolumenstrom 21% über dem Außenluftvolumenstrom liegt; bei -6,5°C Außentemperatur beträgt die Disbalance immerhin 10%.

Bild 7: Wärmerückgewinnungsgerät mit gedrosseltem oder abgeschaltetem Zuluftventilator.

Auswirkung im Passivhaus:

- Der reduzierte (oder abgeschaltete) Zuluftstrom erbringt eine verringerte (oder keine) Heizleistung am Luftnachheizregister - die Heizleistung sinkt unter den geforderten Wert.

(Lufttemperaturanstieg im Heizregister)

 

bei 0°C Außentemperatur

Dt = 46°C-18°C = 34 K

bei -10°C Außentemperatur

Zuluft-Bypass

Um auf der Abluftseite das Kondensat vor dem Einfrieren zu schützen, wird bei dieser Variante ein Teil der Kaltluft nicht durch den Wärmeübertrager, sondern in einem Bypass am Wärmeübertrager vorbei geführt. Nachteile:

- Die Zuluft kühlt sich durch Mischung von im Wärmeübertrager erwärmter und im Bypass geführter kalter Zuluft ab (Bild 8, Punkt A);

- die Behaglichkeit gemäß DIN 1946-2 von ca. 20°C wird nicht erreicht, auch die max. Temperaturschichtung von 2 K pro m Raumhöhe wird überschritten.

Auswirkung im Passivhaus:

- Die Luftnachheizung (meist durch Warmwasser) ist in ihrer Heizleistung überfordert durch die relativ kühle Zuluft vom WRG-Gerät.

Nachfolgend ein Rechenbeispiel für die Reduzierung der Zuluft-Temperatur durch den (kalten) Zuluft-Bypass mit nachgeschaltetem Warmwasser-Heizregister:

Randbedingungen:

Heizwasser-Vorlauf: 55°C;

Heizregister Ø 160, 2-reihig, 290 l/min;

Wärmerückgewinnung: h = 90%.

Die Erkenntnis daraus: Bei -10°C Außentemperatur liegt die Lufttemperatur am Warmwasser-Heizregister-Eintritt nur bei t1 = 12°C (sonst: t1 = 18°C bei tAU = 0°C). Diese kühlere Lufteintrittstemperatur führt bei gleichen Randbedingungen für das Heizungswasser zu einer kühleren Luftaustrittstemperatur am Heizregister (sonst: t2 = 46°C statt 48°C 100 W), und das gerade bei den kritischen kalten Außentemperaturen. Das Passivhaus kühlt sich unter Umständen unter die Behaglichkeitsgrenze ab. Zudem muss vom Wärmeerzeuger mehr Heizleistung (1713 - 1517 = 196 W) zur Verfügung gestellt werden, was gerade bei Fortluft-Wärmepumpen bei tAU -10°C ein Problem sein dürfte (niedrige Fortluft-Temperatur).

Bild 8: Wärmerückgewinnungsgerät mit Zuluft-Bypass als Frostschutzmethode.

Zusammenfassung

Wärmerückgewinnungsgeräte dienen neben der Versorgung mit Frischluft (Behaglichkeit, CO2-Reduktion, Feuchteabfuhr) zur Reduzierung des Heizwärmebedarfes. Insbesondere in der kalten Jahreszeit tritt der Faktor zur Entlastung der Heizung stärker als sonst in Erscheinung. Doch gerade in dieser Jahreszeit versagt das Wärmerückgewinnungsgerät seinen Dienst, wenn keine Frostfreiheit anlagentechnisch gewährleistet wird. Durch den Zyklus: Einfrieren - Abtauen - Einfrieren usw. reduziert sich der Wärmebereitstellungsgrad von h = 90% auf etwa h = 32%.

Bild 9: Abkühlung der Zuluft-Mischtemperatur durch den Bypass in Abhängigkeit von der Außentemperatur.

Eine energetisch sinnvolle Lösung zur Frostfreihaltung ist die Ansaugung der Außenluft über einen Erdwärmetauscher. Eine weitere gut funktionierende und vor allem preisgünstige Lösung (Anschaffungspreis) ist die Defrosterheizung. Diese beiden Methoden gewährleisten eine gute Zuluft-Abluft-Balance und behagliche Zulufttemperaturen, vorausgesetzt der Wärmeübertrager hat einen guten Wärmerückgewinnungsgrad.

Die Drosselung oder Abschaltung des Außenluftvolumenstromes als Methode zur Eisfreihaltung erzeugt eine unvertretbar hohe Disbalance zwischen Ab- und Zuluft, die nach der Maßgabe der DIN 1946 Teil 6 nicht zulässig und wegen der unvertretbar hohen Wärmeverluste eine energetisch fragwürdige Lösung ist.

Die Bypassführung von kalter Außenluft (am WT vorbei) erzeugt in der Frostperiode am Zuluftauslass eine Mischtemperatur von 7 bis 12°C, was gerade im Winter Unbehagen auslöst und weit außerhalb der Behaglichkeitsgrenzen gemäß DIN 1946 Teil 2 liegt.


*) Eberhard Paul, Inhaber der Firma Paul Wärmerückgewinnung, Mülsen, www.paul-lueftung.de


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