IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2002, Seite 36 ff
SANITÄRTECHNIK
Hygienische Trinkwassererwärmung
Norbert Wilden*
Dr. Gerhard Meier-Wiechert*
Trinkwasser aus dem örtlichen Wassernetz ist auch bei Erfüllung aller Grenzwerte nicht völlig keimfrei. Außerdem sind mineralische Stoffe im Trinkwasser enthalten, die sich ablagern bzw. deren Ablagerungen sich lösen und im Leitungssystem mitgerissen werden können. Eine Ablagerung erfolgt bevorzugt dort, wo geringe Strömungsgeschwindigkeiten herrschen, also im Speicher. Aus diesem Grunde ist eine Gestaltung der Speicheroberfläche, die Ablagerungen entgegenwirkt, besonders wichtig.
Bild 1: Senkrecht angeordnete Heizwendel bei einem liegenden (horizontalen) Speicherbehälter (emaillierter Speicher mit Verzehranode). |
Ein Merkmal bei Trinkwassererwärmern stellt die innere Konstruktion dar, insbesondere bei liegenden Speichern. Auch hier empfiehlt es sich, die Heizwendelachse senkrecht anzuordnen. Denn nur so ist der Speicherboden, wo sich Verschmutzungen sammeln können, einfach zu reinigen (Bild 1). Außerdem kann nur bei senkrecht eingebauten Wendeln eine vollständige Entlüftung und Entleerung des Wärmetauscherrohres erreicht werden.
Wichtig ist, dass ein komplettes Durchheizen des Speichervolumens durch tiefliegende Heizwendeln gewährleistet wird, um kalte Zonen unterhalb der Heizwendel im Speicher auszuschließen. Nur so kann die Gefahr einer Bakterienvermehrung zuverlässig vermieden werden.
Neben der Vermeidung von Ablagerungen spielt der Korrosionsschutz unter dem Aspekt der Wasserhygiene eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich stellt Wasser, auch in Trinkwasserqualität, ein korrosives Medium dar. Die Korrosion, die an Metallen in Warmwasser auftreten kann, wird im Wesentlichen durch den Sauerstoffgehalt des Wassers, die im Wasser gelösten Salze sowie durch die erhöhte Wassertemperatur verursacht. Dabei tritt eine Vielzahl von Reaktionen gleichzeitig auf: Allen gemeinsam ist, dass Metallionen unter Abgabe von Elektronen in Lösung gehen und dabei Oxide bilden. Im Fall der Eisenkorrosion entsteht Eisenoxid, der auch als Rost bezeichnet wird (Bild 2).
In Trinkwasserspeichern muss dieser Vorgang zuverlässig verhindert werden. Zum Einsatz kommen deshalb heute im Wesentlichen emaillierte Stahlbehälter mit kathodischem Korrosionsschutz oder Behälter aus rostfreiem Edelstahl.
Bild 2: Eisenkorrosion |
Emaillierte Speicher-Wassererwärmer
Entscheidend für die Haltbarkeit emaillierter Speicher-Wassererwärmer ist die Haftung der Email-Schicht sowie der Anteil der produktions- oder betriebsbedingten Fehlstellen: Die Email-Schicht beruht auf einer Glasbasis und ist entsprechend spröde. Damit besteht die Gefahr, dass das Email-Material an z.B. Kanten abplatzt. Außerdem neigen Emailschichten zur Bildung von feinen Rissen. Der Schutz vor Korrosion an diesen unvermeidlichen Fehlstellen erfolgt über zusätzliche Maßnahmen des kathodischen Korrosionsschutzes gemäß DIN 4753. Die Neigung der freiliegenden Stahloberfläche, unter Abgabe von Elektronen in Lösung zu gehen, wird dadurch unterbunden, dass ein entgegengesetzter Strom überlagert wird. Hierzu kann entweder eine galvanische Anode (Verzehranode) eingesetzt werden, die aus einem gegenüber Eisen unedleren Material - in der Regel Magnesium - besteht, oder es wird über eine Fremdstromanode ein gegensätzlicher Stromfluss erzeugt (Bilder 3 und 4).
Bild 3: Funktionsweise einer Magnesium-Verzehranode. |
Wichtig ist, dass für beide Varianten ein ungestörter Stromfluss zwischen Anode und Stahlwandung über eine leitende Verbindung sichergestellt ist.
Wird eine Verzehranode eingesetzt, so muss im Rahmen der regelmäßigen Wartungsarbeiten eine Kontrolle und gegebenenfalls ein Austausch der Anode vorgenommen werden, da sich diese in Abhängigkeit der Wasserqualität und der Fehlstellengröße verbraucht. Das in Lösung gehende Magnesium ist physiologisch völlig unbedenklich. Durch den periodisch notwendigen Austausch der Anode entstehen aber zusätzliche Betriebskosten. Der sich am Behälterboden absetzende Anodenschlamm sollte im Rahmen der Wartungsintervalle entfernt werden. Unterbleibt die erforderliche Erneuerung der verbrauchten Verzehranode, so kann die dann einsetzende Korrosion an den vorhandenen Fehlstellen zum Ausfall des Speicher-Wassererwärmers führen.
Gleiches gilt für einen Stromausfall bei Einsatz einer Fremdstromanode. Hier wird das inerte Anodenmaterial nicht verbraucht, es ist aber ein unterbrechungsfreier Stromfluss zu gewährleisten. Die Betriebskosten sind bei einer Leistungsaufnahme von 2-4 W: jährliche Stromkosten: weniger als 5 EUR.
Bei der Konstruktion eines Speicher-Wassererwärmers mit kathodischem Korrosionsschutz ist zu beachten, dass ein möglichst gleichmäßiger Abstand der Anode zu allen möglichen Fehlstellen realisiert wird, da sonst eine ungleichmäßige Verteilung des Fremdstromes entsteht. Verzehr- bzw. Fremdstromanoden sollten deshalb nahe der Mittelachse der Behälter als lange Stäbe angebracht werden.
Die Aufprägung eines Stromes sorgt auch dafür, dass, sofern Kalkbildner im Wasser vorliegen, an der Kathode, also der Fehlstelle, Calciumcarbonat (Kalk) abgeschieden wird. Dadurch wird ein zusätzlicher Schutzeffekt gegen Korrosion erreicht.
Sind zusätzlich zu den vorhandenen Fehlstellen weitere metallisch leitende Oberflächen vorhanden (z.B. Elektro-Heizeinsätze, Tauchhülsen aus Messing), kann der gesamte Korrosionsschutz gefährdet sein. Dies liegt dann vor, wenn nicht eine konsequente elektrische Isolation dieser Flächen vom Stahlbehälter erreicht wird. Fehlt diese Isolation, so erhöht sich der Schutzstrom drastisch, was bei einer Magnesium-Verzehranode zu einem extrem hohen Verbrauch führt. Die Ablagerung von Kalk erfolgt dann auch an diesen zusätzlichen Flächen, was beispielsweise zu unerwünschten Verschlechterungen des Wärmeüberganges an Tauchhülsen und Elektro-Heizeinsätzen führen kann.
Bild 4: Funktionsweise einer Fremdstromanode. |
Speicher-Wassererwärmer aus Edelstahl
Speicher aus nichtrostendem Stahl (Edelstahl Rostfrei, Bild 5) sind bereits durch die Wahl dieses Werkstoffes aufgrund seiner Legierungselemente korrosionsbeständig und benötigen keinen zusätzlichen kathodischen Korrosionsschutz (DIN 4753 Teil7). Insbesondere durch das Zulegieren von Chrom wird der Stahl gegenüber korrosiven Angriffen resistent. Dieser Effekt tritt bereits ab einem Chromgehalt von 12-13% auf. An der Oberfläche bildet sich mit dem Sauerstoff des Wassers eine lückenlose Chromoxidschicht, die auch als Passivschicht bezeichnet wird. Diese Schicht verhindert den Durchgang von Metallionen und unterbindet so das In-Lösung-Gehen von Eisen. Chrom hat zusätzlich die Eigenschaft, auftretende Oberflächenfehler, beispielsweise durch mechanische Beschädigungen, selbstständig zu reparieren, in dem sich eine neue Passivschicht aufbaut (Repassivierung).
Problematisch wird die Passivschichtbildung dann, wenn eine Oberflächenverunreinigung mit Fremdpartikeln vorliegt. Deshalb ist im Rahmen der Behälterfertigung unbedingt darauf zu achten, dass edelstahlgerechte Produktionsbedingungen eingehalten werden und die Verarbeitung von normalem Stahl räumlich streng von der Edelstahlbearbeitung getrennt ist (Vermeidung einer Verunreinigung der Edelstahlflächen mit "normalen" Stahlpartikeln).
Für die Korrosionsbeständigkeit ist neben dem Werkstoff eine edelstahlgerechte Gestaltung und Verarbeitung besonders wichtig, um Spannungsriss- und Spaltkorrosion wirksam zu vermeiden. Die Auswahl geeigneter Schweißverfahren und eine entsprechende Schweißnahtvorbereitung und -nachbehandlung sind dabei von ausschlaggebender Bedeutung.
Bild 5: Bivalenter Speicher-Wassererwärmer aus Edelstahl (mit zweiter Heizwendel, z.B. zur Einkopplung von Wärme aus Sonnenkollektoren). |
Erfahrungen haben gezeigt, dass bestimmte Edelstähle korrosionsanfällig gegenüber chlorhaltigen Wässern sind. Deshalb wurden bei den meisten Speicherherstellern die klassischen Edelstahlqualitäten V2A mit den Hauptlegierungselementen Chrom und Nickel (Werkstoffnummer 1.4301) durch V4A-Qualitäten abgelöst, die zusätzlich über Molybdän (ca. 2%) verfügen (Werkstoffnummern z.B. 1.4571). Diese hochwertigen Materialien verursachen erhebliche Beschaffungs- und Verarbeitungskosten, weshalb Edelstahlbehälter teurer sind als emaillierte Behälter. Dafür entfallen die oben erwähnten Betriebs- und Wartungskosten, die bei emaillierten Behältern entstehen. Da es sich bei Edelstahlspeichern nicht um einen Werkstoffverbund wie bei emaillierten Speichern handelt, ist ein einfaches und vollständiges Rohstoffrecycling möglich.
Zusammenfassung
Die Verwendung eines zentralen Speicher-Wassererwärmers stellt sowohl in Ein- als auch in Mehrfamilienhäusern eine besonders wirtschaftliche Lösung zur Trinkwassererwärmung dar. Sollen aus Kostengründen emaillierte Speicher-Wassererwärmer verwendet werden, erfordern diese einen zusätzlichen kathodischen Korrosionsschutz, dessen Wirksamkeit regelmäßig überprüft werden muss. Für den Austausch der Verzehranode bzw. für den Betrieb der Fremdstromanode fallen entsprechende Betriebskosten an.
Behälter aus rostfreiem Edelstahl erfüllen die höchsten Ansprüche an Hygiene und Korrosionsbeständigkeit. Außerdem sind sie wartungsfrei und verursachen im Betrieb keine zusätzlichen Kosten.
*) Norbert Wilden, Dr. Gerhard Meier-Wiechert, Viessmann Werke GmbH, Allendorf
L i t e r a t u r :
[1] DIN 4753 T3, 6, 7
[2] DVGW W 551
[3] DVGW W 552
[4] Herre, E.: Korrosionsschutz in der Sanitärtechnik. Krammer-Verlag, Düsseldorf.
[5] Burger, H.; Böhle, W.: Edelstahl Rostfrei in der Heizsystemtechnik und Trinkwassererwärmung. Wärmetechnik - Versorgungstechnik; Heft 4/1999.
[6] Kruse, C.-L.; Hitzblech, G.: Kathodischer Korrosionsschutz für emaillierte Speicher-Wassererwärmer. IKZ-HAUSTECHNIK 10/1980.
B i l d e r : Viessmann Werke, Allendorf
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