IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2002, Seite 86 ff.
REPORT
Zukunftsweisendes Energiekonzept
Wieslocher Klinikum senkt seine Betriebskosten deutlich
Mit einer umfassenden Modernisierung der Energie- und Wärmeversorgungsanlagen reduziert das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch deutlich seine Betriebskosten. Das Pilotprojekt verspricht nicht nur eine jährliche Kostenersparnis von rund 380.000 Euro, sondern auch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 4000 t/a. Im Mittelpunkt der Maßnahmen stehen die zentrale Wärmeerzeugungs- und -verteilungsanlage sowie die Warmwasserbereitung.
Die 72 Gebäude des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden liegen in einer weitläufigen Parkanlage. Mit 1100 Betten ist die Klinik die größte psychiatrische Einrichtung in Baden-Württemberg. |
Das Psychiatrische Zentrum Nordbaden ist mit 72 Gebäuden und 1100 Betten die größte psychiatrische Einrichtung in Baden-Württemberg. Bereits 1998 ließ das PZN mit Unterstützung der externen Ingenieure Hans Großmann, Robert Hülsemann und Klaus Kratochwill eine Energiestudie erarbeiten. Die Versorgungstechnik der 1905 gegründeten Klinik war veraltet und die Versorgungssicherheit hätte nur durch unwirtschaftliche Instandsetzung und Notreparaturen gewährleistet werden können. "Die Kessel waren rund 30 Jahre alt, die Rohrleitungen lagen zum Teil schon mehr als 40 Jahre in begehbaren Kanälen", erzählt Diplom-Ingenieur Robert Hülsemann. Dampf wurde zentral erzeugt, über ein weit verzweigtes, etwa 5,5 Kilometer langes Netz verteilt und in den Gebäuden zu Warmwasser für die Heizung umgeformt. Darüber hinaus war die alte Anlage mit einer thermischen Leistung von 30 Megawatt völlig überdimensioniert.
Im Zuge der Sanierung wurden die veralteten, zentralen Dampfkessel gegen moderne Wärmeerzeuger ausgetauscht. |
Auf der Basis des neuen Energiekonzeptes entschieden sich die Verantwortlichen für eine umfassende Modernisierung der Energie- und Wärmeversorgungsanlagen.
Der für die Wäscherei benötigte Dampf wird dezentral in modernen Dampfkesseln erzeugt. |
Umfassende Modernisierung
Auf der Erzeugerseite wurden die veralteten Dampfkessel gegen moderne Warmwasserwärmeerzeuger ausgetauscht. Das Herz dieser Anlage bilden zwei Heizkessel mit insgesamt zehn Megawatt thermischer Leistung, die mit Gas und Heizöl befeuert werden können. Die Grundlastwärmeabdeckung erfolgt durch moderne Kraft-Wärme-Kopplung: Eine Holzhackschnitzel-Anlage mit 2,4 Megawatt thermischer Leistung produziert Wärme und erzeugt gleichzeitig über eine Dampfturbine Strom. Die elektrische Leistung der Turbine liegt bei 800 Kilowatt. Für weiteren "Stromgewinn" sorgt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Feuerwehrgebäudes. Der im PZN erzeugte Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist, die rund 41.000 Euro teure Anlage soll sich so aus den Verkaufserlösen finanzieren.
Photovoltaikanlage auf dem Dach des Feuerwehrgebäudes. |
Dezentralisierung der Warmwasserbereitung
Eine der bedeutendsten Maßnahmen innerhalb der Umsetzung des Energiekonzeptes war die Umstellung der zentralen Brauchwarmwasserbereitung auf eine dezentrale. Bisher wurde das Warmwasser zentral in drei Speichern mit einem Gesamt-Fassungsvermögen von 100 m3 erzeugt und über ein sechs Kilometer langes Netz zu den Verbrauchern befördert. Dabei entstanden Rohrleitungswärmeverluste von fast 350.000 Kilowattstunden im Jahr - eine Energiemenge von umgerechnet 35.000 Litern Heizöl.
Die begehbaren Rohrkanäle zur Wärmeversorgung der einzelnen Gebäude ziehen sich über einer Länge von mehreren Kilometern... |
Das neue Energiekonzept sieht für jedes Gebäude einen eigenen Trinkwasserspeicher aus Edelstahl vor. Die Erwärmung des Trinkwassers erfolgt über das Heizungswasser. Dafür wurden sämtliche Heizkreise mit TOP-V-Heizungspumpen von Wilo ausgestattet. Sie kommen hier als Boiler-Ladepumpen mit einem Volumenstrom von 1,7 bis 16 m3 pro Stunde und einer Förderhöhe von zwei bis sieben Meter Wassersäule zum Einsatz. Ausschlaggebend bei der Entscheidung für die TOP-V war u.a., dass die Pumpen durch ihre ins Gehäuse integrierten Absperrklappen keine weiteren Absperrarmaturen mehr benötigen. Dadurch reduziert sich nicht nur die Baulänge, es ergeben sich auch deutliche Kosteneinsparungen bei gleichzeitig geringerem Montageaufwand. "Einen entscheidenden Vorteil bei dieser Pumpe sehe ich auch darin, dass bei einem eventuellen Tausch nur noch die "Innereien" ersetzt werden müssen und alles andere Bestandteil der Rohrleitung bleibt", so Hülsemann.
...sie kreuzen sich an so genannten Netzknotenpunkten. |
Auf der Verbraucherseite wurden rund 90 Einzelmaßnahmen untersucht, von denen etwa 30, die sich innerhalb von zehn Jahren amortisieren, realisiert werden. Dazu gehört beispielsweise die Ausstattung der Armaturen und Duschköpfe mit Wasser sparenden Elementen wie beispielsweise Durchflussmengenbegrenzern.
Das Energiekonzept sieht für jedes Gebäude einen eigenen Trinkwasserspeicher aus Edelstahl vor. Die Erwärmung des Trinkwassers erfolgt über das Heizungswasser. Als Boilerladepumpe ist in allen Gebäuden die Wilo-TOP-V im Einsatz. |
Ein Projekt mit Modellcharakter
Insgesamt investiert das PZN fast 6,5 Mio. Euro in die Modernisierung der technischen Anlagen, die im Jahr 2002 abgeschlossen sein wird. Durch die Kombination der unterschiedlichen Maßnahmen ergeben sich beachtliche Einsparungen. Sie betragen bei der Heizenergie rund acht Prozent, beim Stromverbrauch etwa zehn Prozent und beim Trinkwasser zwölf Prozent. Dadurch verringert sich der jährliche CO2-Ausstoß insgesamt um 4000 Tonnen. Grund genug für das Bundesumweltministerium, das Projekt mit rund 1,8 Mio. Euro großzügig zu fördern. Denn nach Ansicht des Ministeriums besitzt das PZN-Projekt durch die ganzheitliche Vorgehensweise Modellcharakter für viele der rund 2300 Krankenhäuser in Deutschland mit jeweils über 200 Betten, die ihre veralteten Energie- und Wärmeversorgungsanlagen in den nächsten Jahren modernisieren lassen müssen.
Bei der TOP-V sind die Absperrklappen bereits ins Gehäuse integriert. Das reduziert die Baulänge und senkt die Materialkosten. |
B i l d e r : Wilo GmbH, Dortmund; Ingenieurbüro Hülsemann, Plankstadt
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